Jura Online - Fall: Der kleine Kunstgriff - Lösung

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Jura Online - Fall: Der kleine Kunstgriff - Lösung Teil 1: Das geplante Gesetz zur Änderung des Einkommensteuergesetzes (Änderungsgesetz) wäre verfassungsgemäß, wenn es formell und materiell mit der Verfassung in Einklang stünde. A. Formelle Verfassungsmäßigkeit Das Änderungsgesetz müsste zunächst formell verfassungsmäßig sein. Das heißt, es müssten Zuständigkeit, Verfahren und Form gewahrt sein. I. Zuständigkeit Zunächst müsste der Bundesgesetzgeber zum Erlass des Änderungsgesetzes zuständig sein, d.h. er müsste die diesbezügliche Gesetzgebungskompetenz haben. Grundsätzlich haben die Länder gemäß Art. 30, 70 I GG die Kompetenz zum Erlass von Gesetzen, soweit nicht das Grundgesetz ausdrücklich dem Bund die Kompetenz verleiht. Solchermaßen dem Bund zugewiesene Kompetenzen finden sich insbesondere in den Art. 71 f. GG, wonach dem Bund in bestimmten Bereichen eine ausschließliche oder die konkurrierende Gesetzgebungskompetenz zukommt. In den diesbezüglich in Art. 73, 74, 74a, 75 GG näher geregelten Bereichen finden sich jedoch keine Hinweise auf eine Zuständigkeit des Bundes zum Erlass - und damit auch zur Änderung - des Einkommenssteuergesetzes. Die Zuständigkeit des Bundes könnte sich aber aus einer Sonderzuständigkeit ergeben. Besondere Zuständigkeiten für den Erlass von Steuergesetzen ergeben sich aus den Art. 104 ff. GG. Zu prüfen ist daher, ob eine solche hier einschlägig ist. 1. Art. 105 I GG In Betracht kommt zunächst Art. 105 I GG. Danach hat der Bund die ausschließliche Gesetzgebung über Zölle und Finanzmonopole. Unter Zöllen versteht man Abgaben, die beim Warenverkehr über Grenzen entstehen. Insoweit ist zu beachten, dass dem Bund keine Gesetzgebungskompetenz für das Zollrecht mehr zusteht. Vielmehr liegt diese heutzutage bei der EU. Ein Finanzmonopol ist ein aus fiskalischen und/oder (finanz-) politischen Gründen erfolgter Ausschluss des freien Wettbewerbs (beispielsweise Erzeuger- und/oder Handelsmonopole). Alleiniges Beispiel in der Bundesrepublik für ein Finanzmonopol ist heutzutage das sog. Branntweinmonopol, das aber den vorliegenden Fall nicht betrifft. Damit ist Art. 105 I GG hier nicht einschlägig. 2. Art. 105 II GG In Betracht kommt ferner Art. 105 II GG. Danach hat der Bund die konkurrierende Gesetzgebung über die übrigen Steuern, wenn ihm das Aufkommen dieser Steuern ganz oder zum Teil zusteht oder die Voraussetzungen des Art. 72 II GG vorliegen. Das Vorliegen eines Falls des Art. 72 II GG ist hier nicht ersichtlich. Denkbar ist jedoch, dass dem Bund das Aufkommen der Einkommensteuer ganz oder zum Teil zusteht. Wem die Einnahme aus einer Steuer zusteht (sog. Finanzhoheit), ergibt sich aus

Art. 106 GG. a) Art. 106 I GG Nach Art. 106 I GG steht dem Bund das Aufkommen der dort näher bezeichneten Steuern zu. In Betracht kommt zunächst ein Vorliegen der Nr. 2. Danach steht dem Bund das Aufkommen der Verbrauchssteuern zu, soweit sie nicht nach Abs. 2 den Ländern, nach Abs. 3 Bund und Länder gemeinsam oder nach Abs. 6 Gemeinden zustehen. Es müsste sich dazu bei der Einkommensteuer um eine Verbrauchssteuer handeln. Verbrauchssteuern sind Steuern auf verbrauchsfähige Güter (bspw. Tabaksteuer); den Verbrauchsteuern hinzugerechnet wird auch die Umsatzsteuer. Die hier in Rede stehende Einkommensteuer knüpft indes nicht an den Verbrauch von Gütern oder deren Umsatz an. Sie ist daher keine Verbrauchsteuer. Art. 106 I Nr. 2 GG ist daher hier nicht einschlägig. In Betracht kommt ferner Nr. 6. Danach stehen dem Bund auch Ergänzungsabgaben zur Einkommensteuer und zur Körperschaftsteuer zu. Vorliegend handelt es sich jedoch um die Einkommensteuer selbst und damit nicht um eine Ergänzungsabgabe zu ihr. Damit ist auch Art. 106 I Nr. 6 GG nicht einschlägig. b) Art. 106 II GG Art. 106 II GG regelt Steuern, deren Ertrag ausschließlich den Ländern zusteht. Die Einkommensteuer ist in dem Katalog des Artikels 106 II Nr. 1 bis 5 GG nicht enthalten. Daher steht der Ertrag aus der Einkommensteuer auch nicht ausschließlich den Ländern zu. c) Art. 106 III GG Zu prüfen ist ferner, ob ein Fall des Art. 106 III GG vorliegt. Nach dessen Sätzen 1 und 2 steht das Aufkommen der Einkommensteuer, der Körperschaftsteuer und der Umsatzsteuer dem Bund und den Ländern gemeinsam zu (Gemeinschaftsteuern), soweit das Aufkommen der Einkommensteuer nicht nach Absatz 5 und das Aufkommen der Umsatzsteuer nicht nach Absatz 5a den Gemeinden zugewiesen wird. Am Aufkommen der Einkommensteuer und der Körperschaftsteuer sind der Bund und die Länder je zur Hälfte beteiligt (vgl. Satz 2). Danach steht dem Bund ein Anteil am Aufkommen der Einkommensteuer zu. Daher hat der Bund nach Art. 105 II GG auch die konkurrierende Gesetzgebungszuständigkeit im Bereich des Einkommensteuerrechts. II. Verfahren Ferner müssten die Vorschriften des Gesetzgebungsverfahrens eingehalten worden sein. Insoweit ist zwischen dem Einleitungsverfahren und dem Hauptverfahren zu unterscheiden. 1. Einleitungsverfahren Bedenken könnten hinsichtlich der Verfassungsgemäßheit des Einleitungsverfahrens bestehen, da Dr. U. als einzelner Abgeordneter den Gesetzentwurf in den Bundestag einbrachte. Nach Art. 76 I GG werden Gesetzesvorlagen beim Bundestage durch die Bundesregierung, aus der Mitte des

Bundestags oder durch den Bundesrat eingebracht. 76 I GO-BT bestimmt insoweit, dass Vorlagen von Mitgliedern des Bundestages ( 75) von einer Fraktion oder von fünf vom Hundert der Mitglieder des Bundestages unterzeichnet sein müssen, es sei denn, dass die Geschäftsordnung etwas anderes vorschreibt oder zulässt. Dass die Geschäftsordnung abweichend etwas anderes vorschreibt oder zulässt, ist vorliegend nicht ersichtlich. Eine Fraktion besteht nach 10 GO-BT mindestens aus 5 % der Mitglieder des Bundestages (beim 17. Bundestag also aus mindestens 31 Personen), so dass hier bei der Vorlage durch den Abgeordneten Dr. U. alleine auch keine Vorlage einer Fraktion vorläge. Damit verstößt die Vorlage des Änderungsgesetzes durch Dr. U. alleine gegen 76 I GO-BT. Fraglich ist, ob sich ein solcher Verstoß auf die Verfassungswidrigkeit des Änderungsgesetzes auswirken könnte. Dabei ist zu beachten, dass es sich bei der Geschäftsordnung des Bundestages um eine autonome Satzung handelt, die im Range unter dem Grundgesetz steht. Sie bindet nur die Abgeordneten und entfaltet daher keine Außenwirkung. Ein Verstoß gegen sie kann daher nicht dazu führen, dass ein unter Verstoß gegen sie ergangenes Gesetz aus diesem Grunde verfassungswidrig wäre. In Betracht käme hier aber ein Verstoß gegen Art. 76 I GG selbst. Insoweit ist streitig, ob einem einzelnen Abgeordneten das Recht zusteht, einen Gesetzentwurf in den Bundestag einzubringen. a) A.A.: Nur Gruppen Eine Ansicht leitet aus der Formulierung aus der Mitte des Bundestages ab, dass weder dem Bundestag als Organ noch einzelnen Abgeordnete ein Initiativrecht zustehen soll. Dies solle vielmehr nur für eine Gruppe von Abgeordneten gelten, wobei die Anzahl der insoweit zur Gesetzesinitiative berechtigenden Bundestagsmitglieder zahlenmäßig noch näher zu bestimmen sei. Nach dieser Ansicht stellte das Einbringen des Gesetzentwurfs durch Dr. U. alleine einen Verstoß gegen Art. 76 I GG dar. b) A.A.: Einzelne Abgeordnete / Nicht der Bundestag als Organ Nach anderer Ansicht soll das Recht zur Gesetzesinitiative auch einzelnen Abgeordneten zustehen. Danach stellte das Einbringen des Gesetzentwurfs durch Dr. U. alleine keinen Verstoß gegen Art. 76 I GG dar. Insoweit wird auch vertreten, dass sich aus Art. 76 I GG herleiten lasse, dass nur dem Bundestag als Organ kein Initiativrecht zustehe. Die nähere Bestimmung desselben sei vielmehr der Geschäftsordnung des Bundestages und der parlamentarischen Praxis überlassen. Auch nach dieser (Unter-) Ansicht stellte das Einbringen des Gesetzentwurfs durch Dr. U. alleine kein Verstoß gegen Art. 76 I GG dar. c) Stellungnahme Die letztgenannte Ansicht ist vorzugswürdig. Gegen die erstgenannte Ansicht spricht zunächst, dass nach Sinn und Zweck des Art. 38 GG jeder Abgeordnete alleine ein vollwertiges und freies Mitglied des Bundestages ist und er seine Rechte nicht erst durch den Zusammenschluss zu Gruppen oder zu Fraktionen erwerben soll. Dies spricht entscheidend dagegen, das Recht zur Gesetzesinitiative nur einer Gruppe zuzusprechen. Daher ist die erste Ansicht abzulehnen. Für die letzte Ansicht spricht, dass sich aus dem Wortlaut des Art. 76 I GG ergibt, dass der Bundestag

alleiniger Adressat von Gesetzgebungsinitiativen ist. Es ist daher konsequent anzunehmen, dass er nicht selbst ein Initiativrecht haben soll, um sodann zugleich Adressat desselben zu sein. Dabei ist eine Eingrenzung auf eine bestimmte Mindestanzahl im Sinne einer Gruppe von Abgeordneten gerade nicht mit dem Gedanken des Art. 38 GG vereinbar, so dass konsequenterweise auch dem einzelnen Abgeordneten das Recht zur Gesetzesinitiative zuzusprechen ist. Auf Binnendifferenzierungen bezüglich der zweiten Ansicht kommt es danach für das Ergebnis nicht an, da jedenfalls nach beiden diesbezüglichen Unteransichten Dr. U. ein Recht zur Gesetzesinitiative zukam. Damit liegt hier in der alleinigen Gesetzesinitiative des Dr. U. kein Verstoß gegen Art. 76 I GG. 2. Hauptverfahren Bedenken hinsichtlich der Verfassungsgemäßheit des Hauptverfahrens im Sinne der Art. 77 ff. GG bestehen vorliegend, mangels entsprechender Anhaltspunkte im Sachverhalt, nicht. Die Änderung des Einkommensteuergesetzes begegnet von daher hinsichtlich der Einhaltung der Verfahrensvorgaben keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. III. Form Die Änderung des Einkommensteuergesetzes müsste zudem auch formgemäß erfolgt sein. Bedenken gegen die nach Art. 58 S. 1 GG erforderliche Gegenzeichnung durch den Bundeskanzler beziehungsweise zuständigen Bundesminister bestehen mangels gegenteiliger Angaben Sachverhalt nicht. Eben solches gilt für die Ausfertigung durch den Bundespräsidenten und die Verkündung im Bundesgesetzblatt gemäß Art. 82 I 2 GG. Das Gesetz zur Änderung des Einkommensteuergesetzes ist damit formell verfassungsgemäß. B. Materielle Verfassungsmäßigkeit Es müsste überdies auch materiell verfassungsgemäß sein. Das Änderungsgesetz könnte insbesondere gegen das sog. Rückwirkungsverbot verstoßen, da es für das Vorjahr, aber auch für das laufende Jahr gelten soll. Bezüglich der Rückwirkung von Gesetzen ist zunächst zu unterscheiden, ob es sich um ein begünstigendes oder ein belastendes Gesetz handelt, da begünstigende Gesetze ohne weiteres rückwirkend erlassen werden können. Vorliegend handelt es sich bei dem Änderungsgesetz um ein Gesetz, das dem Bürger Belastungen in Form von Steuern auferlegt, mithin um ein belastendes Gesetz. Hinsichtlich der belastenden Gesetze ist zum einen zwischen strafrechtlichen Gesetzen und sonstigen Gesetzen zu unterscheiden. Dabei gilt für strafrechtliche Gesetze das absolute Rückwirkungsverbot des Art. 103 II GG. Sonstige Gesetze müssen sich an Art. 20 III GG (Rechtsstaatsprinzip, hier in Gestalt des Gebots der Rechtssicherheit) messen lassen. Für sie ist zu unterscheiden zwischen den Fällen echter Rückwirkung und denen unechter Rückwirkung. Die echte Rückwirkung betrifft bereits abgeschlossene Lebenssachverhalte und ist grundsätzlich unzulässig. Die unechte Rückwirkung betrifft noch laufende Lebenssachverhalte und ist grundsätzlich zulässig.

Vor diesem Hintergrund ist zu fragen, wie es sich diesbezüglich hinsichtlich des Änderungsgesetzes verhält. Insoweit bietet sich eine Unterscheidung hinsichtlich der Geltung des Änderungsgesetzes für das Vorjahr einerseits und für das laufende Jahr andererseits an. I. Zulässigkeit der Änderung für das Vorjahr Zu fragen ist zunächst, ob die rückwirkende Geltung des Änderungsgesetzes, die eine rückwirkende Erhöhung der Einkommensteuer für das Vorjahr bewirkt, zulässig ist. Insoweit ist - wie dargelegt - festzustellen, ob ein Fall echter oder unechter Rückwirkung vorliegt. Bei Gesetzen, denen eine echte Rückwirkung innewohnt, greift der Gesetzgeber nachträglich in Tatbestände ein, die in der Vergangenheit begonnen und zwischenzeitlich bereits abgeschlossen worden sind. Dieser Vorgang wird daher, anstelle des Begriffs echter Rückwirkung, auch als Rückbewirkung von Rechtsfolgen bezeichnet. Aus Gründen der verfassungsrechtlich gebotenen Rechtssicherheit sind solche Gesetze grundsätzlich unzulässig und nur in Ausnahmefällen zulässig. Eine solch ausnahmsweise Zulässigkeit wird insbesondere dann angenommen, wenn es sich um Bagatellfälle handelt oder der Adressat mit der Regelung rechnen musste (bspw. bei zwingenden Allgemeinwohlgründen) oder im Falle eines formell verfassungswidrigen Gesetzes, wenn dieses durch ein inhaltsgleiches formell verfassungsgemäßes Gesetz ersetzt wird. Demgegenüber liegt eine unechte Rückwirkung vor, wenn der Gesetzgeber Tatbestände regelt, die in der Vergangenheit begonnen haben, aber noch nicht abgeschlossen sind. Eine solche unechte Rückwirkung ist grundsätzlich zulässig und nur dann ausnahmsweise unzulässig, wenn der Bürger sich auf schutzwürdiges Vertrauen berufen kann. Fraglich ist zunächst, ob überhaupt ein Fall echter Rückwirkung vorliegt. Dies beurteilt sich, wie soeben dargelegt, danach, ob der Sachverhalt, an den das Gesetz anknüpft, bereits abgeschlossen ist oder nicht. Hinsichtlich der Einkommensteuererhebung ist feststellen, dass diese jeweils für ein ganzes Jahr erhoben wird. Dabei ist der Zeitraum der Erhebung der Einkommensteuer (Veranlagungszeitraum) ein ganzes Jahr, das dem Kalenderjahr entspricht. Da das Vorjahr, wie sich aus Sachverhalt und Wortbedeutung ergibt, schon vorbei ist, ist auch der einkommenssteuerrechtlich relevante Zeitraum - und damit der einkommensteuerrechtlich relevante Tatbestand - für die Erhebung der Einkommensteuer bereits abgeschlossen. Wenn das Änderungsgesetz nun an diesen Zeitraum andere als ursprünglich vorgesehene Rechtsfolgen knüpft, dann handelt es sich um eine grundsätzlich unzulässige Rückbewirkung von Rechtsfolgen/echte Rückwirkung. Eine solche wäre nur zulässig, wenn eine der genannten Ausnahmen vorläge. Von dem Vorliegen einer solchen Ausnahme ist hier nicht auszugehen, da es insoweit an hinreichenden Anhaltspunkten im Sachverhalt fehlt. Damit stellt die Änderung des Einkommensteuergesetzes für das Vorjahr ein Verstoß gegen das Rückwirkungsverbot und damit gegen das aus dem Rechtsstaatsprinzip abzuleitende verfassungsrechtliche Gebot der Rechtssicherheit dar. Das Änderungsgesetz ist daher insoweit verfassungswidrig. II. Zulässigkeit der Änderung für das laufende Jahr Das Änderungsgesetz könnte auch insoweit verfassungswidrig sein, als es eine Änderung für das

laufende Jahr vorsieht. Das laufende Jahr ist noch nicht abgeschlossen, so dass auch der einkommenssteuerrechtlich relevante Zeitraum - und damit der einkommensteuerrechtlich relevante Tatbestand - für die Erhebung der Einkommensteuer noch nicht abgeschlossen ist. Damit wurde durch das Änderungsgesetz insoweit ein Sachverhalt neu geregelt, der begonnen, aber noch nicht abgeschlossen ist, so dass insoweit kein Fall der echten, sondern der unechten Rückwirkung vorliegt. Diese unechte Rückwirkung ist grundsätzlich zulässig (s.o.), es sei denn, es liegt eine Ausnahme von diesem Grundsatz vor. Dies wäre hier der Fall, wenn sich Guido auf schutzwürdiges Vertrauen berufen könnte. Insoweit ist zu beachten, dass allein die Erwartung und gegebenenfalls auch Hoffnung, dass steuerlich relevante Vorgänge im Veranlagungszeitraum nicht steuerlich ungünstiger behandelt werden, als dies zu Beginn des Veranlagungszeitraums ursprünglich schien, kein überwiegendes und damit zugleich kein schutzwürdiges Vertrauen schafft, obwohl die Besteuerung anders im bisher geltenden Gesetz festgeschrieben war. Das insofern überwiegende Allgemeinwohlinteresse ist hier auch von daher nicht beeinträchtigt, als keine Anhaltspunkte für ein missbräuchliches bzw. willkürliches Verhalten des Gesetzgebers ersichtlich sind. Liegt damit kein schutzwürdiges Vertrauen vor, so ist die durch das Änderungsgesetz bewirkte unechte Rückwirkung zulässig. Damit ist das Änderungsgesetz, soweit es eine Änderung des Einkommensteuersatzes für das laufende Jahr vorsieht, auch materiell verfassungsgemäß. Teil 2: A. Zulässigkeit des Parteiausschlusses Der von der SPD angedachte Parteiausschluss des Dr. G. richtet sich in seiner Zulässigkeit nach 10 IV PartG. Nach dieser Vorschrift kann ein Mitglied nur dann aus der Partei ausgeschlossen werden, wenn es vorsätzlich gegen die Satzung oder erheblich gegen Grundsätze oder Ordnung der Partei verstößt und ihr damit schweren Schaden zufügt. Fraglich ist, ob ein solcher Fall vorliegt. I. Vorliegen eines Satzungsverstoßes Ein Ausschluss eines Mitglieds einer Partei käme insbesondere dann in Betracht, wenn das Mitglied gegen die Satzung der Partei verstoßen hat. Vorliegend hat Dr. G., dies ist sachverhaltlich vorgegeben, in keiner Weise gegen die Satzung der SPD verstoßen. Von daher kommt ein Ausschluss seiner Person aus der Partei jedenfalls nicht wegen des Vorliegens eines Satzungsverstoßes in Betracht. II. Vorliegen eines Verstoßes gegen die Grundsätze oder Ordnung der Partei Ein Ausschluss aus der Partei käme auch dann in Betracht, wenn das betreffende Mitglied, hier Dr. G., erheblich gegen Grundsätze oder Ordnung der Partei verstoßen hätte. Soweit ist zu beachten, dass nach Art. 21 I 1 GG Parteien - und damit auch die SPD - die Aufgabe haben, an der politischen Willensbildung des Volkes in maßgeblicher Weise mitzuwirken. Dieser Aufgabe können Parteien nur dann nachkommen, wenn die einzelnen Abgeordneten und sonstige Parteimitglieder nicht gegen die politischen Grundsätze und die Ordnung der Partei verstoßen, da sie

andernfalls die Aufgaben-erfüllung der Partei gefährden würden. Andererseits sind die Abgeordneten nach Art. 38 I 2 GG Vertreter des ganzen Volkes, an Aufträge und Weisungen nicht gebunden und nur ihrem Gewissen unterworfen. Vor diesem Hintergrund besteht ein Spannungsverhältnis zwischen Art. 38 I 2 GG und Art. 21 I 1 GG, das zum Ausgleich zu bringen ist. Ein solcher Ausgleich kann nur gelingen, wenn der einzelne Abgeordnete nicht solche Äußerungen tätigen darf, die seiner Partei schwere Schäden zufügen und so deren Arbeit und damit auch die Erfüllung ihrer Aufgabe unmöglich machen. Zu prüfen ist, wie das Verhalten des Dr. G. vor diesem Hintergrund zu beurteilen ist. Zu den politischen Grundsätzen einer Partei im Sinne des Art. 21 I 1 GG ist auch deren politische Selbstverständnis zu rechnen. Die Ordnung einer Partei betrifft das Verhalten der Parteimitglieder unter einander, wie etwa Umgangsformen etc. Im vorliegenden Fall wendet sich der Dr. G. immer wieder öffentlich gegen das über Jahrzehnte gewonnene Selbstverständnis seiner Partei zum Thema Integration von Ausländern. Seine Ansichten zu diesem Thema bringt er in der Öffentlichkeit aufs Schärfste zum Ausdruck stellt sich dabei bewusst gegen seine Partei und deren Vorstand. Zudem tituliert er Parteimitglieder mit Schimpfworten. Ob diese Verhaltensweisen einen Verstoß gegen die politischen Grundsätze der SPD beziehungsweise deren Ordnung darstellen, ist eine Frage der Zumutbarkeit der Äußerung beziehungsweise des Verhaltens des Dr. G. für die betroffene Partei. Diese Frage beurteilt sich wiederum vor dem dargelegten Spannungsverhältnis und dabei wiederum insbesondere an der Erhaltung der Funktionalität der Partei (unter dem Einfluss der Äußerungen des Dr. G.). Insoweit ist zu beachten, dass nach Art. 21 I 3 GG die Ordnung einer Partei demokratischen Grundsätzen entsprechen muss. Entsprechend muss eine Partei interne politische Auseinandersetzungen unter sich dulden, solange sie der Parteiarbeit und Entscheidungsfindung in der Partei förderlich (und nicht destruktiv) sind. Bei der diesbezüglichen Beurteilung spielt neben der (inhaltlichen) Förderlichkeit einer Äußerung u.u. auch der Bekanntheitsgrad der äußernden Person eine Rolle. Insofern wird man annehmen können, dass innerparteilich bzw. politisch eher unbekannte Personen insoweit eine etwas weiterreichende Äußerungsfreiheit genießen, als Spitzenpolitiker. Vorliegend ist Dr. G. immerhin Abgeordneter des Bundestages und bundesweit bekannt, so dass seine Äußerungsfreiheit gegenüber einem völlig unbekannten Abgeordneten als deutlich weitergehend eingeschränkt anzusehen ist. Hinzu kommt hier, dass die von Dr. G. kritisierte innerparteiliche Haltung zum Thema Integration bereits seit Jahrzehnten innerparteilich gefestigt ist. Damit stellt sich Dr. G. offen gegen einen innerparteilichen Grundsatz im Sinne einer Grundsatzhaltung und kritisiert diesen Grundsatz aufs Schärfste. In aller Regel ist ein solches Verhalten mit diesem und ggf. anderen Grundsätzen der Partei nicht vereinbar, weil es der Partei und dem innerparteilichen Willensbildungsprozess nicht förderlich, sondern abträglich ist. Überdies ist das Belegen von Parteikollegen mit Schimpfwörtern in der Öffentlichkeit ebenfalls dem Ansehen der Partei in der Öffentlichkeit und insoweit auch deren Funktionalität im Willensbildungsprozess abträglich. Noch dazu stellt ein solches Verhalten einen Verstoß gegen die Ordnung der Partei dar. Liegt nach allem damit ein Verstoß gegen Grundsätze und Ordnung der Partei vor, so setzt ein Ausschluss gleichwohl voraus, dass der Partei dadurch ein schwerer Schaden (vgl. 10 IV PartG) entstanden ist. Wann ein solch schwerer Schaden vorliegt, ist insbesondere daran zu bestimmen,

inwieweit die Partei in der Wahrnehmung ihrer Aufgaben durch das Verhalten des Abgeordneten beeinträchtigt ist. Wie bereits dargelegt, ist es die wesentliche Aufgabe der Parteien, am politischen Willensbildungsprozess mitzuwirken und diesen zu befördern. Dabei kommt den Parteien auch die Aufgabe zu, bestimmte Positionen den Bürgern darzulegen, zu vermitteln und ggf. auch zu vertreten, um dem Bürger die Möglichkeit zu geben, an diesem politischen Willensbildungsprozess vollumfänglich teilzuhaben und seine Überzeugungen über die Wahl der politischen Parteien durchzusetzen. Im vorliegenden Fall ist das Verhalten des Dr. G., indem er sich gegen eine in der Partei seit Jahrzehnten gefestigte Position öffentlich wendet, dem Ansehen der Partei in der Öffentlichkeit abträglich. Insbesondere lässt es die ansonsten klare Position der Partei zu dieser Frage (ohne tatsächlichen Anlass) als nicht mehr gesichert erscheinen. Damit führt das Verhalten des Dr. G. zu einer politischen Verunsicherung im Hinblick auf die SPD. Es ist daher dem politischen Willensbildungsprozess, jedenfalls im Hinblick auf die SPD - und damit die Partei des Dr. G. - nicht förderlich, sondern abträglich, insbesondere auch, da ein einheitliches Auftreten der Partei in der Öffentlichkeit nicht mehr gewährleistet ist, was letztlich auch an der Glaubwürdigkeit der SPD auch in anderen Sachfragen nagt. Zudem führen die Beschimpfungen einzelner Mitglieder und des Vorstands der SPD auch zu einem Glaubwürdigkeitsverlust dieser einzelnen Mitglieder, was wiederum insgesamt in der Öffentlichkeitsdarstellung der SPD zu einem Kompetenzverlust führt. Vor diesem Hintergrund ist die SPD durch das Verhalten des Dr. G. insgesamt in ihrer Teilhabe am politischen Willensbildungsprozess nachteilig beeinträchtigt und ggf. sogar (partiell) verhindert. Damit hat das Verhalten des Dr. G. der SPD bzgl. der Wahrnehmung ihrer Aufgabe, an der politischen Willensbildung teilzunehmen, schwer geschadet. Damit liegen die Tatbestandsvoraussetzung des 10 IV PartG bezüglich des Dr. G. hier vor, so dass die SPD ihn ausschließen kann. B. Verlust des Mandats Zu prüfen ist ferner, ob Dr. G. sein Bundestagsmandat im Falle des Parteiausschlusses verliert. Nach dem insoweit maßgeblichen 46 I 1 BWahlG (Bundeswahlgesetz) verliert ein Abgeordneter seine Mitgliedschaft im Bundestag, bei Ungültigkeit des Erwerbs der Mitgliedschaft, bei Neufeststellung des Wahlergebnisses, bei Wegfall einer Voraussetzung seiner jederzeitigen Wählbarkeit, bei Verzicht oder bei Feststellung der Verfassungswidrigkeit der Partei oder der Teilorganisation einer Partei, der er angehört, durch das Bundesverfassungsgericht nach Art. 21 II 2 GG. Alle diese Fälle liegen vorliegend jedoch nicht vor. Zwar bezeichnet 46 I 1 BWahlG die Verlustgründe nicht abschließend, wie sich aus 46 I 2 BWahlG ergibt, jedoch sind hier auch keine sonstigen Gründe für einen Verlust des Bundestagsmandats ersichtlich. Vielmehr spricht für einen Erhalt des Bundestagsmandats, dass Abgeordnete nach Art. 38 I 2 GG Vertreter des ganzen Volkes - und nicht ihrer Wähler oder ihrer Partei - sind. Als Vertreter des ganzen Volkes kann und darf der Abgeordnete und damit auch sein Mandat gerade nicht von einer Parteimitgliedschaft abhängig sein. Daher führt der Sinn und Zweck des Art. 38 I 2 GG dazu, dass ein

Parteiausschluss nicht zugleich einen Bundestagsausschluss mitsichbringt, sondern vielmehr das Mandat unabhängig von einer Parteizugehörigkeit fortbesteht. Im Falle eines Parteiausschlusses behielte Dr. G. also sein Bundestags-mandat. C. Anspruch auf Aufnahme in eine Partei Zu prüfen ist abschließend, ob Dr. G. nach seinem Parteiausschluss einen Anspruch auf Aufnahme in eine andere Partei hat. Ein solcher Anspruch könnte sich möglicherweise aus 10 I PartG und/oder aus Art. 21 GG ergeben. I. Anspruch aus 10 I PartG Fraglich ist zunächst, ob Dr. G. ein Anspruch aus 10 I PartG zusteht. Insoweit gilt nach den Sätzen 1 und 2 dieser Vorschrift, dass die zuständigen Organe der Partei frei über die Aufnahme von Mitgliedern entscheiden, ohne dass eine Ablehnung begründet werden muss. Damit ist jede Partei, insbesondere auch die CSU, in ihrer Entscheidung wen sie in ihrer Partei aufnimmt, jedenfalls nicht nach 10 I PartG zur Aufnahme verpflichtet, da sie über einen entsprechenden Antrag frei, auch in der Weise, dass sie den Antrag abgelehnt, entscheiden kann. II. Anspruch aus Art. 21 GG Möglicherweise steht Dr. G. aber ein Anspruch unmittelbar aus der Verfassung auf Aufnahme in eine Partei zu. Aus Art. 21 I 2 GG, aber auch aus der tatsächlichen Zusammensetzung des Bundestags wird ersichtlich, dass den Parteien eine faktische Monopolstellung bei der politischen Willensbildung zukommt. Einzelnen, nicht in den Parteien organisierten Abgeordneten kommt beim politischen Willensbildungsprozess aber in der Regel eine faktisch eher untergeordnete Rolle zu. Auch im Hinblick auf die (Wieder-) Wahl hat ein einzelner Abgeordneter in der Regel eher geringe Chancen wiedergewählt zu werden, ohne Mitglied einer Partei zu sein (Parteispenden, Wahlhelfer, Listen etc.). Zwar besteht die Möglichkeit, eine eigene Partei zu gründen, insoweit stellt aber die 5%-Klausel ein schwer zu überwindendes Hindernis dar. Vor diesem Hintergrund könnte man annehmen, dass für den einzelnen Abgeordneten ein Anspruch auf Aufnahme in eine Partei verfassungsrechtlich geboten sein könnte. Gegen eine solche Schlussfolgerung aus Art. 21 I 2 GG spricht aber, dass die Gründung einer Partei frei ist. Der Gründungsvorgang lässt sich aber von der Frage, wer Mitglied einer Partei ist, letztlich nicht lösen, da andernfalls die Parteigründer auch anders Gesinnte, ja sogar Parteigegner, aufnehmen müssten und sich so gewissermaßen durch die Gründung selbst um die Handlungsfähigkeit ihrer Vereinigung/Partei brächten. Von daher wird von einer Ansicht angenommen, dass jede Partei selbst frei entscheiden kann, wen sie als Mitglied aufnimmt, solange diese Entscheidung nur frei von Willkür ergeht. Anhaltspunkte dafür, dass die CSU (oder eine andere Partei) den Dr. G. aus Willkürgründen nicht aufnehmen wird, sind nicht ersichtlich, so dass er nach dieser Ansicht keinen Anspruch auf Aufnahme in eine Partei, insbesondere auch nicht auf die CSU, hätte. Nach anderer Ansicht ist jede Partei hinsichtlich der Aufnahme ihrer Mitglieder völlig frei. Auch nach dieser Ansicht hätte Dr. G. (erst Recht) keinen Anspruch auf Aufnahme.

Dr. G. hat damit nach allem keinen Anspruch auf Aufnahme in eine Partei.