Erkrankungen des Peripheren Nervensystems Erkrankungen des peripheren Nervensystems Übersicht Klinische Untersuchung Nervenläsionen Allgemein Radikuläre Läsionen Plexusläsionen Mononeuropathien Polyneuropathien 1
Peripheres Nervensystem Klinische Untersuchung Zeichen eine peripheren Läsion bei der Untersuchung der Motorik Reflexabschwächung (Cave: Akutphase einer zentralen Läsion) Atrophie (Cave Inaktivitätsatrophie, cave Latenz) Tonusminderung (Cave Akutphase einer zentralen Läsion) Faszikulationen (Cave benigne Faszikulationen) Ausfälle in einem für eine Struktur des PNS typischen Muster Zeichen einer peripheren Läsion in der Untersuchung der Sensibilität Ausfälle in einem für eine Struktur des PNS typischen Muster Peripheres Nervensystem Klinische Untersuchung Wurzel Kennmuskeln Kennreflex C5 M. deltoideus --- C6 M. biceps RPR, BSR C7 M. triceps TSR C8 Alle Handmuskeln Trömner L4 M. quadriceps ADR, PSR L5 M. tibialis ant. --- (TPR) S1 M. gastrocnemius ASR 2
Peripheres Nervensystem Klinische Untersuchung Halbseitig median Halbseitig paramedian Extremität distal Dermatom oder Autonomgebiet funktionell zentral peripher Peripheres Nervensystem Klinische Untersuchung Wurzel C5 C6 C7 C8 L4 L5 S1 Dermatom Schulterkuppe Daumen Mittelfinger Kleinfinger Knie Großzehe Außenkante Fuß 3
Hypothesenorientierte Untersuchung: Fußheberschwäche Leitsymptom Differentialdiagnosen Klinischer Test Fußheberschwäche L5-Syndrom Peronaeusparese Supination N. peronaeus: Funktion N. peronaeus L5 N. tibialis S1 4
Hypothesenorientierte Untersuchung II Leitsymptom Sensibilitätsstörung ulnare Handkante Differentialdiagnosen C8-Syndrom Untere Plexusläsion Ulnarisläsion Klinischer Test Flexion Daumenendglied Palmarabduktion des Daumens Standardsituationen für die topographische Differentialdiagnose Leitsymptom (topographische) Differentialdiagnose Parese der Abduktion im Schultergelenk Parese der Kleinfingerabduktion Kniestreckerparese Fußheberparese Obere Armplexusläsion C5-Syndrom Axillarisläsion Suprascapularisläsion Untere Armplexusläsion C8-Syndrom Ulnarisläsion L4-Syndrom Femoralisläsion L5-Syndrom Peronaeusläsion 5
Erkrankungen des peripheren Nervensystems Übersicht Klinische Untersuchung Nervenläsionen Allgemein Radikuläre Läsionen Plexusläsionen Mononeuropathien Polyneuropathien Nervenläsionen Systematik nach Schwere Neurapraxie Segmentale Demyelinisierung Axonotmesis + Kontinuitätsunterbrechung Axon Neurotmesis + Kontinuitätsunterbrechung Nerv 6
Nervenläsionen Systematik nach Prognose Neurapraxie Restitutio ad integrum in Tagen bis Wochen Axonotmesis Defektheilung in Monaten Neurotmesis Keine Besserung Erkrankungen des peripheren Nervensystems Übersicht Klinische Untersuchung Nervenläsionen Allgemein Radikuläre Läsionen Plexusläsionen Mononeuropathien Polyneuropathien 7
Nervenläsionen Systematik nach Lokalisation Radikulopathie (Bsp.: lumbaler Bandscheibenvorfall) Plexopathie (Bsp.: neuralgische Amyotrophie) Mononeuropathie (Bsp: Carpaltunnelsyndrom) Radikuläre Läsion lumbaler Bandscheibenvorfall (BSV) 8
Radikuläre Läsion lumbaler Bandscheibenvorfall (BSV) Definition Lumbalgie (auf den Rücken beschränkter Schmerz) Lumboischialgie (mit Schmerzausstrahlung ins Bein) lumbales Wurzelsyndrom (mit sensiblen/motorischen Ausfällen) Radikuläre Läsion lumbaler Bandscheibenvorfall (BSV) LWK3 Wurzel L3 LWK4 Wurzel L4 LWK5 Wurzel L5 Mediolateraler BSV LWK3/4 Lateraler BSV LWK4/5 9
Radikuläre Läsion lumbaler Bandscheibenvorfall (BSV) Definition Lumbalgie (auf den Rücken beschränkter Schmerz) Lumboischialgie (mit Schmerzausstrahlung ins Bein) lumbales Wurzelsyndrom (mit sensiblen/motorischen Ausfällen) Klinik radikulärer Schmerzcharakter: Zunahme bei Husten und Pressen; Schmerzausstrahlung entsprechend Dermatom; Wurzeldehnungszeichen (Lasègue/ umgekehrtes Lasègue Zeichen), zusätzlich vertebragene Symptomatik (paravertebraler Hartspann, Schonhaltung) Diagnostik Rö LWS (bei Risiko für Fraktur, z. B. Osteoporose), Borrelienserologie, ggfs. Liquor, CT/MRT bei radikulärer Symptomatik, Elektrophysiologie Radikuläre Läsion lumbaler Bandscheibenvorfall (BSV) Diagnostik Rö LWS (bei Risiko für Fraktur, z. B. Osteoporose), Borrelienserologie, ggfs. Liquor, CT/MRT bei radikulärer Symptomatik, Elektrophysiologie Therapie konservativ mit möglichst früher Mobilisation und Aktivität; Sitzen einschränken (<20 min), Hebelast <10 kg, Analgetika/Antiphlogistika (z. B. Diclofenac) Therapie chirurgisch bei hochgradigen Paresen, Zunahme von Paresen, ausbleibender Besserung nach 2-3 Wochen konservativer Therapie. Hemilaminektonie und Diskektomie 10
Neuralgische Amyotrophie Definition idiopathische Neuritis meist des Plexus brachialis; familiär ( HNA, 17q24-25, kleiner Anteil der Fälle), Assoziation mit Hepatitis E; sehr häufig: 3 neue Fälle / Woche in Lübeck Anamnese Beginn (90%) mit heftigem Dauerschmerz über 1-2 Wochen, dann Paresen; in ¼ der Fälle bilateral Befund Beteiligung aller Plexusanteile möglich; typisch obere Plexusläsion; Manifestation außerhalb des Plexus brachilais möglich Diagnose klinisch; EMG/Neurographie; Bildgebung und LP nur zum Ausschluß Neuralgische Schulteramyotrophie Diagnose klinisch; EMG/Neurographie; Bildgebung und LP nur zum Ausschluß von DD Therapie NSAR/Tramadol; kausale Therapie mit Prednison (1 mg/kg KG über 1 Woche) wird diskutiert Prognose Erholung über bis zu 2 a; nach 3 Jahren waren 20% der Patienten arbeitsunfähig, 40% mußten den Arbeitsplatz wechseln. van Alfen & van Engelen (2006) Brain 129: 438 11
Erkrankungen des peripheren Nervensystems Übersicht Klinische Untersuchung Neurophysiologische Untersuchung Nervenläsionen Allgemein Radikuläre Läsionen Plexusläsionen Mononeuropathien Radialisläsionen Parkbanklähmung Fallhand und sensible Störung Ellenbogen Supinatorlogensyndrom Schmerzen, Fallfinger; KEINE sensible Störung Läsion N. radialis Superficialis Braunüle 12
Ulnarisläsionen Sulcus ulnaris Syndrom Krallenhand, Froment-Zeichen, Parese der Kleinfingerabduktion Cubitaltunnelsyndrom s. o. Loge de Guyon prox. u. dist. Parese der intrinsischen Handmuskeln +/- sensible Störung Medianusläsionen Pronator teres Syndrom Volarseitige Schmerzen, Parästhesie bei forcierter Pronation Interosseus ant. Syndrom Pinch sign, KEINE Sens.störung CTS 13
Erkrankungen des peripheren Nervensystems Übersicht Klinische Untersuchung Neurophysiologische Untersuchung Nervenläsionen Allgemein Radikuläre Läsionen Plexusläsionen Mononeuropathien Polyneuropathien Polyneuropathie Übersicht Definition Schädigung mehrerer peripherer Nerven durch einen systemischen Prozess Ätiologie hereditär ( reine PNP, mit zusätzlichen Symptomen); metabolisch (Diabetes mellitus, Urämie, ), paraneoplastisch/paraproteinämisch, bei Kollagenosen, bei Vaskulitiden, bei Malnutrition/Resorptionsstörung, toxisch/medikamenteninduziert (Alkohol, ), entzündlich/infektiös (Borreliose, VZV, ), immunologisch (Guillain-Barré-Syndrom, CIDP, MMN, ) Epidemiologie Inzidenz 50/100000 a -1 (zum Vergleich: Hirn(re)infarkt: 250, Epilepsie/erster Anfall 60, GBS 3, ALS 2) 14
Polyneuropathie Ursachen Engelhardt 1994 Koren, Erdler & Baumgartner 2013 Diabetische Neuropathie: Klinische Bilder Distal symmetrisch Proximale Amyotrophie Mononeuritis multiplex Engpaßsyndrome Autonome Neuropathie 15
Polyneuropathie anatomisches Muster Distal symmetrisch Diabetes mellitus alkoholtoxische PNP Charcot-Marie-Tooth (hereditär) Guillain-Barré-Syndrom Mononeuritis multiplex Diabetes mellitus, Kollagenosen/Vaskulitiden HNPP ( hereditary neuropathy with pressure palsies ) MMN (Multifokale motorische Neuropathie) Polyneuropathie Basisdiagnostik Blut/Serum Blutbild, BSG, Vit. B12, Nüchtern-BZ, Leberwerte, Nierenwerte, Serumelektrophorese Liquor Pleozytose bei Vasculitis, Borreliose, Meningeosis Eiweißerhöhung bei GBS/CIDP Biopsie Indikation bei V. a. Vasculitis (Alternative: Biopsie eines anderen befallenen Organs), Neurolymphomatose Vorgehen: Biopsie von N. suralis und M. gastrocnemius Elektrophysiologie 16
Neuropathie bei Diabetes Epidemiologie häufigste Ursache einer Polyneuropathie, durchschnittliches Auftreten 8 Jahre nach Beginn des Diabetes; 10 % bereits bei Diagnose eines DM; Prävalenz von pathologischer Glucosetoleranz (ohne manifesten DM) erhöht bei PNP Klinische Bilder Variable Präsentation mit auch unterschiedlicher Pathophysiologie und unterschiedlichen therapeutischen Implikationen Therapie gute Diabeteseinstellung (bei Typ I Diabetes); bei neuropathischen Schmerzen: symptomatische Therapie mit Gabapentin, Pregabalin, trizyklischen AD Guillain-Barré-Syndrom I Definition Akute und subakute Polyradikuloneuritiden, typisch (aber nicht notwendig) demyelinisierend Ätiologie/Pathogenese Autoimmunvermittelt. Disponierend Gastroenteritiden (Campylobakter jejuni), Hepatitis E Anamnese Parästhesien und/oder Schmerzen, Beginn in den Beinen, später auch obere Extremitäten (atypischer Beginn möglich). 17
Guillain-Barré-Syndrom II Klinik schlaffe symmetrische Paresen, Verlust der MER (gel. erst im Verlauf), bilaterale Facialisparese möglich, eher geringe sensible Beteiligung Zusatzdiagnostik Liquor (in der ersten Woche in 50% normal!): deutliche Eiweißerhöhung (z. B. 1500 mg/l, Zellzahl normal (zytoalbuminäre Dissoziation) Neurophysiologie Nachweis deutlicher Leitungsverlangsamung (z. B. NLG-Reduktion in einem der Messung zugänglichen Nervenabschnitt) Guillain-Barré-Syndrom III Therapie Immunglobuline bei schwerem, noch progredienten Verlauf, Gehstrecke unter 5 m oder früher Beeinträchtigung der Atmung, Erkrankungsdauer < 14 Tage; Anwendung: Dosierung 0.4 g/kg KG pro Tag für 5 Tage; Plasmapherese bei Kontraindikation, Komplikation oder Unwirksamkeit der Immunglobulintherapie; symptomatische Therapie: Thromboseprophylaxe; Beatmung bei Ateminsuffizienz; Überwachung wg. Asystolierisiko bei autonomer Beteiligung Verlauf Maximum der Symptome innerhalb von 3 4 Wochen, Rückbildung der Lähmungen in umgekehrter Reihenfolge 2 4 Wochen nach der Plateauphase; 1 Jahr nach Erkrankungsbeginn: 90 % vollständige Erholung oder milde Residuen. 18
Ende 19