11 Untermannigfaltigkeiten des R n und lokale Extrema mit Nebenbedingungen Ziel: Wir wollen lokale Extrema von Funktionen f : M R untersuchen, wobei M R n eine k-dimensionale Untermannigfaltigkeit des R n ist. Definition 11.1 a) Sei U R n offen und sei h : U R m stetig differenzierbar. Dann heißt h regulär, wenn rang(dh(x)) = m x U gilt. b) Sei nun 0 < k < n und sei m = n k. Eine Teilmenge M R n heißt k-dimensionale Untermannigfaltigkeit des R n, falls zu jedem x 0 M eine offene Umgebung U von x 0 in R n existiert und eine reguläre Funktion h : U R m mit M U = {x U h(x) = 0} = h 1 ({0}) Bemerkung 11.2 1) Es gibt viele andere Definitionen von k-dimensionalen C 1 Untermannigfaltigkeiten die aber alle äquivalent sind. Z.B. sagt Königsberger im Buch Analysis II: Man heißt k-dimensional Untermannigfaltigkeit von R n falls zu jedem x 0 M eine Umgebung U von x 0 R n, eine offene Menge V R n und ein C 1 Diffeomorphismus ϕ : U V mit ϕ(m U) = (R n {0}) V. Ist dann P : R n R m die Projektion auf R m, und ist h := P ϕ : U R m, so folgt M U = {x U h(x) = 0} und h ist stetid differenzierbar und rang(dh(x)) = rang(p Dϕ(x)) = rang(p ) = m x U. 2) Ist h : U R m wie in der Definition. So folgt aus rang(dg(x 0 )) = m, dass die Jacobi- Matrix Dg(x 0 ) in linear Unabhängigen Spalten x j1 (x 0 ),..., x j1 (x 0 ) erhalten. Nach Vertauschen der Variablen können wir o.b.d.a annehmen, dass x k+1 (x 0 ),..., x n (x 0 ) linear unabhängig sind. Schreiben wir dann R n = R k R m z0, x 0 =, so ist dann y 0 z0 invertierbar. Der Satz über implizite Funktionen liefert dann: offene Umgebungen U 1 von z 0, U 2 von y 0 und stetig differenzierbare Funktionen g : U 1 U 2 y y 0 mit { } z M (U 1 U 2 ) = z U g(z) 1. Damit ist M lokal der Graph einer Funktion auf U 1 R k. Für die folgenden Resultate benötigen wir den Begriff des Tangentialraums T x0 M an M im Punkt x 0. getext: Julia Wolters 97
Prof. Dr. Siegfried Echterhoff Analysis 2 Vorlesung SS 2009 Definition 11.3 Sei M R n k-dim Untermanigfaltigkeit, sei x 0 M und sei U offene Umgebung von x 0, h : U R m regulär mit M U = {x U h(x) = 0}. Dann heißt T x0 M := ker(dh(x 0 )) R n der Tangentialraum von M im Punkt x 0. Abbildung 16: Tangentialraum Beachte: Da rang(dh(x 0 )) = m ist Dh(x 0 ) : R n R m surjektiv. Nach dem Dimensionsformel für lineare Abbildungen folgt hieraus, dass T x0 M = ker(dh(x 0 )) ein n m = k-dimensionaler Untervektorraum der R n ist! Bemerkung 11.4 Sei I R ein Intervall. Eine stetige Abbildung α : I R n heißt parametrisierter Weg in R n. Ist α differenzierbar, so ist α (t 0 ) R n Richtungsvektor der Tangente α(t 0 ) + tα (t 0 ) an der Kurve α(i) im Punkt α(t 0 ). Abbildung 17: Richtungsvektor der Tangente Satz 11.5 Sei M R n eine k-dimensionale C 1 Untermanigfaltigkeit des R n und sei x 0 M. Dann gilt { } T x0 M = v R n differenzierbarer Weg α : ( δ, δ) M R n mit α(0) = x 0, α (0) = v Insbesondere hängt T x0 M nicht von der Wahl der regulären Funktion h : U R m ab! Beweis: Sei T x0 M die linke Seite der Gleichung. Wir zeigen: T x0 M ist k-dimensionaler 98 getext: Julia Wolters
Untervektorraum des R n mit T x0 M T x0 M. Da dim(t x0 M) = k folgt Gleichheit. Sei zunächst v T x0 M. Dann existiert differenzierbarer Weg α : ( δ, δ) M mit α(0) = x 0, α (0) = v. Sei U Umgebung von x 0 und h : U R m regulär mit M U = h 1 ({0}). Dann gilt h(α(t)) = 0 t und damit 0 = D(h α)(0) = Dh(α(0))α (0) = Dh(x 0 )v, also ist v T x0 M. Es folgt T x0 M T x0 M. Gleichheit: Wir vertiefen die Variablen von R n wie in Bemerkung 11.2(2), so dass R n R k R m z0, x 0 = und h z0 invertierbar. Dann existieren Umgebungen U y 0 y y 1 von 0 z{( 0, U 2 von ) y 0 und } stetig differenzierbare Funktion g : U 1 U 2 mit M (U 1 U 2 ) = z z U g(z) 1. Sei nun w R k beliebig. Sei δ > 0 mit z 0 + tw U 1 t ( δ, δ). z0 + tw Definiere α : ( δ, δ) M durch α(t) =. g(z 0 + tw) z0 z0 Dann gilt α(0) = = = x g(z 0 ) y 0 und α w (0) =. { 0 } Dg(z 0 )w w Damit folgt w R Dg(z 0 )w k =: T T x0 M T x0 M. Da T k-dimensionaler Untervektorraum von R n folgt T = T x0 M = T x0 M. Wir wollen nun lokale Extrema für Funktionen auf Untermanigfaltigkeiten dse R n betrachten: Definition 11.6 Sei M R n k-dimensionaler C 1 Untermanigfaltigkeiten, sei U R n offen und h : U R m regulär mit M U = h 1 ({0}). Ist dann x 0 M U und ist f : U R differenzierbar, so sagen wir f besitzt in x 0 ein lokales Maximum / Minimum bzgl. M (oder auch f besitzt lokales Maximum / Minimum unter der Nebenbedingung h = 0), falls ein δ > 0 existiert mit f(x) f(x 0 ) (bzw.f(x) f(x 0 )) x M U δ (x 0 ). x Beispiel 11.7 Sei h : R 3 R; h y = x 2 + y 2 + z 2 1. Dann ist h regulär mit z x x h 1 ({0}) = y y = 1 z z = S2 R 2. 2 Ist nun f : R n R beliebige differenzierbare Funktion, so können wir f S 2 : S 2 R auf lokale Maxima / Minima bzgl. S 2 untersuchen (bzw. mit Nebenbedingung h = 0). Ist f stetig, so exitiert Maxima / Minima da S 2 kompakt. getext: Julia Wolters 99
Prof. Dr. Siegfried Echterhoff Analysis 2 Vorlesung SS 2009 Satz 11.8 Sei U R n offen, : U R m regulär und f : U R differenzierbar. Sei M = {x U h(x) = 0} und sei x 0 M. Dann gilt: Besitzt f in x 0 ein lokales Maximum / Minimum bzgl. M (dh. mit Nebenbedingung h = 0), so existieren λ 1,..., λ m R (sogenannte Lagrange Multiplikatoren) mit f(x 0 ) = λ 1 h 1 (x 0 )+λ 2 h 2 (x 0 )+...+λ n h m (x 0 ), wobei h 1,..., h m : U R die Komponentenfunktionen von h sind. Beweis: Aus der Linearen Algebra wissen wir: Ist V R n ein Untervektorraum, und ist V = {w R n w, v = 0 v V }, so gilt (V ) = V. Zeigt: Ist V = LH{ h 1 (x 0 ),..., h m (x 0 )}, so gilt f(x 0 ) (V ) = V. Dann folgt der Satz! Nun gilt V = {w R n h i (x 0 ), w = Dh i (x 0 ) w = 0} = {w R n Dh(x 0 ) w = 0} 11.3 = T x0 M 0 1 i m Ist nun w T x0 M = V beliebig, so existiert nach 11.5 ein stetig differenzierbarer Weg α : ( δ, δ) M mit α(0) = x 0, α (0) = w. Da x 0 lokales Maximum / Minimum von f bzgl. M ist 0 ein lokales Maximum / Minimum von f α : ( δ, δ) R. Damit folgt 0 = (f α) (0) = Df(α(0)) α (0) = Df(x 0 ) w = f(x 0 ), w. Also gilt f(x 0 ), w = 0 w V = T x0 M und dann folgt f(x 0 ) (V ) = V. Achtung: Satz 11.8 gibt nur ein notwendiges Kriterium zum Vorliegen eines Maximums / Minimums in x 0 bzgl. M, aber kein hinreichendes Kriterium. Wir können also nur mögliche Kandidaten für lokale Maxima / Minima aufspüren! Anwendung 11.9 Sei A M n n (R) symmetrisch, also A t = A. Sei f : R n R; f(x) = Ax, x die zu A gehörige quadratische Form. Wir wollen die möglichen lokalen Maximima / Minima von f auf S n 1 = {x R n x 2 = 1} fnden. Sei dazu h : R n R; h(x) = x 2 1 +... + h 2 n 1. Dann ist Dh(x) = (2x 1,..., 2x n ) = 2x t 0 auf U = R n \ {0} und S n 1 = h 1 ({0}). Nach Satz 11.8 gilt: Besitzt f in x 0 ein lokales Maximum / Minimum bzgl. S n 1, so existiert λ R mit f(x 0 ) = λ h(x 0 ) = 2λx 0. Nun gilt f(x) = Ax, x = f x j (x) = 2 n i,j=1 a ij x i x j und damit gilt a ij x i + a jj 2x j = 2 i j a ij x i A=A t = 2 a ji x i = 2(Ax) j Damit folgt f(x) = 2Ax. Ist also x 0 lokales Maximum / Minimum auf S n 1, so folgt 2Ax 0 = f(x 0 ) = λ h(x 0 ) = λ2x 0 Ax 0 = λx 0 100 getext: Julia Wolters
Die möglichen lokalen Maxima / Minima sind also genau die normierten Eigenvektoren von A und λ ist zugehöriger Eigenwert. Es gilt dann f(x 0 ) = Ax 0, x 0 = λx 0, x 0 = λ x 0 2 2 = λ. Da S n 1 kompakt, existiert auf jeden Fall ein globales Maximum und Minimum von f auf S n 1. Dies muss dann der größte bzw. kleinste Eigenwert von A sein und liegt jeweils bei zugehörigen Eigenvektor x 0 vor. getext: Julia Wolters 101