11 Untermannigfaltigkeiten des R n und lokale Extrema mit Nebenbedingungen

Ähnliche Dokumente
Extremalprobleme mit Nebenbedingungen

9 Höhere partielle Ableitungen und die Taylorformel

Analysis II 14. Übungsblatt

Rückblick auf die letzte Vorlesung

10 Der Satz über implizite Funktionen und Umkehrfunktionen

Lösungsvorschlag zur Nachklausur zur Analysis

Musterlösung zu Blatt 1

Folgerungen aus dem Auflösungsatz

9.2. DER SATZ ÜBER IMPLIZITE FUNKTIONEN 89

55 Lokale Extrema unter Nebenbedingungen

1.6 Implizite Funktionen

TECHNISCHE UNIVERSITÄT MÜNCHEN

10 Untermannigfaltigkeiten

Wenn man den Kreis mit Radius 1 um (0, 0) beschreiben möchte, dann ist. (x, y) ; x 2 + y 2 = 1 }

3. Mai Zusammenfassung. g x. x i (x).

Extremwerte von Funktionen mehrerer reeller Variabler

M U = {x U f 1 =... = f n k (x) = 0}, (1)

TECHNISCHE UNIVERSITÄT MÜNCHEN

1 Umkehrfunktionen und implizite Funktionen

2 Extrema unter Nebenbedingungen

f f(x ɛξ) f(x) 0, d.h. f (x)ξ = 0 für alle ξ B 1 (0). Also f (x) = 0. In Koordinaten bedeutet dies gerade, dass in Extremstellen gilt: f(x) = 0.

Rückblick auf die letzte Vorlesung. Bemerkung

7 Partielle Ableitung

Nachklausur zur Analysis 2, SoSe 2017

f(x) f(x 0 ) lokales Maximum x U : gilt, so heißt x 0 isoliertes lokales Minimum lokales Minimum Ferner nennen wir x 0 Extremum.

1 Partielle Differentiation

Analysis II. Aufgaben zum Stoff der Analysis I und II Lösungsvorschlag

18.2 Implizit definierte Funktionen

(a), für i = 1,..., n.

Implizite Funktionen, der Umkehrsatz und Extrema unter Nebenbedingungen

Berechnung von Extrema

Musterlösung. Aufgabe 1 a) Die Aussage ist falsch. Ein Gegenbeispiel ist die Funktion f : [0, 1] R, die folgendermaßen definiert ist:

Stetige Funktionen. Definition. Seien (X, d) und (Y, D) metrische Räume und f : X Y eine Abbildung. i) f heißt stetig in x 0 (x 0 D(f)), wenn

Übungen zu Grundlagen der Mathematik 2 Lösungen Blatt 12 SS 14. Aufgabe 44. Bestimmen Sie die Taylor-Polynome der Funktion.

42 Lokale Extrema mit Nebenbedingungen

9 Optimierung mehrdimensionaler reeller Funktionen f : R n R

Mathematik für Anwender II

Übungen zur Analysis II Blatt 27 - Lösungen

1 Eingebettete Untermannigfaltigkeiten des R d

Topologie und Differentialrechnung mehrerer Veränderlicher, SS 2009 Modulprüfung/Abschlussklausur. Aufgabe Punkte

3 Optimierung mehrdimensionaler Funktionen f : R n R

7 Lineare Abbildungen und Skalarprodukt

0.1 Hauptsatz über implizite Funktionen

40 Lokale Extrema und Taylor-Formel

8 Extremwerte reellwertiger Funktionen

Probeklausur zur Analysis 2, SoSe 2017

Probeklausur zur Analysis II

Teil IV : Integration über Untermannigfaltigkeiten. 9 Untermannigfaltigkeiten von R n

Wiederholung von Linearer Algebra und Differentialrechnung im R n

Technische Universität München. Aufgaben Mittwoch SS 2012

Thema14 Der Satz über inverse Funktionen und der Satz über implizite Funktionen

Analysis 2, Woche 9. Mehrdimensionale Differentialrechnung I. 9.1 Differenzierbarkeit

FERIENKURS ANALYSIS 2 FÜR PHYSIKER

Serie 4. Analysis D-BAUG Dr. Cornelia Busch FS 2015

Lagrange-Multiplikatoren

Der Fundamentalsatz der Algebra

16. FUNKTIONEN VON MEHREREN VARIABLEN

BERGISCHE UNIVERSITÄT WUPPERTAL Fachbereich C Mathematik und Naturwissenschaften

Musterlösung Klausur zu Analysis II. Verständnisteil

Anwendungen der Differentialrechnung

2 Implizite Funktionen

Teil 6. Differentialrechnung mehrerer Veränderlicher

Karlsruher Institut für Technologie Institut für Analysis Dr. Andreas Müller-Rettkowski Dr. Vu Hoang. Sommersemester

Kommentierte Musterlösung zur Klausur HM II für Naturwissenschaftler

(x, x + y 2, x y 2 + z 3. = e x sin y. sin y. Nach dem Umkehrsatz besitzt f dann genau auf der Menge

Analysis II. Vorlesung 47

Lösungsvorschläge zum 7. Übungsblatt.

Prof. Dr. H. Brenner Osnabrück SS Analysis II. Vorlesung 50. Hinreichende Kriterien für lokale Extrema

2 Funktionen in mehreren Variablen: Differentiation

Höhere Mathematik II für die Fachrichtung Physik Lösungsvorschläge zum 8. Übungsblatt. ). 12x 3 Die Hessematrix von f ist gegeben durch H f (x, y) =

Mathematik II. Vorlesung 46. Der Gradient

Henning Krause Lineare Algebra Julia Sauter SS 2017 Klausur mit Lösungsvorschlag Jan Geuenich

Scheinklausur Analysis 2 Ss Juli 2008

2 Extrema unter Nebenbedingungen

i j m f(y )h i h j h m

Klausur zu Analysis II - Lösungen

TECHNISCHE UNIVERSITÄT MÜNCHEN Fakultät für Mathematik. Semestrale (Wiederholung) HÖHERE MATHEMATIK 3 für Chemieingenieurwesen

Probeklausur. 1 Stetigkeit [7 Punkte] 2 Differenzierbarkeit [10 Punkte] Ferienkurs Analysis 2 für Physiker SS Karolina Stoiber Aileen Wolf

Motivation der Vorlesung Analysis IV

Aufgabe 1. Berechnen Sie die absolute und die relative Kondition des Problems x f(x) für die Abbildung. x = x 2 e x 1.

Eigenwerte und Diagonalisierung

1.3 Differenzierbarkeit

Vorlesung: Analysis II für Ingenieure. Wintersemester 07/08. Michael Karow. Themen: Niveaumengen und Gradient

9 Differentialrechnung für Funktionen in n Variablen

B Lösungen. Aufgabe 1 (Begriffe zur Differenziation) Sei (x, y) R 2 Berechnen Sie zur Abbildung. f(x, y) := x sin(xy) f : R 2 R,

Wiederholungsklausur zur Analysis II

FERIENKURS ANALYSIS 2 FÜR PHYSIKER JOHANNES R. KAGER UND JULIAN SIEBER. Tag 2

102 KAPITEL 14. FLÄCHEN

Mathematischer Vorkurs NAT-ING II

Mehrdimensionale Differentialrechnung Übersicht

Implizite Funktionen. Ist für eine stetig differenzierbare Funktion f : R n R m R n. so lässt sich das Gleichungssystem

6 Extremwerte mit Nebenbedingungen: Die Lagrange-Multiplikatoren-Methode

Höhere Mathematik II für die Fachrichtung Physik. Übungs- und Scheinklausur

Analysis II. 8. Klausur mit Lösungen

Wann heit eine Menge reeller Zahlen beschrankt? oen? abgeschlossen? Was ist das Supremum (Inmum) Maximum (Minimum) einer Teilmenge

Übungen zur Analysis II

1 Polynome III: Analysis

13 Partielle Ableitung und Richtungsableitung

Transkript:

11 Untermannigfaltigkeiten des R n und lokale Extrema mit Nebenbedingungen Ziel: Wir wollen lokale Extrema von Funktionen f : M R untersuchen, wobei M R n eine k-dimensionale Untermannigfaltigkeit des R n ist. Definition 11.1 a) Sei U R n offen und sei h : U R m stetig differenzierbar. Dann heißt h regulär, wenn rang(dh(x)) = m x U gilt. b) Sei nun 0 < k < n und sei m = n k. Eine Teilmenge M R n heißt k-dimensionale Untermannigfaltigkeit des R n, falls zu jedem x 0 M eine offene Umgebung U von x 0 in R n existiert und eine reguläre Funktion h : U R m mit M U = {x U h(x) = 0} = h 1 ({0}) Bemerkung 11.2 1) Es gibt viele andere Definitionen von k-dimensionalen C 1 Untermannigfaltigkeiten die aber alle äquivalent sind. Z.B. sagt Königsberger im Buch Analysis II: Man heißt k-dimensional Untermannigfaltigkeit von R n falls zu jedem x 0 M eine Umgebung U von x 0 R n, eine offene Menge V R n und ein C 1 Diffeomorphismus ϕ : U V mit ϕ(m U) = (R n {0}) V. Ist dann P : R n R m die Projektion auf R m, und ist h := P ϕ : U R m, so folgt M U = {x U h(x) = 0} und h ist stetid differenzierbar und rang(dh(x)) = rang(p Dϕ(x)) = rang(p ) = m x U. 2) Ist h : U R m wie in der Definition. So folgt aus rang(dg(x 0 )) = m, dass die Jacobi- Matrix Dg(x 0 ) in linear Unabhängigen Spalten x j1 (x 0 ),..., x j1 (x 0 ) erhalten. Nach Vertauschen der Variablen können wir o.b.d.a annehmen, dass x k+1 (x 0 ),..., x n (x 0 ) linear unabhängig sind. Schreiben wir dann R n = R k R m z0, x 0 =, so ist dann y 0 z0 invertierbar. Der Satz über implizite Funktionen liefert dann: offene Umgebungen U 1 von z 0, U 2 von y 0 und stetig differenzierbare Funktionen g : U 1 U 2 y y 0 mit { } z M (U 1 U 2 ) = z U g(z) 1. Damit ist M lokal der Graph einer Funktion auf U 1 R k. Für die folgenden Resultate benötigen wir den Begriff des Tangentialraums T x0 M an M im Punkt x 0. getext: Julia Wolters 97

Prof. Dr. Siegfried Echterhoff Analysis 2 Vorlesung SS 2009 Definition 11.3 Sei M R n k-dim Untermanigfaltigkeit, sei x 0 M und sei U offene Umgebung von x 0, h : U R m regulär mit M U = {x U h(x) = 0}. Dann heißt T x0 M := ker(dh(x 0 )) R n der Tangentialraum von M im Punkt x 0. Abbildung 16: Tangentialraum Beachte: Da rang(dh(x 0 )) = m ist Dh(x 0 ) : R n R m surjektiv. Nach dem Dimensionsformel für lineare Abbildungen folgt hieraus, dass T x0 M = ker(dh(x 0 )) ein n m = k-dimensionaler Untervektorraum der R n ist! Bemerkung 11.4 Sei I R ein Intervall. Eine stetige Abbildung α : I R n heißt parametrisierter Weg in R n. Ist α differenzierbar, so ist α (t 0 ) R n Richtungsvektor der Tangente α(t 0 ) + tα (t 0 ) an der Kurve α(i) im Punkt α(t 0 ). Abbildung 17: Richtungsvektor der Tangente Satz 11.5 Sei M R n eine k-dimensionale C 1 Untermanigfaltigkeit des R n und sei x 0 M. Dann gilt { } T x0 M = v R n differenzierbarer Weg α : ( δ, δ) M R n mit α(0) = x 0, α (0) = v Insbesondere hängt T x0 M nicht von der Wahl der regulären Funktion h : U R m ab! Beweis: Sei T x0 M die linke Seite der Gleichung. Wir zeigen: T x0 M ist k-dimensionaler 98 getext: Julia Wolters

Untervektorraum des R n mit T x0 M T x0 M. Da dim(t x0 M) = k folgt Gleichheit. Sei zunächst v T x0 M. Dann existiert differenzierbarer Weg α : ( δ, δ) M mit α(0) = x 0, α (0) = v. Sei U Umgebung von x 0 und h : U R m regulär mit M U = h 1 ({0}). Dann gilt h(α(t)) = 0 t und damit 0 = D(h α)(0) = Dh(α(0))α (0) = Dh(x 0 )v, also ist v T x0 M. Es folgt T x0 M T x0 M. Gleichheit: Wir vertiefen die Variablen von R n wie in Bemerkung 11.2(2), so dass R n R k R m z0, x 0 = und h z0 invertierbar. Dann existieren Umgebungen U y 0 y y 1 von 0 z{( 0, U 2 von ) y 0 und } stetig differenzierbare Funktion g : U 1 U 2 mit M (U 1 U 2 ) = z z U g(z) 1. Sei nun w R k beliebig. Sei δ > 0 mit z 0 + tw U 1 t ( δ, δ). z0 + tw Definiere α : ( δ, δ) M durch α(t) =. g(z 0 + tw) z0 z0 Dann gilt α(0) = = = x g(z 0 ) y 0 und α w (0) =. { 0 } Dg(z 0 )w w Damit folgt w R Dg(z 0 )w k =: T T x0 M T x0 M. Da T k-dimensionaler Untervektorraum von R n folgt T = T x0 M = T x0 M. Wir wollen nun lokale Extrema für Funktionen auf Untermanigfaltigkeiten dse R n betrachten: Definition 11.6 Sei M R n k-dimensionaler C 1 Untermanigfaltigkeiten, sei U R n offen und h : U R m regulär mit M U = h 1 ({0}). Ist dann x 0 M U und ist f : U R differenzierbar, so sagen wir f besitzt in x 0 ein lokales Maximum / Minimum bzgl. M (oder auch f besitzt lokales Maximum / Minimum unter der Nebenbedingung h = 0), falls ein δ > 0 existiert mit f(x) f(x 0 ) (bzw.f(x) f(x 0 )) x M U δ (x 0 ). x Beispiel 11.7 Sei h : R 3 R; h y = x 2 + y 2 + z 2 1. Dann ist h regulär mit z x x h 1 ({0}) = y y = 1 z z = S2 R 2. 2 Ist nun f : R n R beliebige differenzierbare Funktion, so können wir f S 2 : S 2 R auf lokale Maxima / Minima bzgl. S 2 untersuchen (bzw. mit Nebenbedingung h = 0). Ist f stetig, so exitiert Maxima / Minima da S 2 kompakt. getext: Julia Wolters 99

Prof. Dr. Siegfried Echterhoff Analysis 2 Vorlesung SS 2009 Satz 11.8 Sei U R n offen, : U R m regulär und f : U R differenzierbar. Sei M = {x U h(x) = 0} und sei x 0 M. Dann gilt: Besitzt f in x 0 ein lokales Maximum / Minimum bzgl. M (dh. mit Nebenbedingung h = 0), so existieren λ 1,..., λ m R (sogenannte Lagrange Multiplikatoren) mit f(x 0 ) = λ 1 h 1 (x 0 )+λ 2 h 2 (x 0 )+...+λ n h m (x 0 ), wobei h 1,..., h m : U R die Komponentenfunktionen von h sind. Beweis: Aus der Linearen Algebra wissen wir: Ist V R n ein Untervektorraum, und ist V = {w R n w, v = 0 v V }, so gilt (V ) = V. Zeigt: Ist V = LH{ h 1 (x 0 ),..., h m (x 0 )}, so gilt f(x 0 ) (V ) = V. Dann folgt der Satz! Nun gilt V = {w R n h i (x 0 ), w = Dh i (x 0 ) w = 0} = {w R n Dh(x 0 ) w = 0} 11.3 = T x0 M 0 1 i m Ist nun w T x0 M = V beliebig, so existiert nach 11.5 ein stetig differenzierbarer Weg α : ( δ, δ) M mit α(0) = x 0, α (0) = w. Da x 0 lokales Maximum / Minimum von f bzgl. M ist 0 ein lokales Maximum / Minimum von f α : ( δ, δ) R. Damit folgt 0 = (f α) (0) = Df(α(0)) α (0) = Df(x 0 ) w = f(x 0 ), w. Also gilt f(x 0 ), w = 0 w V = T x0 M und dann folgt f(x 0 ) (V ) = V. Achtung: Satz 11.8 gibt nur ein notwendiges Kriterium zum Vorliegen eines Maximums / Minimums in x 0 bzgl. M, aber kein hinreichendes Kriterium. Wir können also nur mögliche Kandidaten für lokale Maxima / Minima aufspüren! Anwendung 11.9 Sei A M n n (R) symmetrisch, also A t = A. Sei f : R n R; f(x) = Ax, x die zu A gehörige quadratische Form. Wir wollen die möglichen lokalen Maximima / Minima von f auf S n 1 = {x R n x 2 = 1} fnden. Sei dazu h : R n R; h(x) = x 2 1 +... + h 2 n 1. Dann ist Dh(x) = (2x 1,..., 2x n ) = 2x t 0 auf U = R n \ {0} und S n 1 = h 1 ({0}). Nach Satz 11.8 gilt: Besitzt f in x 0 ein lokales Maximum / Minimum bzgl. S n 1, so existiert λ R mit f(x 0 ) = λ h(x 0 ) = 2λx 0. Nun gilt f(x) = Ax, x = f x j (x) = 2 n i,j=1 a ij x i x j und damit gilt a ij x i + a jj 2x j = 2 i j a ij x i A=A t = 2 a ji x i = 2(Ax) j Damit folgt f(x) = 2Ax. Ist also x 0 lokales Maximum / Minimum auf S n 1, so folgt 2Ax 0 = f(x 0 ) = λ h(x 0 ) = λ2x 0 Ax 0 = λx 0 100 getext: Julia Wolters

Die möglichen lokalen Maxima / Minima sind also genau die normierten Eigenvektoren von A und λ ist zugehöriger Eigenwert. Es gilt dann f(x 0 ) = Ax 0, x 0 = λx 0, x 0 = λ x 0 2 2 = λ. Da S n 1 kompakt, existiert auf jeden Fall ein globales Maximum und Minimum von f auf S n 1. Dies muss dann der größte bzw. kleinste Eigenwert von A sein und liegt jeweils bei zugehörigen Eigenvektor x 0 vor. getext: Julia Wolters 101