Alzheimer kann man etwas dagegen tun? Vortrag bei der Nachbarschaftshilfe Haar 24.09.2015 Dr. Claus Briesenick Arzt für Neurologie und Psychiatrie www.neuro-baldham.de
Übersicht/Gliederung 1. Demenz was ist das? 2. Häufigkeit, Verteilung 3. Ursachen 4. Symptome/Verlauf 5. Risikofaktoren 6. Behandlung: medikamentös 7. Studienergebnisse 8. Vorsorge, Vorbeugung 2
1.Was ist eine Demenz? (A) Nachweisbare Beeinträchtigung des Kurzund Langzeitgedächtnisses (B) Beeinträchtigung von: abstraktem Denken, Urteilsvermögen, Sprechen, Handeln, Erkennen, Persönlichkeit A + B beeinträchtigen Arbeit, Alltagsaktivitäten, Beziehungen schleichender Beginn, stete kognitive Verschlechterung 3
2. Geschätzte Zunahme der Krankenzahl (Deutschland) 2010-2050 Jahr Geschätzte Anzahl von über 65-Jährigen in Millionen Geschätzte Krankenzahl 2010 16,8 1.450.000 2020 18,7 1.820.000 2030 22,3 2.150.000 2040 23,9 2.580.000 2050 23,4 3.020.000 Quelle: (online) Dr. Horst Bickel für die Deutsche Alzheimer Gesellschaft, September 2015 (https://www.deutsche-alzheimer.de/fileadmin/alz/pdf/factsheets/infoblatt1_haeufigkeit_ demenzerkrankungen_dalzg.pdf) 4
2. Demenzrisiko allgemein geringer? in Europa weniger Demenzkranke als noch vor zehn oder 20 Jahren vorausgesagt spanische Saragossa-Studie findet Rückgang des Vorkommens um 25% bei Menschen über 65 Jahre, ähnliche Untersuchungsergebnisse aus Schweden und Großbritannien und den Niederlanden Ursache vermutlich sowohl bessere Lebenserwartung wie bessere Lebensverhältnisse 5
2. Verteilung verschiedener Demenzformen Prozent 6
2. Andere Demenzformen neben der Alzheimer- und vaskulären Demenz Morbus Parkinson Morbus Pick Lewy-Körperchen-Erkrankung Alkoholdemenz Hydrocephalus depressive Pseudodemenz selten: viele andere Demenzformen 7
2. Häufigkeit der Alzheimer Demenz Prozent Alter 8
3. Ursachen Jahrzehntelanger Abbau von Hirnsubstanz, vor allem im Schläfen- und Scheitellappen Ablagerung von sogenannten Amyloidplaques und Neurofibrillen 9
3. Gehirn-Atrophie bei der Alzheimer- Demenz Gesund Alzheimerdemenz Bildnachweis: J. Bohl 10
3. Die Alzheimer Demenz mikroskopische Kennzeichen 11
4. Verlauf - Frühes Krankheitsstadium Gedächtnis Sprache Räumlich-optisch Verhalten Sonst. Fähigkeiten neue Informationen Sprachfluss Verlegen, Fahren Wahn, Depression Schreibvermögen 12
4. Verlauf - Mittleres Krankheitsstadium Gedächtnis Sprache Räumlich-optisch Verhalten Sonst. Fähigkeiten alte Informationen Sprachfluss verläuft sich Wahn, Depression Schreiben 13
4. Verlauf - Spätes Krankheitsstadium Gedächtnis Sprache Räumlich-optisch Verhalten Sonst. Fähigkeiten nicht testbar aufgehoben nicht testbar Herumwandern Enthemmung, Gang 14
5. Risikofaktoren Alter Demenz bei Verwandten 1. Grades Mongolismus Schulausbildung unter 7 Jahre Schädel-Hirn-Trauma Depression erhöhtes Cholesterin Bluthochdruck 15
6. Behandlungsansätze Demenz Acetylcholinesterase-Hemmer: Rivastigmin (Exelon ), Donepezil (Aricept ), Galanthamin (Reminyl ) NMDA-Rezeptor-Antagonisten: Memantine (Ebixa, Axura ) 16
6. Ginkgo schützt nicht Französische Untersuchung an mehr als 2800 Senioren: Klagen über Gedächtnisprobleme, jedoch nicht alzheimerkrank Bis zu fünf Jahre lang nach Losprinzip entweder 2x täglich 120 Milligramm des Ginkgo oder ein Scheinmedikament Nach Studienabschluss bei 4 Prozent der Patienten in der Ginkgo-Gruppe Diagnose einer Alzheimer-Demenz, 5 Prozent in der Kontrollgruppe: statistisch nicht bedeutsamer Unterschied 17
7. Studienergebnisse: Finger-Studie (Lancet, März 2015) Aufklärung über gesunde Ernährung, körperliche, geistige und soziale Aktivität zur Vorbeugung von Erkrankungen Behandlungsgruppe Kontrollgruppe Bei verschiedenen Tests: 25% mehr Leistung 18
7. Die MIND -Diät I Amerikanische Beobachtungsstudie Ergebnis: bei vollständigem Einhalten der MIND-Diät entsteht nach 5 Jahren kognitiver Vorsprung von 7,5 Jahren im Vergleich mit Nichteinhalten der Diät MIND-Diät: 15 Essensbestandteile, davon 10 gehirngesunde und 5 ungesunde MC Morris et al: New Mind Diet may help prevent Alzheimer`s, Alzheimer s and Dementia, online publiziert 19. März 2015 19
7. MIND -Diät I Die 5 ungesunden Bestandteilen der MIND -Diät gehirnungesund = verboten : - rotes Fleisch - Butter/Margarine - Käse - Gebäck/Süßigkeiten - Frittiertes/Fast Food. 20
7. MIND -Diät II Die 10 gesunden Bestandteile der MIND Diät gehirngesund = erlaubt : Blattgemüse anderes Gemüse Bohnen Nüsse Beeren Vollkorn Fisch Geflügel Olivenöl Wein 21
7. Die MIND -Diät Zusammenfassung Nicht mehr als 1 Teelöffel Butter täglich nicht mehr als einmal wöchentlich Süßigkeiten/Gebäck, fetter Käse, Frittiertes/Fast Food Vorgeschrieben: mindestens dreimal täglich Vollkornportionen Blattgemüse, anderes Gemüse, Beeren (sonst kein Obst) einmal täglich ein Glas Wein Nüsse fast täglich, ebenso Bohnen, zweimal wöchentlich Geflügel einmal wöchentlich Fisch. 22
7. Übergewicht und Alzheimer Höherer BMI führt zu höherer Erkrankungswahrscheinlichkeit Anstieg des BMI pro Punkt führt zu früherem Einsetzen der Krankheit um 6,7 Monate nach vorne Übergewicht bewirkt sowohl früheres Einsetzen wie auch stärkere Ausprägung YF Chuang et al.: Midlife adiposity predicts earlier onset of Alzheimer`s dementia, neuropathology and presymptomatic cerebral amyloid accumulation, Molecular Psychiatry, advance online publication, 1. September 2015 23
7. Alzheimer und körperliche Aktivität Regelmäßige körperliche Aktivität kann Risiko für eine Alzheimer- Demenz um 37 Prozent (und für leichtere kognitive Defizite sogar um 46 Prozent) vermindern körperliche Aktivität befördert Wachstum neuer Gehirnzellen, geistige Aktivität und Lernen Überleben neu gebildeter Neurone In Tierversuchen wurde gezeigt: Effekt am größten, wenn Bewegung und kognitives Lernen zusammenkommen Ausreichend: 150 Minuten mäßig intensives Training pro Woche 24
7. Alzheimer und soziale/geistige Aktivität Lebenslange geistige und soziale Aktivität vermindern die Ablagerung von Amyloid-Plaques SM Landau et al: Association of Lifetime Cognitive Engagement and Low Beta-Amyloid Deposition, Archives of Neurology 2012 25
8. Vorbeugung gegen Alzheimerdemenz Die 4 wichtigen Säulen für möglichst lange Gesundheit 1. Ernährung 2. Bewegung 3. Geistige und soziale Aktivität 4. Reduktion von Risikofaktoren 26
Vorbeugung gegen Alzheimerdemenz 1. Ernährung C Mediterrane Küche: Beeren, Obst, Gemüse, Hülsenfrüchte, Getreide, (Milchprodukte), Fisch, Olivenöl, (Alkohol). Vitaminreiche Kost, Bedeutung von sogenannten Radikalfängern (insbesondere Vitamine A, C, E, Omega-3-Fettsäuren wie DHA (Lachs, Leinöl, Kabeljau) 27
Vorbeugung gegen Alzheimerdemenz 2. Bewegung Durch Bewegung verbesserte Sauerstoffversorgung des Gehirns, durch vermehrte Muskelmasse höhere Stoffwechselaktivität Durch Nichtbewegung 20-70% erhöhtes Risiko Wichtig: Regelmäßigkeit, Vermeiden von Autofahren, Aufzügen 30 Minuten täglich 28
Vorbeugung gegen Alzheimerdemenz 3. Geistige/soziale Aktivität Höheres Renteneintrittsalter senkt Demenzrisiko Lernen/Sprechen einer Fremdsprache Gedächtnis- und Denkspiele, auch mit Partner/ Familie Gedankenaustausch mit anderen, Vermeiden von Einsamkeit Kurse an der Volkshochschule, Theaterabende, Ehrenämter usw. 29
Vorbeugung gegen Alzheimerdemenz 4. Beeinflussung von Gefäßrisikofaktoren Blutdruck senken auf Werte möglichst unter 120/80 Diabetes behandeln Cholesterinwerte senken Übergewicht senken Nicht rauchen 30
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