Strafrecht Fall 12- Lösung - Seite 1 Lösung Fall 12:



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Transkript:

Strafrecht Fall 12- Lösung - Seite 1 Lösung Fall 12: Vertiefungsfall zur selbständigen Bearbeitung Strafbarkeit des P TK 1: Drogengeschäft ÜBERSICHT FALL 12 I. 263 I ggü. M 1. Obj. TB (P) Vermögensbegriff - rein juristischer Vermögensbegriff - juristisch-ökonomischer Vermö.begriff - rein wirtschaftlicher Vermögensbegriff 2. Subj. TB, RW und Schuld (+) 3. Ergebnis: 263 I (+) TK 2: P s Tätigkeit als Vertreter I. 263 I ggü. den RAen zum Nachteil der RAe 1. Obj. TB a) Täuschungshandlung Angebot unter normalem Preis Erweiterbarkeit b) Irrtum (+), Vermögensverfügung (+) c) Vermögensschaden Wirtschaftl. Vermögensbegriff Saldierung: obj. Kompensation! aber: Berücksichtigung des sog. individ. Schadenseinschlages bei vertragl. Verpflichtungen: Fallgruppe der völligen Unbrauchbarkeit; Erweiterbarkeit war als vertraglicher Zweck vereinbart. 2. Subj. TB a) Vorsatz (+) b) Bereicherungsabsicht? Streben nach Vermögensvorteil: aa) Sich bereichern? zunächst (+), aber Stoffgleichheit (-), da angestrebter Vorteil (Provision) nicht unmittelbar aus dem Vermögen des Geschädigten stammen sollte bb) Drittbereicherung (+) ausreichend, wenn diese notwendiges Mittel zur Erlangung der Provision sein soll; insoweit Stoffgleichheit (+) c) RW des erstrebten Vorteils, diesbzgl. Vorsatz (+) 3. RW + Schuld (+) 263 I (+) II. 263 I, II, 22, 23 I ggü. der Firma K zu deren Nachteil durch Provisionsbeantragung (+) III. Konkurrenzen: Versuchter 263 z.n. der Firma K / vollendeter 263 z.n. der RAe: Tatmehrheit, 53 TK 3: Der Racheakt gegenüber K 263 I ggü. N z. N. des K 1. Obj. TB a) Täuschung, Irrtum (+) b) (P): Dreiecksbetrug: Vermögensverfügung oder Wegnahme mit Hilfe des N als gutgl. Werkzeug? - Befugnistheorie (-), widerspricht wirtschaftl. Betrachtungsweise - nach Näheverhältnistheorie (+) - ebenso nach Lagertheorie (+) Verm.Verf. (+) c) Schaden des K (+) 2. Subj. TB: Vorsatz und rw Bereicherungsabsicht 3. RW + Schuld (+) 263 I (+)

Strafrecht Fall 12- Lösung - Seite 2 Strafbarkeit des Pichel Tatkomplex 1: Drogengeschäft I. Betrug, 263 I Durch das Erwirken der Herausgabe der 100 könnte sich P eines Betruges schuldig gemacht haben. 1. Objektiver Tatbestand P müsste den Tatbestand des 263 StGB verwirklicht haben. Dazu ist erforderlich, dass er einen Menschen getäuscht und dadurch bei diesem einen Irrtum hervorgerufen hat, der dazu führte, dass dieser eine Vermögensverfügung vorgenommen hat, aus der ein Vermögensschaden beim Opfer resultiert. P hat M wohl auch über seine Fähigkeit, zumindest aber über seine Bereitschaft zur Veräußerung von Heroin getäuscht und dadurch bei M einen entsprechenden Irrtum hervorgerufen. M hat mit der Hingabe des Geldes eine unmittelbar das Vermögen mindernde Handlung und damit eine Vermögensverfügung vorgenommen. Fraglich könnte allenfalls sein, ob er dadurch auch einen Vermögensschaden erlitten hat. Dies erscheint insofern zweifelhaft, als er aus dem mit P geschlossenen Kaufvertrag über das Rauschgift, der die Grundlage für die Hingabe des Geldes war, keinen wirksamen Anspruch auf dasselbe erworben hat, da dieser Vertrag wegen Verstoßes gegen ein gesetzliches Verbot gem. 134 BGB nichtig war. Dann ist aber für die Frage nach einem Konditionsanspruch gemäß 817 BGB zu beachten, der einen solchen gem. S.2 ebenfalls ausschließt. Somit könnte M das Geleistete zivilrechtlich nicht zurückverlangen. Ob dann aber in strafrechtlicher Hinsicht (dennoch) ein Vermögensschaden bei solchen rechts- und sittenwidrigen Geschäften in Betracht kommt, ist umstritten. Fraglich ist insoweit, wie der Vermögensbegriff bei 263 StGB zu verstehen ist. Nach dem rein juristischen Vermögensbegriff stellen nur die einzelnen Vermögensrechte einer Person deren Vermögen dar. Nichtige Ansprüche gehören grundsätzlich nicht zum geschützten Vermögen. Um einen solchen handelt es sich hier aber, vgl. 817 S.2 BGB. Diese Ansicht wird jedoch weitgehend abgelehnt. Gegen sie lässt sich anführen, dass der Betrugstatbestand den Vermögensschutz bezweckt. Dem wird eine rein juristische Betrachtungsweise aber nicht vollständig gerecht, denn sie verkennt, dass auch Rechte wertlos sein können und andererseits tatsächliche Positionen, wie etwa die Arbeitskraft einen Wert besitzen, der nach diesem Begriff nicht erfasst wäre. Eine andere Ansicht geht dagegen von einem juristisch-ökonomischen Vermögensbegriff aus, was grds. dazu führt, bei rechts- oder sittenwidrigen Rechtsgeschäften einen Vermögensschaden zu verneinen. Begründet wird dies damit, dass der Tatbestand des 263 StGB einen Eingriff in das rechtlich geschützte Vermögen anderer voraussetze, also in geldwerte Rechte oder Anwartschaften sowie tatsächliche Erwerbsaussichten, die dem Einzelnen ohne Missbilligung der Rechtsordnung zustehen. Dies sei dann nicht der Fall, wenn der Getäuschte eine sein Vermögen tatsächlich mindernde Aufwendung auf Grund der Vorspiegelung einer Gegenleistung erbracht hat, die eine unsittliche oder unerlaubte Handlung darstellen würde. Der Staat könne eine Verletzung solcher Verträge, deren rechtliche Anerkennung er versage, nicht strafrechtlich ahnden. Unter dem Gesichtspunkt der Einheit der Rechtsordnung käme es zu unauflösbaren und untragbaren Wertungswidersprüchen, wenn das Strafrecht eine wirtschaftlich nutzbare Vermögensposition anerkenne, während andere Teile der Rechtsordnung deren Realisierung verbieten und missbilligen. Der Getäuschte leiste in solchen Fällen in Kenntnis der rechtlichen Unwirksamkeit solcher Verträge auf eigene Gefahr. Es sei nicht die Aufgabe der Betrugsstrafbarkeit, das Vertrauen in die täuschungsfreie Abwicklung eines verbotenen Rechtsgeschäftes zu schützen, sondern es sei vielmehr erforderlich, diesen Schutz zu versagen, da dies im Interesse der Vermeidung der in Aussicht genommenen Rechtsgutsverletzung unbedingt erforderlich sei. Schließlich sei die Versagung von Vertrauensschutz in derartigen Fällen gerade auch der Zweck des 817 S.2 BGB. Schließlich wird vertreten, den Vermögensbegriff im Rahmen des 263 StGB rein wirtschaftlich zu verstehen. Danach ist das Vermögen die Summe aller wirtschaftlich wertvollen Vermögenspositionen einer Person. Ein Vermögensschaden liegt demzufolge in jeder Minderung der Wertsumme dieser Positionen. Eine Einschränkung des geschützten Vermögens auf Grund der Rechts- oder Sittenwidrigkeit des Geschäfts findet gerade nicht statt. Begründet wird diese Ansicht damit, dass gerade derjenige, der keinen nachträglichen Ausgleich seiner Vermögenseinbuße erlangen kann, als Geschädigter anzusehen sei. 817 S.2 BGB berühre die Frage nach dem Schaden gerade nicht, sondern versage nur die Rückforderung des Geleisteten.

Strafrecht Fall 12- Lösung - Seite 3 Die unterschiedliche Betrachtung des Vermögens im Straf- und Zivilrecht sei auf Grund der Verschiedenartigkeit ihrer Aufgaben gerechtfertigt und führe keineswegs zu unauflösbaren Widersprüchen. Vielmehr dürfe die Verfolgung verbotener Zwecke durch den Getäuschten trotz des Interesses der Vermeidung solcher Geschäfte keinen Freibrief für den Schädiger darstellen. Vielmehr müsse der Strafanspruch des Staates gerade in diesen Fällen eingreifen. Der Bruch der Rechtsordnung werde nicht dadurch beseitigt, dass sich der Angegriffene selbst nicht mit ihr in Einklang befunden hat. Schließlich müsse die Rechtsordnung auch im Verhältnis von Verbrechern untereinander Geltung behalten. Die Einschränkung des Vermögensbegriffs führe zu ihrerseits untragbaren Strafbarkeitslücken und damit zu einer Art rechtsfreiem Raum, in dem Straftaten wie Betrug und Erpressung gutgeheißen würden. Diese Argumente überzeugen. Nur so wird vermieden, dass ein rechtsfreier Raum entstehen kann. Ein Vermögensschaden des M lag damit vor, als er Pichel die 100 übergab. Anmerkung: Sicherlich ist es auch gut vertretbar, dem juristisch-ökonomischen Vermögensbegriff zu folgen. Aber auch dann könnte vorliegend ein Vermögensschaden des M bejaht werden. Zwar war das zwischen P und M geschlossene Geschäft sittenwidrig und damit nichtig. Doch gab M gutes Geld her, so dass er damit jedenfalls sein Besitzrecht verlor. Die 858 ff. BGB differenzieren nicht zwischen rechtmäßig und unrechtmäßig begründeten Besitz, so dass auch der unrechtmäßig entstandene Besitz unter einem gewissen Schutz der Rechtsordnung steht 1. Der Vermögensschaden des M besteht mit dieser Argumentation im Besitzverlust bezüglich der 100. 2. Subjektiver Tatbestand, Rechtswidrigkeit und Schuld A handelte auch vorsätzlich und in der Absicht, sich einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen. Rechtswidrigkeit und Schuld liegen ebenfalls vor. 3. Ergebnis Durch die Erlangung des Geldes hat sich P des Betruges gem. 263 StGB schuldig gemacht. Tatkomplex 2: Die Vertretertätigkeit des P I. Betrug zum Nachteil der RAe durch den Verkauf der Computeranlage, 263 I 1. Objektiver Tatbestand a) Täuschungshandlung P hat den Computer angeblich weit unter dem normalen Preis angeboten und er hat erklärt, die Anlage könne auf ein 10-Platzsystem erweitert werden, während es sich tatsächlich um den Listenpreis handelte und keine Erweiterungsmöglichkeit bestand. Eine Täuschung kann sich aber nur auf Tatsachen beziehen. Dies sind alle konkreten vergangenen oder gegenwärtigen Geschehnisse oder Zustände der Außenwelt und des menschlichen Innenlebens, 2 die reglm. dem Beweis zugänglich sind. Den Gegensatz zu Tatsachenbehauptungen bilden die Urteile oder Meinungsäußerungen, bei denen durch die Mitteilung von subjektiven persönlichen Wertungen Tatsachen zu Normen in Beziehung gesetzt werden. 3 Solche reinen Meinungsäußerungen oder Werturteile unterfallen nicht dem Tatbestand des 263. Soweit P den Rechtsanwälten vorgespiegelt hat, der Preis für den Computer liege weit unter dem Listenpreis, also dem, zu dem die Anlage normalerweise verkauft werde, handelt es sich um eine Behauptung von Tatsachen und nicht um die Abgabe eines Werturteils wie z.b. bei der Anpreisung einer Ware als besonders preisgünstig. Ebenso stellte die Erklärung über die Erweiterbarkeit der Anlage eine Tatsachenbehauptung dar. In beiden Fällen handelte es sich um die Vorspiegelung falscher Tatsachen, da die als bestehend dargestellten Tatsachen in Wirklichkeit nicht bestanden. b) Dadurch erregte er bei den Rechtsanwälten einen Irrtum darüber, dass die Anlage zu einem weit unter dem normalen Preis liegenden angeboten werde und dass sie erweiterbar sei. c) Vermögensverfügung Durch den Irrtum muss der Getäuschte zu einer Vermögensverfügung veranlasst worden sein. Es handelt sich hierbei um ein ungeschriebenes 1 Tr./Fi. 263 Rn. 54; Rengier BT I Rn. 59. 2 Sch/Sch, 263, Rn 8. 3 Sch/Sch, 263, Rn 9.

Strafrecht Fall 12- Lösung - Seite 4 Tatbestandsmerkmal, das nach h.m. den ursächlichen Zusammenhang zwischen Irrtum und Vermögensschaden herstellt. 4 Vermögensverfügung ist jedes Handeln, Dulden oder Unterlassen, das eine Vermögensminderung unmittelbar herbeiführt, wobei jede tatsächliche Einwirkung auf das Vermögen ausreicht, sodass eine Verfügung im Sinne des bürgerlichen Rechts oder auch nur eine Willenserklärung nicht erforderlich ist. 5 Prüfungshinweis: Wollte man an dieser Stelle die Definition für die Vermögensverfügung vollständig subsumieren, könnte man bereits an dieser Stelle den Vermögensschaden prüfen, da das Handeln, Dulden bzw. Unterlassen ja zu einer Vermögensminderung führen müsste. Um die Lösung des Falles entsprechend den Regeln der Subsumtion zu finden und dem allgemeingültigen Aufbau des objektiven Tatbestandes des Betruges nicht zu widersprechen, ist bei der Vermögensverfügung im o.g. Sinne zu ermitteln, ob eine tatsächliche Vermögensminderung vorliegt; ob diese dann auch eine betrugsrelevante Minderung zum Inhalt hat, ist erst beim Vermögensschaden zu prüfen. Demnach erübrigen sich bei der Prüfung der Vermögensverfügung auch jegliche Ausführungen zum Vermögensbegriff des 263. In der Zahlung des Kaufpreises liegt eine solche Vermögensverfügung, sodass die umstrittene Frage, ob bereits der Abschluss des Kaufvertrages zur Begründung des Betrugs herangezogen werden kann, offen bleiben kann. Die Vermögensverfügung wurde durch den Irrtum über die Tatsachen, dass die Anlage zu einem weit unter dem normalen Preis liegenden zu haben sei und dass sie erweiterbar sei, veranlasst, sodass der erforderliche ursächliche Zusammenhang zwischen Täuschungshandlung und Verfügung gegeben ist. Im Übrigen reicht es aus, dass die Erregung des Irrtums für die Vermögensverfügung des Getäuschten mitbestimmend war; sie braucht nicht deren alleinige Ursache gewesen zu sein. 6 d) Vermögensschaden Die Verfügung muss zu einem Vermögensschaden geführt haben. 7 Ein solcher könnte im vorliegenden Fall fraglich sein, da die Computeranlage zum Listenpreis verkauft wurde. aa) Eine Vermögensschädigung erfordert eine Wertminderung des Vermögens. Die h.m. verfährt heute bei der Schadensberechnung nach dem Saldierungsprinzip, d.h., es werden die Vermögenslagen des Opfers vor und nach der Verfügung ohne Beachtung einzelner Vermögenspositionen miteinander verglichen. Nur dann, wenn beim Vergleich der Gesamtvermögen eine Differenz zu ungunsten des Verfügenden entstanden ist, errechnet sich grundsätzlich ein Schaden. 8 Dabei muss auch die Gegenleistung Berücksichtigung finden. Hier haben die Rechtsanwälte zunächst für die Eingehung der Kaufpreisverbindlichkeit einen Liefer- und Übereignungsanspruch auf die Computeranlage erworben. Da der Kaufvertrag dann beiderseitig erfüllt wurde, ist hierauf abzustellen. Der Computer entsprach in seinem Marktwert dem hingegebenen Kaufpreis, denn dies ist der Preis, zu dem er üblicherweise verkauft wird. Daher hätten die Rechtsanwälte nach dieser objektiven Betrachtungsweise keinen Schaden erlitten, sondern ein vollwertiges Äquivalent erhalten. Ihr Vermögen hätte sich lediglich in seinen Bestandteilen geändert; an die Stelle des Geldbetrages in Höhe von 20.000 Euro ist die ihnen übereignete Anlage im Wert von 20.000 Euro getreten. bb) Ob die Rechtsanwälte sich geschädigt fühlen, spielt insoweit keine Rolle, da ihre subjektive Einschätzung nicht maßgeblich ist. Ihr Vertrauen darauf, im Vergleich zum normalen Preis einen Gewinn zu erzielen, bleibt außer Betracht, da 263 seiner Schutzrichtung nach nur die Verhinderung von Vermögensschäden bezweckt, nicht aber Gewinnerwartungen schützt. Es darf auch nicht darauf abgestellt werden, dass die Rechtsanwälte die Anlage bei Kenntnis des wahren Listenpreises nicht gekauft hätten, denn wenn man hieraus den Schaden begründen würde, würde 263 zur Vorschrift zum Schutz der Dispositionsfreiheit umgedeutet. Die Verfügungsfreiheit als solche ist jedoch nur in 240, 253, nicht aber gegen Täuschung geschützt. 9 4 Sch/Sch, 263, Rn 54. 5 Sch/Sch, 263, Rn 55. 6 Wessels, BT 2, Rn 520. 7 Sch/Sch, 263, Rn 78. cc) Nach der h.m. bleibt es jedoch nicht bei diesem oben dargestellten objektiven Maßstab, sondern vielmehr findet bei der Schadensberechnung in 8 vgl. BGHSt 16, 220, 221 ff. 9 zum Vermögensbegriff vgl. Wessels, BT 2, Rn 530 ff.

Strafrecht Fall 12- Lösung - Seite 5 einem zweiten Schritt ein sog. individueller Einschlag Beachtung. Der Schaden lässt sich nämlich nicht gänzlich unabhängig von der Bedürfnissituation des Geschädigten bestimmen. 10 Für die Frage, ob trotz wirtschaftlicher Ausgeglichenheit aufgrund besonderer individueller Umstände beim Verfügenden dennoch ein Schaden entstanden ist, kommt es nach der h.m. auf das vernünftige Urteil eines unbeteiligten Dritten an. In dem grundlegenden "Melkmaschinenfall" 11 hat der BGH diesen Gesichtspunkt dahingehend zusammengefasst, dass ein Schaden aufgrund "individuellen Einschlags" insbesondere anzunehmen ist, wenn der Erwerber (1) die angebotene Leistung nicht oder nicht in vollem Umfang zu dem vertraglich vorausgesetzten Zweck oder in anderer zumutbarer Weise verwenden kann oder (2) durch die eingegangene Verpflichtung zu vermögensschädigenden Maßnahmen gezwungen wird oder (3) infolge der Verpflichtung nicht mehr über die Mittel verfügen kann, die zur ordnungsgemäßen Erfüllung seiner Verbindlichkeiten oder sonst für eine seinen persönlichen Verhältnissen angemessene Wirtschafts- oder Lebensführung unerlässlich sind. Die beiden letzteren Punkte sind allerdings umstritten, da es dabei zumindest fraglich ist, inwieweit die Unmittelbarkeit zwischen Vermögensschaden und erstrebter Bereicherung (Stoffgleichheit) zu bejahen ist. I.Ü. ist es inkonsequent, dass zugunsten des Täters eine nachträgliche Schadensbeseitigung nicht berücksichtigt wird, zu seinen Lasten hier aber spätere Ereignisse beachtet werden. Im vorliegenden Fall kommt es aber hierauf nicht an, da es sich um den typischen Fall handelt, dass der Erwerber die Gegenleistung zu dem vertraglich vorausgesetzten Zweck nicht verwenden kann, denn es wurde ausdrücklich eine Anlage bestellt, die nach dem Zweck des Vertrages die Erweiterungsmöglichkeit bietet. Tatsächlich fehlte ihr diese Eigenschaft, sodass die Leistung, die die Rechtsanwälte erhielten, im Hinblick auf ihre speziellen Bedürfnisse und Zwecke kein ausreichendes Äquivalent für die von ihnen erbrachte Gegenleistung darstellte. dd) Ein Vermögensschaden liegt also vor. Hieran ändert sich auch nichts durch etwaige Ausgleichsansprüche. Nach ganz einhelliger Auffassung sind gesetzliche Ansprüche, die dem Betroffenen gerade aufgrund der Täuschung erwachsen, wie Schadensersatz- oder Bereicherungsansprüche, bei der Bestimmung des Schadens außer Ansatz zu lassen. 263 würde ansonsten gänzlich leer laufen. Auch das zivilrechtliche Anfechtungsrecht und der Anfechtungsanspruch nach dem AnfechtungsG mindern nicht den Schaden, sondern beseitigen ihn lediglich nachträglich, was für das Strafrecht ohne Bedeutung ist. Demnach bleibt es bei dem Vermögensschaden der Rechtsanwälte. Dieser beruht auch unmittelbar auf der Vermögensverfügung, nämlich dem Abschluss des Kaufvertrages bzw. der Zahlung des Kaufpreises. 2. Subjektiver Tatbestand a) P handelte mit dem Vorsatz, in den Rechtsanwälten durch Täuschung einen Irrtum zu erregen und sie so zu einer schädigenden Vermögensverfügung zu veranlassen. b) Daneben muss er Bereicherungsabsicht gehabt haben, also einen Vermögensvorteil erstrebt haben. Der Vermögensvorteil ist das Gegenstück zum Vermögensschaden des Geschädigten. Daher stellt jede günstigere Gestaltung der Vermögenslage, jede Erhöhung des Vermögenswertes einen Vermögensvorteil dar. 12 Hier kommt sowohl die Alternative "sich einen Vermögensvorteil zu verschaffen" als auch die Alternative "einem anderen..." in Betracht. Ersteres im Hinblick auf die von P angestrebte Provision, durch die sein eigenes Vermögen vermehrt werden sollte und letzteres im Hinblick auf den von den Rechtsanwälten zu zahlenden und gezahlten Kaufpreis in Höhe von 20.000 Euro, der der Lieferfirma K zufließen und deren Vermögen mehren sollte. 10 vgl. BGHSt 16, 321, 325 ff. 11 BGHSt 16, 321 ff. 12 Sch/Sch, 263, Rn 167.

Strafrecht Fall 12- Lösung - Seite 6 aa) Nach allg. Ansicht muss darüber hinaus zwischen Vermögensschaden und erstrebtem Vermögensvorteil objektiv "Stoffgleichheit" bestehen, da der Betrug, anders als die Untreue, ein Vermögensverschiebungsdelikt ist; diesbezüglich muss der Täter vorsätzlich handeln. Dies fordert zwar keine Identität der Gegenstände, da der Betrug kein Eigentums- sondern Vermögensdelikt ist, aber es ist erforderlich, dass der Vorteil die Kehrseite des Schadens ist. Voraussetzung ist, dass Schaden und Vorteil durch ein und dieselbe Vermögensverfügung herbeigeführt werden. Dies könnte hier evtl. noch bejaht werden, da dieselbe Vermögensverfügung, der Vertragsschluss mit den Rechtsanwälten, den Schaden der Rechtsanwälte und die konkrete Aussicht auf Provision bei P entstehen lässt. Weiterhin ist aber für das Vorliegen der Stoffgleichheit zusätzlich erforderlich, dass der Vorteil ohne Umweg über eine andere Vermögensmasse unmittelbar aus dem Vermögen des Geschädigten dem Bereicherten zuwächst. 13 Daran fehlt es aber, wenn der Täter, wie hier P, in der Absicht handelt, für die Vermögensschädigung des Opfers eine Belohnung durch einen Dritten zu erhalten. Der von P erstrebte Vorteil, die Provision, stammt nicht unmittelbar aus dem Vermögen der Rechtsanwälte, sondern von der Firma K. bb) Hier handelte P aber in der Absicht, der Firma K einen Vermögensvorteil zu verschaffen, da er die erstrebte Provision nur dadurch erlangt, dass der Firma K ein stoffgleicher, aus dem Vermögen der Rechtsanwälte stammender Vorteil zufließt. Eine Betrugsabsicht im Sinne zielgerichteten Handelns ist im Hinblick auf diesen Vorteil auch dann gegeben, wenn dieser nur notwendiges Mittel zur Erlangung der vom Täter erstrebten Provision ist. 14 Zwischen dem Vorteil, der der Firma K zufließt, und dem Schaden der Rechtsanwälte besteht somit Stoffgleichheit. cc) Der erstrebte Vorteil muss rechtswidrig sein. Die Rechtswidrigkeit der Vermögensverschiebung ist zu bejahen, wenn die vom Täter erstrebte Verschiebung des fremden Vermögenswertes in sein eigenes Vermögen oder das eines Dritten durch die Rechtsordnung nicht gebilligt wird, er also materiell keinen Anspruch darauf hat. Daher ist hier die von P erstrebte Vermehrung des Vermögens der Firma K um 20.000 Euro ein 13 Sch/Sch, 263, Rn 168. 14 Sch/Sch, 263, Rn 169. rechtswidriger Vermögensvorteil. Diesbezüglich handelte P auch vorsätzlich. dd) P handelte somit mit Bereicherungsabsicht. 3. Rechtswidrigkeit und Schuld sind gegeben. 4. Ergebnis: P ist des (fremdnützigen) Betruges schuldig. II. Versuchter Betrug zum Nachteil der Firma K durch die Beantragung der Provision, 263, I, II, 22 1. Ein Vermögensschaden bei K ist nicht eingetreten, sodass die Tat nicht vollendet ist. 2. Der Versuch ist strafbar gem. 263 II. 3. Tatentschluss P müsste Vorsatz bezüglich aller objektiven Tatbestandsmerkmale des 263 und weiterhin die Absicht gehabt haben, sich oder einem anderen einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen. a) P wollte der Firma durch schlüssiges Verhalten vorspiegeln, es sei mit den Rechtsanwälten ein gültiger, unanfechtbarer Kaufvertrag zustande gekommen. b) Hierdurch sollte bei K ein Irrtum, nämlich der über die Unanfechtbarkeit des Geschäfts, erregt oder aufrechterhalten werden, sodass P Vorsatz bezüglich der Irrtumserregung hatte. c) K sollte dem P die beantragte Provision auszahlen, also eine Vermögensverfügung vornehmen. d) Hierdurch sollte das Vermögen der K verringert werden. Da der Kaufvertrag mit den Rechtsanwälten anfechtbar war, stünde diesem Verlust auch keine gleichwertige Gegenleistung gegenüber; mithin läge ein Vermögensschaden bei K vor. Somit hatte P den Vorsatz bezüglich aller Tatbestandsmerkmale des 263. e) P wollte sich die Provision, also einen Vermögensvorteil verschaffen. Zwischen diesem Vermögensvorteil und dem Schaden der Firma K durch Auszahlung der Provision hätte auch

Strafrecht Fall 12- Lösung - Seite 7 Stoffgleichheit bestanden. Der erstrebte Vermögensvorteil war des Weiteren rechtswidrig, da P keinen Provisionsanspruch hatte, denn das Geschäft konnte von den Rechtsanwälten noch angefochten werden, sodass K berechtigt gewesen wäre, die Zahlung der Provision zurückzuhalten. 15 Damit hatte P auch die erforderliche Bereicherungsabsicht. 4. Unmittelbares Ansetzen zur Tatbestandsverwirklichung Mit der Vornahme der auf Täuschung abzielenden Handlung (Stellung des Provisionsantrages) hat P zur Verwirklichung des Tatbestandes nach seiner Vorstellung unmittelbar angesetzt. 16 5. Die Tat war rechtswidrig und schuldhaft. 6. Ergebnis und Konkurrenzen P hat sich eines versuchten Betruges zum Nachteil der Firma K gem. 263 I, II, 22, 23 I schuldig gemacht. Zu dem vorangehenden Betrug zum Nachteil der Rechtsanwälte besteht Tatmehrheit, 53. Tatkomplex 3: Der Racheakt gegenüber K Betrug ggü N zum Nachteil des K, 263 I 1. Objektiver Tatbestand a) P hat den N darüber getäuscht, dass er als Bruder des K in dessen Auftrag den Zweitwagen holen solle. b) N ist einem entsprechenden Irrtum unterlegen. c) Fraglich ist, ob eine Vermögensverfügung vorliegt oder ob nicht eine Wegnahme in mittelbarer Täterschaft mit Hilfe des N als gutgläubigem Werkzeug in Betracht kommt. Es stellt sich somit das Problem der Abgrenzung des sog. Dreiecksbetruges vom Diebstahl in mittelbarer Täterschaft. Für die Annahme einer Vermögensverfügung in der Form des Dreiecksbetruges kann es nicht 15 vgl. Sch/Sch, 263, Rn 169. 16 vgl. Sch/Sch, 263, Rn 179. ausreichen, dass der Getäuschte rein tatsächlich in der Lage war, über das Vermögen des Geschädigten zu verfügen. Denn ansonsten wäre eine Abgrenzung zum Diebstahl in mittelbarer Täterschaft nicht möglich, bei dem auch Voraussetzung ist, dass das Werkzeug auf das Vermögen des Geschädigten eingewirkt hat. 17 aa) Nach der Befugnistheorie muss der Verfügende sich auf eine entsprechende Befugnisgrundlage berufen können, warum er auf das Vermögen des Geschädigten einwirken konnte. 18 Das Vorliegen einer Vertretungsmacht für P kann wohl kaum angenommen werden, sodass nach dieser Auffassung ein Betrug ausscheiden würde. bb) Die Rspr. stellt auf ein besonderes Näheverhältnis des Verfügenden zum Vermögen des Geschädigten ab, welches den Verfügenden in eine engere Beziehung dazu bringt als irgendeinen beliebigen Außenstehenden; 19 ein solches Näheverhältnis wäre hier zu bejahen. cc) Zum selben Ergebnis kommen auch die Vertreter der Lagertheorie, die eine Vermögensverfügung dann bejahen, wenn der Verfügende im Lager des Geschädigten steht. Gegen diese Auffassung spricht allerdings, dass damit die - auch von diesen Autoren anerkannte - Variante des Prozessbetruges nicht erklärt werden kann. (Kann man aber hier natürlich auch offen lassen, da im konkreten Fall dasselbe Ergebnis wie beim Ansatz des BGH erzielt wird) Die Ansicht, die eine Ermächtigung des Verfügenden von Seiten des Geschädigten fordert, ist indes mit dem wirtschaftlich ausgerichteten Vermögensbegriff des 263 nicht zu vereinbaren. Der Verfügungsbegriff orientiert sich an faktischen Verhältnissen, bei denen rechtliche Erwägungen keinen Platz haben. 20 Damit liegt eine Vermögensverfügung seitens des N vor, da N im Übrigen zweifelsfrei den Gewahrsam übertragen wollte. 17 vgl. Wessels, BT 2, Rn 637 ff. 18 SK-Hoyer, 263, Rn 142. 19 vgl. BGHSt 18, 221, 223 f.; Sch/Sch, 263, Rn 66. 20 Wessels, BT 2, Rn 639.

Strafrecht Fall 12- Lösung - Seite 8 d) Durch die Verfügung ist dem K ein Schaden entstanden. 2. Subjektiver Tatbestand P handelte vorsätzlich und mit rechtswidriger Bereicherungsabsicht. 3. Rechtswidrigkeit und Schuld sind gegeben. 4. Ergebnis: 263 I ist damit erfüllt. B. Wiederholungs- und Vertiefungsfragen: 1. Welches sind die Tatbestandsmerkmale des 263 I und wie müssen Sie miteinander verbunden sein? 2. Worauf muss sich die Täuschungshandlung beziehen, wann liegt eine solche vor und in welchen Formen kann sie vorgenommen werden? 3. Ist zwischen Getäuschtem, Verfügendem und Geschädigtem Identität erforderlich? ZUR NACHBEREITUNG DES HAUPTKURSES: Die nachfolgend unter A. aufgeführten Inhalte sind die Lernschwerpunkte des Falles und sollten von Ihnen gezielt nachgearbeitet und anschließend beherrscht werden. Die in der schriftlichen Falllösung aufgeführten Aufbauanleitungen sollten Sie auf Karteikarten vermerken. Für die Nachbereitung des Hauptkurses ist außerdem die Bearbeitung der unter B. aufgeführten Wiederholungs- und Vertiefungsfragen unerlässlich. Sie sollten diese daher ebenfalls auf Karteikarten schriftlich beantworten. Die regelmäßige und sorgfältige Beantwortung der Wiederholungs- und Vertiefungsfragen garantiert kontinuierliches und aktives Lernen und dient der ehrlichen Selbstkontrolle. 4. Wie wird der Dreiecksbetrug vom Diebstahl in mittelbarer Täterschaft abgegrenzt? 5. Wie ist die Prüfung des Vermögensschadens in der Klausur aufzubauen? 6. Welche Vermögensbegriffe werden im Rahmen des 263 vertreten? 7. Lösen Sie folgenden Fall: A beauftragt B mit der Tötung seiner Frau. B tötet die Frau des A. Wie von vornherein beabsichtigt, bezahlt A dem B nicht den vereinbarten Lohn. Wie hat A sich strafbar gemacht? 8. Wann liegt eine Schadenskompensation vor? 9. In welchen Fällen ist der sog. subjektive Schadenseinschlag bei vertraglichen Verpflichtungen anerkannt? A. Lernschwerpunkte im Fall 12 1. Urkundenfälschung/Zusammengesetzte Urkunde und Beweiszeichen 2. Betrug, insb. Tatbestandsaufbau, Vermögensverfügung und Vermögensschaden inkl. individueller Schadenseinschlag bei vertraglichen Verpflichtungen, Stoffgleichheit, Abgrenzung Diebstahl in mittelbarer Täterschaft zum Dreiecksbetrug 10. Was ist unter Stoffgleichheit zu verstehen? 11. Wo wird die Stoffgleichheit in der Klausur geprüft? 12. Welche Vorsatzform muss sich auf die Stoffgleichheit beziehen?