Perioperatives Vorgehen bei Patienten mit Gerinnungshemmern

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Transkript:

Perioperatives Vorgehen bei Patienten mit Gerinnungshemmern Neue Thrombozytenaggregationshemmer Thomas Standl Klinik für Anästhesie, Operative Intensiv- u. Palliativmedizin STÄDTISCHES KLINIKUM AKADEMISCHES LEHRKRANKENHAUS DER UNIVERSITÄT ZU KÖLN gemeinnützige GmbH

Häufigkeit thrombotisch-embolischer Erkrankungen in Deutschland

Indikationen für TAH Primär- u. Sekundärprophylaxe und Therapie TIA Schlaganfall Instabile Angina pectoris Akutes Koronarsyndrom Zst. nach PCI und Stent-Applikation pavk Zst. nach Bypass-OP (ACVB oder peripher z.b. Fem.pop.) Zst. nach Carotis TEA Vorhofflimmern mit AA

Thrombozytenaggregationshemmer Metzler H et al.: Anaesthesist 2007;56:401 12 GP IIb/IIIa Inhibitoren Abciximab Eptifibatid Tirofiban COX-1 Inhibitor ASS NSAIDS Dipyridamol PDE Inhibitor ADP Rezeptor Antagonisten Clopidogrel Ticlopidin Prasugrel Ticagrelor

Acetylsalicylsäure (Aspirin ) Irreversible Hemmung der Cyclooxygenasen 1 und 2 Hemmung der Thromboxan-A2- und Prostacyclin-Synthese Thrombozytenaggregations-Hemmung Dosis: 100 mg/die Wirkungsbeginn: 30 min Wirkdauer: 8 Tage Lebenszeit der Thrombozyten (irreversibel!) Cave: Blutungsrisiko oder postoperative Nachblutungsgefahr 1,5fach erhöht Seit 1897

Clopidogrel (Plavix, Iscover ) Thienopyridin Prodrug, 85% durch Esterasen inaktiviert Metabolit hemmt über irreversible Bindung am (P2Y 12 )-ADP-Rezeptor des Thrombozyten die Bindung von Fibrin an den GPIIb/IIIa Rezeptor Wirkdauer: 7-10 Tage Initialdosis: 300-600 mg Erhaltungsdosis: 75 mg/die Cave: Gefahr der Blutung (v.a. GI) Kombination mit Protonenpumpenhemmern vermindert die Wirkung durch Konkurrenz am Cytochrom P450-2C19

Prasugrel (Efient ) Thienopyridin Prodrug Metabolit hemmt über irreversible Bindung am (P2Y 12 )-ADP-Rezeptor des Thrombozyten die Bindung von Fibrin an den GPIIb/IIIa Rezeptor Konversion schneller und ausgeprägter als bei Clopidogrel Wirkdauer: 7-10 Tage Initialdosis: 60 mg Erhaltungsdosis: 10 mg/die Geringere Rate an Stentthrombosen und kardiovaskulären SAE als bei Clopidogrel Blutungsrate höher als bei Clopidogrel, v.a. bei Alter > 75 J, niedrigem BMI, ACVB

Ticagrelor (Brilique ) Cyclopentyltriazolpyrimidin Hemmung des (P2Y 12 )-ADP-Rezeptors über reversible Bindung an eigener Bindungsstelle am Thrombozyten Wirkung schneller und ausgeprägter als bei Clopidogrel, erhöht koronaren Blutfluss Wirkdauer: 8h, aktiver Metabolit 5 Tage Initialdosis: 180 mg Erhaltungsdosis: 2 x 90 mg/die Geringere Rate an Stentthrombosen und kardiovaskulären SAE als bei Clopidogrel Blutungsrate höher als bei Clopidogrel, v.a. bei Apoplex Cave: beim Verbrauch von Thrombozyten (Blutung) wird Ticagrelor freigesetzt und bindet erneut an Thombozyten (z.b. aus Konzentraten)

Cangrelor Thienopyridin Hemmung des (P2Y 12 )-ADP-Rezeptors über reversible Bindung am Thrombozyten Wirkung innerhalb 30 min nach i.v.- Infusion Wirkdauer: 3-9 min Initialdosis: 2-4 µg/kg min Nach Infusionsstopp sofortige Erholung der Thrombozytenfunktion, Bridging Vergleichbare Rate an Stentthrombosen und kardiovaskulären SAE wie bei Clopidogrel Blutungsrate höher als bei Clopidogrel, v.a. Leistenhämatome Geringere Rate an frühen Ischämien (48 h - 30 d) nach NSTEMI als bei Clopidogrel Bisher keine Zulassung

Phosphodiesterase (PDE)- Inhibitoren Dipyridamol, Cilostazol Hemmung der PDE reversibel u. selektiv, camp-anstieg in Thrombozyten u. glatten Muskelzellen Wirkdauer: Dipyridamol 2-10 Tage, Cilostazol 21 h Dipyridamol: in Kombination mit ASS bei TIA u. Sekundärprophylaxe Stroke Blutungsrate höher als bei Clopidogrel, cave Kontraindikation neuraxiale RA! Cilostazol: pavk mit Claudicatio intermittens Kein erhöhtes Blutungsrisiko Wegen aktiver Metaboliten 42 h vor neuraxialer Blockade absetzen, vor elektiver OP 5 Tage (Hersteller)

Koronare Stents Hyperplastische Neointima Sirolimus oder Paclitaxel

TAH nach koronarer Stentimplantation zur Reduktion der Stent-Thrombose: womit und wie lange? ASS lebenslang plus Newsome LT et al.: Anesth Analg 2008;107:552-69 Clopidogrel 6 oder 12 Monate? Unterschiede BMS und DES BMS: Epithelialisierung nach 4 Wochen, In-Stent-Restenosen 20% mit Reintervention nach 6 Monaten DES: verzögern die Epithelialisierung über 12 Monate, Gefahr der Stent-Thrombose mit 45% Letalität ohne TAH

TAH nach koronarer Stentimplantation: wie lange? Pfisterer M et al.: J Am Coll Cardiol 2006;48:2584-91 7-18 Monate nach Absetzen von Clopidogrel war die Rate an nicht tödlichen MI und Herztoden mit 4,9% in der DES-Gruppe signifikant höher als in der BMS- Gruppe mit 1,3% Ursache: Late stent thrombosis mit MI oder Herztod (88%) in 2,6% vs 1.3% (BMS) zwischen 15 und 362 Tagen

Pathophysiologie der perioperativen Stenthrombose Newsome L et al.: Anesth Analg 2008;107:570-90

TAH nach koronarer Stentimplantation: wie lange? DAPT Study 2014, AHA Congress Chicago 2014 Dual Antiplatelet Therapy 25.685 Patienten mit DES und DAPT über 12 Monate mit ASS plus Clopidogrel oder Prasugrel 13.-30. Monat 9.961 Patienten weiter DAPT oder ASS plus Placebo Stentthrombosen 30 vs 12 Monate: 0,4% vs 1,4% (p<0,05) Kardiale SAE (Tod, MI, Stroke): 4,3% vs 5,9% (p<0,05) v.a. in den ersten 3 Monaten der Monotherapie Mittelschwere und schwere Blutungen: 2,5% vs 1,6% (p<0,05%)

Risikofaktoren für Blutung unter TAH Roe MT et al.: N Engl J Med 2012;367:1297-309 Morbidität Kreatininclearance < 50 ml/min Thrombozytopenie u. -pathie GERD, GI Ulcera, Gastritis Bakterielle Endokarditis Komedikation Antikoagulanzien SSRI u. SNRI Anamnese Alter > 80 Jahre Kurz nach ICB oder Trauma Kurz nach OP an ZNS oder Augen

Risikofaktoren für Blutung unter TAH: Has Bled Score Pisters A et al.: Chest 2010;138:1093-100 Blutungsrisiko 1 Punkt: 1,13/100 Patientenjahre 2 Punkte: 1,88/100 Patientenjahre 4 Punkte: 8,7/100 Patientenjahre

Präoperatives Vorgehen bei Patienten mit TAH Schlitt A et al.: Dtsch Arztebl Int 2013;110:525-32

Präoperatives Vorgehen bei Patienten mit TAH Schlitt A et al.: Dtsch Arztebl Int 2013;110:525-32

Präoperatives Vorgehen bei Patienten mit TAH Schlitt A et al.: Dtsch Arztebl Int 2013;110:525-32

Kardiovaskuläres Outcome nicht herzchirurgischer kardialer Risikopatienten Beattie WS et al.: Anesth Analg 2001;93:853-8 Metaanalyse aus 11 Studien mit 1.173 Patienten Thorakale Epiduralanalgesie > 24 h reduziert das Risiko postoperativer Herzinfarkte um 5,3%

Rückenmarknahe RA und Blutung Horlocker T et al.: Reg Anesth Pain Med 1998;Suppl.:129-34 Anatomische Abnormität Traumatische Punktion p<0.001 Gerinnungsstörungen p=0.014 Nadeldicke p<0.021 Alter p<0.035 Geschlecht p<0.034

Nicht gerinnungsassoziierte neuraxiale Blutungen Gisler R et al.: Forum Med Suisse 2001:32/33:823-4 Holtas S et al.: Radiology 1996;199:409-13 Gottschalk A et al.: Anesth Analg 2004;98:1181-3 Spontanblutung ohne Gerinnungsstörung/Punktion Inzidenz ~ 1:1.000.000 Epiduralhämatom nach SPA bei nicht diagnostiziertem NHL

Gravierende Komplikationen nach EDA Volk T et al.: Eur J Anaesthesiol 2012;29:170-6 Netzwerk für Sicherheit der Regionalanästhesie in Deutschland (DGAI) Erhebungszeitraum 2008-2009 19 Kliniken (220 3.000 Betten) 33.142 nicht geburtshilfliche EDA mit Katheter 6 Fälle mit thorakalem Epiduralhämatom, 1 intrakranielles Hämatom (nach Durakpunktion) Inzidenz 1 : 6.628 5 Patienten niereninsuffizient, alle mit LMWH, 1 Patient mit ASS 1 Patient mit Restitutio, 2 Patienten partiell erholt, 3 Patienten mit persistierendem neurologischen Defizit

S1-Leitlinie RA und Thromboembolieprophylaxe Waurick K et al.: Anaesth Intensivmed 2014;55:464-92 Substanz Halbwertszeit vor Punktion Katheterentf. nach Punktion Katheterentf. Laborkontrolle

DGAI S1-Leitlinie Anästh Intensivmed 2007;48:S109-124 Anästh Intensivmed 2014;55:464-92 Cave: deutlich längere Intervalle gelten bei Kombination von Aspirin und UFH, LMWH, Fondaparinux, Hirudin und DOAK: Diese sollten 4-5 HWZ vor neuraxialer Manipulation pausiert werden!

STEMI nach Knie-TEP Tank S et al.: AINS 2006;41:274-7 72-jährige Patientin Knie-TEP in LEA in orthopädischer Klinik POD 3: akuter VWI während KG Heparin, ASS, Analgesie POD 5: Verlegung ins UKE, Kardiologische Klinik POD 5: PCI -> 99% Stenose LAD -> BMS + Clopidogrel Akutschmerzdienst, EDA stopp POD 7, Rötung und Druckdolenz der EDK-Eintrittstelle, Leukozyten 10.000/µl, CRP 131 mg/dl Dringende Indikation zur EDK-Entfernung! Cave: 100 mg ASS, 75 mg Clopidogrel, 30.000 IE Heparin pro die Was hätten Sie getan? EDK 4 h nach Heparin-Stopp unter ASS u. Clopidogrel gezogen

Alternative? Glykoprotein-IIb/IIIa Rezeptor Inhibitoren Abciximab, Eptifibatid, Tirofiban Hemmung des GP-IIb/IIIa-Rezeptors reversible Bindung am Thrombozyten Potenteste TAH nach i.v.-infusion an der Endstrecke der Thrombozytenaggregation Plasma-HWZ: Abciximab 10-15 h, Eptifibatid u. Tirofiban 2-2,5 h Hochrisikopatienten mit hoher Thrombuslast, slow oder no reflow, thrombotische Komplikationen vor und unter PCI Alternative zu Thienopyridinen vor OP Abciximab: 48 h prä-, 8 h postop Eptifibatid, Tirofiban: 8-10 h prä-, 8 h postop

Geringeres Blutungsrisiko durch USgesteuerte rückenmarknahe RA? Strony R: Crit Care Clin 2010;26:661-4

Risiko blutungsbedingter Komplikationen Abnahme (Inter-)Nationale Leitlinien Strenge Indikation Klinikinterne Standards Zunahme Komorbidität Thrombozytenaggregationshemmer Thromboseprophylaxe v.a. NOAK

Conclusion Schätzungsweise >2 Millionen Patienten/Jahr mit TAH Verschlussrate von BMS innerhalb von 4 Wochen und von DES innerhalb von 12 Monaten ohne TAH hoch mit Letalität von 28-45% Daher 4-6 Wochen bzw. 12 Monate DAPT mit ASS und Clopidogrel, evtl. sogar 30 Monate Neuere TAH wie Prasugrel (7 d) und Ticagrelor (5 d) haben keine oder nur geringfügig kürzere perioperative oder interventionelle (RA) Auslasszeiten Eine sichere Substanz zum Bridging der TAH perioperativ fehlt derzeit Elektiveingriffe verschieben um 1 bzw. 6-12-(30) Monate OP u. neuraxiale RA nach individueller Risikoabwägung entsprechend Algorithmen und Leitlinien der Fachgesellschaften

Anästhesist Kardiologe Interdisziplinäre Zusammenarbeit Chirurg Niedergelassener Arzt

Letztlich bleibt das perioperative Vorgehen bei Patienten mit TAH eine individuell angepasste Entscheidung