Leitfaden Wundzirkel Definiton Unterschiedliche Krankheitsbilder am Fuß eines Diabetikers aufgrund verschiedener Ursachen und Krankheitmechanismen Genereller Unterschied zwischen klinischem Bild, Therapie und Prognose Polyneuropathie (PNP) Formen: periphere arterielle Verschlusskrankheit (pavk) Mischform (PNP u. pavk) Mönckebergsklerose 1
Sensorische Neuropathie Irreparable Schädigung der sensiblen Nervenfasern. Mißempfindungen (Ameisenlaufen,Kribbeln, stechende Schmerzen insbes. in Ruhe oder nachts), reduzierte oder ganz erloschene Wahrnehmung (Temperatur, Vibration, Berührung, Wundschmerz, Druck, Tiefen-sensibilität). Hohes Verletzungsrisiko, nichtbemerkte Wunden oder / deren Bagatellisierung, verzögerte Therapie, mangelnde Complience des Patienten. Motorische Neuropahtie Irreparable Schädigung der motorischen Nervenfasern parallel mit der sensiblen Neuropathie. Verkrümmung kleiner Fußmuskeln, Beugungskontraktur Der Zehenmittel,- endgelenke u. U. Überstreckung (Hallux valgus, Hammerzehe). Mittelfußknochen wölben sich an der Fußsohle hervor durch erhöhte Druckbelastung des Fußsohlengewebes, Blasenbildung, Einblutungen unter Kallus ohne Schmerz, Ulcera malum perforans. Deformation des Fußes, dadurch Entstehung von Hyperkeratosen Kallus- und Clavusbildung, das Polstervermögen der Haut an der Fußsohle verringert sich. 2
Autonome Neuropathie Irreparable Schädigung der autonomen Nervenfasern. Herabgesetzte Schweißbildung, arterielle Gefäßweitstellung, arterio-venöse Kurzschlussverbindungen. Austrocknung der Haut und Rhagadenbildung, Beeinträchtigung der Biomechanik des Fußes (herabgesetzte Druckkompensation), Fußdeformitäten, Ulcusbildung. pavk Verengung oder Verschluss der Arterien = Ischämie Nur noch kurze Gehstrecke ohne Schmerz, starker Schmerz bei Hochlagerung, fehlende Fußpulse, blasse/kalte Haut. Schlechtheilende Wunden. Erhöhtes Ulcus- und Amputationsrisiko. 3
Mönckebergsklerose Verkalkung der Tunica media. Wie bei pavk aber täuschend geringerer Schweregrad Arterielles Lumen nicht eingeengt, 2-fach höheres Ulcusrisiko, 3-fach höheres Amputationsrisiko. PNP + pavk Wie oben beschrieben eine Mischform beider Erkrankungen. Leitsymptome wie Ruhe- und Belastungsschmerz fehlen, ansonsten wie oben beschrieben. Frühzeitige Diagnose erschwert. Erhöhtes Risiko der Wundinfektion und Amputation. 4
Klassifikation nach Wagner beim DFS Wagner Grad 0 Deformität (Krallenfuß) oder vermehrte Keratose, keine Läsionen Wagner Grad 1 oberflächliche Ulcerationen Wagner Grad 2a tiefe Ulcerationen mit Erreichen des Muskel- Bandapparates mit Entzündungszeichen im umliegenden Gewebe Wagner Grad 2b wie 2a mit schwerer Begleitinfektion Wagner Grad 3 wie 2b mit einer Osteomyelitis Wagner Grad 4 begrenzte Nekrosen im Vorfuß- oder Fersenbereich Wagner Grad 5 Nekrosen des gesamten Fußes Klassifikationen nach Amstrong A keine Ischämie, keine Infektion B mit Ischämie C mit Infektion D mit Ischämie und Infektion 5
Stadieneinteilungnach Fontaine bei pavk Stadium I Beschwerdefreiheit bei nachgewiesener Stenose oder fehlendem Fußpuls Stadium II Belastungsschmerz, Claudicatio intermittens II a : bei einer Gehstrecke über 200 m II b: bei einer Gehstrecke unter 200 m Stadium III ruheschmerz in den betroffenen Extremitäten bei horizontaler Lage infolge der Mangeldurchblutung der Muskulatur, oft vorübergehendes Nachlassen bei Tieflagerung Stadium IV Trophische (Ernährungs-) Störungen des Gewebes in Form von Nekrosen, Gangrän Diagnostik und Differrentialdiagnostik Zur raschen Risikostratifizierungdient das Erkennen von PNP, pavk, Traumen, Infektionen und Fehlstellungen. Zur Diagnositkvon Fußläsionen sollte die Anamnese folgende Parameter zur Riskoeinschätzung beinhalten: Selbstkontrolle, und Fußpflege durch den Patienten Operation (insbesondere auf Grund von Angiopathien, Zehenkuppennekrosen Neue oder veränderte Fußläsionen Neuropathiesymptome Symptome der pavk Fußfehlstellungen Arthrophie der Fußsohlenmuskulatur und des Fettpolsters Gelenkbeschwerden Haut- und Nagel- sowie Interdigitalmykosen, brüchige, verletzungsgefährdete Nägel, Onychomykosen verschiedene Clavi oder Verucae Charcot Fuß 6
Diagnostik bei PNP Krankheitsvorgeschichte, Fußinspektion, Schmerz-, Achillessehnenreflex/ Patellarsehenen reflex, Fußpulse, Lokalisation von Hautdefekten Technische Untersuchungen mit 10g Semmes- Weinstein-Monofilament, TipTherm, Stimmgalbel Differentialdignsotik beim DFS Diagnostik bei pavk Krankheitsvorgeschichte, Fußinspektion, Schmerz-Achillessehenenreflexe, Patellarsehnenreflex, Fußpulse, Lokalisation von Hautdefekten Technische Untersuchung z.b. Dopplerdruckmessung, Angiographie blasse kühle Haut, Fußpulseertasten und deren Qualität beurteilen. Tastbare Fußpulsesind keine Ausschlussdiagnose bei pavk. Weitere diagnostische Schritte wie periphere Dopplerdruckmessung, transkutane Sauerstoffdruckmessung, MRA, Angiografie, Angio-CT und hydrostatische Zehendruckmessung werden eingesetzt. CAVE Kontrastmittel! Diagnostik makroangiopathischer Fuß pavk bei diesen Patienten 4 x häufiger zu finden. Klinisches Bild ist bekannt. Basaldiagnostik in Form nichtinvasiven Methoden (Knöchelarteriendruck, Doppleruntersuchung, Duplex-Sono) und der arteriellen Angiografie. Klassifikation und Heilungsverlauf bestimmen. 7
Therapie DFS Die Basistherapie des DFS besteht aus sechs Elementen: -Druckentlastung -Infektsanierung -Verbesserung der Durchblutung -Phasengerechte Wundtherapie -Interdisziplinäre Maßnahmen -Interprofessionell Maßnahmen Konsequente Druckentlastung ist zur Vermeidung und Heilung von Fußulcerationeneine wesentliche Voraussetzung. Neben der Bettruhe und dem angezeigten Gebrauch von Rollstuhl und Gehhilfen stehen hier Total- Contact-Cast, maßgefertigte Orthesen und der Fußteilentlastungsschuh zur Verfügung. Die Anwendung des Letztgenannten bedarf eines guten Lauftrainings! Wichtig ist hier die Patientenaufklärung, denn nur eine konsequente Druckentlastung führt zur Abheilung des Fußulcus. Die geringste Belastung des Fußes vernichtet das zuvor gebildete Granulationsgewebe und bedeutet einen Rückschritt in der Wundheilung und somit auch Behandlungsverlängerung und Kostensteigerung. 8
Infektsanierung Die Infektion ist die schwerste Komplikation beim DFS und geht einher mit Wundheilungsstörungen und erhöhtem Amputationsrisiko. Vorbeugende Maßnahmen sind hier die Gewährleistung des Exsudatablaufs, die zielgerichtete Medikamentengabe und die Abtragung von Nekrosen, wenn nötig. Jedes nicht abheilende diabetische Fußulcusbedarf einer mikrobiotischen Diagnostik mit anschließender antibiotischen Therapie. Zur Beurteilung des Infektionsgrades ist die Einteilung nach Armstrong anzuwenden. Das Antibiogramm sollte ggf. mit einem Resistogrammkombiniert werden, um einer falschen Antibiosetherapieund somit u.a. einer Resistenzentwicklung entgegen zu wirken. Die Infektsanierungdarf sich nicht ausschließlich auf das äußere Ulcus beschränken, da die Gefahr der tieferen Weichteilinfektionen und Osteoitidensehr hoch ist. Hierbei sind Abstriche durch Aspiration, Curretageoder chirurgische Entnahme zu gewinnen. Verbesserung der Durchblutungssituation Nach der Infektsanierung und bei Vorliegen einer Ischämie muss eine Revaskularisationdurchgeführt werden bevor eine Amputation angesetzt wird. (IRA- Prinzip nach Vollmer) Der chirurgische Eingriff in Form von Bypass oder Gefäßdilatation ist spätestens bei vorliegendem Stadium III nach Fontaine indiziert. Aufgrund der schwierigen Diagnosestellung beim neuropathischen Patienten ( u.a. Mönckebergsklerose) ist die vollständige apparative und klinische Untersuchung erforderlich ( Angiographie, Doppler, ). 9
Wundtherapie Die Wundtherapie vollzieht sich nach klarer Diagnosestellung phasengerecht. Therapie der internistischen Begleiterkrankungen Im Vordergrund steht hier die Beobachtung der Blutzuckerwerte, die einen HbA1c Wert von 7.0 nicht überschreiten sollen. Darüber hinaus müssen die Lipidwertegesenkt werden und die arterielle Hypertonie auf einen Wert unter 130/80 mmhg therapiert werden. Interdisziplinäre und interprofessionelle Maßnahmen Die Zusammenarbeit auf interdisziplinärer und interprofessioneller Ebene ist ein unverzichtbarer Grundstock für eine erfolgreiche Therapie des DFS. Auf Seiten der Ärzte müssen alle Fachrichtungen ( Internist, Chirurg, Gefäßchirurg, Orthopäde, Dermatologe, Neurologe) in Kontakt treten, um ermittelte Diagnosen zusammen zu tragen und eine auf den Patienten abgestimmte Therapie festzulegen. Ausgehend hiervon ist die Einbeziehung von Pflegekräften, Podologen, Physiotherapeuten und Orthopädietechnikern,, der nächste wichtige Schritt, um den Therapieerfolg zu festigen. Unter dem Gesichtspunkt der Zusammenarbeit darf man die Patientenedukation nicht außer acht lassen. Ein Patient, der bezüglich seiner Erkrankung alle für ihn wichtigen Informationen erhält, hat die Chance zu verstehen und mit den ihn einschränkenden oder belastenden Therapiemaßnahmen umzugehen und diese anzunehmen. 10
5 Eckpfeiler der Prophylaxe Regelmäßige Inspektion der Füße und des Schuhwerks Identifikation des Hochrisikopatienten Schulung (Patient, Familie, Therapeut, Pflegekräfte) Geeignetes Schuhwerk (Platz, Polsterung, steife Rolle bei Fußdeformitäten) Behandlung sonstiger krankhafter Veränderungen des Fußes Fuß- Nagel-und Hautpflege durch Podologen schnelle, fachgerechte Behandlung von Bagatellverletzungen 11