Individuelle Förderung im naturwissenschaftlichen Unterricht Möglichkeiten für die alltägliche Unterrichtspraxis Matthias Kremer 1
Übersicht 1. Zugrundeliegende Literatur 2. 10 Thesen 3. praktische Beispiele für den Chemieunterricht vor, während und nach einer Unterrichtseinheit 4. Materialienhinweis auch für die anderen naturwissenschaftlichen Fächer 5. 10 Schlussfolgerungen 2
Zugrundeliegende Literatur 2007 3
Zugrundeliegende Literatur 2007 4
Zugrundeliegende Literatur 2009 5
Zugrundeliegende Literatur 2009 Lutz Stäudel: Differenzieren im Chemieunterricht, S. 10: 6
Zugrundeliegende Literatur 2008 7
10 Thesen zu Diagnose und Förderung im naturwissenschaftl. Unterricht 1. Was können meine Schüler eigentlich wirklich? Sich diese Frage häufiger und ernsthafter zu stellen, ist ein Merkmal des kompetenzorientierten Unterrichts. 8
10 Thesen zu Diagnose und Förderung im naturwissenschaftl. Unterricht 2. Klassenarbeiten und benotete Tests haben einen Nachteil: Erkannte Defizite werden selten erfolgreich angegangen. Förderung bleibt oft aus. 9
10 Thesen zu Diagnose und Förderung im naturwissenschaftl. Unterricht 3. Diagnose im hier betrachteten Sinn gehört zur Lernphase, nicht zur Prüfungsphase. Deshalb ist sie immer gekoppelt mit einer geeigneten Fördermaßnahme. 10
10 Thesen zu Diagnose und Förderung im naturwissenschaftl. Unterricht 4. Diagnose soll Wissen über Wissen und Förderbedarf transparent werden lassen. 11
10 Thesen zu Diagnose und Förderung im naturwissenschaftl. Unterricht 5. Schüler sollen mit zunehmendem Alter mehr Eigenverantwortung für ihren Lernfortschritt übernehmen. Dazu müssen möglichst passende Förderangebote bereitgestellt werden. 12
10 Thesen zu Diagnose und Förderung im naturwissenschaftl. Unterricht 6. Durch Diagnosemaßnahmen erhält der Lehrer wertvolle Informationen über den Erfolg seines Unterrichts. 13
10 Thesen zu Diagnose und Förderung im naturwissenschaftl. Unterricht 7. Für den Unterrichtsalltag benötigt man keine standardisierten Tests, es genügt eine ungefähre Diagnose. 14
10 Thesen zu Diagnose und Förderung im naturwissenschaftl. Unterricht 8. Man muss nicht immer und überall diagnostizieren und fördern. Schlüsselstellen genügen, wobei die überfachlichen Kompetenzen nicht übersehen werden dürfen. 15
10 Thesen zu Diagnose und Förderung im naturwissenschaftl. Unterricht 9. Jeder Diagnose muss sich eine machbare Förderung anschließen. Individuelle Förderungen werden im Alltag nur selten möglich sein. 16
10 Thesen zu Diagnose und Förderung im naturwissenschaftl. Unterricht 10. Die Lehrer benötigen weitere Hilfen und Beispiele, eine Aufgabe für die Chemiedidaktiker kleinere Lerngruppen, eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe 17
Praktische Beispiele vor Beginn einer Unterrichtseinheit: Ermittlung der Vorkenntnisse 1. Beispiel: Übernahme einer neuen Klasse (3. Jahr Chemieunterricht) Klarheit verschaffen über den eigenen Wissensstand (Selbst-)Diagnose: Vorlage der Bildungsstandards Förderung: Angabe von Buchseiten Weiterer Einsatz: Während des Unterrichts gelegentlich ergänzen. Lernfortschritte bewusst machen 18
Praktische Beispiele vor Beginn einer Unterrichtseinheit: Ermittlung der Vorkenntnisse 2. Beispiel (GDCh): Oberstufenkurs (Schüler unterschiedlicher Vorgeschichte) (Selbst-)Diagnose: Eingangstest oder Selbsteinschätzungsbogen Förderung: Partneraufgabe Entwicklung von Fachkompetenz verknüpft mit Übungen zu Kommunikation, Bewertung, sozialer und personaler Kompetenz 19
Praktische Beispiele während einer Unterrichtseinheit: 1. Beispiel: Verständnis von Chemischer Reaktion Anfangsunterricht Mischung oder Reaktion? Betrachtungen auf der Teilchenebene Elemente Chemie 1, Klett (2007), S. 31 Elemente Chemie 1, Klett (2007), S. 69 20
Praktische Beispiele während einer Unterrichtseinheit: 1. Beispiel: Verständnis von Chemischer Reaktion Anfangsunterricht Diagnose: Multiple Choice Förderung: Einsatz von Schülerexperimenten Mischungen mit und ohne Reaktion Beispiel: Mischung von Wasser, Citronensäure und Natron in Petrischale 21
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Praktische Beispiele während einer Unterrichtseinheit: 1. Beispiel: Verständnis von Chemischer Reaktion Anfangsunterricht Diagnose: Multiple Choice Förderung: Einsatz von Schülerexperimenten Mischungen mit und ohne Reaktion Beispiel: Mischung von Wasser, Citronensäure und Natron in Petrischale Phänomene schaffen kognitiven Konflikt mit bestehenden Konzepten. Schülerinterner Dialog beim Beobachten des Experiments. 23
Praktische Beispiele während einer Unterrichtseinheit: 2. Beispiel: Ermittlung von Präkonzepten Chemische Reaktion im Teilchenmodell Anfangsunterricht Diagnose: Beispiel: Schülerzeichnungen Analyse von Silberoxid 1. Gruppe 58 % 2. Gruppe 26 % 3. Gruppe 16 % Förderung: Nach Behandlung der Unterrichtseinheit zu Dalton noch einmal betrachten. Metakognition 24
Praktische Beispiele während einer Unterrichtseinheit: 3. Beispiel: Vergewisserung über den Stand des Kompetenzerwerbs Klärungsprozesse in Gang setzen Diagnose: Beispiel: Concept cartoon Atombindung Förderung: Diskussion in Gruppen und dann in der Klasse 25
Praktische Beispiele nach einer Unterrichtseinheit: 1. Beispiel: Vergewisserung über den Stand des Kompetenzerwerbs Klärungsprozesse in Gang setzen Diagnose: Beispiel: Faltblatt Teilchenmodell 1. Unterrichtsjahr 26
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Faltblatt Teilchenmodell Ergebnisse Kl. 9c (2006) Nr. Aussage Korrekte Antworten vor der Diskussion 1. gelbe Teilchen 84 % 2. Teilchen verschwinden 87 % 3. Luft zwischen Teilchen 81 % 4. Bewegung 97 % 5. Teilchen schmelzen nicht 77 % 6. Aussehen wir Bälle 74 % 7. Schwimmen in Wasser 13 % 28
Faltblatt Teilchenmodell Ergebnisse Kl. 9c (2006) Nr. Aussage Korrekte Antworten vor der Diskussion Korrekte Antworten nach der Diskussion 1. gelbe Teilchen 84 % 2. Teilchen verschwinden 87 % 3. Luft zwischen Teilchen 81 % 4. Bewegung 97 % 5. Teilchen schmelzen nicht 77 % 6. Aussehen wir Bälle 74 % 7. Schwimmen in Wasser 13 % 29
Faltblatt Teilchenmodell Ergebnisse Kl. 9c (2006) Nr. Aussage Korrekte Antworten vor der Diskussion Korrekte Antworten nach der Diskussion 1. gelbe Teilchen 84 % 100 % 2. Teilchen verschwinden 87 % 94 % 3. Luft zwischen Teilchen 81 % 94 % 4. Bewegung 97 % 100 % 5. Teilchen schmelzen nicht 77 % 94 % 6. Aussehen wir Bälle 74 % 83 % 7. Schwimmen in Wasser 13 % 18 % 30
Praktische Beispiele nach einer Unterrichtseinheit: 1. Beispiel: Vergewisserung über den Stand des Kompetenzerwerbs Klärungsprozesse in Gang setzen Diagnose: Beispiel: Faltblatt Teilchenmodell 1. Unterrichtsjahr Förderung: Folie mit 2 unterschiedlichen Darstellungen und Diskussion 31
Praktische Beispiele nach einer Unterrichtseinheit: 2. Beispiel: Versprachlichung von Sachverhalten Diagnose: Beispiel: Aufsätze schreiben lassen Aufsätze zum Teilchenmodell Aufsatz 1 Aufsatz 2 32
Praktische Beispiele nach einer Unterrichtseinheit: 2. Beispiel: Versprachlichung von Sachverhalten Diagnose: Beispiel: Aufsätze schreiben lassen Aufsätze zum Teilchenmodell Aufsatz 1 Aufsatz 2 Förderung: Aussagen sammeln und in Gruppen zur Diskussion stellen Naturwissenschaftliche Sachverhalte öfter versprachlichen lassen Schüler zum Diskutieren über eigene Aussagen bringen ohne zu beschämen 33
Praktische Beispiele nach einer Unterrichtseinheit: 3. Beispiel: Gleichgewichte (Oberstufe) Diagnose: Selbsteinschätzungsbogen Förderung: Aufgaben in Eigenarbeit kleine Hilfen Rückmeldung vom Partner gemeinsames Überarbeiten + Kontrolle der Lösungen Eigenverantwortung für den Lernerfolg ernst nehmen! 34
Praktisches Beispiel für individuelle Förderung Ziel: überfachliche Kompetenzen im Chemie-Unterricht Beispiel aus dem 3. Jahr Chemieunterricht: Aktuellen Stoff aus einem Zeitungsartikel vorstellen durch Kurzvortrag durch schriftlichen Bericht Förderung: Rückmeldung und Anregungen des Lehrers zum Entwurf vor der Präsentation an Schülerniveau und interesse angepasst Diagnose: Selbstbewertungsbogen 35
Materialienhinweis auch für die anderen naturwissenschaftlichen Fächer MNU-Schriftenreihe: www.mnu.de > MNU Publikationen GDCh-Broschüre: http://www.gdch.de > Gliederung > Fachgruppen und Arbeitskreise > Chemieunterricht > Diagnostizieren und Fördern im Chemieunterricht Download Landesbildungsserver Baden-Württemberg: Diagnose und Förderung. Techniken mit Beispielen aus den Unterrichtsfächern Biologie, Physik und Chemie. NW 3, Landesinstitut für Schulentwicklung, Stuttgart (2009) http://www.schule-bw.de > E-Learning > Eintritt in den Moodle- Arbeitsbereich, Version 1.9. (Kostenlosen Nutzerzugang anlegen) > Kursbereiche Verschiedenes > Kompetenz_NatWis_Gy Angebotene Beispiele aus Chemie, Biologie, Physik 36
10 Schlussfolgerungen 37
10 Schlussfolgerungen 1. Frage öfter: Was können meine Schüler eigentlich? Sei realistisch, nicht enttäuscht! 38
10 Schlussfolgerungen 2. Plane Unterricht längerfristig: Überlege zu den angesteuerten Kompetenzen gleich die notwendigen Fördermaßnahmen! 39
10 Schlussfolgerungen 3. Ermittle die Schülervorstellungen als Ausgangspunkt! 40
10 Schlussfolgerungen 4. Konzentration auf das Wesentliche! Frage gelegentlich: Was soll der Chemieunterricht eigentlich bewirken? 41
10 Schlussfolgerungen 5. Standards lassen Spielräume inhaltlich und methodisch. Nutze sie! 42
10 Schlussfolgerungen 6. Stelle die Bewertung durch Noten nicht ins Zentrum, diagnostiziere dafür öfter! 43
10 Schlussfolgerungen 7. Richte den Fokus auf den einzelnen Lernenden und lass die Schüler mit zunehmendem Alter mehr Verantwortung für ihre Lernfortschritte übernehmen! 44
10 Schlussfolgerungen 8. Bringe die Schüler dazu, sich über Chemie zu unterhalten! 45
10 Schlussfolgerungen 9. Trau den Schülern mehr zu! 46
10 Schlussfolgerungen 10. Lass dir durch nichts und niemanden die Begeisterung für das Fach Chemie nehmen! 47