Vorlesung Diskrete Strukturen Ordnungsrelationen

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Transkript:

Vorlesung Diskrete Strukturen Ordnungsrelationen Bernhard Ganter WS 2009/10 Ein Spiegelei zubereiten... Was muss man tun, wenn man ein Spiegelei brät? HE Herd einschalten PH Pfanne auf den Herd stellen PE Pfanne heiß werden lassen PF Fett in die Pfanne geben FZ Fett zerlassen EA Ei aufschlagen EP Ei in die Pfanne geben EB Ei gar braten ET Ei aus der Pfanne nehmen ES Ei salzen HA Herd abschalten Precedence Constraints Auf der Menge J := {HE, PH,..., PE} definieren wir eine Relation R mit folgender Bedeutung: i R j : Bevor Schritt j begonnen wird, muss Schritt i beendet sein. durch R := {(HE, PE), (PE, FZ), (FZ, EP), (EP, EB), (EB, ET), (EB, HA), (PH, PE), (PF, FZ), (EA, EP), (EA, ES)} 1

DAGs Eine Eigenschaft solcher Relationen erkennt man sofort: sie sind azyklisch, d.h. sie enthalten keine Folgen (a 0, a 1 ), (a 1, a 2 ),..., (a n 1, a n ) mit a 0 = a n. Insbesondere sind sie irreflexiv. Man spricht auch von einem DAG (directed acyclic graph). Es lohnt sich aber nicht, eine eigene Theorie für DAGs aufzubauen, weil sie mit den Ordnungsrelationen ganz eng verwandt sind. Eine Ordnung (oder Ordnungsrelation) auf einer Menge J ist eine reflexive, transitive und antisymmetrische Relation auf J. Transitive Hülle Die transitive Hülle einer Relation R ist definiert durch trans(r) := n 1 R n = R R 2 R 3..., wobei R n eine Abkürzung für das n-fache Relationenprodukt von R mit sich selbst steht, also R n := R; R; ; R. }{{} n mal Die transitive Hülle einer Relation R ist die kleinste transitive Relation, welche R enthält. DAGs und Ordnungen Hilfssatz 1. Eine Relation ist genau dann azyklisch, wenn ihre transitive Hülle irreflexiv ist. Daraus folgt: Ist R eine azyklische Relation auf J, dann ist die reflexivtransitive Hülle trans(r) id J eine Ordnungsrelation. Es ist oft einfacher, diese Ordnungsrelation zu betrachten. 2

Die Spiegelei Ordnung Ei auf den Teller Herd ausschalten gar braten salzen Ei aufschlagen Fett in die Pfanne Ei in die Pfanne Fett zerlassen Pfanne erhitzen Pfanne auf den Herd Herd einschalten Bezeichnungen Eine Relation auf einer Menge J wird eine Ordnung oder Ordungsrelation genannt, wenn sie reflexiv, transitiv und antisymmetrisch ist. Andere Namen sind Halbordnung oder Partialordnung. Ist R eine Ordnung auf J, dann nennt man (J, R) eine geordnete Menge. Die englischen Bezeichungnen sind order, partial order für Ordnung und partially ordered set für geordnete Menge, Kurzform: poset. Eine konnexe Ordnung nennt man auch eine lineare Ordnung. Ordnungserweiterungen Eine Ordnungserweiterung einer Relation R 1 auf J ist eine Ordnung R 2 auf J mit R 1 R 2. Ist dabei R 2 eine lineare (d.h. konnexe) Ordnung, so spricht man von einer linearen Erweiterung. Die linearen Erweiterungen einer Precedence-Constraints Relation entsprechen also genau den zulässigen Abläufen. 3

Wenn erst nach dem Braten gesalzen werden darf. Ei auf den Teller salzen Herd ausschalten gar braten Ei in die Pfanne Ei aufschlagen Fett in die Pfanne Pfanne auf den Herd Fett zerlassen Pfanne erhitzen Herd einschalten Das Lemma von Szpilrajn Ein grundlegendes Ergebnis der Ordnungstheorie, das Lemma von Szpilrajn, besagt, dass eine Relation R genau dann eine Ordnungserweiterung besitzt, wenn R \ J azyklisch ist. In diesem Fall besitzt sie sogar eine lineare Erweiterung. Gegebene Vorgängerbedingungen (Precedence Constraints) lassen also genau dann einen Ablaufplan zu, wenn sie azyklisch sind. Ein Problem aus der Ablaufplanung Das Arbeitsgebiet der Ablaufplanung (engl.: Scheduling) beschäftigt sich damit, zu vorgegebenen Jobs mit Precedence Constraints und anderen Randbedingungen in zulässige und möglichst optimale Reihenfolgen zu bringen. Wir stellen dazu ein Beispiel vor und einen Algorithmus von Lawler. Das Problem, das dieser Algorithmus löst, ist leicht zu verstehen, ebenso der Algorithmus. Gar nicht so einfach ist der Beweis, dass diese Vorgehensweise wirklich zum optimalen Ergebnis führt. Ein kleines Beispiel Eine Person soll sechs Arbeitsschritte {A, B, C, D, E, F } ausgeführen, 4

von denen jeder eine Zeiteinheit benötigt. Dabei sollen folgende Vorgängerbedingungen beachtet werden: {(A, B), (A, E), (C, A), (C, F ), (D, F ), (F, B)}. Kosten, die bei verspäteter Fertigstellung anfallen: f A f B f C f D f E f F Abstrakte Aufgabenstellung Betrachte eine endliche geordnete Menge (J, ) von Jobs, wobei wir die Ordnung wieder wie oben deuten: i < j bedeutet, dass Job i abgeschlossen sein muss, bevor Job j begonnen werden kann. Alle Jobs werden von einer Person bearbeitet, Parallelverarbeitung ist also nicht vorgesehen. Jeder Job j benötigt eine Ausführungszeit p j und soll ohne Unterbrechung durchgeführt werden. Verzugskosten Außerdem gibt es zu jedem Job auch Verzugskosten, die vom Fertigstellungszeitpunkt C j abhängen: f j (C j ) seien die Kosten, die anfallen, wenn der Job j zum Zeitpunkt C j fertiggestellt wird. Dabei wird die Voraussetzung gemacht, dass die Funktionen f j monoton in der Zeit sind: je später ein Job ausgeführt wird, desto teurer wird es. Häufig wird der Spezialfall betrachtet, dass für jeden Job ein Fälligkeitszeitpunkt Z j vorgegeben ist mit Verzugskosten { 0, falls C Z j f j (C) :=. 1, falls C > Z j 5

Der Algorithmus von Lawler Lawlers Algorithmus konstruiert einen Ablaufplan auf die folgende einfache Weise: Lege zunächst fest, welcher Job als letzter ausgeführt wird. Wähle dazu unter allen Jobs, die bezüglich keine Nachfolger haben, einen, dessen Verzugskosten für den betreffenden Zeitpunkt minimal sind. Für die verbleibenden Jobs verfahre entsprechend. Satz 1. Lawlers Algorithmus findet einen Ablaufplan, der erstens die gegebene Ordnung respektiert und zweitens die maximalen Verzugskosten minimiert. max{f j (C j ) j J} Beweis zum Algorithmus von Lawler Beweis. Für eine Teilmenge N J der Jobs bezeichne f (N) die maximalen Verzugskosten für einen optimalen Ablaufplan von N. Weiter sei q := j J p j die Gesamtzeit und l ein Job ohne Nachfolger mit den kleinsten Verzugskosten zum Zeitpunkt q. Die maximalen Verzugskosten für einen Ablaufplan mit l als letztem Job ergeben sich dann zu max{f l (q), f (J \ {l})}. Weil keiner der beiden Werte größer als f (J) ist, ist die Wahl von l optimal. Modifiziertes Beispiel Wie zuvor sind Arbeitsschritte {A, B, C, D, E, F } auszuführen, von denen jeder eine Zeiteinheit benötigt, und für die folgende Vorgängerbedingungen beachtet werden sollen: {(A, B), (A, E), (C, A), (C, F ), (D, F ), (F, B)}. Die Verzugskosten seien nun: f A f B f C 6

f D f E f F 7