Gunnar Waesch (Autor) Montane Graslandvegetation des Thüringer Waldes: Aktueller Zustand, historische Analyse und Entwicklungmöglichkeiten

Ähnliche Dokumente


Deutscher Wetterdienst

Abdallah Khatib (Autor) Biodiversität in seiariden mediterranen Ökosystemen und der Einfluss der Beweidung Am Beispiel des Al-Zawieh Gebirges, Syrien

Katja Stamer (Autor) Ehrenamt Management Impulse und praktische Hilfestellungen zur Förderung des Ehrenamtes in Sportvereinen


Neckermann und Achterholt Ökologische Gutachten

Klimawandel im Offenland und Wald

Die Gradtagzahlen des Jahres 2008 und ihre Abweichungen zum Zeitraum P.-H. Voß

2 Die Niederschlagsverteilung für Deutschland im Jahr Überblick

Klimawandel im Detail Zahlen und Fakten zum Klima in Deutschland


Gabriel Duttler (Autor) Bindung an Gesundheitssport Qualitative Analyse gelingender Bindung unter besonderer Beachtung der Sportfreude

Gerd Hansen (Autor) Konstruktivistische Didaktik für den Unterricht mit körperlich und motorisch beeinträchtigten Schülern

Burganlagen und biologische Vielfalt

Abb. 1 Mittleres Eintrittsdatum der maximalen Schneedeckenhöhe Zeitraum 1961/90.

Witterungsbericht. - Frühjahr


Thomas Zöller (Autor) Verbesserung des Auflösungsverhaltens von schwer löslichen schwachen Säuren durch feste Lösungen und Cyclodextrin- Komplexe

Lioba Markl-Hummel (Autor) Multikriterielle Entscheidungsunterstützung für kommunale Klimaschutzmaßnahmen

Reinhard Zweidler (Autor) Bruno Sternath (Autor) Einsatz von Video in der Evaluation Umsetzung von Evaluationsstandards und Datenschutz


Die größten Hochwasser im Gebiet der Mulden


Inga Lampe (Autor) Die Lebensmittelüberwachung in Deutschland Eine Bewertung auf Basis ökonomischer Modelle und empirischer Analysen

Lars Thoroe (Autor) RFID in Reverse-Logistics-Systemen

Carsten Traupe (Autor) Schlachtschweinevermarktung in Niedersachsen - Stand, Defizite, Entwicklungsmöglichkeiten


Andy Apfelstädt (Autor) Handlungsoptionen im euronationalen Ladungsverkehr

Michael Hoßfeld (Autor) Klassifikationssystem für Prägebildaufnahmen von Münzen

Dirk Richard Keiner (Autor) Methodischer Vergleich von verschiedenen Instrumenten zur Messung der Lebensqualität bei Osteoporosepatienten

Shanna Appelhanz (Autor) Tracking & Tracing-Systeme in Wertschöpfungsnetzwerken für die industrielle stoffliche Nutzung nachwachsender Rohstoffe


Katja Schiller (Autor) Der Verbotsbegriff des 134 BGB am Beispiel der Mindestvergütungsregelungen der 5 bis 12 EEG

Judith Burgmann (Autor) Bekleidungsvorschriften an öffentlichen Schulen in Nordrhein- Westfalen

Dr. Kai Pfannschmidt. Beobachteter K L I M A W A N D E L in Thüringen. Klimaprojektionen für Thüringen Regionale Auswertungen

Jana Hammerschmidt (Autor) Kollision Allgemeiner Geschäftsbedingungen im Geltungsbereich des UN-Kaufrechts

Hong Liu-Kiel (Autor) Mitarbeitermotivation in China und Deutschland Ein interkultureller Vergleich auf der Basis von Laborexperimenten

Martin Thein (Autor) Wettlauf mit dem Zeitgeist - Der Neonazismus im Wandel

Gabriele Graube (Autor) Technik und Kommunikation ein systemischer Ansatz technischer Bildung

Hilmar Gerdes (Autor) Energiegewinnung aus Biomasse im Küstenbereich Eine ökonomische und multikriterielle Bewertung verschiedener Prozessketten

Kai Wiltinger (Autor) Angelika Wiltinger (Autor) Wissenschaftliches Arbeiten Praxisleitfaden für Studierende

Diane Haake (Autor) Evaluation der Magnetresonaztomographie zur longitudinalen Untersuchung degradierbarer Mag-nesiumimplantate in vivo



Zahlen und Fakten zum Klimawandel in Deutschland

Patricia Böning-Spohr (Autor) Controlling für Medienunternehmen im Online-Markt

Boden und Witterung in Hessen (Stand )

Alexander Zielonka (Autor) Grundlagen der Investition und Finanzierung

Carsten Traupe (Autor) Schlachtschweinevermarktung in Niedersachsen - Stand, Defizite, Entwicklungsmöglichkeiten

Matthias Engel (Autor) Jonglieren als Maßnahme der Prävention und Gesundheitsförderung Konzeption und Evaluation


Anke von Beckerath (Autor) Europäischer Betriebsrat kraft Gesetzes und Informationsrechte der nationalen Arbeitnehmervertretungen nach dem BetrVG

Sachsen im Klimawandel Sommer

380/110-kV-Leitung (Altenfeld) Landesgrenze Redwitz Alternativenprüfung Bereich Froschgrundsee. ANHANG 1: Sichtbarkeitsanalyse

Karin Strasser (Autor) Bindungsrepräsentation im jungen Erwachsenenalter: längschnittliche Zusammenhänge

Infoblatt Gemäßigte Klimazone

CO -Konzentration 2 April 2014


Die Bildungsfunktion des Waldes Eine Statusbestimmung am Beispiel Niedersachsens

Zahlen und Fakten zum Klimawandel in Deutschland


Doris Kortus-Schultes (Autor) Weibliche Auto-Kultur: Rückblick, Einblick und Ausblick Bild- und fotogestützte Ergebnisse einer qualitativen Studie

Klima und Klimawandel in Nordrhein-Westfalen

Biosphärenreservate in Deutschland


Ricardo Fiorenzano de Albuquerque (Autor) Untersuchung von Ejektor-Kälteanlagen beim Einsatz in tropischen Gebieten

Subtropische Wälder. Eine Studie zur Streuproduktion und Zersetzung in subtropischen, montanen Araukarienwäldern

Mitteldeutschen Trockengebiet. Ilka Fabig Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg



KURZSTECKBRIEF TRASSENKORRIDORSEGMENT 107

Ulrich Hennecke (Autor) DNA Photoschäden: Untersuchungen zur Synthese, enzymatischen Erkennung und Reparatur

Witterungsbericht. - Sommer

Grünland im Thüringer Wald erhalten durch gesamtbetriebliche Nutzungskonzepte

Rhea-Christina Klagges (Autor) Bezugnahmeklauseln und Betriebsübergang

Torsten Behrens (Autor) Bedeutung unterschiedlicher Wurzelzonen für die Nährstoffaufnahme von Mais (Zea mays L.) am Beispiel von Nitrat


Klaus Oberleiter (Autor) Hausaufgaben in der Grundschule Die Bedeutung zeitlicher Aspekte und Auswirkungen eines selbstregulatorischen Trainings

Klimaentwicklung und Niederschlag in Sachsen-Anhalt

Gunthard Scholz (Autor) Veredelung von Massivholz mit heißschmelzenden Wachsen

Steffen Rittig (Autor) Unfallflucht ( 142 StGB) und das unvorsätzliche Sich- Entfernen vom Unfallort

Vegetationskarte Regensburg 1:50.000

Schön gelegenes, großzügiges (1.224 m²) Ferienhausgrundstück am Üdersee bei Finowfurt

Klimawandel auch in Sachsen-Anhalt?

Witterungsbericht. - Herbst


Zur Populationsbiologie der Gelbbauchunke (Bombina variegata) im Hainich / Thüringen

WILD: Die Volkszählung fürs Wild. Zensus Rebhuhn


Busfahrpläne. Buslinien 428, 421, 359, 422, 454, 860, 857. gilles lougassi/fotolia.com

Klimawandelgerechte Metropole Köln Strategien zur Anpassung an den Klimawandel (KÖLN_21)


Wie hat sich das Klima in der Grenzregion in den letzten Jahren verändert? Analyse wasserrelevanter Klimakenngrößen

Marc-Oliver von Maydell (Autor) Kraftkompensierender Drucksensor für die Flugmeßtechnik mit Selbstüberwachung



Jessica Seidenstücker (Autor) Der Einfluss sozialer Orientierungsreize auf das Fahrverhalten in Gefahrensituationen

Martin Reeker (Autor) Kostenentwicklung erneuerbarer Energien Eine Erfahrungskurvenanalyse des Erneuerbare-Energien-Gesetzes


Transkript:

Gunnar Waesch (Autor) Montane Graslandvegetation des Thüringer Waldes: Aktueller Zustand, historische Analyse und Entwicklungmöglichkeiten https://cuvillier.de/de/shop/publications/3104 Copyright: Cuvillier Verlag, Inhaberin Annette Jentzsch-Cuvillier, Nonnenstieg 8, 37075 Göttingen, Germany Telefon: +49 (0)551 54724-0, E-Mail: info@cuvillier.de, Website: https://cuvillier.de

Einleitung 1 A Einleitung Die Entstehung des Graslandes der deutschen Mittelgebirge geht auf die Rodung von Bergmischwäldern im Mittelalter und nachfolgende bäuerliche Nutzung zurück. So sind auch die Wiesen des Thüringer Waldes durch jahrhundertelange Bewirtschaftung entstanden und konnten sich zu artenreichen Vegetationstypen entwickeln. Neben ihrer Bedeutung für die Erhaltung der Biodiversität ist deshalb auch ihr kulturhistorischer Wert groß und von überregionalem Interesse. Entsprechend gehören sie in Thüringen zu den besonders geschützten Biotopen ( 18, Vorläufiges Thüringer Naturschutzgesetz) und werden auch nach der FFH-Richtlinie als schützenswerte Lebensraumtypen betrachtet (SSYMANK et al. 1998). RENNWALD (2000) stuft Bergwiesen in der Roten Liste der Pflanzengesellschaften Deutschlands als stark gefährdet ein. Die Nutzung dieser Bestände hat sich in den letzten Jahrzehnten grundlegend geändert. So erfolgte seit den 1960er Jahren aus ökonomischen Gründen eine weitreichende Intensivierung, die vielerorts zu einem erheblichen Artenrückgang geführt hat. Entlegene Wiesen wurden oftmals aufgeforstet, da sich ihre Nutzung nicht mehr lohnte. Ähnliche Gefährdungsursachen werden auch aus anderen Mittelgebirgen genannt. Angaben hierzu gibt es u.a. vom benachbarten Erzgebirge (HACHMÖLLER 2000) und dem Ostharz (BRUELHEIDE 1995). Während zur Flora des Thüringer Waldes zahlreiche aktuelle und flächengenaue Angaben vorliegen (MEINUNGER 1992, KORSCH et al. 2002), gibt es von Graslandbeständen nur wenige neuere vegetationskundliche Daten. Gleiches gilt für die übrigen ostdeutschen Mittelgebirge (HACHMÖLLER 2000). Als einzige umfassende Untersuchung des Graslandes im Thüringer Wald gilt die Arbeit von HUNDT (1964), die den Zustand der Bergwiesen in den 1950er Jahren vor den tiefgreifenden Nutzungsänderungen schildert. Überregional sind die entsprechenden Verbände Polygono-Trisetion, Calthion palustris und Violion caninae dagegen gut bearbeitet (vgl. DIERSCHKE 1997, DIERSCHKE et al. 2003, PEPPLER-LISBACH & PETERSEN 2001) und wurden bereits früh als eigenständige Vegetationstypen erkannt (z.b. STEBLER & SCHROETER 1893, SCHWICKERATH 1944). Da keine weitläufige und zugleich aktuelle vegetationskundliche Darstellung dieser Bestände vorliegt, beschreibt der erste Teil der Arbeit eingehend den derzeitigen Zustand des montanen Graslandes auf pflanzensoziologischer Grundlage. Die Gliederung basiert auf den o.g. neuen Bearbeitungen der entsprechenden Verbände. Im Rahmen der Untersuchungen wurde das gesamte Spektrum des Graslandes erfasst, wobei gemähte Wiesen des Polygono- Trisetion im Mittelpunkt standen. Bei der Auswertung wurden auch zahlreiche Aufnahmen von PUCHER (1996) und WULF & HELLMANN (1999) sowie WULF (2001) berücksichtigt. Auf Grundlage dieser Daten liegt nun eine aktuelle, großräumige Übersicht dieser Bestände vor, die eine fundierte Basis für zukünftige Schutzmaßnahmen darstellt. Der zweite Teil befasst sich mit populationsbiologischen Aspekten dieser Bestände. So wurde in den letzten Jahren im Rahmen von Regenerationsmaßnamen oft festgestellt, dass die Samenbank bestimmter brachliegender Graslandbestände eine wichtige Grundlage für deren

2 Einleitung Regeneration darstellt (z.b. HACHMÖLLER 2000, SCHMIDT & BECKER 2000). THOMPSON et al. (1997) liefern elementare Daten über Diasporen vieler Arten Nordwesteuropas (u.a. Lebensdauer, Literaturübersicht zu Untersuchungen) und betonen ihre Bedeutung bei der Wiederherstellung von Pflanzengemeinschaften. Während der Kenntnisstand über die unterschiedlichen Graslandtypen deutscher Mittelgebirge in den letzten Jahrzehnten stetig zugenommen hat, gibt es zur Zusammensetzung der Samenbank nur wenige Untersuchungen (KRETZSCHMAR 1994, BORSTEL 1974, LIEBERUM 1998). Die vorliegende Arbeit soll qualitative und quantitative Daten zum Aufbau des Samenvorrates unterschiedlich genutzter, vegetationskundlich erfasster Graslandbestände liefern, die auch überregional als Grundlage für Naturschutzmaßnahmen dienen können. Außerdem wird auf die Aussagekraft der Samenbank als Zeiger für frühere Nutzungsformen näher eingegangen. Diese Eigenheit wird seit langem von vielen Autoren betont (z.b. CHIPPINDALE & MILTON 1934). Teilweise wird sie deshalb auch als lebendes Gedächtnis des Bodens bezeichnet (KRETZSCHMAR 1994). Der letzte Teil dieser Dissertation beschäftigt sich mit dem Landschaftswandel in einem Teil des Untersuchungsgebietes. Hierzu werden Nutzungsstrukturen von 1905 mit dem heutigen Zustand verglichen, um den Wandel von Nutzungsformen des Offenlandes anhand konkreter Flächenangaben aufzuzeigen. Ähnliche Untersuchungen gibt es z.b. aus dem Schwarzwald (BUND 1998) oder vom Biosphärenreservat Schorfheide-Chorin (SCHULZ & AMFT 1997). Derartige Ergebnisse stellen eine wichtige Grundlage für regionale Landschaftsleitbilder dar (FINCK et al. 1997). In diesem Zusammenhang wird auch auf die Bedeutung des Alters von montanem Grasland auf dessen Artenzusammensetzung eingegangen. In jüngerer Zeit wurde oft der Einfluss der Habitatkontinuität von Lebensräumen auf ihre Artenvielfalt betont (z.b. HOBOHM 2000). Während es zu Wäldern zahlreiche Angaben gibt, dass viele Arten nur an Standorten mit jahrhundertealter Bestockung vorkommen (z.b. WULF 1997), existieren über Grasland keine derartigen Untersuchungen. Als Grundlage soll ein Vergleich der Artenzusammensetzung unterschiedlich alter, benachbarter Bestände mit gleichen Standortbedingungen dienen, die sich in erster Linie durch ihr Alter unterscheiden. Diese Arbeit geht also weit über eine monographische Bearbeitung der Bergwiesen des Thüringer Waldes hinaus. Neben den vegetationskundlichen Aspekten liefert sie zahlreiche Grundlagen, die auch in weiteren Mittelgebirgsregionen für Erhaltung, Regeneration und Entwicklung dieses Lebensraumes von großer Bedeutung sind.

Untersuchungsgebiet 3 B Untersuchungsgebiet 1 Geographische Lage und naturräumliche Gliederung Das Untersuchungsgebiet (UG) umfasst den gesamten Thüringer Wald, ausgenommen Bereiche unterhalb von 450 m ü. NN, die nur exemplarisch erfasst wurden. Er verläuft als etwa 60 km langes Kammgebirge, das nordwestlich von Eisenach beginnt, in südöstlicher Richtung etwa bis zur Linie Gehren-Schönbrunn (vgl. Abb. 1) und geht dort in das Thüringer Schiefergebirge über. Bei Ruhla im Norden liegt die Breite etwa bei 8 km. Abb. 1: Das Untersuchungsgebiet

4 Untersuchungsgebiet Sie steigt im zentralen Teil auf 13 km an und beträgt im Übergangsbereich zum Schiefergebirge ungefähr 20 km. Die höchste Erhebung des nordwestlichen Teils befindet sich in der Nähe von Brotterode. Der Große Inselsberg erreicht dort eine Höhe von 917 m. Im südlichen Bereich stellen Großer Beerberg (983 m), Finsterberg (944 m) und Schneekopf (978 m) die höchsten Berge dar. Weite Teile des UG befinden sich in Lagen zwischen 500 und 700 m ü. NN. Durch Erosion und Denudation entstanden zahlreiche, tief eingeschnittene Bachtäler wie z.b. der Apfelstädtgrund bei Tambach-Dietharz. Sie sind charakteristisch für den gesamten Thüringer Wald und unterscheiden ihn vom Schiefergebirge, das eine relativ einheitliche Hochebene darstellt. Die Hauptwuchsgebiete des Graslandes befinden sich, ähnlich wie im Harz (HUNDT 1964), in der Umgebung größerer Siedlungen. Die Orte Schmiedefeld, Tambach-Dietharz und Steinbach-Hallenberg sind hierfür Beispiele. Dagegen gibt es im Umland von Oberhof keine größeren Graslandflächen. Weiterhin stellen die teils langgestreckten Talkomplexe ausgedehnte Wiesenstandorte dar. Sie befinden sich z.b. im Biosphärenreservat (BR) Vessertal, das einen räumlichen Schwerpunkt für die vorliegenden Untersuchungen darstellt. Es befindet sich östlich der Stadt Suhl und hat eine Größe von etwa 17,2 km 2 (vgl. Abb. 1). WESTHUS et al. (1993) unterscheiden die naturräumlichen Regionen Nordwestlicher Thüringer Wald und Mittlerer Thüringer Wald (Abb. 1). Zusammen mit dem Thüringer Schiefergebirge und Teilen der Rhön bilden sie nach Angaben der Autoren das so genannte Thüringer Gebirge. Vom Thüringer Wald aus schließen sich in nordöstlicher Richtung die Waltershäuser Vorberge an und leiten zum Thüringer Becken über. 2 Klima Temperaturen Tab. 1 zeigt Jahresdurchschnittstemperaturen, Angaben zur Phänologie sowie jährliche Niederschlagssummen unterschiedlicher Höhenstufen des UG. Tab. 1: Angaben zu Temperaturen, Niederschlägen und Beginn der Apfelblüte unterschiedlicher Höhenstufen des UG (nach ROSENKRANZ 1989) Lufttemperatur in C Niederschlag (Jahressumme in mm) Mittlerer Beginn der Apfelblüte Jahr Januar Juli bis 500 m ü. NN 6,5-2,0 15,5 800 06.-18.05. 700 m ü. NN 5,0-3,0 14,0 1000 18.-27.05. 900 m ü. NN (Gipfellagen) 4,0-4,0 12,5 1300 - zum Vergleich: Thüringer Becken 8,5-0,5 18,0 450-590 06.-12.05. In den Randbereichen des Thüringer Waldes betragen die jährlichen Durchschnittstemperaturen etwa 7-8 C und fallen mit zunehmender Höhe auf etwa 4 C an Inselsberg (917 m) und der Messstation Schmücke (937 m) ab. Die Anzahl an Tagen mit einer Durchschnittstemperatur von über 10 C, welche für die generative und vegetative Entwicklung der Vegetation entscheidend ist (vgl. HUNDT 1964), liegt an diesen

Untersuchungsgebiet 5 Messstationen bei 93 Tagen. In Bad Liebenstein (350 m ü. NN), das am Westrand des Mittelgebirges liegt, wird diese Temperaturgrenze an 144 Tagen überschritten. Die Durchschnittstemperaturen liegen im Januar in den Gipfellagen bei etwa - 4 C und erreichen dort im Juli Werte von etwa 13 C. Niederschläge Die Spanne des Jahresmittels reicht von 678 mm in Schmalkalden (295 m ü. NN) bis 1304 mm bei der Messstation Schmücke (937 m ü. NN). Der entsprechende Wert des 917 m hohen Inselsberges liegt durch die Leewirkung der Rhön um 50 mm niedriger (HUNDT 1964). Der gesamte Kammbereich des Thüringer Waldes ist durch Jahresniederschläge von über 1000 mm gekennzeichnet, meist mit einem deutlichen Maximum im Winter. Da sich am Inselsberg der Einfluss der Rhön besonders im Winter bemerkbar macht, tritt hier ein Sommermaximum auf. Im Vergleich zu den benachbarten Mittelgebirgen nimmt der Thüringer Wald eine Mittelstellung zwischen dem kontinental geprägten Erzgebirge und dem stärker subatlantisch beeinflussten Harz ein. Das betrifft sowohl die Niederschläge als auch die Temperaturen. Tab. 2 stellt exemplarisch Klimadaten von jeweils einer Ortschaft der drei Gebiete dar. Die ausgewählten Orte befinden sich etwa in gleicher Höhenlage. Tab. 2: Klimadaten ausgewählter Orte von Harz, Erzgebirge und Thüringer Wald (nach HUNDT 1964 und WALTHER & LIETH 1967) Ort Höhe ü. NN Niederschläge (mm/j.) Mittlere Temperatur Jahr Januar Juli Jahresschwankung Frostfreie Tage Harz Clausthal-Zellerfeld 585 1349 5,8-2,0 14,3 16,3 165 123 Thüringer Wald Brotterode 582 1051 5,8-2,8 14,6 17,4 126 126 Erzgebirge Bad Elster 504 832 6,3-2,7 15,6 18,3 145 133 Tage mit mehr als 10 C ( ) Vergleicht man die Gebiete anhand dieser Angaben von West nach Ost, so sind folgende Tendenzen deutlich zu erkennen, die eine zunehmende hygrische und thermische Kontinentalität anzeigen (HUNDT 1964): Abnahme des Jahreniederschlages. Niedrigere Januar-, höhere Julitemperaturen. Daraus resultiert die höhere Jahresschwankung, während die jährliche Durchschnittstemperatur an allen Orten recht ähnlich ist. Höhere Anzahl an Tagen mit mehr als 10 C. Diese Unterschiede bewirken u.a. das Auftreten bzw. Fehlen bestimmter Arten im Grasland der jeweiligen Mittelgebirge, was in Kap. D näher erläutert wird. In der Vergangenheit resultierten hieraus auch verschiedene Bewirtschaftungsformen des Offenlandes dieser Gebiete (vgl. Kap. B 6).