Einführung in die Physikalische Chemie Teil 2: Makroskopische Phänomene und Thermodynamik

Ähnliche Dokumente
Einführung in die Physikalische Chemie Teil 1: Mikrostruktur der Materie

Einführung in die Physikalische Chemie Teil 2: Makroskopische Phänomene und Thermodynamik

Einführung in die Physikalische Chemie: Inhalt. Einführung in die Physikalische Chemie:

Physikalische Chemie 0 Klausur, 22. Oktober 2011

7. Theorie der Wärmekapazität

Physikalische Chemie IV Statistische Thermodynamik, SS2013

Physik III im Studiengang Elektrotechnik

Einführung in die Physikalische Chemie Teil 2: Makroskopische Phänomene und Thermodynamik

Temperatur. Gebräuchliche Thermometer

Spezifische Wärme fester Körper

Kreisprozesse und Wärmekraftmaschinen: Wie ein Gas Arbeit verrichtet

9. Thermodynamik. 9.1 Temperatur und thermisches Gleichgewicht 9.2 Thermometer und Temperaturskala. 9.4 Wärmekapazität

Modelle zur Beschreibung von Gasen und deren Eigenschaften

Zwei neue Basisgrössen in der Physik

Versuch 2. Physik für (Zahn-)Mediziner. c Claus Pegel 13. November 2007

1) Brillouin-Streuung zur Ermittlung der Schallgeschwindigkeit

Physikalische Chemie Physikalische Chemie I SoSe 2009 Prof. Dr. Norbert Hampp 1/9 1. Das Ideale Gas. Thermodynamik

Versuche: Brownsche Bewegung pneumatisches Feuerzeug Wärmekapazität gleicher Massen von verschiedenen Metallen

Temperatur und Gase. 8.1 Die Brownsche Molekularbewegung

Bestimmung der spezifischen Wärmekapazität fester Körper

grundsätzlich Mittel über große Zahl von Teilchen thermisches Gleichgewicht (Verteilungsfunktionen)

ν und λ ausgedrückt in Energie E und Impuls p

Einführung in die Physik I. Wärme 2 Kinetische Gastheorie

STATISTISCHE PHYSIK L. D. LANDAU E. M. LIFSCHITZ. Teil 1. In deutscher Sprache herausgegeben

Energie und Energieerhaltung. Mechanische Energieformen. Arbeit. Die goldene Regel der Mechanik. Leistung

Versuch: Spezifische Wärmekapazität fester Körper

Roland Reich. Thermodynamik. Grundlagen und Anwendungen in der allgemeinen Chemie. Zweite, verbesserte Auflage VCH. Weinheim New York Basel Cambridge

Wärmemenge, spezifische Wärmekapazität, molare Wärmekapazität, Kalorimetrie, Dulong-Petitsches Gesetz.

Nachklausur zur Vorlesung Theoretische Physik in zwei Semestern II. Musterlösungen

4. Energetik des Kristallgitters 4.1 Energie und spezifische Wärme

11. Der Phasenübergang

5.1. Kinetische Gastheorie. Ziel: Der Gasdruck: Kolben ohne Reibung, Gasatome im Volumen V Wie groß ist F auf den Kolben?

Dampfdruck von Flüssigkeiten (Clausius-Clapeyron' sche Gleichung)

4. Freie Energie/Enthalpie & Gibbs Gleichungen

Festkörper - System steht unter Atmosphärendruck gemessenen Wärmen erhalten Index p : - isoliert

Brahe Kepler. Bacon Descartes

Spezifische Wärmekapazität

Thermodynamik I. Sommersemester 2012 Kapitel 2, Teil 2. Prof. Dr. Ing. Heinz Pitsch

TEMPERATUR UND WÄRMEKAPAZITÄT... 2 KALORIMETRIE I... 3 KALORIMETRIE II... 5 PHASENUMWANDLUNGEN... 6

Übung 3. Ziel: Bedeutung/Umgang innere Energie U und Enthalpie H verstehen (Teil 2) Verständnis des thermodynamischen Gleichgewichts

a) Welche der folgenden Aussagen treffen nicht zu? (Dies bezieht sind nur auf Aufgabenteil a)

Temperatur. Temperaturmessung. Grundgleichung der Kalorik. 2 ² 3 2 T - absolute Temperatur / ºC T / K

Thermodynamik. Interpretation gegenseitiger Abhängigkeit von stofflichen und energetischen Phänomenen in der Natur

Repetitorium Physikalische Chemie für Lehramt

Experimentalphysik I : Mechanik und Wärmelehre WS 2010/11 Prof. Dr. J. Winter

A 1.1 a Wie groß ist das Molvolumen von Helium, flüssigem Wasser, Kupfer, Stickstoff und Sauerstoff bei 1 bar und 25 C?

Dämpfung. . Grundlagen. Viskose Dämpfung. Modale Dämpfung. Rayleigh-Dämpfung. Strukturdämpfung. Elastodynamik 2 SS

3.3 Wärme als Energieform

Atomphysik für Studierende des Lehramtes

Grundlagen der Physik 2 Schwingungen und Wärmelehre

5 Gase Das ideale Gasgesetz Kinetische Gastheorie Geschwindigkeit der Gasteilchen: Diffusion...

Die freie Energie wird also bei konstantem Volumen und konstanter Temperatur minimal

M1 Maxwellsches Rad. 1. Grundlagen

Vakuum und Gastheorie

Physik für Bauingenieure

1 Lambert-Beersches Gesetz

Bekannter Stoff aus dem 1. Semester:

Elektronen in Metallen. Seminar: Nanostrukturphysik 1 Fakultät: 7 Dozent: Dr. M. Kobliscka Referent: Daniel Gillo Datum:

Kräfte zwischen Teilchen (Atomen) eines Gases und deren Idealisierung

Kapitel 7: Temperatur, Gase und das Konzept der Wärme

Schweredruck von Flüssigkeiten

Grundlagen der Physik 2 Schwingungen und Wärmelehre

4.1 Grundlagen 4.2 Viskose Dämpfung 4.3 Modale Dämpfung 4.4 Rayleigh-Dämpfung 4.5 Strukturdämpfung. 4. Dämpfungsmodelle. Elastodynamik 1 3.

1. BESTIMMUNG DER DAMPFDRUCKKURVE EINER REINEN FLÜSSIGKEIT ZUR BERECHNUNG DER VER- DAMPFUNGSENTHALPIE DH verd UND -ENTROPIE DS verd

Vorlesung am 7. Juni 2010

Klausur Wärmelehre E2/E2p, SoSe 2012 Braun. Formelsammlung Thermodynamik

6. Erzwungene Schwingungen

11. Ideale Gasgleichung

Multiple-Choice Test. Alle Fragen können mit Hilfe der Versuchsanleitung richtig gelöst werden.

Phasengleichgewicht und Phasenübergänge. Gasförmig

Das Chemische Gleichgewicht

9.4 Der 2. Hautsatz: spontane Prozesse und Entropie

Hochschule Düsseldorf University of Applied Sciences. 13. April 2016 HSD. Energiespeicher Wärmetransport

Physikalisches Praktikum Wirtschaftsingenieurwesen Physikalische Technik und Orthopädietechnik Prof. Dr. Chlebek, MSc. M. Gilbert

Inhalt 1 Grundlagen der Thermodynamik

Ergänzungsübungen zur Physik für Nicht-Physikerinnen und Nicht-Physiker(SoSe 14)

Gewöhnliche Differentialgleichungen am Beispiel des harmonischen Oszillators

Quantisierung des elektromagnetischen Feldes

2 λ 2 λ E 2 R 2(R R 0) E

Thermodynamik. Thermodynamik ist die Lehre von den Energieänderungen im Verlauf von physikalischen und chemischen Vorgängen.

Strukturaufklärung (BSc-Chemie): Einführung

Physik für Mediziner im 1. Fachsemester

1 Thermodynamik allgemein

Versuch 29: Molwärme von Silicium

Versuch 6 Spezifische Wärme und Gasthermometer

Teilchendichte, mittlere freie Weglänge, Stoßzahl Brownsche Molekularbewegung

4. Freie Energie/Enthalpie & Gibbs Gleichungen

Mathematisch-Naturwissenschaftliche Grundlegung WS 2014/15 Chemie I Dr. Helge Klemmer

T6 - Temperaturabhängigkeit der molaren Wärmekapazität

Physikalisches Praktikum I Bachelor Physikalische Technik: Lasertechnik, Biomedizintechnik Prof. Dr. H.-Ch. Mertins, MSc. M.

VERSUCH 16 CHEMISCHES GLEICHGEWICHT IN DER GASPHASE

Ideale und Reale Gase. Was ist ein ideales Gas? einatomige Moleküle mit keinerlei gegenseitiger WW keinem Eigenvolumen (punktförmig)

8.2 Thermodynamische Gleichgewichte, insbesondere Gleichgewichte in Mehrkomponentensystemen Mechanisches und thermisches Gleichgewicht

Prof. Dr. Peter Vogl, Thomas Eissfeller, Peter Greck. Übung in Thermodynamik und Statistik 4B Blatt 8 (Abgabe Di 3. Juli 2012)

Karl Stephan Franz Mayinger. Thermodynamik. Grundlagen und technische Anwendungen. Zwölfte, neubearbeitete und erweiterte Auflage

3.7.1 Polarisationsfolien Polarisationsfolien haben hohe Elektronenbeweglichkeit entlang einer Richtung y in der Ebene der Folie. Analog zum Durchgang

Theoretische Physik F Statistische Physik

Versuchsprotokoll: Neutralisationsenthalpie

Grenzflächenphänomene. Physikalische Grundlagen der zahnärztlichen Materialkunde 3. Struktur der Materie. J m. N m. 1. Oberflächenspannung

1 Eine kurze Einführung in die Thermodynamik

Transkript:

Einführung in die Physikalische Chemie Teil 2: Makroskopische Phänomene und Thermodynamik Kapitel 7: Boltzmann-Verteilung Kapitel 8: Statistische Beschreibung makroskopischer Grössen Kapitel 9: Thermodynamik: Vorbereitung Kapitel 10: Grundlagen der Thermodynamik Kapitel 11: Thermochemie Kapitel 12: Chemisches Gleichgewicht Kapitel 13: Phasenübergänge Kapitel 14: Transportvorgänge Zustandsbesetzungen im Teilchenensemble Maxwell-Boltzmann-Verteilung Herleitung thermodynamischer Grössen aus Eigenschaften des Teilchenensembles Zustandsfunktionen und totales Differential Homogene Funktionen und mechanische Koeffizienten Die vier Hauptsätze der Thermodynamik Chemisches Potential Chemische Anwendungen der Thermodynamik: thermochemische Grössen, Satz von Hess Reaktionsgleichgewicht, Gleichgewichtskonstanten Temperaturabhängigkeit Phasengleichgewichte und -diagramme Clapeyron-Gleichung und Phasenregel Materie-, Energie- und Impuls-Transport in Gasen und Flüssigkeiten Übergang von mikroskopischer zu makroskopischer Beschreibung Klassische Thermodynamik: Makroskopische Beschreibung der Materie

Kapitel 8: Statistische Beschreibung makroskopischer Grössen Übersicht: 8.1 Einleitung 8.2 Innere Energie U 8.3 Wärmekapazität C 8.4 Der klassische Gleichverteilungssatz 8.5 Quantenmechanische Berechnung von U und C Literatur: Atkins, de Paula, Physikalische Chemie (4. Aufl.), Kapitel 16, 17 Atkins, de Paula, Kurzlehrbuch Physikalische Chemie (4. Aufl.), Kapitel 22

8.1 Einleitung In diesem Kapitel vollziehen wir den Schritt zur Beschreibung der Eigenschaften eines makroskopischen Stoffes aus den quantenmechanischen Eigenschaften seiner Moleküle. Wir werden sehen, wie aus den Eigenschaften einer Ansammlung (Ensemble) von Molekülen im thermischen Gleichgewicht (ausgedrückt durch die Boltzmann- Verteilung) und den quantenmechanischen Energieniveaus der Moleküle wichtige thermodynamische Grössen wie die innere Energie und die Wärmekapazität des Stoffes bestimmt werden können. 8.2 Innere Energie U Die thermodynamische innere Innergie U ist definiert als die mittlere Energie Ē des Systems berechnet als die Summe über alle Energieniveaus Ei gewichtet mit deren Population pi: U Ē = X i p i E i (8.2.1)

Die innere Energie unterteilt sich in ihre Anteile aus den verschiedenen molekularen Bewegungsfreiheitsgraden: U = U 0 + U trans + U rot + U vib + U el (8.2.2) mit: U0... innere Energie U beim absoluten Temperaturnullpunkt T=0 (Nullpunktsenergie) Utrans... Energiebeitrag der molekularen Translationsbewegung Urot... Energiebeitrag der molekularen Rotationsbewegung Uvib... Energiebeitrag aller Schwingungsbewegungen Uel... Energiebeitrag elektronischer Anregungen Eigenschaften der inneren Energie U: U ist eine Funktion der Temperatur und des Drucks: U=f(T,p) U ist eine extensive Grösse, d.h., sie hängt mit der Grösse des Systems ab (je mehr Teilchen, desto grösser ist U) U ist eine Zustandsfunktion, d.h., sie hängt nur vom Zustand des Systems ab, und nicht, wie es dorthin gelangt ist.

8.3 Die Wärmekapazität C Wird die Temperatur des Systems um einen infinitesimal kleinen Betrag dt geändert, so verändert sich die innere Energie um einen Betrag du proportional zu dt: du = C V dt (8.3.1) Die Proportionalitätskonstante CV wird Wärmekapazität genannt. Der Index V deutet an, dass die Temperaturänderung bei konstantem Volumen stattfindet. Gemäss Gl. (8.3.1) wird die Wärmekapazität bei konstantem Volumen CV definiert als: @U C V = (8.3.2) @T CV ist ein Mass für die Fähigkeit (Kapazität) eines Stoffes, Energie (Wärme) bei einer Temperaturerhöhung zu speichern. Analog zu Gl. (8.2.2) berechnet sich die gesamte Wärmekapazität des Systems zu: C = C trans + C rot + C vib + C el (8.3.3) V

8.4 Der klassische Gleichverteilungssatz Zur Erinnerung: ein Molekül mit K Atomen besitzt insgesamt 3K Bewegungsfreiheitsgrade (FG, s. Kapitel 3). Davon entfallen auf Translation (Schwerpunktsbewegung): 3 FG Rotationsbewegung: 2 FG (lineares Molekül), 3 FG (nicht-lineares Molekül) Vibrationsbewegung: 3K-5 FG (lineares Molekül), 3K-6 FG (nicht-lineares Molekül) lineares Molekül: CO 2 4 Normalschwingungen Nicht lineares Molekül: H 2 O 3 Normalschwingungen

Der klassische Gleichverteilungssatz (Äquipartitionstheorem) besagt nun: Der Mittelwert aller quadratischen Beiträge zur inneren Energie ist gleich gross und beträgt pro Molekül 1 2 k BT Illustration: Translationsbewegung: der Anteil der Translationsbewegung an der inneren Energie beträgt pro Molekül: 3 quadratische Beiträge, daher 3 1 2 k BT U trans = 1 2 m(v 2 x + v 2 y + v 2 z )= 3 2 k BT (8.4.1) Für den Beitrag der Translationsbewegung zur molaren inneren Energie erhält man: U trans,m = N A U trans = 3 2 RT (8.4.2) mit R=NAkB=8.3145 J mol -1 K -1... Gaskonstante Rotationsbewegung: U rot,m = f rot 2 RT (8.4.3) mit frot... Anzahl der rotatorischen FG (=2 oder 3)

Vibrationsbewegung: U vib,m = f vib RT (8.4.4) mit fvib... Anzahl der vibratorischen FG (=3K-5,6) Jeder vibratorische FG steuert 2 1 2 k BT bei, da jede Vibrationsbewegung zwei quadratische Energiebeiträge (kinetische und potentielle Energie) besitzt (s. Kapitel 4.4): E vib = 1 2 µv x 2 + 1 2 kx2 (8.4.5) Die gesamte molare innere Energie eines Gases beträgt somit: Um U m = U 0,m + 3 2 RT + f rot 1 2 RT + f vibrt Nullpunktsen. Translation Rotation Vibration (8.4.6) Die molare Wärmekapazität bei konstantem Volumen berechnet sich hiermit zu: C V,m = @Um @T Beispiel Tafel V = 3 2 + 1 2 f rot + f vib R (8.4.7) Die molare Wärmekapazität wird auch als Molwärme bezeichnet. Cv,m T T

8.5 Quantenmechanische Berechnung von U und C Dem Gleichverteilungssatz liegt eine klassische Betrachtung der Molekülbewegung zugrunde. Er ist nur anwendbar, wenn Quanteneffekte keine Rolle spielen. Bei moderaten Temperaturen (Raumtemperatur) trifft dies in der Regel für die Translation und Rotation zu, falls Etrans,Erot << kbt. Für Schwingungen gilt jedoch oft Evib >> kbt, so dass der Quantencharakter der Schwingung nicht vernachlässigt werden kann. 8.5.1 Quantenmechanische Berechnung des vibratorischen Anteils an der inneren Energie eines zweiatomigen Gases Die mittlere quantenmechanische Vibrationsenergie eines Gases errechnet sich aus der Summe über alle vibratorischen Energieniveaus Ev multipliziert mit ihrer Population pv (vgl. Gl. (8.1)): U vib Ē vib = X v p v E v (8.5.1) Wir beschränken uns im Folgenden der Einfachheit halber auf zweiatomige Moleküle. Die Formeln können leicht verallgemeinert werden (s. Atkins, Kap. 16,17). Berechnung Tafel

Man erhält als Ergebnis für den vibratorischen Anteil an der molaren inneren Energie eines zweiatomigen Gases: h 1 U vib,m = R vib 2 + exp{ vib/t } 1 1i (8.5.2) mit der charakterisitischen vibratorischen Temperatur: vib = h /k B (8.5.3) Den vibratorischen Anteil an der molaren Wärmekapazität erhält man aus Gl. (8.5.2) ( Tafel) : 2 vib exp{ vib /T } C vib,m = R (8.5.4) T 1 exp{ vib /T } 2 Grenzfälle: T=0: U vib,m = 1 2 N Ah C vib,m =0 Nullpunktsenergie von NA Oszillatoren (8.5.5) T Θvib: U vib,m = RT C vib,m = R (8.5.6) Bei hohen Temperaturen geht das quantenmechanische Resultat in den klassischen Gleichverteilungssatz über.

8.5.2 Quantenmechanische Berechnung des rotatorischen Anteils an der inneren Energie eines zweiatomigen Gases Herleitung Tafel. Für den Fall, dass die charakteristische rotatorische Temperatur Θrot viel kleiner als die Temperatur ist rot = B k B T (8.5.7) erhält man also das Resultat des klassichen Gleichverteilungssatzes zurück: U rot,m = RT C rot,m = R (8.5.8) Im allgemeinen Fall kann die Beziehung für die innere Energie U rot,m = N AB q rot X (2J + 1)J(J + 1) exp{ J(J + 1) rot /T } J (8.5.9) mit q rot = X J (2J + 1) exp{ J(J + 1) rot /T } (8.5.10) durch numerische Summation berechnet werden. Die Wärmekapazität Crot,m erhält man dann aus der numerischen Ableitung von Urot,m nach T.

Beispiel: CO (Rotationskonstante B=3.84 10-23 J) Crot,m / J mol -1 K -1 T / K Man sieht, dass sich Crot,m bereits bei wenigen Kelvin dem Resultat des klassischen Gleichverteilungssatzes Crot,m=R=8.3145 J mol -1 K -1 annähert.

8.6 Wärmekapazität von Festkörpern 8.6.1 Klassische Betrachtung In einem einatomigen Festkörper kann jedes Atom in 3 unabhängige Raumrichtungen schwingen. Nach dem klassischen Gleichverteilungssatz ergibt sich somit: und U m =3RT C V,m =3R = 24.9 J mol 1 K 1 (8.6.1) (8.6.2) Dies ist das 1819 empirisch gefundene Gesetz von Dulong und Petit. Wie man nun bereits erwarten kann, gilt das Gesetz von Dulong und Petit nicht bei tiefen Temperaturen. 30

8.6.2 Einstein-Modell der Wärmekapazität von Festkörpern Einstein entwickelte 1905 als eine Pionierarbeit der Quantenmechanik ein einfaches Modell der Wärmekapazität von Festkörpern. Annahmen: Jedes Atom schwingt mit einer Frequenz νe um seine Ruhelage. Die Schwingungsenergie ist quantisiert: E=nhνE, mit n ganzzahlig Analog zur Herleitung von Gl. (8.5.2) und (8.5.4) erhält man: U m = 3R E exp{ E /T } 1 (8.6.3) E C V,m =3R T 2 exp{ E /2T } 2 exp{ E /T } 1 (8.6.4) mit der Einstein-Temperatur E = h E /k B (8.6.5)

Grenzfälle: T=0: Keine Nullpunktsenergie! T Θvib: C V,m =0 C V,m =3R Bei hohen Temperaturen geht das quantenmechanische Resultat in das Gesetz von Dulong und Petit über. T=Θvib: CV,m erreicht etwa 92% des klassischen Wertes. Messdaten Einstein- Modell Datensammlung: Li Be C Ne Na Mg Al Ar Θ /K E 298 775 1704 49 116 225 308 72 ν /cm E 207 539 1184 34 81 156 214 50 Ti Fe Cu Zn Ag Au Hg Pb Θ /K ν /cm 271 325 244 182 167 132 74 68 188 226 170 126 116 92 51 47 H O 2 MgO SiO 2 KF NaCl KCl AgCl AgBr Θ /K 149 ν /cm -1-1 -1 E E E E 104 736 512 364 253 263 183 218 152 176 122 142 99 112 78

8.6.3 Modell von Debye Das Einstein Modell nimmt unrealistischerweise eine einheitliche Schwingungsfrequenz für alle Atome an. Eine Verfeinerung des Modells nach Peter Debye mittelt über die Verteilung alle vorkommenden Schwingungsfrequenzen bis zu einem Maximalwert νd. Man erhält: T C V,m =9R D 3 Z D /T 0 x 4 e x (e x 1) 2 dx (8.6.7) mit der Debye-Temperatur D = h D /T (8.6.8) Gl. (8.6.7) wird i.d.r. numerisch integriert und liefert gute Übereinstimmung mit experimentellen Daten.