Wiederholung Trennungs- und Abstraktionsprinzip

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Transkript:

Wiederholung Trennungs- und Abstraktionsprinzip 1. Das Trennungsprinzip Schuldrechtlicher (obligatorischer) Vertrag und dinglicher Vertrag (Verfügung) sind von einander getrennt. Durch Verpflichtungsgeschäfte binden sich die Parteien in dem Sinne, dass sie Leistungen verpflichtend verabreden. Durch die Verfügungsgeschäfte werden diese Verpflichtungen erfüllt. 2. Das Verpflichtungsgeschäft Die Verpflichtung ist in aller Regel ein mehrseitiges Rechtsgeschäft, durch das für eine Seite ein Anspruch, für die andere eine damit korrespondierende Verhaltenspflicht begründet wird, z. B. ein Kaufvertrag. 3. Das Verfügungsgeschäft Während die Verpflichtung zur Begründung von Ansprüchen dient, geht es bei der Verfügung um die rechtsgeschäftliche Einwirkung auf ein bereits bestehendes Recht durch Aufhebung, Übertragung, Belastung oder Inhaltsänderung, z. B. die Übereignung, 929 BGB. 4. Das Abstraktionsprinzip Das Abstraktionsprinzip sagt im Grundsatz, dass sich ein Fehler auf der einen Ebene (z.b. der schuldrechtlichen Ebene) nicht auf die andere Ebene (die dingliche) auswirkt. Folie 130

Lösung Beispiel Geschäftsfähigkeit 1 Kaufvertrag ( 433 BGB) M M wird zur Kaufpreiszahlung verpflichtet Keine Einwilligung der Eltern Schwebende Unwirksamkeit ( 108 I) V Übereignung ( 929 S. 1 BGB) M M verliert Eigentum an dem 10 Euro Geldschein Keine Einwilligung der Eltern Schwebende Unwirksamkeit ( 108 I) V Übereignung ( 929 S. 1 BGB) M M erhält Eigentum an den Süßigkeiten Lediglich rechtlicher Vorteil Wirksam ( 107) V Übereignung ( 929 S. 1 BGB) M M erhält Eigentum an dem 5 Euro Geldschein Lediglich rechtlicher Vorteil Wirksam ( 107) V Folie 131

Beschränkte Geschäftsfähigkeit Rechtsgeschäfte, die lediglich rechtlich vorteilhaft sind Verpflichtungsgeschäfte Nur bei einseitig verpflichtenden Rechtsgeschäften, wenn der Minderjährige nur einen Anspruch erhält, aber keine Verpflichtung eingeht Beispiel: Schenkung, solange der Minderjährige der Beschenkte ist Verfügungsgeschäfte Im Regelfall Verfügungsgeschäfte bei denen der Minderjährige nicht der verfügende Teil ist ( er das Recht erhält) Beispiel: Übereignung an den Minderjährigen, Abtretung einer Forderung an den Minderjährigen Rechtsgeschäfte, die rechtlich nachteilig sind Verpflichtungsgeschäfte Sowohl Angebot als auch Annahme eines beiderseitig verpflichtenden Vertrags, da bereits durch das Angebot wegen 145 Bindung des Minderjährigen eintritt; bei einseitig verpflichtenden Verträgen gilt gleiches, wenn der Minderjährige verpflichtet wird Beispiel: Kaufvertrag, Mietvertrag Verfügungsgeschäfte Wenn der Minderjährige der verfügende Teil ist ( er das Recht verliert) Beispiel: Übereignung oder Abtretung durch den Minderjährigen Folie 132

Beispiel Geschäftsfähigkeit 1 - Abwandlung Die Eltern von Max sind über den Erwerb nicht glücklich. Sie schicken ihn deshalb zu Viktor zurück, um Alles rückgängig zu machen. Welche Ansprüche stehen Max, welche Viktor zu? Folie 133

Lösung der Abwandlung (1) A. Anspruch des M auf Herausgabe des 10 Euro Scheins I. Anspruch aus 985 1. Max = Eigentümer - (+) Ursprünglich - Eigentum gem. 929 S. 1 BGB verloren? => Nein, Übereignung unwirksam, vgl. 107, 108 (s.o.) 2. Viktor = Besitzer (+) 3. Kein Recht zum Besitz ( 986) (+), Kaufvertrag ebenfalls unwirksam, vgl. 107, 108 (s.o.) 4. Ergebnis: Anspruch besteht! II. Anspruch aus 812 I 1 1. Alt. 1. Etwas erlangt bei V - Nur Besitz an dem Geldschein, nicht Eigentum (s.o.) 2. Durch Leistung des M (+) 3. Ohne Rechtsgrund (+), Kaufvertrag als Rechtsgrund der Leistung unwirksam (s.o.) 4. Ergebnis: Anspruch besteht! Folie 134

Lösung der Abwandlung (2) B. Anspruch des V auf Herausgabe der Packung Haribo I. Anspruch aus 985 1. Viktor = Eigentümer - (+) Ursprünglich - Eigentum gem. 929 S. 1 BGB verloren? => Ja, Übereignung wirksam, vgl. 107 (s.o.) 2. Ergebnis: Anspruch besteht nicht! II. Anspruch aus 812 I 1 1. Alt. 1. Etwas erlangt bei M - Besitz und Eigentum an der Packung Haribo (s.o.) 2. Durch Leistung des V (+) 3. Ohne Rechtsgrund (+), Kaufvertrag als Rechtsgrund der Leistung unwirksam (s.o.) 4. Ergebnis: Anspruch besteht! C. Anspruch des V auf Herausgabe des 5 Euro Scheins Inhaltsgleiche Ansprüche wie unter B. Folie 135

Unwirksamkeitsanordnungen bei Minderjährigen Unwirksamkeitsanordnungen: - 108 I BGB: Unwirksamkeit von nicht genehmigten Verträgen - 109 BGB: Unwirksamkeit von widerrufenen Verträgen - [ 111 BGB: Unwirksamkeit einseitiger Rechtsgeschäfte] Auswirkungen: - Ist ein vom Minderjährigen geschlossener Verpflichtungsvertrag (Beispiel: Kauf) wirksam? - Ist eine vom Minderjährigen vorgenommene Verfügung (Beispiel: Übereignung vom Mdjh. nach 929 S. 1 BGB) wirksam? - Ist eine zugunsten eines Minderjährigen vorgenommene Verfügung (Beispiel: Übereignung durch Mdjh. Nach 929 S. 1 BGB) wirksam? - Ist ein vom Minderjährigen vorgenommenes einseitiges Rechtsgeschäft (Beispiel: Kündigung, Anfechtung) wirksam? Folie 136

Voraussetzungen der (schwebenden) Unwirksamkeit nach 108 I BGB 1. Vertragsschluss durch Minderjährigen selbst (insbesondere nicht durch seinen gesetzlichen Vertreter, dazu 164 BGB) 2. Erforderlichkeit der Einwilligung a) 107 BGB (nicht lediglich rechtlich vorteilhaft) b) Keine partielle Geschäftsfähigkeit, 112 f BGB 3. Keine Einwilligung (= vorherige Zustimmung, 182 f. BGB) a) Spezialeinwilligung b) Generaleinwilligung 4. Kein Bewirken aus eigenen Mitteln, 110 BGB 5. Keine Genehmigung (= nachträgliche Zustimmung, 182, 184 BGB) a) Verweigerung der Genehmigung ( 108 I BGB) b) Ablauf der Genehmigungsfrist ( 108 II 2 BGB) c) Schwebephase (Genehmigung weder verweigert noch erklärt) (1) Untätigkeit (2) Genehmigung Minderjährigem erklärt, andere Teil fragt nach ( 108 II 1 HS 2 BGB) Folie 137