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Transkript:

Seite 1 Gender Medicine Ulm ADHS genderspezifische Aspekte Ulrike M.E. Schulze

Seite 2 Geschlecht Sex-Gender Was ist was? Sex: versucht die biologischen Gegebenheiten von Geschlecht zu beschreiben Chromosomen, Hormone, körperliche Unterschiede in Bezug auf Keimdrüsen Gender: steht für soziale Ausprägungen, die einem Geschlecht zugeordnet und mit ihm assoziiert werden und damit als männliche und weibliche Verhaltensweisen gelten Beide Kategorien sind sehr stark miteinander verzahnt. Prof. Julia Lademann, München, SZ Nr. 229, 2012

Seite 3 AD(H)S - Begriffe und Bezeichnungen ADS: Aufmerksamkeits-Defizit-Störung ADHS: Aufmerksamkeits-Defizit/Hyperaktivitätsstörung ADD: Attention Deficit Disorder ADHD: Attention Deficit Hyperactivity Disorder HKS: ICD-10: Hyperkinetisches Syndrom F90.0: Einfache Aktivitäts- und Aufmerksamkeitsstörung F90.1: Hyperkinetische Störung des Sozialverhaltens (F98.8: Aufmerksamkeitsstörung ohne Hyperaktivität)

Seite 4 ADHS Historische Bezeichnungen und Zusammenhänge Das ADHS ist keine Modekrankheit: 1845 Hoffmann: Der Struwwelpeter (ab 1851 Direktor der Frankfurter "Anstalt für Irre und Epileptische ) 1881 Scherpf: Das impulsive Irresein als häufigste kindliche Seelenstörung 1902 Still: Kinder mit Defects in Moral Control 1917 Czerny: Schwererziehbare Kinder 20er Jahre / Kramer und Pollnow: erethisches Irresein 1937 Bradley: Erstbeschreibung der Wirkung von Stimulanzien (21 Jungen, 9 Mädchen, 5-14 Jahre alt, Benzedrin, 20mg/die)

Seite 5 AD(H)S - Kernsymptome Überaktivität Hyperaktivität fein- und grobmotorische Unruhe Kraft und Tempo schlecht dosiert Verhalten nicht situationsgerecht Impulsivität Probleme bei der Selbstkontrolle Mangel an vorausschauender Planung geringe Frustrationstoleranz schnelle Stimmungswechsel Unaufmerksamkeit Aufmerksamkeitsstörung Ablenkbarkeit Mangel an zielgerichteter Aktivität

Seite 6 ADHS Schweregrad abhängig von der Intensität der Symptomatik vom Grad der Generalisierung in verschiedenen Lebensbereichen (Familie, Kindergarten / Schule, Freizeitbereich) von der Einschränkung des Funktionsniveaus in diesen Lebensbereichen von der Ausprägung, in der die Symptomatik nicht nur in fremdbestimmten Situationen (z.b. Schule, Hausaufgaben), sondern auch in selbstbestimmten Situationen (Spiel) auftritt

Seite 7 ADHS Symptome entwicklungsübergreifend Vorschulalter Schulalter Jugendalter Schreikind geringe Frustrationstoleranz kann nicht bei einer Sache bleiben Impulsivität Leistungsprobleme immer auf Achse Hausaufgabendrama leichte Beeinflussbarkeit hohes Mittelpunktsstreben Störenfried, Klassenkasper risikoreiches Verhalten ausgeprägte Stimmungslabilität Feinmotorik: schlechte Schrift, mangelnde, Feindosierung des Krafteinsatzes Mimik: stehendes Lächeln, Grimassieren, assoziierte Mundbewegungen Gestik: überschießende Bewegungen; Stimmungslabilität: Wutanfälle, Euphorie

Psychotherapie: der Jugendliche selbst rückt ins Zentrum, Gruppenpsychotherapie in Kombination mit medikamentöser Behandlung erfolgversprechend (Vidal et al. 2015) Pharmakotherapie: spezifische Problemstellungen (Zielsymptome, Missbrauch) Seite 8 AD(H)S Jugendalter ansteigende Remissionsraten (Döpfner 2009) Syndromatische Remission: Diagnosekriterien nicht mehr vollständig erfüllt Symptomatische Remission: keine klinisch relevante Symptomatik mehr Funktionelle Remission: auch keine funktionellen Einschränkungen mehr (Familie, Schule, Freizeit) KIGGS-Studie: Verminderung der Prävalenzraten (DSM-IV-Kriterien) von ca. 6.5% der 7-10Jährigen auf knapp 4% bei den 14-17Jährigen Deutliche Verminderung von Hyperaktivität und Impulsivität; Unaufmerksamkeit bis zum Alter von 11-13 Jahren ansteigend, danach abfallend Qualitative Veränderungen: Hyperaktivität Gefühl der inneren Unruhe, Deutlichwerden von Planungs- und Organisationsdefiziten Belastung durch komorbide Symptome und Beziehungsprobleme: häufig heftige Auseinandersetzungen mit Autoritäten, risikoreiches Verhalten (ungeschützter Geschlechtsverkehr) Schwangerschaften und Geschlechtskrankheiten / Unfälle mit der Gefahr von nachhaltigen Schädigungen sowohl in personeller als auch materieller Hinsicht, Selbstverwirklichungs-Krisen (Steinhausen et al. 2009)

Seite 9 Diagnosestellung

Seite 10 AD(H)S - Spektrum-Erkrankung Keine kategoriale Auffälligkeit sondern Verhalten bewegt sich auf einem Kontinuum normalen Verhaltens hin zum pathologischen Verhalten Situationsspezifität der Symptome und damit hohe Umwelt-Abhängigkeit ab wann beginnt Pathologie?

Seite 11 AD(H)S - Kategoriale Diagnostik eines dimensionalen Problems ADS Aufmerksamkeit gestört ADHS =HKS wenig impulsiv / hyperaktiv sehr impulsiv / hyperaktiv Keine Diagnose Aufmerksamkeit ungestört Impulsiver Subtyp

Seite 12 AD(H)S - Diagnosestellung Symptome situationsübergreifend - Schule, zuhause, Untersuchungssituation abnormes Ausmaß für Entwicklungsstand Beginn vor dem 7. LJ (Alter) - DSM V: 12. LJ: several inattentive or hyperactiveimpulsive symptoms were present prior to age 12; a comorbid diagnosis with autism spectrum disorder is now allowed mindestens seit 6 Monaten (Dauer)

Seite 13 ADHS- Diagnostik Anamnese! Anamnese!! Anamnese!!! Es gibt keinen Test für ADHD, sondern ADHD ist eine klinische Diagnose, die auf Zusammenschau aus Anamnese (auch Fremdanamnese), Verhaltensbeobachtung standardisierte objektivierender Fragebögen testpsychologischen Untersuchungen, körperlich-pädiatrischer Untersuchung beruht.

Seite 14 ADHS - Unterschiede in der Diagnose nach ICD-10 und DSM-V ICD-10: Symptome aus allen Hauptkategorien notwendig DSM V: Untertypen möglich (bei Erwachsenen/Jugendlichen evt. in partieller Remission ) Prävalenz USA 9%, Europa 3-6% reine Aufmerksamkeitsstörung = ADS (ca. 25%) reine Hyperaktivität / Impulsivität (ca. 5%) Mischtyp (ca. 70%) - entspricht der Hyperkinetischen Störung (Prävalenz: ca. 3%)

Seite 15 ADHS Inzidenz: weiter ansteigend, insbesondere in Bezug auf das weibliche Geschlecht, Jugendliche und Erwachsene

Seite 16 ADHS komorbide psychiatrische Störungen Angststörungen (ca. 30%): vermag die comorbide Angst die Daueraufmerksamkeit und selektive Aufmerksamkeit positiv zu beeinflussen? (Vloet et al. 2010 Newcorn 2007; Prevatt et al. 2012) Depressive Störungen (10-40%): Unaufmerksamkeit steht offensichtlich mehr im Vordergrund, gleichzeitig mehr psychiatrische Störungen innerhalb der Familie (Di Trani et al. 2014) Oppositionelles Trotzverhalten (40-80%) Störung des Sozialverhaltens (> 50%) Tic-Störungen (20%): genetische Verbindung vermutlich indirekt über die Verbindung zu Zwangsstörungen (Mathews & Grados 2011) Teilleistungsstörungen (z.b. Legasthenie) (10-20%) Autismus: 30-50% der Pat. mit autistischen Störungen entwickeln im Laufe ihres Lebens Symptome eines ADHS, teilweise ähnliche Defizite, z.b. bezüglich exekutiver Funktionen, Doppeldiagnosen waren zu Zeiten des DSM-IV noch ausgeschlossen (Leitner 2014) Substanzge- /-missbrauch, spätere Substanzabhängigkeit: ADHS verbunden mit Alkohol- und Nikotinabhängigkeit im Erwachsenenalter und Nikotinkonsum während der Adoleszenz (Charach et al. 2011)

Seite 17 Mädchen und ADHS 11 Jahres Follow-up: hohes Risiko für comorbide Störungen (Affektive Störungen, Sucht, Dissozialität, Essstörungen ) 140 Mädchen mit ADHS vs. 122 (psychiatrisch, pädiatrisch rekrutierte) Kontrollpersonen Follow-up-Untersuchung von 69% der ursprünglichen Stichprobe im Alter von durchschnittlich 22 Jahren Lebenszeitprävalenz-Risiko für sämtliche erhobene Diagnosen sign. höher bei den ADHS-Patientinnen Befunde ähnlich wie die bei männlichen Patienten

Seite 18 AD(H)S bedingt durch Desorganisation zentraler Netzwerke? Stimulanzien modulieren nicht nur das Ausmaß der regionalen spezifischen Aktivierung; sie normalisieren darüber hinaus die dysfunktionale Konnektivität

Seite 19 Verzögerte Reifungsprozesse bei Kindern mit ADHD (Shaw et al. 2007) 223 Kinder mit ADHD, 223 normal entwickelte Kontrollpersonen Erstellung eines punktbezogenen quadratischen Wachstumsmodells der Großhirnrinde (Bewegungsbahnen) deutlicher Altersrückstand der Kinder mit ADHS (7.5 versus 10.5 Jahre), vor allem präfrontal (Kontrolle von kognitiven Prozessen, motorischer Planung) bei insgesamt gleichartiger Entwicklung bzw. Reifung

Seite 20 ADHS - Ätiologie (rechter) präfrontaler Kortex ( Assoziationen) (Arnsten 2009) noradrenerges und dopaminerges System bzw. Neurotransmission ( u.a. Motivationsdefizite) (Volkow et al. 2009) familiäre Transmission und Genetik: vererbt wird wohl eher eine allgemeine Anfälligkeit für externalisierende Störungen (Bornovalova et al. 2010) Genetik: bisher noch kein Anhalt für die Existenz von Hauptgenen mit starken Effekten, jedoch häufig das dopaminerge System betreffend Zusammenspiel von Genen und Umweltfaktoren Definition von Umwelt: jegliche biologische oder psychosoziale Erfahrung rumänische Heimkinder (institutionelle Deprivation) (Stevens et al. 2009) perinatale Komplikationen (Nijmeijer et al. 2010)

Seite 21 ADHS - Genetik familiär gehäuftes Auftreten, Jungen häufiger betroffen hohe Heritabilität, hohe Konkordanzraten insbesondere bei eineiigen Zwillingen Adoptionsstudien: stärkerer genetischer als Umwelteinfluss ( shared environment ) bisher noch kein Anhalt für die Existenz von Hauptgenen mit starken Effekten, jedoch häufig das dopaminerge System betreffend Erkrankungsrisiko bei erstgradig Verwandten von Kindern mit ADHS zwei- bis achtfach erhöht Geschwister: Prävalenz 2-4fach erhöht Eltern: Prävalenz 8-10x höher Kinder betroffener Erwachsener in 40-60% der Fälle selbst betroffen + erhöhtes Risiko für depressive Störungen bei Familienangehörigen von Kindern mit ADHS erhöhtes Risiko für ADHS unter Verwandten von Patienten mit depressiven Störungen

Seite 22 Multimodale Therapie Leitlinien der DGKJPP Aufklärung und Beratung (Psychoedukation) der Eltern, des Kindes/Jugendlichen und des Erziehers bzw. des Klassenlehrers Elterntraining und Interventionen in der Familie (einschl. Familientherapie) zur Verminderung der Symptomatik in der Familie Interventionen im Kindergarten / in der Schule (einschl. Platzierungs-Interventionen) zur Verminderung der Symptomatik im Kindergarten/in der Schule Kognitive Therapie des Kindes / Jugendlichen (ab dem Schulalter) zur Verminderung von impulsiven und unorganisierten Aufgabenlösungen (Selbstinstruktionstraining) oder zur Anleitung des Kindes/ Jugendlichen zur Modifikation des Problemverhaltens (Selbstmanagement): Effekte werden als eingeschränkt erfolgreich beurteilt (Cortese et al. 2015) Pharmakotherapie

Seite 23 ADHS - Pharmakotherapie mehr Diagnosestellung, mehr Verschreibung Methylphenidat: noch immer Goldstandard Ansatzstelle: v.a. dopaminerges System Güterabwägung: Wachstumsrückstand möglich gute Aufklärung! Voruntersuchungen und Kontrolluntersuchungen! drug holidays Vermutlich weder positive noch negative Auswirkung auf spätere Suchtentwicklung Alternative: Atomoxetin Ansatzstelle: noradrenerges System Kein BTM-Rezept wirkt erst nach 2-3 Wochen wirkt über 24 Stunden gemäß europäischer Richtlinien Mittel der ersten Wahl bei Substanzmissbrauch, komorbider Angst- oder Ticstörung Guanfacin (Elbe et al. 2014; Hirota et al. 2014): α2-agonist zusätzlich: evtl. atypische Neuroleptika Omega-Fettsäuren: wohl doch leider nicht effektiv Gingko biloba: erfolgversprechender komplementärer Ansatz? (Shakibaei et al. 2015)

Seite 24 Dopamintransporter-Dichte - Wirkung von Methylphenidat Die Dichte des Dopamintransporters ist bei Kindern und Erwachsenen mit ADHS im Striatum um 16-40% erhöht. Patient ohne MPH Patient mit MPH Gesunder Proband Krause et al., 2000; weniger ausgeprägt bei ADS? (Tierversuch, Roessner et al. 2010)

Seite 25 AD(H)S - Stimulanzien - Dosierung MPH 0,3 1 mg/kg/dosis* bei nicht retardiert 18mg, 27mg, 36mg, 54mg Concerta 60 (80) mg/d maximale Tagesdosis Amphetamin 0,2 0,5 mg/kg 40 mg/d * wichtig: ganz viel hilft nicht ganz viel Präparate: Ritalin, Medikinet, Equasym, Methylphenidat Hexal, Attentin, Elvanse Retardpräparate: Ritalin SR, Concerta, Ritalin LA, Medikinet ret, Equasym Patches

Seite 26 AHDS Methylphenidatverordnungen (Schubert et al. 2010) 2007 wurde 1.06% der Mädchen und Jungen mindestens einmal MPH verordnet (+96% gegenüber 2000)

Seite 27 Kessler et al. 2007 Angststörungen 47,1%, affektive Störungen 38,1%, Impulskontrollstörung 19,6%, Substanzabhängigkeit 15,2 %, Daviss et al. 2008: Does Pharmacotherapy for ADHD Predict Risk for Later MDD? Staikova et al. 2010: No, at least not in teenagers.

Seite 28 ADHS Sterblichkeitsraten erhöht insbesondere weibliches Geschlecht betroffen, insbesondere unnatürliche Todesursachen (Unfälle)

Seite 29 Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!