VIII. Die vertragliche Einigung

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Transkript:

Unvollständiges Angebot Karte 32 Das Angebot zum Abschluss eines Vertrages muss bereits die wesentlichen Punkte des Vertrages, die sog. essentialia negotii, enthalten oder zumindest bestimmbar machen. Dies ist regelmäßig dann der Fall, wenn der Antrag durch ein einfaches ja angenommen werden kann. Fehlt es an der Angabe der essentialia negotii, liegt grundsätzlich kein wirksames Angebot vor. In welchen Fällen kann trotz eines unvollständigen Antrages dennoch ein wirksames Angebot vorliegen? Ausnahmsweise kann in einigen Fällen trotz eines unvollständigen Antrages ein wirksames Angebot vorliegen (BGB AT I, Rn. 135): Ergänzung des unvollständigen Antrags durch gesetzliche Regelungen der Auslegung: Bei einem Dienst- oder Werkvertrag gilt bspw. bei Fehlen einer ausdrücklichen Vereinbarung eine Vergütung stillschweigend als vereinbart, wenn die entsprechende Leistung den Umständen nach nur gegen eine Vergütung zu erwarten ist, 612 II, 632 II BGB. Einigung über Bestimmbarkeit und Möglichkeit der sachgerechten Ergänzung, 315-319 BGB Bestimmungskauf, 375 HGB vertragliche Wahlschuld (z.b. die Verpflichtung, von zwei bestimmten Tieren eines zu liefern) Angebot an jedermann (ad incertas personas) Beispiele: Betrieb öffentlicher Verkehrsmittel, Aufstellen eines Warenautomaten hemmer-methode: Die Regelung des 315 BGB hatte bislang im Arbeitsrecht im Rahmen des Direktionsrechts des Arbeitgebers ihren Schwerpunkt. Durch die Neufassung des 106 GewO ist 315 BGB allerdings verdrängt, soweit der Anwendungsbereich des 106 GewO reicht. Es geht dabei nicht so sehr um das Zustandekommen eines Vertrages, sondern vielmehr um die Frage, in welchem Umfang der Arbeitgeber die Pflichten des Arbeitnehmers einseitig (ohne vorherige Änderungskündigung) bestimmen kann. Dieses Direktionsrecht muss der Arbeitgeber gemäß 106 GewO ( 315 III BGB) nach billigem Ermessen ausüben. An dieser Stelle findet sich ein Einfallstor für das Problem der Drittwirkung von Grundrechten im Rahmen einer Zivilrechtsklausur. Der Arbeitgeber muss nämlich bei seiner Ermessensentscheidung z.b. auch eine Gewissensentscheidung seines Arbeitnehmers berücksichtigen (ArbR, Rn. 158).

Bedingung und Befristung Karte 33 Rechtsgeschäfte kann man bedingt ( 158 BGB) und befristet ( 163 BGB) schließen. Unter Bedingung versteht man eine Bestimmung, welche die Wirkung des Geschäfts von einem künftigen, ungewissen Ereignis abhängig macht, während es sich bei dem Fristtermin um ein künftiges, gewisses Ereignis handelt. Aufschiebend bedingte/befristete Geschäfte ( 158 I, 163 BGB) werden erst mit Bedingungseintritt/Fristablauf wirksam, auflösend bedingte/befristete Geschäfte ( 158 II, 163 BGB) bleiben nur bis zum Eintritt dieses Ereignisses bzw. Zeitpunkts wirksam. Wie wird der bedingt Berechtigte geschützt? 1. Schadensersatzanspruch gegen Geschäftspartner nach 160 I BGB Vereitelt oder beeinträchtigt der Geschäftspartner während der Schwebezeit das von der Bedingung abhängige Recht und tritt die Bedingung tatsächlich ein, so kann der bedingt Berechtigte Schadensersatz verlangen (bei der auflösenden Bedingung steht das gleiche Recht dem Geschäftspartner zu, 160 II BGB). Exkurs: Wird dagegen der Bedingungseintritt vereitelt, so gilt dieser gem. 162 I BGB als erfolgt; wird er wider Treu und Glauben herbeigeführt, so gilt er als nicht erfolgt, 162 II BGB. 2. Schutz vor Zwischenverfügungen, 161 BGB Verfügt der Rechtsinhaber über die von der Bedingung abhängige Sache zugunsten eines Dritten und tritt die Bedingung tatsächlich ein, so wird die bis zum Bedingungseintritt wirksame Verfügung insoweit unwirksam, als sie die von der Bedingung abhängige Wirkung vereitelt oder beeinträchtigt. Etwas anderes gilt nur dann, wenn der Dritte die Bedingung weder kannte noch grobfahrlässig nicht kannte, d.h. gutgläubig war, vgl. 161 III, 936 BGB entsprechend. hemmer-methode: Die Bedingung begegnet einem häufig im Sachenrecht beim Anwartschaftsrecht des Vorbehaltskäufers (aufschiebend bedingte Übereignung, 929, 158 I BGB). Achten Sie auf den Wortlaut des 161 I BGB: Erst mit Bedingungseintritt wird eine zunächst wirksame Verfügung unwirksam. So kann z.b. grds. trotz eines bestehenden Anwartschaftsrechts noch einmal wirksam verfügt werden. Erst mit der letzten Kaufpreiszahlung wird eine nach dem entstandenen Anwartschaftsrecht erfolgte Verfügung (z.b. Sicherungsübereignung) unwirksam. Über 161 III BGB kommt dann 936 BGB zur Anwendung. In diesem Zusammenhang wird auf die Wirkungen der Bedingung noch ausführlich eingegangen. Der Bedingungseintritt führt automatisch eine Änderung der Rechtslage herbei, ohne dass es einer neuen Willensäußerung bedarf. Hier kann eine Abgrenzung zum Vorvertrag relevant werden, bei welchem erst eine Verpflichtung zum Abschluss des Hauptvertrages begründet wird. Ist dieser formbedürftig, so unterliegt auch der Vorvertrag diesem Formerfordernis, während beim formbedürftigen aufschiebend bedingten Rechtsgeschäft der Eintritt der Bedingung selbst nicht mehr der Form bedarf.

Warenautomaten Karte 34 Typisches Beispiel für ein Angebot an jedermann (ad incertas personas) ist neben dem Betrieb öffentlicher Verkehrsmittel das Aufstellen eines Warenautomaten. Hier hindert die Unbestimmtheit des Adressatenkreises die Wirksamkeit des Vertragsangebotes nicht. Der Aufsteller gibt sein Angebot aber regelmäßig unter gewissen Bedingungen ab. Unter welchen Bedingungen erfolgt das Angebot, das im Aufstellen eines Warenautomaten zu sehen ist? Welche Interessen des Aufstellers sollen so gewahrt werden? Das in dem Aufstellen eines Warenautomaten liegende Angebot, wird durch das Einwerfen einer Münze angenommen, wobei auf den Zugang der Annahmeerklärung nach 151 S. 1 BGB verzichtet wird. Das Angebot steht jedoch unter einer dreifachen Bedingung (BGB AT I, Rn. 136): Es gilt nur, wenn die richtige Münze eingeworfen wird, Ware vorrätig ist und der Automat funktioniert. Das letzte Kriterium ist erforderlich, um eine Schadensersatzpflicht des Automatenaufstellers bei einer Funktionsstörung zu vermeiden. Andernfalls würde der Betreiber bei jeder Funktionsstörung auf Schadensersatz statt der Leistung haften - eine seinen wirtschaftlichen Interessen absolut zuwider laufende Konsequenz. Eine andere Ansicht sieht aufgrund dieser Interessen des Betreibers in dem Aufstellen eines Automaten noch kein Angebot. Dieses soll vielmehr erst vom Kunden durch Einwerfen einer Münze ausgehen und durch das Funktionieren des Automaten angenommen werden. Die Aufstellung des Automaten hat nach dieser Ansicht nur vorbereitenden Charakter. hemmer-methode: Das Aufstellen eines Warenautomaten stellt eine Realofferte dar, d.h. es handelt sich um eine konkludente Offerte, bei der die angebotene Leistung ohne weiteres tatsächlich beigestellt wird. Bei der Realofferte fallen i.d.r. also Angebot zum schuldrechtlichen und Angebot zum dinglichen Vertrag zeitlich zusammen.

Verzicht auf Zugang Karte 35 Die zum Vertragsschluss erforderliche Annahme ist ebenso wie das Angebot eine empfangsbedürftige Willenserklärung. Ein Problem, das in diesem Bereich immer wieder in Klausuren auftaucht, ist die Frage, ob das bloße Schweigen auf ein Angebot hin als Annahme gilt und somit zum Vertragsschluss führt. Stellt 151 BGB einen Fall des rechtlich relevanten Schweigens dar? 151 BGB gilt immer dann, wenn nach der Verkehrssitte eine Annahmeerklärung gegenüber dem Anbietenden nicht zu erwarten war (z.b. Eintragung in die Reservierungsliste eines Hotels bei email bzw. Faxbuchung des Gastes) oder dieser hierauf verzichtet hat (Hinlegen eines Geschenks mit Glückwunschkarte). Beide Tatbestände lassen sich nicht klar trennen. Denn darüber, ob der Antragende konkludent verzichtet hat, ist durch Auslegung ja gerade unter Berücksichtigung der Verkehrssitte zu entscheiden, vgl. 157 BGB. Auch in den Fällen des 151 BGB muss allerdings der Annahmewillen eindeutig nach außen hervortreten. Verzichtet wird demnach nur auf den Zugang (!), nicht auf die Willenserklärung selbst. 151 BGB stellt damit keinen Fall des rechtserheblichen Schweigens dar! In der Regel erfolgt die erforderliche Bestätigung des Annahmewillens durch schlüssige Handlungen, die im Gebrauch oder der Zueignung von Sachen oder z.b. auch der Eintragung in die Reservierungsliste auf das Fax- oder email-angebot eines Gastes liegen können (BGB AT I, Rn. 140). hemmer-methode: 151 BGB hat eine große wirtschaftliche Bedeutung, da er den Offerenten zunächst in Unklarheit darüber lässt, ob der Vertrag wirklich zustande gekommen ist. Daher wird man mit der Annahme vorsichtig sein müssen, der Offerent habe stillschweigend auf die Zugangsbedürftigkeit der Annahme verzichtet. Beachten Sie, dass im Falle des 151 BGB bei der Frage, ob und mit welchem Sinne die Annahme erklärt wurde, nicht auf den Empfängerhorizont nach 157 BGB abzustellen ist, da die Annahme ja gerade nicht gegenüber einem Adressaten erklärt wird. Maßgebend ist vielmehr, der aufgrund aller äußeren Indizien zu erschließende wirkliche Wille des Annehmenden i.s.d. 133 BGB.

Schweigen als WE durch AGB Karte 36 Bloßes Schweigen ist grundsätzlich keine Willenserklärung und demnach auch keine Annahme eines Antrages. Wer schweigt setzt keinen Erklärungstatbestand. Von diesem Grundsatz gibt es bestimmte Ausnahmen. So können die Parteien beispielsweise vereinbart haben, dass das Schweigen als Annahme gelten soll (sog. beredtes Schweigen ). Ist eine solche Vereinbarung auch durch AGB möglich? Die Vereinbarung eines beredten Schweigens durch AGB ist nur in den Grenzen des 308 Nr.5 BGB möglich. Danach ist eine solche Klausel nur dann wirksam, wenn dem Kunden eine angemessene Erklärungsfrist gesetzt wird und der Verwender sich verpflichtet, den Kunden auf die Bedeutung seines Verhaltens besonders hinzuweisen. Dieser Hinweis muss über den Wortlaut des 308 Nr.5 BGB hinaus auch tatsächlich erfolgen, was vom Verwender im Streitfall zu beweisen ist. Weitere Wirksamkeitsvoraussetzung einer Erklärungsfiktion ist ein berechtigtes Interesse des Verwenders an der Fiktion. Dieses kann bspw. aus den organisatorischen Bedürfnissen des Massenverkehrs hergeleitet werden. Des Weiteren muss die fingierte Erklärung ihrem Inhalt nach mit den 307 ff. BGB vereinbar sein. Beachten Sie des Weiteren die Vorschrift des 241a BGB: Beim zusenden unbestellter Ware von einem Unternehmer an einen Verbraucher wird ein Anspruch gegen diesen nicht begründet wird. D.h. der Anbieter kann weder einen vertraglichen Anspruch auf Bezahlung geltend machen, noch Herausgabe oder Rücksendung verlangen. hemmer-methode: Ein Sonderproblem stellt sich, wenn AGB mit Erklärungsfiktion gegenüber einem Kaufmann verwendet werden. 308 Nr.5 BGB findet dann gemäß 310 I S. 1 BGB keine Anwendung, wenn der Vertrag zum Betrieb des Handelsgewerbes gehört. Allerdings darf gemäß 310 I S. 2 BGB in einem solchen Fall die gesetzliche Wertung des 308 Nr.5 BGB i.r.d. Prüfung des 307 II BGB herangezogen werden. Der Grundsatz, dass Schweigen i.d.r. keine Willenserklärung ist, gehört dabei zu den wesentlichen Prinzipien des Privatrechts, vgl. 307 II Nr.1 BGB. Auch einem Kaufmann gegenüber dürfte demnach eine Klausel, die weiter geht als 308 Nr.5 BGB, gemäß 307 II Nr.1 BGB unwirksam sein. Hiervon unberührt bleiben allerdings die Grundsätze über das Schweigen auf ein kaufmännisches Bestätigungsschreiben.