PW2 Grundlagen Vertiefung. Kinematik und Stoÿprozesse Version

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Transkript:

PW2 Grundlagen Vertiefung Kinematik und Stoÿprozesse Version 2007-09-03

Inhaltsverzeichnis 1 Vertiefende Grundlagen zu den Experimenten mit dem Luftkissentisch 1 1.1 Begrie..................................... 1 1.2 Beschreibung eindimensionaler (linearer) Bewegungen............ 1 1.3 Bewegung in 3 Dimensionen.......................... 6

1 Vertiefende Grundlagen zu den Experimenten mit dem Luftkissentisch 1.1 Begrie Bahnkurve (Trajektorie); x/t-, v/t- und a/t-diagramme; gleichförmige (kräftefreie) Bewegung, starrer Körper, Winkelgeschwindigkeit, Drehimpuls, gleichförmig beschleunigte Bewegung, Newtonsche Axiome, abgeschlossenes System, Schwerpunktsatz, Impulserhaltung, elastischer und inelastischer Stoÿ, kinetische Energie 1.2 Beschreibung eindimensionaler (linearer) Bewegungen Ohne Beschränkung der Allgemeinheit verlaufe die Bewegung in x-richtung Durchschnittsgeschwindigkeit Durchschnittsgeschwindigkeit = W egelement Zeitintervall v = x 2 x 1 t 2 t 1 = x(t 2) x(t 1 ) t 2 t 1 = x(t 1 + t) x(t 1 ) t 1 + t t 1 = x t (1) Formelzeichen Einheit Bezeichnung v m/s Durchschnittsgeschwindigkeit (in x-richtung) x 1, x 2 m Ort zur Zeit t 1 bzw. t 2 x(t) m Funktion des Ortes in Abhängigkeit von der Zeit t 1, t 2 s Anfangs- und Endzeitpunkt des Zeitintervalls x m zurückgelegtes Wegelement t s Zeitintervall Die Durchschnittsgeschwindigkeit kann für jede Art der Bewegung berechnet werden, egal ob sich die momentane Geschwindigkeit während des betrachteten Zeitraumes ändert oder nicht. Am Beispiel von Abb.1 ist das Ablesen der Durchschnittsgeschwindigkeit aus dem Weg/Zeit-Diagramm nachvollziehbar. Die Durchschnittsgeschwindigkeit v entspricht dem Anstieg der Sekante. Momentangeschwindigkeit Im Grenzfall eines unendlich kleinen Zeitintervalls wird aus der Sekante aus Abb. 1 die Tangente der Kurve. Die Steigung der Tangente der x/t-kurve zur Zeit t 1 ist die Geschwindigkeit des Objekts zur Zeit t 1. - 1 -

Abbildung 1: Ermitteln der Durchschnittsgeschwindigkeit aus dem x/t-diagramm v(t) = lim t 0 x(t + t) x(t) (t + t) t = lim t 0 x t = dx(t) dt = ẋ(t) (2) Formelzeichen Einheit Bezeichnung v(t) m/s Momentangeschwindigkeit zur Zeit t x(t) m Funktion des Ortes in Abhängigkeit von der Zeit x m zurückgelegtes Wegelement t s Zeitintervall ẋ(t) m/s Ableitung der Wegfunktion nach der Zeit Am Beispiel von Abb.2 ist das Ablesen der Momentangeschwindigkeit aus dem Weg/Zeit- Diagramm am Ort x 1 zu Zeitpunkt t 1 nachvollziehbar. - 2 -

Abbildung 2: Ermitteln der Momentangeschwindigkeit aus dem x/t-diagramm Mittlere Beschleunigung mittlere Beschleunigung = Geschwindigkeitsänderung Zeitintervall ā = v 2 v 1 t 2 t 1 = v t (3) Formelzeichen Einheit Bezeichnung ā m/s 2 Durchschnittsbeschleunigung (in x-richtung) x 1, x 2 m Ort zur Zeit t 1 bzw. t 2 v 1, v 2 m/s Geschwindigkeit zur Zeit t 1 bzw. t 2 t 1, t 2 s Anfangs- und Endzeitpunkt des Zeitintervalls v x m/s Geschwindigkeitsänderung t s Zeitintervall Momentanbeschleunigung a(t) = lim t 0 v x t = dv(t) dt = v(t) = d2 x = ẍ(t) (4) dt2-3 -

Formelzeichen Einheit Bezeichnung a x (t) m/s 2 Momentanbeschleunigung zur Zeit t v x (t) m/s Momentangeschwindigkeit zur Zeit t v x m/s Geschwindigkeitsänderung t s Zeitintervall v(t) m/s 2 Ableitung der Geschwindigkeit nach der Zeit ẋ(t) m/s Ableitung der Wegfuntion nach der Zeit Am Beispiel von Abb.3 ist das Ablesen der Momentanbeschleunigung aus dem Geschwindigkeit/Zeit- Diagramm zum Zeitpunkt t 1 nachvollziehbar. Abbildung 3: Ermitteln der Momentanbeschleunigung aus dem v/t-diagramm Geschwindigkeit = Integral der Beschleunigung über die Zeit v(t) = v(t 0 ) + a(t)dt (5) t 0 Weg = Integral der Geschwindigkeit über die Zeit x(t) = x(t 0 ) + t t t 0 v(t)dt (6) Aus den Gleichungen 5 und 6 folgt für die gleichförmig beschleunigte Bewegung mit a(t) = a = const und den Anfangsbedingungen v(0) = v 0 und x(0) = x 0 v(t) = a t + v 0 (7) x(t) = a 2 t2 + v 0 t + x 0 (8) - 4 -

Abbildung 4: Bewegungsdiagramme einer eindimensionalen gleichmäÿig beschleunigten Bewegung Gemäÿ Newton's Grundgleichung der Mechanik (Gleichung 9) kommt es immer dann zu einer gleichmäÿig beschleunigten Bewegung, wenn eine konstante äuÿere Kraft auf einen Massenpunkt oder im Schwerpunkt eines ausgedehnten Körper bzw. Systems von Massen wirkt, wie etwa die Gewichtskraft im Schwerefeld der Erde. Abb. 4 zeigt die Bewegungsdiagramme einer eindimensionalen gleichmäÿig beschleunigten Bewegung in Abhängigkeit von der Zeit. F = m a (9) Formelzeichen Einheit Bezeichnung F N wirkende Kraft m kg Masse a m/s 2 resultierende Beschleunigung - 5 -

1.3 Bewegung in 3 Dimensionen Abbildung 5: Beschreibung einer 3-dimensionalen Bewegung mit Vektoren Die Bewegung eines Massenpunktes in 3 Dimensionen beschreibt man unter Verwendung des kartesischen Koordinatensystems mit Hilfe des Ortsvektors r(t), wie in Abb. 5 ersichtlich. Dieser hat drei Komponenten: x(t), y(t), z(t). r(t) = x(t) y(t) z(t) (10) Mittlere Geschwindigkeit einer dreidimensionalen Bewegung Die mittlere Geschwindigkeit v einer mehrdimensionalen Bewegung im Zeitintervall t wird beschrieben durch (vgl. Abb. 6): v = r(t 2) r(t 1 ) t 2 t 1 = r t = x t y t z t (11) - 6 -

Abbildung 6: Ermittlung der mittleren Geschwindigkeit bei einer 3-dimensionalen Bewegung mit Vektoren Momentangeschwindigkeit einer dreidimensionalen Bewegung Die Momentangschwindigkeit eines Massenpunktes entlang einer Bahnkurve wird auch Bahngeschwindigkeit genannt. Sie ergibt sich durch den Grenzübergang t 0: v(t) = lim t 0 r t = d r dt = ẋ(t) ẏ(t) ż(t) (12) Der Vektor der Momentangeschwindigkeit weist immer in Richtung der Tangente im jeweiligen Punkt r(t) der Bahnkurve. Abbildung 7: Ermittlung der Momentangeschwindigkeit bei einer 3-dimensionalen Bewegung mit Vektoren - 7 -

Beispiel einer mehrdimensionalen Bewegung: Die gleichförmige Kreisbewegung Die gleichförmige Kreisbewegung (Rotation) ist ein Spezialfall der mehrdimensionalen Bewegung. Die Bahnkurve ist ein Kreis. Der Betrag des Bahngeschwindigkeitvektors v(t) ist konstant, seine Richtung jedoch zeitabhängig. Die Bewegung auf einer Kreisbahn ist daher eine beschleunigte Bewegung. v(t) liegt tangential an die Kreisbahn und normal auf den Ortsvektor r(t) bzw. r (t) siehe Abb. 8 Abbildung 8: Bahngeschwindigkeit bei Rotation Bei der gleichförmigen Kreisbewegung eines ausgedehnten starren Körpers ist der Betrag der Bahngeschwindigkeit v(t) eines Massenelements abhängig von dessen Abstand r von der Drehachse. Der von den Radiusvektoren in der Zeit t überstrichenene Winkel ϕ ist für alle Massenelemente konstant. Der Grenzwert heiÿt Winkelgeschwindigkeit ω (Einheit rad/s). Winkelgeschwindigkeit W inkelgeschwindigkeit = Drehwinkelelement Zeitintervall ω = lim t 0 ϕ t = dϕ dt = ϕ (13) Der Vektor der Winkelgeschwindigkeit ω beschreibt zusätzlich die Richtung der Drehachse sowie den Drehsinn der Rotation. Zusammenhang mit der Bahngeschwindigkeit: v = ω r v = d r dt = ω r (14) Günstigerweise wählt man das Koordinatensystem so, dass die Kreisbahn in der x-y-ebene liegt. ω weist dann in z-richtung. Mit Hilfe ebener Polarkoordinaten lassen Ortsvektor und Bahngeschwindigkeitsvektor wie folgt berechnen: - 8 -

Abbildung 9: Kreisbewegung in der Ebene Ortsvektor r(t) = x(t) y(t) z(t) = r cos(ω t) r sin(ω t) 0 (15) Bahngeschwindigkeit Bahngeschwindigkeit = W inkelgeschwindigkeit Ortsvektor v = d r dt = ω r (16) v = ẋ(t) ẏ(t) ż(t) = 0 0 ω r cos(ω t) r sin(ω t) 0 = rω sin(ω t) rω cos(ω t) 0 (17) Die Anwendung des Vektorprodukts ist für die Auswertungen der Experimente mit dem Luftkissentisch von Bedeutung. Beachten Sie die Zusatzinformation zur Vektorrechnung auf der elearning Seite des Anfängerpraktikums. - 9 -

Gleitreibung: Gleitreibung tritt bei Bewegungen auf, wenn ein (starrer) Körper auf der Berührungsäche gleitet. Die Gleitreibungskraft ist materialspezisch und von der Gröÿe der Oberäche unabhängig. Sie ist der Geschwindigkeit des Körpers entgegengerichtet und ihr Betrag ist proportional zur Normalkraft (Kraft, die der Körper auf die Oberäche ausübt und vice versa). F GR = µ G F N (18) Formelzeichen Einheit Bezeichnung F GR N Gleitreibungskraft µ G 1 Gleitreibungskoezient F N N Normalkraft Der Proportionalitätsfaktor µ G heiÿt Gleitreibungskoezient oder Gleitreibungszahl und ist materialabhängig. Er kann Tabellen diverser Nachschlagewerke entnommen werden. Die Abb. 10 zeigt eine grasche Aufbereitung von Gleitreibung und Haftreibung. Erstere existiert nur bei Bewegung relativ zum Untergrund und Haftreibung (besser Haftung) nur wenn der Körper ruht. Abbildung 10: Haftung und Gleitreibung - 10 -