Änderungen des AÜG ab dem 1. April 2017

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Transkript:

Arbeitnehmerüberlassung in der Seeschifffahrt Änderungen des AÜG ab dem 1. April 2017 5. April 2017 www.lebuhn.de

TEIL A) Grundzüge der Arbeitnehmerüberlassung Anwendungsbereich in der Seeschifffahrt 2

Übersicht Teil A) I. Was ist Arbeitnehmerüberlassung? II. III. IV. Abgrenzung zu Werkvertrag und Arbeitsvermittlung Territorialer Anwendungsbereich des AÜG Anwendungsbereich der Arbeitnehmerüberlassung in der Seeschifffahrt V. Erlaubnispflicht für Verleiher VI. Rechtsfolgen bei fehlender Erlaubnis VII. Vorgaben für Arbeitsvertrag VIII. Arbeitnehmerüberlassungsvertrag 3

I. Was ist Arbeitnehmerüberlassung? Dreiecksverhältnis Arbeitsvertrag Verleiher Leiharbeitnehmer Arbeitnehmerüberlassungsvertrag Entleiher 4

I. Was ist Arbeitnehmerüberlassung? Gesetzliche Definition ( 1 I, II AÜG): Im Rahmen wirtschaftlicher Tätigkeit. Überlassung zur Arbeitsleistung: Eingliederung in Arbeitsorganisation des Entleihers. Entleiher kann Weisungen erteilen. Arbeitgeberrisiko trägt Verleiher. 5

II. Abgrenzung zu Werkvertrag und Arbeitsvermittlung Werkunternehmer: schuldet Werkerfolg und weist seine Mitarbeiter selbst an. Werkvertrag (-) wenn Crewing-Gesellschaft Mitarbeiter zur Verfügung stellt. Crewing-Gesellschaft wirkt nicht auf Mitarbeiter ein (LAG Hamburg, Urt. v. 19.10.1995 2 Sa 91/94). Wohl nur noch Abgrenzung anhand von Eingliederung in die Arbeitsorganisation und Weisungsgebundenheit (vgl. 1 I S. 2 AÜG), anstatt zuvor weitere Indizien. Arbeitsvermittlung: Vermittler übernimmt nicht die üblichen Arbeitgeberpflichten und trägt nicht das Arbeitnehmerrisiko (vgl. 1 II AÜG). Also: Kein Arbeitsverhältnis zwischen Vermittler und Arbeitnehmer. Mit Abschluss des Arbeitsvertrages ist Tätigkeit des Vermittlers erledigt. Regelungen für Arbeitsvermittler mit Sitz in Deutschland: 24 ff. SeeArbG. 6

III. Territorialer Anwendungsbereich des AÜG 1. Grundsätze AÜG ist öffentliches Recht. Territorialitätsprinzip: Gebiet der Bundesrepublik Deutschland, einschl. unter Bundesflagge fahrender Schiffe ( schwimmender Gebietsteils seines Heimatlandes ). 7

III. Territorialer Anwendungsbereich des AÜG Telos des AÜG: Kontrolle der Verleiher und Schutz der Arbeitnehmer Daraus folgt: Sitz und Tätigkeitsort des Verleihers und Einsatzort der Arbeitnehmer ist entscheidend AÜG daher anwendbar, wenn AN auf deutschem Territorium tätig wird oder Verleiher Sitz in Deutschland hat und in Deutschland tätig wird Unbeachtlich hingegen: Sitz des Entleihers 8

IV. Anwendungsbereich des AÜG in der Seeschifffahrt 2. Konkrete Einzelfälle I: Deutsche Flagge AÜG grds. (+) bei Einsatz auf Schiff mit deutscher Flagge Schiff mit deutscher Flagge bei Einsatz durch Vertragsreeder als Arbeitgeber? Vermutlich AÜG (-), wenn ESG/Reeder keinen Einfluss auf Personal und Personalorganisation hat und Weisungen nur Vertragsreeder erteilt. Jedenfalls aber AÜG (+), wenn Vertragsreeder AN durch seine (konzernangehörige) ausländische Crewing-Gesellschaft anheuern lässt, Vertragsreeder aber Weisungen erteilt (vgl. LSG HH, Urt. v. 20.4.2005 L 1 KR 16/04). 9

IV. Anwendungsbereich des AÜG in der Seeschifffahrt 2. Konkrete Einzelfälle II: Ausländische Flagge AÜG grds. (-), wenn Schiff ausländische Flagge trägt und ausländische Crewing-Gesellschaft tätig wird (vgl. z. B. ArbG Hamburg, Urt. v. 12.10.1993 5 Ca 97/93). AÜG (+), deutsche Crewing-Gesellschaft, Schiff mit ausländischer Flagge. 10

IV. Anwendungsbereich des AÜG in der Seeschifffahrt 2. Konkrete Einzelfälle III: Zeit- oder Reisecharter sowie kurzfristiger Verleih AÜG (-), wenn Schiff mit Besatzung in Zeit- oder Reisecharter überlassen wird. Charterer kann keine arbeitsrechtlichen Weisungen erteilen (vgl. LAG HH, Urt. v. 30.11.1990 6 Sa 54/90). AÜG (-), bei kurzfristigem Verleih von Reeder 1 an Reeder 2 (und Besatzungsmitglied nicht zum Zwecke der Arbeitnehmerüberlassung beschäftigt wird). Beispiel: ESG 1 verleiht den bei ihr angestellten Ersten Offizier an ESG 2 als Urlaubsvertretung. 11

V. Erlaubnispflicht für Verleiher 1. Verleiher bedarf einer Erlaubnis. 2. Ausnahme im Konzern (vgl. 1 Abs. 3 Nr. 2 AÜG). Setzt voraus, dass Arbeitnehmer nicht zum Zwecke der Überlassung eingestellt und beschäftigt wird und dass Überlassung nur vorübergehend erfolgt. Beispiel: Schließung eines Betriebes einer Konzerntochter und anschl. dauerhafte Überlassung der Arbeitnehmer an die Konzernmutter ist unzulässig. 3. Zuständig für Erlaubniserteilung sind drei spezialisierte Agenturen für Arbeit (AfA), für Unternehmen mit Sitz in HH, HB, MV, SH und Nds.: AfA Kiel, für Antragsteller aus Zypern und Frankreich beispielsweise: AfA Nürnberg, für Antragsteller aus Malta: AfA Düsseldorf. 12

V. Erlaubnispflicht für Verleiher 4. Dauer des Genehmigungsverfahrens etwa drei Monate. 5. Ausländischer Antragsteller: Erlaubnis wird regelmäßig nur im EWR ansässigen (natürlichen oder juristischen) Personen erteilt (vgl. 3 Abs. 4 AÜG; 3 Abs. 5 AÜG) betrifft derzeit auch nur Schweiz und Türkei. Briefkastenfirma reicht nicht. Erlaubnis wird grundsätzlich nur erteilt, wenn auch Genehmigung des Heimatlandes vorliegt. Ausländische Antragsteller müssen auch das Recht ihres Heimatlandes beachten. 13

V. Erlaubnispflicht für Verleiher 6. Erlaubnis kann mit Auflagen verbunden werden (ebenso bei Verlängerung). 7. Erste Erlaubnis wird befristet auf ein Jahr erteilt. Verlängerung ist bis spätestens drei Monate vor Ablauf der Erlaubnis zu beantragen. Nach drei Jahren kann Erlaubnis unbefristet erteilt werden, regelmäßig aber erst nach fünf Jahren. 8. Gebühr beträgt 1.000,00 für eine befristete Erlaubnis, 2.500,00 für eine unbefristete Erlaubnis. 14

V. Erlaubnispflicht für Verleiher 9. Voraussetzungen für Erteilung einer Erlaubnis (vgl. 3 AÜG): Zuverlässigkeit insbesondere hinsichtlich: sozialrechtlicher Vorschriften, Abführung von Lohnsteuer, Arbeitsvermittlung, Anwerbung im Ausland, Ausländerbeschäftigung und Einhaltung arbeitsrechtlicher Pflichten. Nachweis ausreichender Bonität. Erforderlich: Vorlage polizeilicher Führungszeugnisse der Geschäftsführung Angemessene Betriebsorganisation, die in die Lage versetzt, die üblichen Arbeitgeberpflichten zu erfüllen. 15

V. Erlaubnispflicht für Verleiher 9. Voraussetzungen für Erteilung einer Erlaubnis (vgl. 3 AÜG): Gewährung der wesentlichen Arbeitsbedingungen im Betrieb des Entleihers Ausübung der Tätigkeit nur in Deutschland, in der EWG oder im europäischen Wirtschaftsraum Erlaubnis können auch erlangen natürliche und juristische Personen aus der EWG und dem europäischen Wirtschaftsraum, wenn sie dort gegründet worden sind und dort ihren satzungsmäßigen Hauptsitz haben (vgl. 3 Abs. 4 AÜG) 16

VI. Rechtsfolgen bei fehlender Erlaubnis 1. Zivilrechtlich: Liegt erforderliche Erlaubnis nicht vor, sind unwirksam (vgl. 9 I Nr. 1 AÜG) Arbeitnehmerüberlassungsvertrag und Arbeitsvertrag Fiktion eines Arbeitsverhältnisses (vgl. 10 I AÜG) Es gelten dafür im Wesentlichen die Bedingungen, die im Entleiherbetrieb vorliegen, ansonsten die Bedingungen vergleichbarer Betriebe. Mindestens ist das mit dem Verleiher vereinbarte Entgelt zu zahlen. Verleiher und Entleiher haften dem Arbeitnehmer als Gesamtschuldner. Neu: Widerspruchsrecht des Arbeitnehmers (vgl. 9 I Nr. 1 Hs. 1 AÜG) 17

VI. Rechtsfolgen bei fehlender Erlaubnis 2. Ordnungswidrigkeit Ordnungswidrig handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig ohne Erlaubnis Arbeitnehmerüberlassung betreibt oder Leiharbeitnehmer ohne erforderliche Erlaubnis tätig werden lässt. Geldbußen bis zu 30.000,00 (vgl. 16 II AÜG). Beispiel: Hauptzollamt stellt fest: Verleiher mit Sitz auf Zypern ohne Erlaubnis. Verleih in einem Kalenderjahr acht Seeleute, zwischen 40 und 205 Tagen. Schiff deutsche Flagge. AfA: fahrlässiger Verstoß. Geldbußen, auch unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit: bis zu 500 je Seemann fest, insgesamt 1.500,00. Problematisch : Fehlt erforderliche Zuverlässigkeit i.s.d. 3 Abs. 1 Nr. 1 AÜG, wenn anschließend Erlaubnis beantragt wird? 18

VII. Vorgaben für Arbeitsvertrag 1. Bedingungen für Leiharbeit Verleiher muss Leiharbeitnehmern die im Betrieb des Entleihers geltenden wesentlichen Arbeitsbedingungen einschließlich des Arbeitsentgelts gewähren. Verleiher muss im Arbeitsvertrag konkrete Angaben zur Erlaubnis, zur Erlaubnisbehörde und zu seinen Leistungen für die Zeit machen, in der Leiharbeitnehmer nicht verliehen ist (vgl. 11 I AÜG). Neu: Arbeitnehmer muss bei jedem Einsatz erneut über Status als Leiharbeitnehmer informiert werden (vgl. 11 II S. 4 AÜG) 2. Verpflichtung des Verleihers als anderer Arbeitsgeber Verleiher ist mitverantwortlich für die Einhaltung der Pflichten des Reeders, insbesondere der Pflichten gemäß Seearbeitsgesetz (vgl. 4 III S. 1 SeeArbG). 19

VIII. Arbeitnehmerüberlassungsvertrag Anforderungen an Arbeitnehmerüberlassungsvertrag (vgl. 12 I AÜG) Schriftform. Bei Formmangel: Grds. Nichtigkeit des AÜ-Vertrages, sozialversicherungsrechtliche Pflichten bleiben davon indes unberührt. Ausdrückliche Angabe der Erlaubnis. Angabe zu den Tätigkeitsmerkmalen und der beruflichen Qualifikation der vorgesehenen (Leih-) Arbeit. Angaben zu den wesentlichen Bedingungen im Betrieb des Entleihers 20

TEIL B) AÜG-Reform 2017 21

I. AÜG-Reform 2017 Inkrafttreten am 1.4.2017 Arbeitnehmerüberlassung soll grundsätzlich als flexibles Instrument des Personaleinsatzes erhalten bleiben, vor allem aber: Orientierung der AÜ auf Kernfunktion. Stärkung der Leiharbeitnehmer. Verhinderung von Missbrauch der Arbeitnehmerüberlassung. Mehr Rechtsklarheit. 22

II. Wesentliche Änderungen 1. Außerhalb des AÜG: 611a BGB: Definition eines Arbeitnehmers (entspricht BAG Rspr.) 2. 1 Abs. 1 Satz 2 AÜG : Legaldefinition der Arbeitnehmerüberlassung (s. o.). 3. 1 Abs. 1 Satz 3 AÜG: Überlassung ist nur zulässig, soweit zwischen dem Verleiher und dem Leiharbeitnehmer ein Arbeitsverhältnis besteht. Bedeutet: Kettenüberlassung damit nicht mehr zulässig, was nun auch sanktioniert wird (vgl. 10a i.v.m. 9, 10; 16 Abs. 1 Nr. 1b, Abs. 2 AÜG). 23

II. Wesentliche Änderungen 3. 1 Abs. 1 Satz 5 und 6 AÜG: Überlassung ist ausdrücklich als Arbeitnehmerüberlassung zu bezeichnen. Vor der Überlassung ist Person des Leiharbeitnehmers unter Bezugnahme auf AÜ-Vertrag zu konkretisieren. Bedeutet: Wenn im Überlassungsvertrag Person noch nicht konkretisiert werden kann, muss dies spätestens bei Beginn der Tätigkeit - schriftlich - nachgeholt worden sein. Daher nun unzulässig: Beschaffung einer vorsorglichen Verleiherlaubnis, wenn ein Werkvertragsverhältnis beabsichtigt ist Wohl aber keine Unwirksamkeit und Fiktion gemäß 9, 10 AÜG, wenn entweder nur Offenlegungs- oder nur Konkretisierungspflicht verletzt worden ist (vgl. Wortlaut des 9 Abs. 1 Nr. 1a AÜG). 24

II. Wesentliche Änderungen 4. 1 Abs. 1b AÜG: Der selbe Leiharbeitnehmer darf nicht länger als 18 aufeinanderfolgende Monate dem selben Entleiher überlassen werden (bisher: Überlassung nur vorübergehend gestattet, vgl. 1 Abs. 1 S. 2 AÜG a.f.). Vorherige Überlassungen sind anzurechnen, wenn zwischen den Einsätzen jeweils nicht mehr als drei Monate liegen. Faktische Unterbrechungen (Urlaub, Krankheit) hemmen 18 Monatsfrist nicht. Überlassungszeiten vor dem 1. April 2017 werden nicht berücksichtigt ( 19 Abs. 2 AÜG). Sanktionen bei Überschreitung der Überlassungshöchstdauer: (i) Es soll ein Arbeitsverhältnis mit dem Entleiher zustande kommen, wenn Arbeitnehmer nicht widerspricht, 9 Nr. 1b, 10 Abs. 1 Satz 1 AÜG. (ii) Verlängerung der Erlaubnis soll versagt werden, 3 Abs. 1 Nr. 1 AÜG. (iii) Ordnungswidrigkeit, 16 Abs. 1 Nr. 1d, Abs. 2 AÜG-E. Bedeutet: Höchsteinsatzdauer ist arbeitnehmerbezogen. Arbeitsplatzwechsel beim Entleiher genügt nicht. Rotationsmodelle (dauerhafte Besetzung von Arbeitsplätzen durch wechselnde Leiharbeitnehmern) bleiben dennoch möglich. Vermutlich wird es auch möglich sein, denselben Leiharbeitnehmer einem anderen Unternehmen zu überlassen, das mit dem früheren Einsatzunternehmen in einem Konzern verbunden ist. 25

II. Wesentliche Änderungen 5. 8 AÜG : Grundsatz der Gleichstellung Abweichung durch Tarifvertrag zulässig (vgl. 8 Abs. 2 AÜG), jedoch Zwingender Anspruch auf Equal Pay nach spätestens neun Monaten (vgl. 8 Abs. 4 AÜG). 6. 9 Nr. 1 AÜG: Leiharbeitnehmer kann der Fiktion eines Arbeitsverhältnisses mit dem Entleiher widersprechen. 7. 11 Abs. 2 AÜG: Verleiher hat den Leiharbeitnehmer vor jeder Überlassung darüber zu informieren, dass er als Leiharbeitnehmer tätig wird. 26

II. Wesentliche Änderungen 8. 11 Abs. 5 AÜG: Keine AÜ erlaubt, wenn Entleiher unmittelbar durch einen Arbeitskampf betroffen ist. 9. 14 Abs. 2 AÜG: Im Hinblick auf Mitbestimmungsrechte (Mitbestimmungsgesetz, Drittelbeteiligungsgesetz, u.a.) sind Leiharbeitnehmer auch im Entleiherbetrieb und im Entleiherunternehmen zu berücksichtigen. 10. 80 Abs. 2 S. 1 BetrVG: Erweiterung der Einsichtsrechte des Betriebsrates des Entleihers auf Details des Einsatzes von Leiharbeitnehmern. 27

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. Dr. Dirk Blömer LEBUHN & PUCHTA Partnerschaft von Rechtsanwälten und Solicitor mbb Am Sandtorpark 2 D-20457 Hamburg T + 49 (0) 40 37 47 78-0 F + 49 (0) 40 36 46 50 M dirk.bloemer@lebuhn.de www.lebuhn.de