Von der Kandidatenliste bis zur Zulassung Axel-Rüdiger Schulze IHK Südlicher Oberrhein Freiburg IHK 1
Einleitung Das A in REACH: Authorisation (Zulassung) Das Zulassungsverfahren ist in Titel VII der REACH-Verordnung geregelt. Während das Beschränkungsverfahren die alte Verbotsrichtlinie 76/769/EWG weiterführt, wird das Zulassungsverfahren neu eingeführt. Die SVHC-Stoffe (Substances of Very High Concern) sollen durch Alternativstoffe oder technologien ersetzt werden. SVHC-Stoffe unterliegen aber nicht zwingend einer Zulassungspflicht, erst nachdem ein mehrstufiger Prozess durchlaufen ist: Kandidatenliste, Priorisierung, Aufnahme in den Anhang XIV. IHK 2
Das Zulassungsverfahren unter REACH: Zulassungspflichtig sind alle Stoffe, die im Anhang XIV der REACH- Verordnung aufgeführt sind und für der dort festgelegte sogenannte Sunset Date (Ablauftermin) überschritten ist. IHK 3
Kandidatenliste Voraussetzungen für die Aufnahme eines Stoffes auf die Kandidatenliste (stoffintrinsische Eigenschaften): 1. Einstufung als karzinogen Kat. 1A oder 1B 2. Einstufung als Keimzellen-mutagen Kat. 1A oder 1B 3. Einstufung als reproduktionstoxisch Kat. 1A oder 1B 4. ist persistent, bioakkumulierbar und toxisch (Anhang XIII) 5. ist sehr persistent und sehr bioakkumulierbar (Anhang XIII) 6. ist ebenso besorgniserregend, z.b. zeigt endokrine Wirkung IHK 4
Anhang XIV Die Agentur gibt mindestens alle zwei Jahre eine Empfehlung für in Anhang XIV aufzunehmende Stoffe ab. Bevor die Kommission über die Aufnahme entscheidet, veröffentlicht die Agentur die Empfehlung auf ihrer Webseite und fordert interessierte Kreise auf, innerhalb von drei Monaten zu kommentieren. Insbesondere werden Bemerkungen zu Verwendungen erbeten, die von der Zulassung ausgenommen werden sollen. Die Agentur kann die Empfehlung aufgrund der Kommentare aktualisieren; die Kommission erlässt die Entscheidung zur Aufnahme von Stoffen in den Anhang XIV nach dem in Art. 133 (4) genannten Ausschussverfahren. IHK 5
Anhang XIV Wird ein Stoff aufgenommen, enthält Anh. XIV folgende Einträge: Identität des Stoffes, inhärente Eigenschaft des Stoffes, die zur Aufnahme geführt hat Übergangsregelungen: Sunset Date Zeitpunkt für die Zulassungsanträge (mindestens 18 Monate vorher) ggf. Überprüfungszeiträume ggf. Verwendungen, die vom Zulassungsverfahren ausgenommen sind und mögliche Maßnahmen für derartige Ausnahmen Bisher wurden in den Jahren 2011, 2012 und 2013 über 3 EU- Verordnungen insgesamt 22 Stoffe in den Anhang XIV aufgenommen: Verordnung (EU) Nr. 142/2011 17.02.2011: 6 Stoffe Verordnung (EU) Nr. 125/2012 14.02.2012: 8 Stoffe Verordnung (EU) Nr. 348/2013 17.04.2013: 8 Stoffe IHK 6
Ausnahmen von der Zulassungspflicht Stoffe die von REACH ausgenommen sind, sind auch von der Zulassungspflicht ausgenommen: 1. radioaktive Stoffe 2. nicht isolierte Zwischenprodukte 3. Abfälle Verwendungen, die von der Zulassung ausgenommen sind: 1. Verwendung in wissenschaftlicher Forschung und Entwicklung, 2. Verwendung in Human- und Tierarzneimitteln, 3. Verwendung in Pflanzenschutzmitteln, 4. Verwendung in Biozidprodukten, 5. Verwendung von Mineralölprodukten als Brennstoff, 6. Verwendung in kosmetischen Mitteln und weitere IHK 7
Wer stellt einen Zulassungsantrag? Zulassungsanträge können sowohl von Herstellern und Importeuren als auch von nachgeschalteten Anwendern gestellt werden. Sie werden für eine oder mehrere Anwendungen eines Stoffes gestellt und gelten für die ganze Lieferkette. Art. 56 (2): Ein nachgeschalteter Anwender darf einen Stoff verwenden, der die Kriterien des Absatzes 1 erfüllt, sofern die Verwendung den Bedingungen entspricht, nach denen einem vorgeschalteten Akteur der Lieferkette eine Zulassung für diese Verwendung erteilt wurde. Unter welchen Umständen könnte vom Antragssteller kein Zulassungsantrag gestellt werden: wirtschaftlich nicht sinnvoll (Menge, Preis) keine sichere Verwendung nachweisbar, Alternativen verfügbar keine sichere Verwendung nachweisbar und Risiken überwiegen gegenüber dem sozioökonomischen Nutzen IHK 8
In diesen Fällen können nachgeschaltete Anwender des Stoffes für ihre spezifische Verwendung einen eigenen Antrag stellen Verwendung vertraulich Verfahren vertraulich Wichtig für nachgeschaltete Anwender: Rechtzeitig mit ihrem Vorlieferanten sprechen, ob er oder ein Akteur in der Lieferkette vorher eine Zulassung beantragt, die auch die eigenen Verwendung abdeckt. IHK 9
Einreichung des Zulassungsantrags Nach Aufnahme in den Anhang XIV kann ein Stoff noch ohne Zulassung bis zu dessen Ablauftermin ( Sunset Date ) verwendet werden. Um einen Stoff ohne Unterbrechung auch danach noch verwenden zu können, muss ein Antrag auf Zulassung vor dem als Antragschluss genannten Termin gestellt werden (mindestens 18 Monate vor dem Ablauftermin). Anträge werden mit der IUCLID-Software erstellt, über REACH-IT verschickt, außerdem muss eine Gebühr entrichtet werden. Die Gebühr richtet sich nach der Größe des Unternehmens und der Anzahl der Stoffe und Verwendungen. IHK 10
Mögliche Gebühr für CrO3: Konsortium mit 100 Unternehmen, 7 Verwendungen, Standardgebühr: 130 T (Grundgebühr, Zusatzgebühr pro Stoff, Verwendungen) 100 Unternehmen, im Mittel jeweils 20 T : zusätzlich vielleicht 2.000 T IHK 11
Verfahren der Zulassung Nach Einreichung des Zulassungsantrags und Entrichtung der Gebühr bestätigt die Agentur dem Antragsteller den Eingang und veröffentlicht umfangreiche Informationen aus dem Antrag auf ihrer Webseite. Innerhalb einer Frist können dann interessierte Kreise dazu Stellung nehmen (Informationen, Alternativen). Der Antrag wird mit den Ausschüssen für Risikobeurteilung (RAC) und sozioökonomische Analyse (SEAC) von der ECHA geprüft und innerhalb von 10 Monaten erstellen RAC und SEAC Entwürfe ihrer Stellungnahmen. Der Antragsteller erhält die Entwürfe und kann innerhalb eines Monats entscheiden, ob er dazu Stellung nehmen will. IHK 12
Stellungnahme des Antragsteller innerhalb eines Monats möglich Danach erstellen RAC und SEAC innerhalb von zwei Monaten ihre endgültige Stellungnahmen Die Kommission erstellt dann innerhalb von drei Monaten einen Entscheidungsentwurf, über den dann im Ausschussverfahren entschieden wird. Die Entscheidung wird mit der Begründung und einer Zulassungsnummer im Amtsblatt der EU veröffentlicht. IHK 13
Voraussetzungen der Zulassungserteilung Zwei Wege führen zur Zulassung (einer muss erfüllt sein): angemessene Beherrschung ( Adequate Control Route ) sozioökonomischer Weg ( Socio-Economic Route ) Weg der angemessenen Beherrschung: Eine Zulassung wird erteilt, wenn das Risiko, das sich aus der Verwendung des Stoffes für die menschliche Gesundheit und die Umwelt ergibt, angemessen beherrscht wird (Art. 62 Abs. 2). Das Risiko wird als Risikobeschreibung im Stoffsicherheitsbericht dokumentiert. Angemessen beherrscht heißt, dass die abgeschätzten Expositionshöhen kleiner als die DNEL-Werte ( Derived No-Effect Level ) für die menschliche Gesundheit und die PNEC-Werte (Predicted No-Effect Concentration ) für die Umwelt sind. Dieser Weg entfällt für: PBT- und vpvb-stoffe, sowie CMR-Stoffe, für die kein Schwellenwert festgelegt werden kann. IHK 14
Sozioökonomischer Weg: Eine Zulassung kann erteilt werden, wenn das antragstellende Unternehmen nachweist, dass der sozioökonomische Nutzen der Verwendung die Risiken für Gesundheit oder Umwelt überwiegt und keine geeigneten Alternativstoffe existieren. Der Nutzen der beantragten Verwendung eines Stoffes für die Unternehmen, die Volkswirtschaft und die Gesellschaft insgesamt sowie die Auswirkungen einer Zulassungsversagung werden in einer sozioökonomischen Analyse ermittelt und den Risiken der Verwendung gegenübergestellt. IHK 15
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Inhalte des Antrags Inhalte des Zulassungsantrags gemäß REACH-Verordnung Art. 62 Abs. 4 und 5: Identität des Stoffes Name und Kontaktangaben des Antragstellers Ersuchen um Zulassung mit Angabe der Verwendungen Stoffsicherheitsbericht nach Anhang I (falls noch nicht als Teil des Registrierungsdossiers vorgelegt) Analyse der Alternativen Substitutionsplan (falls geeignete Alternativen verfügbar sind oder sein werden) Der Antrag kann enthalten Sozioökonomische Analyse Begründung für Nicht-Berücksichtigung bestimmter Risiken IHK 17
Analyse der Alternativen Alle Anträge müssen eine Analyse der Alternativen umfassen. In dieser Analyse soll vermittelt werden, ob es geeignete Alternativstoffe oder technologien für den in Anhang XIV geleisteten Stoff gibt und ob diese auf dem Markt verfügbar sind. Eine Alternative kann als geeignet bezeichnet werden, wenn sie folgende Anforderungen erfüllt: Durch die Substitution verringert sich das Gesamtrisiko für die menschliche Gesundheit und die Umwelt, die Substitution ist technisch durchführbar und die Substitution ist wirtschaftlich durchführbar. Die Analyse wird begründen, warum es keine geeigneten Alternativen gibt, oder warum die vorhandenen Alternativen nicht innerhalb des vorgegebenen Zeitrahmens verfügbar oder umsetzbar sind. Wenn doch: Weg der angemessenen Beherrschung. IHK 18
Analysen der Alternativen Entscheidungsbaum zum Inhalt des Antrags IHK 19
Substitutionsplan Ein Substitutionsplan muss mit dem Zulassungsantrag eingereicht werden, wenn eine Zulassung auf dem Weg angemessene Beherrschung angestrebt wird und geeignete Alternativen verfügbar sind. Sollte der Antrag auf dem Weg der sozioökonomischen Analyse eingereicht werden, sollte ebenfalls ein Substitutionsplan eingereicht werden, wenn absehbar ist, dass Alternativen in Zukunft verfügbar sein werden. Es muss ein separater Plan für jede Verwendung mit geeigneter Alternative erstellt werden. IHK 20
Sozioökonomische Analyse Die sozioökonomische Analyse (SEA) ist ein Instrument, mit dem die Auswirkungen einer Zulassungserteilung oder versagung auf Gesundheit, Umwelt, Gesellschaft und Wirtschaft untersucht werden können. Wird das Risiko der beantragten Verwendung nicht angemessen beherrscht, so kann eine Zulassung nur erteilt werden, wenn der sozioökonomische Nutzen die Risiken überwiegt. Wenn das Risiko angemessen beherrscht wird und keine geeigneten Alternativen verfügbar sind, können sozioökonomische Informationen von der Europäischen Kommission herangezogen werden, um den Überprüfungszeitraum oder die Auflagen der Zulassung festzulegen. Hinweis zu Form und Inhalt der sozioökonomischen Analyse finden sich im Anhang XVI der REACH-Verordnung. IHK 21
Inhalte der sozioökonomischen Analyse können sein: - Folgen der Zulassungserteilung oder verweigerung für den Antragsteller und für Unternehmen der Lieferkette - Folgen der Zulassungserteilung oder verweigerung für die Verbraucher - Folgen der Zulassungserteilung oder verweigerung für die Gesellschaft - Folgen der Zulassungserteilung oder verweigerung für Handel, Wettbewerb und wirtschaftliche Entwicklung - Verfügbarkeit und Eignung von Alternativen sowie gesellschaftliche und wirtschaftliche Folgen durch deren Nutzung IHK 22
Konsequenzen der Zulassung Wird eine Zulassung erteilt, so enthält die Zulassung folgende Informationen: die Person, der die Zulassung erteilt wurde, die Identität des Stoffes die Verwendung, für die die Zulassung erteilt wurde, etwaige Auflagen, an die die Zulassung geknüpft ist, der befristete Übergangszeitraum und etwaige Übergangsregelungen Nachgeschaltete Anwender dürfen einen Stoff nur noch verwenden, wenn einem Akteur der Lieferkette eine Zulassung für die Verwendung erteilt wurde. Jeder nachgeschaltete Anwender muss innerhalb von drei Monaten nach Lieferung eines zugelassenen Stoffes die Agentur darüber informieren. IHK 23
Stoffe im Anhang XIV Am 17. Februar 2011 wurden die ersten 6 Stoffe in den Anhang XIV aufgenommen: 5-tert-butyl-2,4,6-trinitro-xylol (Moschus-Xylol) 4,4 -Diaminodiphenylmethan (MDA) Hexabromocyclododekan (HBCDD) Bis(2-ethylhexyl)phthalat (DEHP) Benzylphthalat (BBP) Dibutylphthalat (DBP) Der Antragsschluß für eine Zulassung ist der 21.02.2013 bis 21.02. 2014 Der Ablauftermin ist der 21.08.2014 / 21.08.2015. IHK 24
Stoffe im Anhang XIV Am 16.02.2012 wurden die nächsten 8 Stoffe in den Anhang XIV aufgenommen Diisobutylphthalat (DIBP) Diarsentrioxid Diarsenpentoxid Bleichromat Bleisulfochromatgelb Bleichromatmolybdatsulfatrot Tris-(2-chlorethyl)phosphat (TCEP) 2,4-Dinitrotoluol (2,4-DNT) Der Antragsschluß für eine Zulassung ist der 21.08.2013 bis 21.02. 2014 Der Ablauftermin ist der 21.02.2015 / 21.08.2015. IHK 25
Stoffe im Anhang XIV EU-Verordnung 348/2013 der Kommission vom 17.04.2013, 8 weitere Stoffe wurden aufgenommen: Trichlorethylen Chromtrioxid Säuren, die sich aus CrO3 bilden Natriumdichromat Kaliumdichromat Ammoniumdichromat Kaliumchromat Natriumchromat Der Antragsschluß für eine Zulassung ist der 21.10.2014 bis 21.03. 2016 Der Ablauftermin ist der 21.04.2016 / 21.09.2017. IHK 26
Fragen? IHK Südlicher Oberrhein Dr. Axel-Rüdiger Schulze Tel. +49 (0)761 3858-264 axel-ruediger.schulze@freiburg.ihk.de IHK 27