2. Mühldo orfer Schild ddrüs sensym mposium Selen Ein harmloses Wundermittel? Dr. Gerhard Füchsl Oberarzt Innere Medizin Klinik Mühldorf a. Inn 6. März 2013
Selen Charakter eines Spurenelements Wundermittel Bedenkenswerte Einsatzgebiete in der Behandlung Harmlos Limitationen und Potentielle Risiken
Organisches Selen Wie liegt Selen vor? Anorganisch als Selenige Säure, Selenit, Selenat Methionin als Selenomethionin (hauptsächlich pflanzlich) Cystein als Selenocystein (hauptsächlich tierisch) Wieviel Selen ist im Körper? Gesamtbestand: 3-20mg Wie geschieht die Aufnahme in den Körper? Membrangebundene Transporter der Selen-bestückten Aminosäuren Diffusion des anorganischen Selenits/Selenats Keine Regulation durch negative Rückkoppelung
Organisches Selen Wie hoch ist der Spiegel im Körper (je nach befragter Quelle) Vollblut 135-155µg/l Serum 50-120µg/l 74-139µg/l (BRD 60-80, USA 100-180) Zusätzlich bestimmbar: Selenoprotein P, Erythrozyten, Nägel, Glutathion-Peroxidase-Aktivität Ab wann spricht man vom Mangel Unter 50 µg/l im Serum Wie scheidet der Körper das Selen wieder aus? Renal bzw. Proteinmetabolismus
Organisches Selen Wie hoch soll die tägliche Zufuhr nun sein? 30-70µ/d, Maximal 300µg/d - nach DGE-Empfehlung Mindestens 0.67µg/kgKG, optimal 1µg/kgKG Wer stellt diese Aminosäure z.b. her? Prokaryonten und Eukaryonten, komplexer Prozess der Selenylierung Biotechnologie: Saccharomyces cerevisiae Wie führt man am besten Selen zu? Fisch, Innereien, Fleisch Hülsenfrüchte, Steinpilz, Paranüsse Bier, Bierhefe Cerealien Wichtig hierbei der Bodengehalt an Selen Böden in Deutschland eher selenarm, jedoch kein Mangel Zufuhr Verhältnis tierisch zu pflanzlich 1:1
Organisches Selen Warum brauche ich Selen überhaupt? Etwa 30 Selenoproteinarten, darunter Glutathion-Peroxidase (Antioxidative Wirkung) Thioredoxin-Reduktase (Immunabwehr und Proliferation) Dejodinase (3 Typen mit verschiedener Organverteilung, Überführung von T4 in das aktive T3) Unterschiedliche h Verteilung Schilddrüse mit dem höchsten Gehalt an Selenoenzymen, Gehalt von 600-1200 ng Selen/g Gewebe notwendig aber auch: Jod, Eisen, Zink Beachte: auch Leber, Niere und Muskel
Selen in der Therapie Selen in der Endokrinologie 200µg/d Selen über 3-6 Monate bei AIT Absenken der entzündlichen Aktivität Absenken der Anti-TPO-Antikörpertiter Absenken von Anti-TG-Antikörpertiter Absenken von TSH-Spiegeln Subklinische Hypothyreose bei AIT -> Verbesserung durch alleinige Selen-Gabe Beeinflussung der Orbitopathie bei M. Basedow Selen in der Onkologie Reduktion kardialer Nebenwirkungen durch Beeinflussung mitochondrialer Redoxsysteme Zeitliche befristete hochdosierte Gabe bei Einsatz von Anthrazyklinen, Platin-Derivaten, Vinorelbin (1000µg iv Natrium-Selenit vor Gabe der Chemotherapeutika, 200-300µg für einige Tage) Scheinbar verminderte Karzinominzidenz (bei Selenminderversorgung?!) Selen in der Intensivmedizin Hinweis für Mortalitätsreduktion bei Sepsis Cave: Dosiseffekte Selen in der Pulmonologie Hinweis für Dosisreduktion von Antiobstruktiva und Glukokortikoide in der Asthmatherapie in Verbindung mit antientzündlicher Diät (Beachtung mehrfach ungesättigter Fettsäuren!) Selen in der Infektiologie HIV: Verringerung der Viruslast, Verbesserung der CD4-Zellfunktion
Selen und seine Pathogenität Mangel Kardio-/Myopathie, Hämolyse, Hepatopathie, Cerebrale Funktionsstörungen China Keshan-Krankheit (Kardiomyopathie, Zunahme der Pathogenität von kardiotropen Viren), Südamerika Chagas-Krankheit Kashin-Beck-Krankheit Krankheit (Osteoarthropathie) Erhöhte Inzidenz von Hashimoto-Thyreoditis Mögliche Perpetuation des intestinalen Entzündungsprozesses bei der Sprue Überdosierung - Selenose Toxizitätserscheinungen: Haut- und Nagelveränderungen, Haarausfall, Diarrhoe, Polyneuropathie, Kognitionsstörungen Das Spurenelement mit der engsten therapeutischen Breite Empfohlene tägliche Zufuhr 55µg, maximale Tagesdosis 400 µg nach amerikanischer Empfehlung SELECT-Studie (Selenium and Vitamin E Cancer Preventation Trial) Abgebrochen e in 2008 KEINE signifikante generelle Karzinom-Prävention 10% der Probanden: Diabetes Typ 2 nach 8 Jahren (vs. 6% der Placebo-Gruppe) Medikamentöse Interaktionen CSE-Hemmer (mögliche Synthesehemmung von Selenoproteinen + Selenmangel -> Myopathie)
Selen Offene Fragen Supportive Medikation bei Asthma bronchiale? (COPD?) Spiegelbestimmung von Selen bei Gabe von CSE-Hemmer? (Pharmakogenetik?) Selen und Bluthochdruck Selen und KHK Selen und kolorektale Adenome und KRK Selen und generelle Karzinomprävention oder doch nur bei Mangelversorgung
Konsequenzen Ernährungsanamnese/Ernährungsprotokoll durchaus sinnvoll Zusammensetzung und Menge Einseitige Kost mit potentieller Mangelversorgung Definitive Mangelernährung Beachtung der Populationen (Senioren, Veganer, Alkoholiker, ) Vermeidung unkontrollierter Gaben von Selen als ungezielte Prophylaxe oder Ausgleich bei Mangelernährung Ausgewogene Ernährung als Grundpfeiler der adäquaten Versorgung darüber hinaus Individuelle Abwägung Informed Consent über Vor- und Nachteile, Positiv- und Negativwirkung wenn schon, dann vielleicht Selengerichte, z.b.: Goldbarsch in cross-panierter Mandelhülle (45µ) mit Reis (10µ) und Linsen-Mouse (5µ), serviert mit Steinpilz-Rucola-Apfelsalat (20), dazu ein kühles Helles (10µ) Autoimmunthyreopathie Hashimoto Supportive Medikation (200µg/d) 3-6 Monaten, darüber hinaus Regelmäßige Blutzuckerkontrollen bei Dauermedikation erwägen Onkologie Supportive Therapie in der Chemotherapie Infektiologie Anwendung möglich bei Sepsis und HIV
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