5 Analytische Geometrie Die Grundidee der analytischen Geometrie ist es, geometrische Objekte in Räumen mittels linearer Algebra zu beschreiben 51 Affine Räume Definition 511 Ein affiner Raum (AR) über einem Körer K ist ein Triel (A, V A, ϕ A ) bestehend aus einer nichtleeren Menge A, deren Elemente Punkte genannt werden, einem K-Vektorraum V A und einer Abbildung sodass gilt ϕ A : A A V A : (, q) ϕ A (, q) =: q (AR1) A, x V A :! q A mit x = q ; (AR2), q, r A: q + qr = r Man definiert die Dimension von A als dim A := dim V A Man definiert ebenfalls den leeren affinen Raum als leere Menge, wobei man formal V = setzt (Achtung: dies ist im eigentlichen Sinne kein Vektorraum), und man definiert dim := 1 Den affinen Raum (A, V A, ϕ A ) bezeichnen wir oft schlicht mit A Anschaulich hilft es, sich diese Definitionen mit Punkten und Pfeilen (als Vektoren) in der Ebene/im Raum zu verdeutlichen (solche Veranschaulichungen ersetzen natürlich niemals eine formale Definition oder einen Beweis) Man denke sich die Ebene (Tafelebene oder Ebene, auf der das Schreibblatt liegt) als affinen Raum A Zu zwei Punkten, q nimmt man den Verbindungsfeil von nach q als Vektor q: Anschaulich sagt dann (AR1), dass wenn ein Punkt und ein Vektor ( Pfeil ) x gegeben sind, dann gibt es genau einen Endunkt q des Pfeiles x wenn man als Anfangsunkt von x wählt: q q x q 1
(AR2) lässt sich nun durch folgendes Bild veraunschaulichen: r r qr q q Lemma 512 Sei A ein AR,, q A Dann gilt (i) = 0 V A ; (ii) q = q; (iii) q = 0 = = q Definition 513 Sei A ein AR Eine Teilmenge U A heißt (affiner) Unterraum (AUR) von A falls entweder U =, oder U und U gilt: V U := { q q U} ist ein Untervektorraum von V A Bemerkung 514 (1) Zunächst scheint V U von der Wahl von abzuhängen Man zeigt aber leicht: Sind, U und sind V U, = { q q U} und V U, = { q q U} Unterräume von V A, so gilt V U, = V U, Also rechtfertigt sich in obiger Definition die Notation V U (ohne Bezug auf das gewählte ) (2) Sei U A ein AUR und U Dann gilt V U = { q q U} = { q q U} (3) Falls U, W A AURs sind, U, W, dann gilt: U = W U W und V U = V W Satz 515 Sei A ein AR, I eine Indexmenge und U i (i I) AURs von A Dann ist U := i I U i ein AUR von A Falls U, so gilt V U = i I V U i Definition 516 Sei A ein AR, M A eine Teilmenge Sei U(M) = {U U ist AUR von A und M U} die Menge aller AURs von A die M enthalten Wir definieren Sann(M) = U U(M) U, den von M erzeugten oder von M aufgesannten affinen Unterraum von A Sei I eine Indexmenge und seien U i (i I) AURs von A Der Verbindungsraum i I U i der U i ist definiert als i I U i = Sann( i I U i) Bei endlich vielen AURs U 1,, U n schreiben wir auch U 1 U 2 U n = Sann(U 1 U 2 U n ) Beisiel Sei A ein AR (1) U AUR = Sann(U) = U 2
(2) Für A gilt: {} ist AUR mit V {} = { } = {0} der Nullraum Insbesondere dim{} = 0 Also: ein Punkt hat Dimension 0 (3) Für, q A, q: {} {q} = Sann({, q}) Man sieht leicht: V {} {q} = K q und {} {q} = {r A λ K : r = λ q}, die Gerade durch und q, anschaulich: q q {} {q} Definition und Bemerkung 517 Affine Unterräume der Dimension 1 heißen Geraden, Dimension 2 heißen Ebenen, Dimension n 1 in einem affinen Raum der Dimension n N heißen Hyerebenen Allgemeiner kann man Hyerebenen U eines affinen Raumes A (auch im Fall dim A = ) definieren als einen AUR U für den gilt: U A und U {} = A A \ U Man kann dann zeigen, dass dies im Fall dim A N mit obiger Definition übereinstimmt Beisiel Sei V ein Vektorraum V kann als affiner Raum aufgefasst werden mit V V := V und xy = y x x, y V Definition 518 Falls A ein AR ist mit einem R-Vektorraum (bzw C-Vektorraum) V A, so nennt man A einen reellen (bzw komlexen) affinen Raum Falls zusätzlich noch ein Skalarrodukt, auf V A gegeben ist (bilinear falls R, hermitesch falls C), so nennt man A einen euklidischen (bzw unitären) affinen Raum Man definiert dann mittels der üblichen Norm x = x, x (x V A ) den Abstand q zweier Punkte, q A als q := q Lemma 519 Seien A ein AR und U, W AURs von A (i) Falls U W, so gilt V U W = V U +V W Insbesondere gilt dim V U W = dim(v U + V W ) 3
(ii) Falls U W = und U und W, so gilt mit U und W : V U W = V U + V W + K mit V U + V W Insbesondere gilt dim V U W = dim(v U + V W ) + 1 Satz 5110 Seien A ein AR und U, W zwei endlich-dimensionale AURs von A (i) Falls U = oder W = oder U W, so gilt dim U + dim W = dim(u W ) + dim(u W ) (ii) Falls U und W und U W =, so gilt dim U + dim W = dim(u W ) + dim(u W ) + dim(v U V W ) Definition 5111 Seien A ein AR und U, W AURs von A mit U, W U und W heißen arallel, in Zeichen U W,falls V U V W oder V W V U Ferner definiert man U für alle AURs U von A Bemerkung 5112 U W = U W = oder U W oder W U Korollar 5113 Sei A ein AR mit dim A n > 1, sei U ein AUR von A mit U, und sei H eine Hyerebene in A Dann gilt: U H oder dim(u H) = dim U 1 Korollar 5114 Sei A eine affine Ebene (dh A ist AR mit dim A = 2), und seien G 1 und G 2 Geraden in A Dann gilt: entweder G 1 G 2 oder A mit G 1 G 2 = {} (dh zwei Geraden sind entweder arallel oder schneiden sich in genau einem Punkt) Definition 5115 Sei A ein AR mit dim A N Ein geordnetes (n + 1)- Tuel ( 0,, n ) von Punkten i A heißt Koordinatensystem (KS) von A wenn 0 1, 0 2,, 0 n eine Basis von V A ist 0 heißt Ursrung dieses KS, 1,, n heißen die Einheitsunkte dieses KS Die Koordinaten (x 1,, x n ) eines Punktes x A bzgl des KS ( 0,, n ) sind wie folgt definiert: Die x i sind die eindeutig bestimmten Koeeffizienten, mit denen sich 0 x V A als Linearkombination der Basis 0 1,, 0 n schreibt: 0 x = n i=1 x i 0 i Wir untersuchen nun, wie der Wechsel von einem KS ( 0,, n ) von einem AR A mit dim A = n zu einem anderen KS (q 0,, q n ) von A beschrieben werden kann Mit diesen zwei KS haben wir zwei Basen von V A E : 0 1,, 0 n und F : q 0 q 1,, q 0 q n 4
Man erhält damit eine eindeutige Basistransformationsmatrix T = (t ij ) := M E F (id V A ) GL n (K) für die gilt 0 j = n i=1 t ij q0 q i ( ) und ein eindeutig bestimmtes S = (s 1,, s n ) K n sodass q 0 0 = n i=1 s i q0 q i ( ) Umgekehrt, sei ein Koordinatensystem ( 0,, n ) von A gegeben sowie ein T = (t ij ) GL n (K) und ein S = (s 1,, s n ) K n Man definiert zunächst Basisvektoren z i von V A welche 0 j = n i=1 t ijz i erfüllen (dies geht, da T invertierbar; vergleiche dies auch mit ( )), dann ermittelt man den eindeutig bestimmten Punkt q 0 in A welcher q 0 0 = n i=1 s iz i erfüllt (vergleiche dies mit ( )), schließlich definiert man q i (1 i n) als den eindeutigen Punkt mit q 0 q i = z i und erhält so das KS (q 0,, q n ) Satz 5116 Sei A ein AR mit dim A = n N, und sei ( 0,, n ) ein KS von A Die Transformationen von Koordinatensystemen ( 0,, n ) (q 0,, q n ) von A entsrechen vermöge ( ) und ( ) umkehrbar eindeutig den Paaren (T, S) mit T GL n (K) und S K n Sei x A mit Koordinaten x 1,, x n bzgl ( 0,, n ), und Koordinaten y 1,, y n bzgl (q 0,, q n ), dann gilt: y 1 y n = s 1 s n + T x 1 x n Bemerkung 5117 Sei A ein AR mit dim A = n N und KS ( 0,, n ) Man betrachte nun folgendes LGS (C b): c 11 x 1 + + c 1n x n = b 1 c r1 x 1 + + c rn x n = b r mit C = (c ij ) M r n (K) und b = (b i ) K r Sei { U = x A x hat Koordinaten x 1,, x n bzgl ( 0,, n ) und (x 1,, x n ) ist Lösung von (C b) } Dann ist U ein AUR von A Falls U, so gilt dim U = n Rang C 5