Aufgabenblatt 1: Abgabe am 17.09.09 vor der Vorlesung Aufgabe 1. a.) (1P) Geben Sie die Lösungsmenge der folgenden Gleichung an: 6x + y = 10. Zeichnen Sie die Lösungsmenge in ein Koordinatensystem. b.) (1P) Geben Sie für die Funktion f : R R mit f(x,y) := 6x + 3y das Urbild der 0 an, d.h. die Menge f 1( 0} ) := (x,y) R f(x,y) = 0 }. Zeichnen Sie die Lösungsmenge in ein Koordinatensystem. c.) (P) Skizzieren Sie die folgenden aus der Schule bekannten Funktionen von R nach R, und beweisen Sie für alle Funktionen, ob die Eigenschaften injektiv, surjektiv und bijektiv erfüllt sind oder nicht. f 1 (x) := x 1, f (x) := 3x + 7 und f 3 (x) := x 4 6x + 8. Hinweis: bei zwei der drei Funktionen ist durch geeignete Wahl von Werten die Injektivität widerlegbar, und mit Hilfe der Lösungsformel für quadratische Gleichungen (pq-formel) auch die Surjektivität (siehe Skizze). Bei den Skizzen dürfen Sie Ihr Schulwissen über Kurvendiskussionen verwenden, ebenso bei der pq-formel (und können sich somit ausnahmsweise von den strengen Vorgaben der Vorlesung lösen). Aufgabe. Seien K und I Mengen. Mit K I sei die Menge aller Abbildungen von I nach K bezeichnet: K I := f f : I K Abbildung }. Desweiteren sei für n N definiert: M n := k N k n } = 1,,...,n}. a.) (P) Geben Sie die Mengen M M und M 3 M an und beweisen Sie für jedes Element dieser Mengen, welche der Eigenschaften injektiv, surjektiv und bijektiv es erfüllt.
Aufgabenblatt 1: Abgabe am 17.09.09 vor der Vorlesung b.) (P) Eine bijektive Abbildung einer Menge M in sich wird Permutation von M genannt. Für n N hat die Menge aller Permutationen von M n die besondere Bezeichnung S n. Somit gilt: S n = f M n M n f bijektiv } = f : M n M n f bijektiv } Geben Sie S 3 an. (Bei der gesamten Aufgabe brauchen Sie nicht zu beweisen, daß Sie tatsächlich alle gesuchten Abbildungen gefunden haben: die korrekte Angabe aller Elemente der Mengen genügt.) Bemerkung: Die Mengen (Gruppen) S n mit n N tragen einen eigenen Namen: Symmetrische Gruppe (die Gruppenstruktur auf diesen Mengen lernen Sie in Kürze kennen). Diese Gruppen spielen eine wesentliche Rolle in der Gruppentheorie endlicher Gruppen, da jede endliche Gruppe als Untergruppe einer Symmetrischen Gruppe aufgefaßt werden kann, und werden im Verlauf der kommenden Übungszettel noch mehrfach betrachtet. Aufgabe 3. a.) (P) Geben Sie Abbildungen f 1,f,f 3 von N nach N an, die folgende Eigenschaften haben: f 1 : injektiv, aber nicht surjektiv f : surjektiv, aber nicht injektiv f 3 : bijektiv Bemerkung: Für eine endliche Menge M kann bewiesen werden, daß für eine Selbstabbildung f : M M immer folgende Äquivalenz gilt: f injektiv f surjektiv f bijektiv. Diese Aufgabe zeigt, daß unendliche Mengen nicht diese schöne Eigenschaft besitzen. Es kann durchaus eine injektive Selbstabbildung existieren, die nicht bijektiv ist. Das ist sogar ein charakteristisches Merkmal von unendlichen Mengen, und man kann für eine Menge M beweisen: M unendlich Es gibt eine injektive Abbildung f von M nach M, die nicht (surjektiv) bijektiv ist. Dabei wäre überhaupt ersteinmal genau zu definieren, was eine unendliche Menge überhaupt ist: obige Äquivalenz wird oft sogar als Definition der Eigenschaft unendlich benutzt - und dann ist bei dieser Aussage natürlich gar nichts mehr zu beweisen. Eine andere Möglichkeit, die Unendlichkeit einer Menge M zu definieren, wäre die Forderung der Existens einer injektiven Abbildung von N nach M, wobei dies sicher dem intuitiven (naiven) Verständnis von Unendllichkeit einer Menge am nächsten kommt: daß man beim Abzählen ihrer Elemente nicht zu einem Ende kommt. Ist festgelegt, was die Unendlichkeit einer Menge genau bedeutet, kann die Endlichkeit leicht als nicht unendlich definiert werden, d.h. eine Menge M ist endlich, wenn keine Abbildung von N nach M injektiv ist.
Aufgabenblatt 1: Abgabe am 17.09.09 vor der Vorlesung 3 b.) (P) Geben Sie eine bijektive Abbildung von N nach Z an. Bemerkung: Bei unendlichen Mengen treten Phänomene auf, die auf den ersten Blick verwirrend scheinen. So ist die Betrachtung der Größe (oder: Mächtigkeit) einer unendlichen Menge ein diffiziles Thema, da es verschiedene Stufen von Unendlichkeit gibt: ein Wissen, das in der Mathematik recht jung ist (ca. 130 Jahre) und im Zuge der Einführung der (naiven) Mengenlehre von Cantor auftrat, die eine Grundlagenkriese der Mathematik wegen zu vager Begriffsbildung auslöste und hin zu einer strengen formale Definition der mathematischen Objekte zu Beginn des 0-ten Jahrhunderts führte (weshalb Sie nun alle Begriffe des Schulstoffes noch einmal in dieser neuen Strenge kennenlernen). Allgemein heißen zwei Mengen M und L gleichmächtig, wenn es eine Bijektion f : M L zwischen ihnen gibt, was anschaulich einer Eins-zu-Eins-Zuordnung entspricht und bei endlichen Mengen offensichtlich der naiven Vorstellung gleicher Größe entspricht. In dieser Aufgabe haben Sie nun gezeigt, daß (im mathematischen Sinne) die beiden Mengen N und Z gleichmächtig sind, obwohl die Menge der natürlichen Zahlen N = 1,,...} eine echte Teilmenge der Menge der ganzen Zahlen Z =..., 1,0,1,,...} ist und damit nach naiver Vorstellung eigentlich kleiner sein sollte. Es gibt auch eine Bijektion zwischen der Menge Z und der Menge aller Brüche Q, aber keine zwischen Q und der Menge der rellen Zahlen R, die somit mächtiger ist als die gleichmächtigen Mengen N, Z und Q. Allgemein ist die Potenzmenge P(M) einer Menge M (die Menge aller Teilmengen von M) immer mächtiger als die Menge M selber, so daß immer mächtigere Mengen konstruiert werden können und somit keine mächtigste Menge existiert. Ausführung der Äquivalenzaussage für unendliche Mengen in der Zusatzbemerkung: Definition. Eine Menge M heißt unendlich, wenn es eine injektive Abbildung f : N M gibt. Lemma. Sei M eine Menge. Dann gilt folgende Äquivalenz: M unendlich Es gibt eine injektive Abbildung f von M nach M, die nicht (surjektiv) bijektiv ist. Beweis. : Sei f : N M eine injektive Abbildung. Dann gibt es eine Zerlegung M = f(m) ( M \ f(m) ). Damit sei folgende Abbildung g: M M für m M definiert: f(n + 1) für m f(m) und m = f(n), g(m) := m für m M \ f(m). Die Abbildung g ist injektiv, aber nicht surjektiv, da für alle m M gilt: g(m) f(1).
4 Aufgabenblatt 1: Abgabe am 17.09.09 vor der Vorlesung : Sei f : M M injektiv, aber nicht surjektiv. Dann gibt es ein x M mit x / f(m). Es sei h: N M definiert durch h(i) := f i (x). Diese Abbildung ist injektiv, wie folgende Gegenannahme zeigt: Wäre h(i) = h(k) für i, k N mit i < k, so würde gelten: f i (x) = h(i) = h(k) = f k (x) = f i( f k i (x) ) mit k i 0. Aus f injektiv folgt f i injektiv, so daß folgen würde: x = f k 1 (x) = f ( f k i 1 (x) ) f(m). Dies ist ein Widerspruch zur Wahl von x mit x / f(m). Lösung zu Aufgabe 3: a.) i.) f 1 : N N injektiv, aber nicht surjektiv: Anschauung: N 1 3 4... ց ց ց N 1 3 4... Formale Beschreibung: f 1 (n) := n + 1. Zu zeigen: f 1 ist injektiv, d.h. n m = f(x) f(y). Die Abbildugn f 1 ist injektiv, denn es gilt für alle n m: n m = n + 1 m + 1 = f(n) f(m). Zu zeigen: f 1 ist nicht surjektiv, d.h. es gibt ein m N, so daß f(n) m für alle n N. Die Abbildung f 1 ist nicht surjektiv, denn m := 1 liegt nicht im Bild von f 1 : n N = n 1 = f(n) = n+1 > 1 = f(n) 1. ii.) f : N N surjektiv, aber nicht injektiv: Anschauung: N 1 3 4... ւ ւ ւ N 1 3 4...
Aufgabenblatt 1: Abgabe am 17.09.09 vor der Vorlesung 5 Formale Beschreibung: 1 für n = 1, f (n) := n 1 für n > 1. Zu zeigen: f ist nicht injektiv, d.h. es gibt n,m N mit n m und f(n) = f(m). Die Abbildung f ist nicht injektiv, denn es gilt 1, aber f(1) = f(). Zu zeigen: f ist surjektiv, d.h. für alle m N gibt es ein n N mit f(n) = m. Die Abbildung f ist surjektiv, denn für ein m N liegt n := m + 1 ebenfalls in N, es ist immer n = m + 1 > 1 und somit: f(n) = f(m } + 1 } ) = (m + 1) 1 = m. m+1>1 iii.) f 3 : N N bijektiv: Anschauliche Lösung: Formale Beschreibung: N 1 3 4 5... N 1 3 4 5... f 3 (n) := id N (n) = n. Zu zeigen: f 3 ist injektiv, d.h. aus n m folgt f(n) f(m). Die Abbildung f 3 ist injektiv, denn es gilt: n m = f 3 (n) = n m = f 3 (m). Zu zeigen: f 3 ist surjektiv, d.h. für alle m N gibt es ein n N mit f 3 (n) = m. Die Abbildung f 3 ist surjektiv, denn es gilt für n := m: b.) f : N Z bijektiv: Anschauliche Lösung: Formale Beschreibung: f(n) = n = m. N 1 3 4 5... Z 0 1 1... f(n) := n n gerade, n 1 n ungerade.
6 Aufgabenblatt 1: Abgabe am 17.09.09 vor der Vorlesung Beobachtungen für spätere Argumentation: Jede gerade Zahl n N hat eine eindeutige Darstellung n = k mit k N, jede ungerade Zahl n N eine eindeutige Darstellung n = k 1 mit k N. Daraus folgt: und n = k gerade = f(n) = k n = k 1 ungerade = f(n) = (k 1) = k + 1. Es gilt für alle n N: n gerade = f(n) 1 und n ungerade = f(n) 0. f injektiv: Es muß für n,m N mit n m überprüft werden, ob immer f(n) f(m) erfüllt ist. Dazu werden folgende drei Fälle getrennt untersucht (wegen der speziellen Definition von f): n,m beide gerade, n,m beide ungerade und n gerade, m ungerade (bzw. umgekehrt). n,m beide gerade: In diesem Fall gibt es k,l N mit n = k und m = l, und es folgt: n m = k l = k l = f(n) = k l = f(m). n,m beide ungerade: Es gibt k,l N mit n = k 1 und n = l 1, und es gilt: n m = k 1 l 1 = k + 1 l + 1 = f(n) = k + 1 l + 1 = f(m). n gerade und m ungerade (oder umgekehrt): Vorher wurde schon bemerkt, daß für gerades n die Ungleichung f(n) 1 gilt und für ungerades m die Ungleichung f(m) 0, so daß beide Funktionswerte nicht übereinstimmen können. f surjektiv: Für jedes z Z muß ein n N gefunden werden mit f(n) = z. Sei z 1: dann liegt n := z in N und es gilt: f(n) = f(z) = z. Sei z 0: dann liegt n := z + 1 = z + 1 in N, ist eine ungerade Zahl und es gilt: z + 1 ungerade ( z + 1) 1 f(n) = f( z + 1) = = z. (Bemerkung: damit f(n) = z 0 ist, muß n ungerade sein, und die Gleichung f(n) = n 1 = z löst sich zu obiger Wahl n := z + 1 auf.)
Aufgabenblatt 1: Abgabe am 17.09.09 vor der Vorlesung 7 Lösung von Aufgabe 3.b) mit Hilfe von Aufgabe 8: Die hier präsentierte Lösung von Aufgabe 3.b) mit Hilfe von Aufgabe 8 war zum Zeitpunkt der Abgabe der Aufgabe noch nicht möglich; sie soll demonstrieren, wie in Zukunft bei Kenntnis einer Umkehrfunktion der Beweis geführt werden könnte: Gegeben ist die Funktion f : N Z mit n n gerade, f(n) := n 1 n ungerade. Es soll gezeigt werden, daß f bijektiv ist. Nach Aufgabe 8 reicht es, dazu eine Funktion zu g: Z N zu finden mit: Wähle dazu die Funktion g f = id N und f g = id Z g(z) := z z 1, z + 1 z 0. (Die Wahl dieser Funktion ist durch die Überlegungen aus dem Beweis zu Aufgabe 3.b) motiviert, bzw. durch die anschauliche Darstellung und formale Beschreibung von f.) Es ist nun zu zeigen, daß die Bedingungen f g = id Z und g f = id N erfüllt sind. (1) Zu zeigen: f g(z) = id Z (z) = z für alle z Z. Wegen der Definition von g werden die Fälle z 1 und z 0 getrennt untersucht: z 1 : f g(z) = f ( g( }} z ) ) = f( }} z ) = z = z. 1 gerade z 0 : f g(z) = f ( g( }} z ) ) ( z + 1) 1 = f( z } + 1 } ) = = z. 0 N,ungerade Zusammengefaßt liefert dies die gewünschte Behauptung: f g(z) = z für alle z Z = f g = id Z. () Zu zeigen: g f(n) = id N (n) = n für alle n N. Wegen der Definition von f werden die Fälle n gerade (n = k) und n ungerade (n = k 1) getrennt untersucht (mit jeweils
8 Aufgabenblatt 1: Abgabe am 17.09.09 vor der Vorlesung k N): n gerade : g f(n) = g ( ) ( ) f( }} n = g f(k) gerade = g( }} k ) = k = n. 1 n ungerade : g f(n) = g ( f(k } 1 } ) ) = g ( ungerade = g ( k ) = g( k + 1 ) (k 1) 1) }} 0 = ( k + 1) + 1 = k 1 = n. Zusammengefaßt liefert dies die gewünschte Behauptung: g f(n) = n für alle n N = g f = id N. Aufgabe 4. (4P) Seien f : M L und g: L K Abbildungen. Die Kompositon (Hintereinanderausführung) der beiden Abbildungen wird durch g f : M K mit g f(x) := g ( f(x) ) definiert. Beweisen Sie: f und g injektiv = g f injektiv. f und g surjektiv = g f surjektiv. f und g bijektiv = g f bijektiv. Lösung zu Aufgabe 4: i.) Zu zeigen: f und g injektiv = g f injektiv, d.h. x y = g f(x) g f(y). x y f injektiv = f(x) f(y) g injektiv = g ( f(x) ) g ( f(y) ) Def g f Def inj. = g f(x) g f(y) = f g injektiv.
Aufgabenblatt 1: Abgabe am 17.09.09 vor der Vorlesung 9 ii.) Zu zeigen: f und g surjektiv = g f surjektiv, d.h. z K x M : g f(x) = g ( f(x) ) = z. z K g surjektiv = y L : g(y) = z f surjektiv = x M : f(x) = y = x M : g ( f(x) ) = z Def g f = x M : g f(x) = z Def surj. = g f surjektiv. iii.) Zu zeigen: f und g bijektiv = g f bijektiv. Nach Definition ist eine Abbildung bijektiv, wenn sie injektiv und surjektiv ist: für diese beiden Eigenschaften wurde der Beweis schon geführt, und der Beweis dieser Aussage ist damit nur die Zusammensetzung der vorherigen Teile. Viel Erfolg!!!