Fall 9 - Lösungsskizze: Die heißbegehrte Fräsmaschine 1 Fraglich ist, wer derzeit Eigentümer der Fräsmaschine ist. Historische Prüfung der Eigentumslage: 1) Ursprüngliche Eigentumslage 2) Eigentumsverlust durch a), b), c)... A. Ursprünglich war V Eigentümer. B. Keine Übereignung gem. 929 S. 1 an K - Vereinbarung eines Eigentumsvorbehalts gem. 449 I - Eigentumsübergang erst bei Eintritt der aufschiebenden Bedingung vollständiger Kaufpreiszahlung C. Sicherungsübereignung V B 929, 930? Voraussetzungen der Übereignung nach 929 S. 1, 930: 1) Einigung, 929 S. 1, Einigsein 2) Übergabesurrogat in Form der Vereinbarung eines Besitzkonstituts, 930, 868. 3) Einigsein 4) Berechtigung des Veräußerers I. Einigung, 929 Satz 1 (+) II. Übergabesurrogat Hier: Besitzkonstitut -> Besitzmittlungsverhältnis = Sicherungsabrede Voraussetzung für 868 1) Besitzmittlungsverhältnis (Vereinbarung, in Zukunft als Besitzmittler zu besitzen) (Jedes Rechtsverhältnis, aufgrund dessen dem Besitzmittler bezgl. der Sache bestimmte Herausgabe- und Sorgfaltspflichten obliegen (konkretes BMV) 2) Herausgabeanspruch des mittelbaren Besitzers (nicht notwendig rechtsgeschäftlich, es reichen auch 812; 681, 667) 3) Fremdbesitz des unmittelbaren Besitzers Hier: Die Sicherungsabrede ist hinreichen konkret und regelt neben der Pflicht zur Sicherungsübereignung den Herausgabeanspruch des Sicherungsnehmers. 1 Ausgangsfall: BGHZ 50, 45 = NJW 1968, 1382; vgl. etwa Gursky, Fälle und Lösungen 8, Fall 7, S. 55ff.
- 2 - Sicherungsabrede zwischen K und B begründet BMV isv 868. Merke: Sicherunsabrede = BMV isv 868 (allgm) III. Berechtigung zur Übereignung K war allerdings nicht Eigentümer der Fräsmaschine und auch ansonsten nicht zur Sicherungsübereignung berechtigt. IV. Redlicher Erwerb der B gem. 933 B könnte das Eigentum jedoch nach den Vorschriften über den redlichen Erwerb vom Nichtberechtigten, hier gem. 933, erworben haben. Hier: Keine Übergabe! Rechtsscheinträger ist die Fähigkeit zur Besitzübertragung! V. Zwischenergebnis Daher hat V sein Eigentum nicht durch die Sicherungsübereignung verloren. B. Übereignung B -> C gem. 929 Satz 1, 931 V könnte sein Eigentum durch Übereignung der Fräsmaschine durch B an C gem. 929 S. 1, 931 verloren haben. Voraussetzungen der Übereignung nach 929 S. 1, 931 1) Einigung, 929 S. 1 2) Übergabesurrogat in Form der Abtretung des Herausgabeanspruchs 870 3) Einigsein 4) Berechtigung 5) Ggf. Überwindung der fehlenden Berechtigung I. Einigung (+) II. Übergabesurrogat: Abtretung des Herausgabeanspruchs B und C haben sich zugleich auch über die Abtretung aller Ansprüche aus dem Darlehens- und dem Sicherungsvertrag gem. 398 geeinigt. Dazu sollte auch der (durch Eintritt des Sicherungsfalls bedingte) Herausgabeanspruch bezüglich der Fräsmaschine gehören. P: Wirksamkeit des Sicherungsvertrages Wenn der Sicherungsvertrag unwirksam ist, kann es auch keinen Herausgabeanspruch geben, der abgetreten werden könnte.
- 3 - Eine Ansicht: gesamter Sicherungsvertrag gem. 139 unwirksam, weil die Übereignung fehlgeschlagen ist. Herrschende Meinung: 139 greift nicht ein, weil das BMV trotz fehlgeschlagener Übereignung noch weitere Zwecke zu erfüllen hat und zwar im Hinblick auf das Anwartschaftsrecht, das als wesensgleiches Minus zum Eigentum übertragen wird. Außerdem stellt 139 auf den hypothetischen Parteiwillen ab. Das BMV dient weiter ggf. als Grundlage für einen redlichen Erwerb nach 933. Folglich ist der Sicherungsvertrag wirksam und konnte der sich daraus ergebende Herausgabeanspruch von B an C abgetreten werden. III. Berechtigung der B (-) IV. Überwindung der fehlenden Berechtigung? Redlicher Erwerb der C gem. 934? 1) 934 Fall 2 (-) C erlangt nicht Besitz von V 2) 934 Fall 1 Voraussetzungen des redlichen Erwerbs gem. 934 Fall 1: 1) Rechtsgeschäft is eines Verkehrsgeschäfts 2) Gutgläubigkeit isv 932 II 3) Kein Abhandenkommen, 935 4) Abtretung des Herausgabeanspruchs Voraussetzungen 1)-3) des redlichen Erwerbs. gem. 934 Fall 1 liegen unproblematisch vor. P: Genügt die Abtretung des Herausgabeanspruchs allein für einen redlichen Eigentumserwerb? Wertungswiderspruch: Die der Sache näher stehende Bank B kann kein Eigentum erwerben, wohingegen die noch weiter entfernte Bank C nunmehr allein durch Abtretung des Herausgabeanspruchs Eigentümerin werden kann. Teleologische Reduktion? Daher wird versucht die Voraussetzung mittelbarer Besitzer in 934 Fall 1 einschränkend auszulegen bzw. den Tatbestand des 934 Fall 1 allgemein zu restringieren.
- 4-1. Eine Ansicht (Teile der Lit.): K (=unmittelbarer Besitzer) treibt Doppelspiel: Besitzt für V und zunächst B Nebenbesitz und dieser reicht für den gutgläubigen Erwerb nicht aus, denn den 932ff. liege vielmehr die Wertung zugrunde, dass der Erwerber der Sache näher kommen müsse als der Berechtigte. C und V sind hier aber gleich nah an der Sache dran. Der Vorbehaltskäufer hofft wohl regelmäßig nur, seine Schulden bei beiden mittelbaren Besitzern so tilgen zu können, dass sein Doppelspiel nicht entdeckt wird. Gefahr des Pingpong -Spiels von gegensätzlich auftretenden Besitzwillen: z.b.: Weiterzahlung des Kaufpreises nach erfolgter Abtretung isd 934 Fall1 C. Ergebnis 2. a.a. (h.m.): Durch die kommentarlose Begründung des zweiten BMV: eindeutiger Besitzwille für den zweiten Erwerber. Das Gesetz kennt den Nebenbesitz nicht sonder spreche nur von mittelbaren Besitz Für eine teleologische Reduktion fehlt es an der Regelungslücke. Rechtspolitische Fehler können nicht im Wege der Rechtsfortbildung korrigiert werden. Der Gesetzgeber muss dies regeln. (Gewaltenteilung!) Der Gesetzgeber habe nämlich im Rahmen der 932ff. das durch den mittelbaren Besitz geweckte Vertrauen in die Berechtigung des Veräußerers demjenigen aufgrund unmittelbaren Besitzes gleichstellen wollen, solange der Veräußerer sich nur seines Besitzes gänzlich entledigt Unterschied von 933 zu 934 Fall 1. Da der Nebenbesitz für den redlichen Erwerb nicht ausreichen soll käme die Annahme desselben einer Ablehnung des Erwerbs nach 934 fall 1 nah. Das hängt von der Frage ab, wie man sich beim Streit zum Nebenbesitz entscheidet: Lehnt man die Figur ab ist C Eigentümer; nimmt man sie an ist V noch der Eigentümer.
- 5 - Exkurs Veräußerungsberechtigung: 1. Rechtsinhaberschaft a) Eigentümer b) Oder Nichteigentümer 2. Verfügungsbeschränkungen (1) Gesetzliche Verfügungsbefugnis: 80 I InsO Insolvenzverwalter, 1984 Nachlassverwalter, 2205, 2211 I Testamentverwalter (2) Zustimmung des Eigentümers in 185 (inkl. Der zustimmungsunabhängigen Fälle des Abs. 2) a) Absolute: 1365, 1369: Ehegatten in Zugewinngemeinschaft, 81 InsO Schuldner darf nicht über Gegenstände verfügen, die in die Insolvenzmasse fallen Hier ist kein gutgläubiger Erwerb möglich! b) Relative: 135, 136 gesetzl./behördl. Verfügungsverbot, 161 Verfügungen während der Schwebezeit (! 936III analog beim AnwartschaftsR), 2113 Verfügungen des Vorerben Hier ist der gutgläubige Erwerb möglich