Telefon: 0 233-40783 Telefax: 0 233-40644 Sozialreferat Amt für Wohnen und Migration S-III-W/BS Neuerlass einer Satzung über das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum (ZeS) Satzungsbeschluss Sitzungsvorlage Nr. 08-14 / V 11772 3 Anlagen Beschluss des Sozialausschusses vom 19.09.2013 (VB) Öffentliche Sitzung I. Vortrag der Referentin 1. Vorbemerkung und Anlass Zuständig für die Entscheidung ist die Vollversammlung des Stadtrates gemäß 2 Nr. 14 der Geschäftsordnung des Stadtrates nach Vorberatung im Sozialausschuss. Mit Inkrafttreten des Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes vom 28.08.2006 zum 01.09.2006 haben die Länder die ausschließliche Gesetzgebungskompetenz für den Bereich des Zweckentfremdungsrechtes erhalten. Von dieser Kompetenz hat der Bayerische Landtag mit Erlass des Gesetzes über das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum (ZwEWG) vom 10.12.2007 erstmals Gebrauch gemacht. Mit dem Gesetz zur Änderung des Gesetzes über das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum vom 22.03.2013 (siehe Anlage 1) wird die Geltungsdauer des genannten Gesetzes bis zum 30.06.2017 verlängert. Das ZwEWG beinhaltet eine vollständige Kommunalisierung des Zweckentfremdungsrechts. Gemeinden mit Wohnraummangel haben die Möglichkeit, für ihr Gebiet durch Erlass einer eigenen Satzung das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum festzulegen. Die Geltungsdauer der bisherigen Zweckentfremdungssatzung war entsprechend dem ursprünglichen ZwEWG begrenzt. Nun kann durch den Neuerlass der Satzung die Anpassung an die verlängerte Geltungsdauer des Gesetzes erfolgen.
Seite 2 2. Begründung der Wohnraummangellage in München Das Referat für Stadtplanung und Bauordnung und das Sozialreferat begründen die Wohnraummangellage wie folgt: Auf dem Münchner Wohnungsmarkt herrscht seit Jahren eine stets zunehmende Anspannung. Insbesondere mangelt es an preiswertem Wohnraum. In den Jahren 2010 und 2011 stiegen die Preise für Baugrundstücke für Eigentumswohnanlagen und Wohnbauland stark an. Deutliche Mietsteigerungen haben stattgefunden und sind auch künftig zu erwarten. Als wichtigste Gründe dafür sind zu nennen: Die Einwohnerzahl Münchens ist seit den 1970er Jahren kontinuierlich gestiegen. Von Ende 2009 bis Ende 2012 ist die Münchner Einwohnerzahl um rund 5 % gestiegen. Sie wird bis Ende 2030 um weitere 15 % an Einwohnerinnen und Einwohnern mit erstem oder zweiten Wohnsitz in München wachsen. Der Wohnflächenbedarf je Einwohnerin und Einwohner liegt auf sehr hohem Niveau. Als Reaktion auf die Finanz- bzw. Wirtschaftskrise 2008 und die europäische Staatsschuldenkrise seit 2010 erfolgte eine Umschichtung von Kapital in als sicher bewertete Anlageformen. Dazu zählen auch Immobilien in München. Die erhöhte Zuwanderung und die gute allgemeine wirtschaftliche Entwicklung wirken deutlich nachfragesteigernd auf dem Wohnungsmarkt. Weitere Faktoren hierfür sind angebotsseitig das beschränkte Angebot an Grundstücken in München allgemein und in guten Lagen speziell. Im Vergleich zu anderen bundesdeutschen Großstädten sind in München seit Jahren die höchsten Mieten zu verzeichnen. Seit 2007 steigen die Erst- und Wiedervermietungsmieten zudem kontinuierlich an, in 2010 und 2011 um rund 3 % jährlich. Nach Angaben des IVD Süd (Immobilienverband Deutschland Süd / früher RDM) müssen in München für eine Bestandswohnung mit gutem Wohnwert im 2. Quartal 2011 durchschnittlich 13,50 /qm bezahlt werden, für eine Neubauwohnung 13,80 /qm (Nettokaltmieten). Hinzu kommen die stark gestiegenen Nebenkosten.
Seite 3 Da insbesondere der preiswerte Wohnraum fehlt, bleibt die Zahl der Vormerkungen für eine Sozialmietwohnung konstant hoch. Sie beträgt derzeit ca. 15.200 insgesamt (Stand: 31.07.2013), davon sind ca. 8.550 besonders dringliche Fälle. Seit Mitte der 1980er Jahre schrumpft der Anteil der Münchner Sozialwohnungsbestände als Folge des Auslaufens von Sozialbindungen (insbesondere durch die vorzeitige Rückzahlung öffentlicher Mittel) kontinuierlich. Derzeit gibt es noch ca. 42.000 Sozialmietwohnungen in der Stadt (Prognose für 2013). Zusammen mit weiteren Belegrechten der Stadt beträgt die städtische Eingriffsreserve noch knapp 75.000 Wohnungen. Damit verschlechtert sich das Verhältnis von zur Belegung frei werdenden Wohnungen der städtischen Eingriffsreserve und den dringlich Vorgemerkten zunehmend. Trotz intensiver Bemühungen der Stadt beträgt die Zahl der akut Wohnungslosen derzeit 4.077 Personen (Stand Juni 2013), mit unverändert steigender Tendenz. Die derzeitige Phase der Mietsteigerungen wird sich wohl über 2013 hinaus verlängern. Die Preisspitze dürfte derzeit noch nicht erreicht sein. Die Anspannung am Wohnungsmarkt wird also noch weiter zunehmen und der Wohnungsbedarf mit ca. 7.000 Wohneinheiten jährlich auf sehr hohem Niveau verbleiben. Die Landeshauptstadt ist seit Jahrzehnten bemüht, der angespannten Situation mit verschiedenen Wohnungsbauprogrammen entgegenzuwirken und sowohl den Wohnungsbestand zu schützen als auch den Neubau, insbesondere den Geförderten, weiter anzukurbeln. Im Bereich des Wohnungsneubaus sind seit 1979 in der Stadt über 306.000 Wohnungen hinzugekommen. Das aktuelle, vom Stadtrat im Jahr 2012 beschlossene wohnungspolitische Handlungsprogramm: Wohnen in München V Wohnungsbauoffensive 2012 2016 mit einem Volumen von 800 Millionen an städtischen Mitteln ist das derzeit umfangreichste Handlungsprogramm in der Bundesrepublik. Im Durchschnitt sollen jedes Jahr ca. 7.000 neue Wohneinheiten, davon ca. 1.800 geförderte Wohnungen entstehen. Eine ausführliche Darstellung der Münchner Wohnungsmarktsituation ist dem Bericht zur Wohnungssituation in München zu entnehmen, der alle zwei Jahre erstellt wird (siehe auch: www.muenchen.de, Stichwortsuche: Wohnungssituation).,,
Seite 4 Ebenfalls alle zwei Jahre wird eine sog. Expertenbefragung (Einschätzung der aktuellen und zukünftigen Situation auf dem Münchner Wohnungsmarkt durch maßgebliche Akteure) durchgeführt. Zudem wird jedes Jahr ein so genanntes Wohnungsbarometer erstellt, in dem die Mietangebote der Süddeutschen Zeitung ausgewertet werden. 3. Wirkung des Zweckentfremdungsvollzugs der letzten Jahre auf den Wohnungsmarkt Neben der Investition in den Wohnungsneubau ist die Bestandserhaltung ein zentrales Anliegen der Münchner Wohnungspolitik. Seit 1972 gilt im Bereich der Landeshauptstadt das Zweckentfremdungsverbot als ein wichtiges Instrument der Wohnungsbestandssicherung. Im Vollzug der seit 2009 gültigen Zweckentfremdungssatzung ist die Außendiensttätigkeit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Abteilung Wohnraumerhalt im Sozialreferat / Amt für Wohnen und Migration ein Arbeitsschwerpunkt. Das gesamte Stadtgebiet wird intensiv auf ungenehmigte Zweckentfremdungen untersucht. Die Qualität der Arbeitsergebnisse profitiert hierbei entscheidend von den in Jahren erworbenen Ortskenntnissen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den jeweiligen Stadtbezirken. Für die Erfolgsquote der aufgedeckten ungenehmigten Zweckentfremdungen sind die eigenen Ermittlungen ausschlaggebend. Dazu kommen Hinweise aus der Bevölkerung und von politischen Gremien. Auf Grund der Präsenz der Außendienstmitarbeiterinnen und -mitarbeiter und der großen Anzahl an Ermittlungen in den Stadtbezirken (jährlich ca. 20.000 Wohneinheiten) ist den Münchner Bürgerinnen und Bürgern das seit 40 Jahren bestehende Zweckentfremdungsverbot bekannt. Die präventive Wirkung des Zweckentfremdungsverbotes ist hierbei nicht zu unterschätzen. Als Beispiel kann hier die Landeshauptstadt Stuttgart angeführt werden. In Stuttgart wurde das Zweckentfremdungsverbot zum 01.09.2000 aufgehoben. Mittlerweile verschärft sich dort die Wohnraummangellage. Nach Einschätzung des Mietervereins Stuttgart gehen dem dortigen Wohnungsmarkt jährlich rund 1.000 Wohnungen durch Zweckentfremdung verloren. Auch in Hessen und Berlin gibt es daher Bestrebungen, das Zweckentfremdungsverbot wieder einzuführen. In den Jahren 2009 bis 2012 unter Geltung der bisherigen Zweckentfremdungssatzung wurden im Stadtgebiet München 548 illegale Zweckentfremdungen von Wohnungen entdeckt und beendet. Damit konnte eine Gesamtwohnfläche von ca. 40.000 qm gerettet bzw. dem Wohnungsmarkt erfolgreich wieder zugeführt werden. Der überwiegende Teil davon war familiengerechter Wohnraum.
Seite 5 Im Vergleich dazu: Die Herstellungskosten (inkl. Grundstück) belaufen sich für eine nach EOF-geförderte Wohnung auf rund 217.000 (aus dem Bericht zur Wohnungssituation 2010/2011), was bei 548 geförderten Wohnungen einem Volumen von rund 119 Millionen entspräche. Kleine Unternehmen, Gewerbebetriebe und Dienstleistungsunternehmen beziehen gerne in Wohnvierteln Wohnräume, um ihre Dienste in räumlicher Nähe zu den Kundinnen und Kunden anbieten zu können. Die derzeit noch leerstehenden Gewerbeeinheiten stellen auf Grund ihrer Größe und Lage keine Alternative für die überwiegende Zahl der Zweckentfremder dar. Auch im Rahmen der von Bürgerinnen und Bürgern beantragten Genehmigungsverfahren wird umfassend Wohnraum geschützt. Durch Auflagen in den Genehmigungsbescheiden und deren konsequente Überwachung wird sichergestellt, dass der genehmigte Wohnraumverlust zeitnah wieder ausgeglichen wird. 4. Neuerlass einer Satzung über das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum für eine Geltungsdauer von vier Jahren Trotz aller Bemühungen der Landeshauptstadt wird der Münchener Wohnungsmarkt weiterhin ein hohes Defizit an bezahlbarem Wohnraum aufweisen, so dass ein konsequenter Wohnraumbestandsschutz unverzichtbar ist. Das Zweckentfremdungsverbot ist das effektivste rechtliche Instrument, um einer Umwidmung von Wohnraum im gesamten Stadtgebiet entgegentreten zu können. Mit anderen Mitteln kann der Zunahme gewerblicher Nutzungen, insbesondere im Innenstadtbereich, und den damit verbundenen städtebaulichen und sozialpolitisch unerwünschten Folgen nur sehr begrenzt entgegengewirkt werden. Die zum 01.01.2009 in Kraft getretene Satzung wird auf Grund des Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum vom 22.03.2013 durch Neuerlass ersetzt. Die Geltungsdauer der künftigen Zweckentfremdungssatzung läuft vom 01.12.2013 bis 30.11.2018 (5 Jahre). Inhaltlich wird bereits heute bestehende Verwaltungspraxis ausdrücklich geregelt. So wird beispielsweise auch bisher schon die gewerbliche Vermietung von Wohnraum als Feriendomizil zweckentfremdungsrechtlich verfolgt. Grundlage hierfür war bisher, dass diese Nutzung unter das allgemeine Verbot der gewerblichen bzw. beruflichen Nutzung von Wohnraum subsummiert wurde. Mit der ausdrücklichen Aufnahme des Tatbestandes in das geänderte Zweckentfremdungsgesetz ist nun die Übernahme der Regelung auch in die Satzung wieder möglich. Dies führt zu mehr Rechtssicherheit und reduziert den Begründungsaufwand beim Einschreiten gegen diese zunehmend relevante Form der Zweckentfremdung erheblich.,,
Seite 6 Eine Initiative der Landeshauptstadt München beim Gesetzgeber einen generellen Vorrang der Schaffung von Ersatzwohnraum gegenüber der Entrichtung von Ausgleichsbeträgen gesetzlich festzuhalten, wurde leider vom Bayerischen Landtag nicht aufgegriffen. Ein Gestaltungsspielraum ist für die Stadt München nur in sehr beschränktem Umfang gegeben, da das Gesetz über das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum den Rahmen für den Vollzug vorschreibt. Über diesen vom Gesetzgeber vorgegebenen Rahmen hinaus ist eine Reglementierung durch die Landeshauptstadt München rechtlich nicht möglich. Folgende Unterschiede zur bisherigen Regelungssituation treten auf: Im ZwEWG: Die dauerhafte Fremdenbeherbergung taucht wieder ausdrücklich im Katalog der Zweckentfremdungen in Art. 2 Satz 2 ZwEWG auf (vgl. oben). Damit kann sich in Einzelfällen das behördliche Vorgehen gegen Arbeiterunterkünfte oder ähnliche pensionsartige Nutzungen und Ferienwohnungen erleichtern. Die maximale Geltungsdauer der Satzung von fünf Jahren führt dazu, dass die spätere Fortführung des Zweckentfremdungsverbotes durch kommunale Satzung nicht nur vom Gestaltungswillen der Landeshauptstadt München abhängt, sondern auch davon, ob der Freistaat Bayern die Ermächtigungsgrundlage erneut verlängert. In Art. 3 Satz 1 Nr. 2 Halbsätze 1 und 2 ZwEWG wurde jeweils das Ẃort insbesondere gestrichen. Dies gilt jedoch nur der Klarstellung. In der künftigen Zweckentfremdungssatzung (ZeS): Es erfolgt in den oben genannten Punkten eine Anpassung an das ZwEWG. Aufgrund von seit Erlass der Zweckentfremdungssatzung im Jahr 2008 ergangenen Beschlüssen und Urteilen des Verwaltungsgerichts München und des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes erfolgen einige redaktionelle Änderungen bzw. Ergänzungen. Im Einzelnen wird auf den Text der künftigen Zweckentfremdungssatzung (ZeS) in Anlage 2 verwiesen. Textliche Neuerungen gegenüber der bisherigen Satzung sind in der Übersicht in Anlage 3 kursiv bzw. durchgestrichen dargestellt.
Seite 7 5. Anhörung des Bezirksausschusses In dieser Beratungsangelegenheit ist die Anhörung des Bezirksausschusses nicht vorgesehen (vgl. Anlage 1 der BA-Satzung). Die Sitzungsvorlage ist mit dem Direktorium-Rechtsabteilung hinsichtlich der von diesem zu vertretenden formellen Belange abgestimmt. Der Korreferentin, Frau Stadträtin Demirel, dem Verwaltungsbeirat, Herrn Stadtrat Offman, der Stadtkämmerei, dem Direktorium-Rechtsabteilung, dem Referat für Stadtplanung und Bauordnung, der Frauengleichstellungsstelle und dem Sozialreferat/Stelle für interkulturelle Arbeit ist ein Abdruck der Sitzungsvorlage zugeleitet worden. II. Antrag der Referentin 1. Die Satzung der Landeshauptstadt München über das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum (ZeS) wird in der nachstehenden Fassung (Anlage 2) beschlossen. 2. Dieser Beschluss unterliegt nicht der Beschlussvollzugskontrolle. III. Beschluss nach Antrag. Die endgültige Beschlussfassung obliegt der Vollversammlung des Stadtrates. Der Stadtrat der Landeshauptstadt München Die Vorsitzende Die Referentin Christine Strobl Bürgermeisterin Brigitte Meier Berufsm. Stadträtin,,
Seite 8 IV. Abdruck von I. mit III. über den Stenografischen Sitzungsdienst an das Direktorium - Dokumentationsstelle an die Stadtkämmerei an das Revisionsamt an das Direktorium Rechtsabteilung (3-fach) z. K. V. Wv. Sozialreferat 1. Die Übereinstimmung vorstehenden Abdrucks mit der beglaubigten Zweitschrift wird bestätigt. 2. An das Referat für Stadtplanung und Bauordnung An die Frauengleichstellungsstelle An das Sozialreferat, S-III-M z. K. Am I.A.