Rechtliche Grundlagen für Nachträge bei Bauverträgen ( 2 Nr. 5 und Nr. 6 VOB/B)

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R W W D R O G G E L I N W I T T W U R M D I E C K E R T Wirtschaftsprüfer Steuerberater Rechtsanwälte Rechtliche Grundlagen für Nachträge bei Bauverträgen ( 2 Nr. 5 und Nr. 6 VOB/B) Unternehmergespräch am 18.05.2006 in Berlin A. Die Nachtrags- und Preisanpassungsvorschriften der VOB/B im Wortlaut 1 Nr. 3 VOB/B Änderungen des Bauentwurfs anzuordnen, bleibt dem Auftraggeber vorbehalten. 1 Nr. 4 VOB/B Nicht vereinbarte Leistungen, die zur Ausführung der vertraglichen Leistung erforderlich werden, hat der Auftragnehmer auf Verlangen des Auftraggebers mit auszuführen, außer wenn sein Betrieb auf derartige Leistungen nicht eingerichtet ist. Andere Leistungen können dem Auftragnehmer nur mit seiner Zustimmung übertragen werden. 2 Nr. 3 VOB/B Abs. 1: Weicht die ausgeführte Menge er unter einem Einheitspreis erfassten Leistung oder Teilleistung um nicht mehr als 10 v. H. von dem im Vertrag vorgesehenen Umfang ab, so gilt der vertragliche Einheitspreis. Abs. 2: Für die über 10 v. H. hinausgehende Überschreitung des Mengenansatzes ist auf Verlangen ein neuer Preis unter Berücksichtigung der Mehr- oder Minderkosten zu vereinbaren. Abs. 3: Bei einer über 10 v. H. hinausgehenden Unterschreitung des Mengenansatzes ist auf Verlangen der Einheitspreis für die tatsächlich ausgeführte Menge der Leistung oder Teilleistung zu erhöhen, soweit der Auftragnehmer nicht durch Erhöhung der Mengen bei anderen Ordnungszahlen (Positionen) oder in anderer Weise einen Ausgleich erhält. Die Erhöhung des Einheitspreises soll im Wesentlichen dem Mehrbetrag entsprechen, der sich durch Verteilung der Baustelleneinrichtungsund Baustellengemeinkosten und der Allgemeinen Geschäftskosten auf die verringerte Menge ergibt. Die Umsatzsteuer wird entsprechend dem neuen Preis vergütet. 2 Nr. 5 VOB/B Werden durch Änderung des Bauentwurfs oder andere Anordnungen des Auftragsgebers die Grundlagen des Preises für eine im Vertrag vorgesehene Leistung geändert, so ist ein neuer Preis unter Berücksichtigung der Mehr- oder Minderkosten zu vereinbaren. Die Vereinbarung soll vor der Ausführung getroffen werden. 2 Nr. 6 VOB/B Abs. 1: Wird eine im Vertrag nicht vorgesehene Leistung gefordert, so hat der Auftragnehmer Anspruch auf besondere Vergütung. Er muss jedoch den Anspruch dem Auftraggeber ankündigen, bevor er mit der Ausführung der Leistung beginnt. Abs. 2: Die Vergütung bestimmt sich nach den Grundlagen der Preisermittlung für die vertragliche Leistung und den besonderen Kosten der geforderten Leistung. Sie ist möglichst vor Beginn der Ausführung zu vereinbaren. 2 Nr. 7 VOB/B Abs. 1: Ist als Vergütung der Leistung eine Pauschalsumme vereinbart, so bleibt die Vergütung unverändert. Weicht jedoch die ausgeführte Leistung von der vertraglich vorgesehenen Leistung so er

heblich ab, dass ein Festhalten an der Pauschalsumme nicht zumutbar ist ( 242 BGB), so ist auf Verlangen ein Ausgleich unter Berücksichtigung der Mehr- oder Minderkosten zu gewähren. Für die Bemessung des Ausgleichs ist von den Grundlagen der Preisermittlung auszugehen. Die Nummern 4, 5 und 6 bleiben unberührt. 2 Nr. 8 VOB/B Abs. 1: Leistungen, die der Auftragnehmer ohne Auftrag oder unter eigenmächtiger Abweichung vom Auftrag ausführt, werden nicht vergütet. Der Auftragnehmer hat sie auf Verlangen innerhalb einer angemessenen Frist zu beseitigen; sonst kann es auf seine Kosten geschehen. Er haftet außerdem für andere Schäden, die dem Auftraggeber hieraus entstehen. Abs. 2: Eine Vergütung steht dem Auftragnehmer jedoch zu, wenn der Auftraggeber solche Leistungen nachträglich anerkennt. Eine Vergütung steht im auch zu, wenn die Leistungen für die Erfüllung des Vertrages notwendig waren, dem mutmaßlichen Willen des Auftraggebers entsprachen und ihm unverzüglich angezeigt wurden. Soweit dem Auftragnehmer eine Vergütung zusteht, gelten die Berechnungsgrundlagen für geänderte oder zusätzliche Leistungen der Nr. 5 oder 6 entsprechend. Abs. 3: Die Vorschriften des BGB über die Geschäftsführung ohne Auftrag ( 677 ff. BGB) bleiben unberührt. B. Systematik der VOB/B-Vorschriften I. Preisanpassungs- und Nachtragsvorschriften Die Vorschriften in 2 Nr. 3 VOB/B stellen keine Nachtrags-, sondern beinhalten Preisanpassungsvorschriften bei Mengenabweichungen dar. Diese Bestimmungen gelten nur bei Einheitspreisverträgen (dazu unter C. I., S. 5 f). Auch die Bestimmungen in 2 Nr. 7 VOB/B enthalten keine Nachtragsvorschriften, sondern regeln ein Preisanpassungsrecht bei gravierenden Mengenüber- bzw. -unterschreitungen im Rahmen eines Detail- Pauschalvertrages (dazu unter C. II., S. 6 f). Die eigentlichen Nachtragsvorschriften der VOB/B sind in 2 Nr. 5 und Nr. 6 geregelt. Diese Nachtragsvorschriften gelten grundsätzlich bei sämtlichen Vertragstypen, und zwar im Ausgangspunkt einschränkungslos (dazu unter D., S. 9 ff.). II. Ausgangsüberlegung: Was ist Bausoll einerseits bzw. Bau-Ist andererseits? Beide Vertragspartner müssen, um die Berechtigung eines Nachtrages dem Grunde nach prüfen zu können, folgende drei Fragen beantworten: (1) Was ist das Bausoll nach dem abgeschlossenen Vertrag und seinen Bestandteilen? Die Kardinalfrage bei Nachträgen ist grundsätzlich diejenige nach dem sogenannten Bausoll. Dabei muss zunächst ermittelt werden, welche konkreten Bauleistungen nach dem jeweils abgeschlossenen Vertrag und seinen Bestandteilen für die vereinbarte Vergütung geschuldet sind. Es versteht sich von selbst, dass alle Leistungen, die nach dem Vertrag bereits zum Bausoll gehören, keine zusätzliche Vergütung also keine Nachträge rechtfertigen. (2) Wie stellt sich das konkrete Bau-Ist dar? Nachdem das Bausoll ermittelt wurde, muss in einem zweiten Schritt geklärt werden, welche konkreten Leistungen der Auftraggeber nach Vertragsabschluss fordert oder anordnet. (3) Gibt es eine Abweichung zwischen Bausoll und Bau-Ist?

Weichen Bausoll und Bau-Ist voneinander ab, ist in einem weiteren Schritt zu klären, worauf diese Abweichung beruht. Die Nachtragsvorschriften der VOB/B rechtfertigen eine über den vereinbarten Preis hinausgehende Vergütung nur, wenn der Auftraggeber die zusätzliche Leistung gefordert ( 2 Nr. 6 Abs. 1 VOB/B), oder er eine entsprechende Anordnung getroffen hat ( 2 Nr. 5 VOB/B). Leistungen, die der Auftragnehmer ohne eine solche Forderung oder eine entsprechende Anordnung ausführt, können nur unter den weiteren Voraussetzungen des 2 Nr. 8 Abs. 2 und 3 VOB/B vergütungspflichtig sein. III. Die Nachträge der Höhe nach Steht nach dieser Prüfung dem Grunde nach fest, dass Leistungen über das vertraglich vereinbarte Bausoll hinaus erbracht worden sind, ist zu klären, in welcher Höhe der Auftragnehmer eine Vergütung erhält. Sowohl bei 2 Nr. 5 VOB/B als auch bei Nachträgen nach 2 Nr. 6 VOB/B ist grundsätzlich das Preisniveau für die vertraglich vereinbarte Hauptleistung maßgeblich. Dies bedeutet, dass die Auftragskalkulation soweit möglich analog fortgeschrieben werden muss. Alle Preisermittlungsgrundlagen für die vertragliche Hauptleistung bleiben auch im Rahmen der Nachtragsvergütung maßgeblich. Dies betrifft insbesondere die Deckungsbeiträge für Baustelleneinrichtungs- und Baustellengemeinkosten, Allgemeine Geschäftskosten sowie Wagnis und Gewinn. Merksatz: Guter Preis bleibt guter Preis, schlechter Preis bleibt schlechter Preis. Grundsätzlich nicht entscheidend ist deshalb, wie hoch die angemessene oder ortsübliche Vergütung wäre. Entscheidend sind die Preisermittlungsgrundlagen für die vertraglich beauftragte Leistung. C. Unterscheidung der Vertragstypen Mit der Frage nach dem vertraglich geschuldeten Bausoll korrespondiert immer die Frage, wie das Bausoll in dem jeweiligen Vertrag beschrieben worden ist. Dabei müssen verschiedene Vertragstypen unterscheiden werden. Es kommt maßgeblich darauf an, wie einerseits die vertraglich geschuldete Bauleistung und andererseits die hierfür vereinbarte Vergütung geregelt sind. Dies soll durch das nachfolgende Schaubild verdeutlicht werden: Einheitspreis- Detail-Pauschal- Globalpauschal- Vertrag Vertrag Vertrag Bau-Soll Detailliert Detailliert Pauschal Vergütung Detailliert Pauschal Pauschal Anmerkung: Mischformen sind möglich, beispielsweise: - EP-Vertrag mit Teilpauschalen ( Baustelleneinrichtung ) - DP-Vertrag mit nur funktional beschriebenen Leistungselementen - GP-Vertrag mit Detailregelungen oder Öffnungsklauseln Um Missverständnissen vorzubeugen: Bei der nachfolgenden Darstellung handelt es sich zur Verdeutlichung der Strukturen letztlich um Schubladen. Nahezu nie gibt es einen Vertragstyp in reinster Ausprägung. In der Praxis finden vielfältige Vermischungen statt. Für die Beurteilung von Nachträgen ist aber nicht die Bezeichnung des Vertrages, sondern ausschließlich die Frage maßgebend, wie konkret bzw. detailliert oder wie pauschal bzw. global diejenige Bauleistung beschrieben ist, hinsichtlich derer Nachträge geltend gemacht werden sollen. Zumindest bei größeren Bauvorhaben kommen regelmäßig nur der Einheits- bzw. der Pauschalpreisvertrag in Betracht. Bei letzterem ist zwischen dem Global- und dem Detailpauschalvertrag zu unterscheiden.

Im Einzelnen: I. Einheitspreisvertrag 1. Struktur des Einheitspreisvertrages Beim Einheitspreisvertrag wird die vertraglich zu erstellende Bauleistung in der regelmäßig vom Auftraggeber als Angebotsblankett vorformulierten Leistungsbeschreibung in Teilarbeiten zerlegt, die nach bzw. in Ordnungszahlen (Positionen) beschrieben werden. Jede Position des Leistungsverzeichnisses ist aufgebaut in - Mengenangabe (Vordersatz) dies ist der nach Meinung des Auftraggebers voraussichtliche Leistungsumfang - Leistungsbeschrieb (z. B. Beton B 25 ) - Einheitspreis dies ist der Preis pro Abrechnungseinheit (z. B. 1 m³) Für alle Grundpositionen wird jeweils durch Multiplikation von Vordersatz und Einheitspreis der Positionsgesamtpreis ermittelt und angeboten; die Summe der Gesamtpreise der Grundpositionen ergibt die Auftragssumme. Im Idealfall sind also sowohl das Bausoll als auch die Vergütung konkret vereinbart (vgl. das Schaubild auf Seite 4). Beim Einheitspreisvertrag werden nach Abschluss der Arbeiten die vereinbarten Einheitspreise mit den tatsächlich ausgeführten Leistungen multipliziert. Daraus ergibt sich dann die Abrechnungssumme. Die tatsächlich ausgeführten Leistungen sind durch ein Aufmaß nachzuweisen. Fehlt es an einem solchen Aufmaß ist die Schlussrechnung bereits nicht prüffähig und damit nicht zur Zahlung fällig. Der Vorteil des Einheitspreisvertrages besteht darin, dass eine genaue Mengenermittlung vor Auftragserteilung nicht erforderlich ist, da nach den tatsächlich ausgeführten Mengen und Massen abgerechnet werden muss ( 2 Nr. 2 VOB/B). Nebenleistungen nach den Ziffern 4 der DIN 18299 ff. (VOB/C) gehören auch ohne ausdrückliche Erwähnung im Leistungsverzeichnis zu den geschuldeten Bauleistungen und rechtfertigen keine gesonderte Vergütung. Dem Vorteil des Einheitspreisvertrages steht gleichzeitig ein nicht zu unterschätzender Nachteil gegenüber. Je ungenauer die Mengenermittlung vor Auftragserteilung war, desto größer fällt die Differenz zwischen vorläufiger Auftragssumme einerseits und Abrechnungssumme andererseits aus. Zudem rechtfertigen Planungsänderungen oder besondere Leistungen, die im Leistungsverzeichnis nicht ausdrücklich erwähnt worden sind, Nachtragsforderungen nach 2 Nr. 5 und Nr. 6 VOB/B. Da es in der Realität kaum einem Auftraggeber gelingt, das Leistungsverzeichnis so aufzustellen, dass tatsächlich alle notwendigen Arbeiten vollständig und widerspruchsfrei beschrieben werden, besteht insbesondere beim Einheitspreisvertrag für den Auftragnehmer erheblicher Spielraum für Nachträge. 2. Preisanpassungsrecht nach 2 Nr. 3 VOB/B bei Mengenänderungen Von den Nachtragsvorschriften streng zu unterscheiden, ist das Preisanpassungsrecht nach 2 Nr. 3 VOB/B. Diese Vorschrift befasst sich mit Mengenänderungen aufgrund der örtlich vorgefundenen Verhältnisse, also letztlich aufgrund falscher oder ungenauer Mengenermittlungen im Leistungsverzeichnis. Kommt es deshalb zu Mengenerhöhungen oder Mengenminderungen von nicht mehr als 10 % bleibt der vertraglich vereinbarte Einheitspreis unverändert ( 2 Nr. 3 Abs. 1 VOB/B). Tritt eine Überschreitung des Mengenansatzes von mehr als 10 % auf, kann der Auftraggeber für die über 10 % hinausgehende Mehrmenge regelmäßig eine Reduzierung des Einheitspreises verlangen ( 2 Nr. 3 Abs. 2 VOB/B). Im Wesentlichen soll dabei berücksichtigt werden, dass der Auftragnehmer die kalkulierten Baustellengemeinkosten bereits bei Ausführung der Vordersatzmenge von 100 % verdient hat. Ihm bleiben jedoch die kalkulierten Zuschläge für Allgemeine Geschäftskosten sowie für Wagnis und Gewinn auch für die über 10 % hinausgehende Mehrmenge erhalten (OLG Nürnberg, IBR 2003, S. 55). Bei einer Unterschreitung des Mengenansatzes von mehr als 10 % kann der Auftragnehmer dagegen eine Erhöhung des Einheitspreises verlangen ( 2 Nr. 3 Abs. 3 VOB/B). Die Erhöhung soll im Wesentlichen dem

Mehrbetrag entsprechen, der sich durch Verteilung der Baustelleneinrichtungs- und Baustellengemeinkosten und der Allgemeinen Geschäftskosten auf die verringerte Menge ergibt. Überwiegender Auffassung nach bleiben dem Auftragnehmer für die Mindermengen auch die kalkulierten Beiträge für Wagnis und Gewinn. II. Detail-Pauschalvertrag 1. Struktur des Detail-Pauschalvertrages Bei diesem Vertragstyp ist lediglich die Vergütung, nicht aber die hierfür geschuldete Bauleistung (also das Bausoll) pauschaliert. Bei einem idealtypischen Detail-Pauschalvertrag ist das Leistungsverzeichnis ebenso konkret, ausführlich und genau wie bei einem Einheitspreisvertrag. Das Leistungsverzeichnis enthält deshalb die konkret geschuldeten Bauleistungen sowie Vordersätze nebst den hierfür zunächst angebotenen Einheitspreisen. Durch die meist nach Angebotsabgabe im Rahmen der Vertragsverhandlungen erfolgende Pauschalierung der Vergütung wird letztlich nur vereinbart, dass die in dem Leistungsverzeichnis aufgeführten Bauleistungen mengenunabhängig abgerechnet werden. Dies wiederum hat im Ergebnis zur Folge, dass beide Parteien das Mengenermittlungsrisiko tragen. Dies setzt jedoch Mengenermittlungskriterien (Pläne, Zeichnungen oder ein schon bestehendes Bauvorhaben) voraus. Ein solcher Vertrag wird grundsätzlich ohne Aufmaß abgerechnet, weil aufgrund der mengenunabhängigen Abrechnung die tatsächlich ausgeführten Leistungen für die geschuldete Vergütung regelmäßig unerheblich sind. Der Grundsatz der mengenunabhängigen Abrechnung ( 2 Nr. 7 Abs. 1 Satz 1 VOB/B) bezieht sich allerdings nur und ausschließlich auf diejenigen Bauleistungen, die in dem Leistungsverzeichnis aufgeführt sind. Denn die dort im Detail geregelten Bauleistungen bestimmen das Bausoll. 2. Preisanpassungsrecht bei erheblichen Mengenänderungen nach 2 Nr. 7 Abs. 1 Satz 2 VOB/B Eine Preisanpassung wegen Mengenmehrungen oder -unterschreitungen kommt bei einem Detail- Pauschalvertrag überwiegender Auffassung nach erst in Betracht, wenn bei gravierenden Mengenabweichungen (in der Regel mehr als 20 % im Verhältnis zur vereinbarten Pauschale), die Grundsätze von Treu und Glauben eine solche Preisanpassung gebieten, weil einer Vertragspartei das Festhalten an der vereinbarten Pauschale unzumutbar wäre (hierzu: OLG Düsseldorf, IBR 1995, 507; OLG Schleswig, IBR 2000, 364; OLG Stuttgart, IBR 2000, 593). Das Preisanpassungsrecht nach 2 Nr. 7 Abs. 1 Satz 2 VOB/B greift folglich ein, wenn die vorläufige Mengenberechnung im Leistungsverzeichnis ungenau oder falsch gewesen ist und die Vertragsparteien dies aus welchen Gründen auch immer nicht bemerkt haben. Sobald der Auftraggeber aber eine zusätzliche Leistung fordert oder eine Leistungsänderung anordnet, gelten die Nachtragsvorschriften der 2 Nr. 5 und Nr. 6 VOB/B, und zwar ohne jede Erheblichkeitsgrenze. Man muss bei einem Detail-Pauschalvertrag also zwischen Mengenänderungen aufgrund der örtlich vorgefundenen Verhältnisse nach 2 Nr. 7 Abs. 1 Satz 2 VOB/B und Anordnungen bzw. Forderungen des Auftraggebers nach 2 Nr. 5 und Nr. 6 VOB/B genau unterscheiden. Nur bei den Mengenänderungen aufgrund falscher Angaben im Leistungsverzeichnis aber vorhandenen Mengenermittlungskriterien gilt die von der Rechtsprechung angenommene 20 %-Grenze (s. o.). Im Rahmen von 2 Nr. 5 und Nr. 6 VOB/B rechtfertigen auch geringfügigste Zusatzarbeiten eine besondere Vergütung, ohne dass es auf deren Höhe ankäme. Gerade Auftraggeber übersehen häufig, dass im Rahmen eines Detail-Pauschalvertrages die Nachtragsvorschriften des 2 Nr. 5 und Nr. 6 VOB/B uneingeschränkt gelten (hierzu: BGH IBR 2002, S. 655; BGH IBR 2000, S. 480). Dies folgt bereits aus dem Wortlaut der VOB/B selbst, dort 2 Nr. 7 Abs. 1 Satz 4 VOB/B. 4. Wirksamkeit von Komplettheitsklauseln Auch eine Komplettheitsklausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die den Auftragnehmer innerhalb des Pauschalpreises zur Durchführung sämtlicher Leistungen verpflichtet, die zur funktionsgerechten Herstellung des Bauvorhabens oder Gewerkes erforderlich sind, unabhängig davon, ob in dem Leistungsverzeichnis enthalten oder nicht, ist nach 307 BGB (früher: 9 AGBG) unwirksam. Eine solche Komplettheitsklausel kann im Rahmen eines Detail-Pauschalvertrages nur individualvertraglich wirksam vereinbart werden.

Der Grund hierfür besteht darin, dass die VOB/B die Funktionsebenen Planung, die grundsätzlich vom Auftraggeber stammt ( 3 Nr. 1 VOB/B) und Bauleistung, die der Auftragnehmer zu erbringen hat, trennt. Danach bemisst sich auch die Risikozuweisung (dazu noch unter IV., S. 8 f). Für fehlerhafte Ausschreibung und Planung ist und bleibt der Auftraggeber unter Beachtung der Prüfungsund Hinweispflichten gem. 3 Nr. 3 Satz 2 und 4 Nr. 3 VOB/B verantwortlich. Für Ausführungsfehler haftet der Auftragnehmer. Eine Komplettheitsklausel würde diese Risikoverteilung durch einen Satz nämlich die Komplettheitsklausel - in sein Gegenteil verkehren. Der Auftragnehmer würde funktionswidrig fremde Planung kontrollieren und allein und ohne jede Rücksicht für deren Vollständigkeit haften. Streng genommen würde zu Lasten des Auftragnehmers eine echte Garantiehaftung für die Vollständigkeit der Planung und Ausschreibung begründet; der Auftraggeber würde sachwidrig und einseitig zu seinem Vorteil Risiken auf den Auftragnehmer verschieben. Deshalb halten solche Komplettheits- oder Vollständigkeitsklauseln einer Inhaltskontrolle anhand des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen ( 305 ff. BGB n. F.) nicht Stand. III. Global-Pauschalvertrag 1. Struktur des Global-Pauschalvertrages Bei diesem Vertragstyp wird im Unterschied zum Detail-Pauschalvertrag nicht nur die Vergütung, sondern auch die vertraglich geschuldete Bauleistung, das Bausoll, pauschaliert, also global beschrieben. Üblicherweise ist Bestandteil eines solchen Vertrages eine sogenannte funktionale Leistungsbeschreibung (auch: Leistungsprogramm). Darin ist nicht der genaue Weg zu dem geschuldeten Bauerfolg beschrieben, sondern nur das Programm vorgegeben, das den Bauerfolg dem Ergebnis nach (funktional) beschreibt. Der Auftragnehmer übernimmt hier typischerweise auch Planungsaufgaben bis hin zur Entwurfsplanung. Typisches Beispiel hierfür ist der Schlüsselfertigbauvertrag. Diese Verträge enthalten regelmäßig eine Komplettheitsklausel, die bei diesem Vertragstyp auch in Allgemeinen Geschäftsbedingungen wirksam vereinbart werden kann. Bei einem solchen Vertrag wird zunächst ebenso wie beim Detail-Pauschalvertrag mengenunabhängig abgerechnet. Darüber hinaus schuldet der Auftragnehmer aber alle erforderlichen Bauleistungen, die zur funktionsgerechten und schlüsselfertigen Herstellung der geschuldeten Bauleistung notwendig sind, ohne dass sich diese Leistungen aus der Baubeschreibung im Einzelnen ergeben müssten. Auch wenn eine solche funktional notwendige - Bauleistung der Baubeschreibung nicht zu entnehmen ist, gibt es hier keinen Anwendungsbereich für Nachträge nach 2 Nr. 6 VOB/B. 2. Anwendbarkeit der Nachtragsvorschriften Aber auch bei diesem Vertragstyp gilt: was in dem Bauvertrag und seinen Bestandteilen näher bestimmt und damit konkretisiert ist, bleibt näher bestimmt und regelt das Bausoll. Ändert der Auftraggeber solche näher bestimmten Leistungen, oder verlangt er die Ausführung von Zusatzleistungen, die funktional nicht notwendig, sondern möglicherweise nur wirtschaftlich sinnvoll sind, kann der Auftragnehmer auch im Rahmen eines Global-Pauschalvertrages Nachträge unter den Voraussetzungen des 2 Nr. 5 und Nr. 6 VOB/B geltend machen. IV. Risikozuweisungen bei den unterschiedlichen Vertragstypen Aus den vorstehenden Ausführungen ist deutlich geworden, dass es im Rahmen der verschiedenen Vertragstypen unterschiedliche Risiken gibt, die im Grundsatz jeweils der einen oder der anderen Vertragspartei zugewiesen werden. Folgende Risiken sind zu unterscheiden: - Mengenrisiko - Vollständigkeit/Unvollständigkeit der Planung - Richtigkeit/Unrichtigkeit der Planung

Die Risikoverteilung soll durch folgendes Schaubild verdeutlicht werden: Vertragstypen / Risiken EP-Vertrag DP-Vertrag GP-Vertrag Mengenermittlungsrisiko (Erhöhung) Risiko der Unvollständigkeit der Planung Risiko der Unrichtigkeit der Planung AG AG AN (Ausnahme: Scheinpauschalen) AG aber: Prüfungspflichten des AN nach 3 Nr. 3 Satz 2 i. V. m. 4 Nr. 3 VOB/B AG AG aber: Prüfungspflichten des AN nach 3 Nr. 3 Satz 2 i. V. m. 4 Nr. 3 VOB/B AN (Ausnahme: Scheinpauschalen) AN (soweit funktional notwendig) AN (übernimmt Ausführungsplanung) D. Die Voraussetzungen der Nachtragsvorschriften im Einzelnen I. 2 Nr. 5 VOB/B Diese Vorschrift regelt zusätzliche Vergütungsansprüche, wenn sich die Grundlagen der vereinbarten Preise aufgrund von Bauinhaltsänderungen ( Änderung des Bauentwurfs ) oder wegen Bauumstandsänderungen ( andere Anordnungen des Auftraggebers, beispielsweise Anordnungen des Auftraggebers zum Bauablauf) nachträglich verändern. 1. Beispiele für Planungsänderungen (Bauinhaltsänderungen): - Der Auftraggeber ordnet statt der ursprünglich geplanten feststehenden Fenster im Erdgeschoss Fenster mit beweglichen Elementen zum Öffnen an. - Der Auftraggeber ordnet an, leichte Zwischenwände nicht einfach, sondern doppelt mit Gipskartonplatten zu Beplanken. - Der Auftraggeber ordnet nachträglich an, Fensterbänke in Marmor statt in Kalkstein auszuführen. - Der Auftraggeber ordnet nachträglich eine 60 mm starke Perimeterdämmung statt der vorgesehenen 40 mm starken Perimeterdämmung an. 2. Beispiele für Bauumstandsänderungen: - Die im Vertrag zeitweilig vorgesehene Nutzung öffentlichen Straßenlandes (Teilsperrung einer Straße) wird zurückgenommen. Die Bauarbeiten müssen deshalb unter laufenden Verkehr erbracht werden. - Umstellung des Bauablaufs (die geplante Reihenfolge der Bauleistungen wird nachträglich vom Auftraggeber verändert). - Schließung eines Zufahrtsweges, der nach dem Vertrag dem Auftragnehmer für die Anlieferung des Materials zur Verfügung stehen sollte. - Änderungen der Ausführungsweise: Statt des vorgesehenen Maschineneinsatzes wird nachträglich Handschachtung angeordnet.

3. Änderungsanordnungen für im Vertrag vorgesehene Leistungen All diesen Fällen ist gemeinsam, dass sich die Anordnung des Auftraggebers (Planungsänderung) auf Leistungen bezieht, die im Vertrag bereits vorgesehen waren. Solche Änderungen darf der Auftraggeber verlangen ( 1 Nr. 3 VOB/B). Gerade weil nur eine Änderung einer im Vertrag bereits vorgesehenen Leistung angeordnet wird, und der Auftraggeber nicht etwas völlig Neuartiges oder Andersartiges verlangt, sieht 2 Nr. 5 VOB/B vor, dass ein neuer Preis unter Berücksichtigung der Mehr- oder Minderkosten zu vereinbaren ist. Bei der Bezifferung dieser Mehr- oder Minderkosten ist wiederum auf die Auftragskalkulation des Auftragnehmers abzustellen. 4. Anwendbarkeit der Vorschrift auch beim Global-Pauschalvertrag? Die Nachtragsvorschrift des 2 Nr. 5 VOB/B gilt im Grundsatz bei sämtlichen Vertragstypen. Die Anwendung dieser Vorschrift bereitet aber insbesondere beim Global-Pauschalvertrag mit funktionaler Leistungsbeschreibung häufig Schwierigkeiten, weil gerade dort die konkret geschuldeten Bauleistungen eben nicht in jedem Fall zweifelsfrei bestimmt sind. Heißt es in der Baubeschreibung beispielsweise, dass eine deutsche Markenbadewanne einzubauen sei, ist damit der konkrete Hersteller bzw. der konkrete Badewannentyp eben nicht exakt definiert. Auch wenn in einem solchen Fall das Leistungsbestimmungsrecht grundsätzlich dem Auftragnehmer zusteht ( 315 BGB), muss die Bestimmung nach billigem Ermessen erfolgen. Der Auftragnehmer ist also bei der Bestimmung der Leistung nicht völlig frei; er muss sich hierbei an der erkennbaren Charakteristik des Gesamtbauvorhabens, seinem sonstigen Ausstattungsstandard bzw. seiner Lage orientieren. II. Zusatzleistungen ( 2 Nr. 6 VOB/B) 1. Forderung des AG nach einer im Vertrag nicht vorgesehenen Leistung Diese Vorschrift regelt den besonderen Vergütungsanspruch des Auftragnehmers für Bauleistungen, die in den Vertragsgrundlagen (Leistungsverzeichnis bzw. Ausführungsplänen), nicht enthalten sind, deren Durchführung der Auftraggeber aber dennoch fordert ( 1 Nr. 4 VOB/B). Eine Zusatzleistung im Sinne des 2 Nr. 6 VOB/B kann vorliegen, wenn eine völlig neuartige Leistung, die in den Vertragsbestandteilen nirgendwo genannt ist, verlangt wird. Beispiele für Zusatzleistungen nach 2 Nr. 6 VOB/B: - Der Auftraggeber ordnet beim Bau eines Einfamilienhauses zusätzlich die Errichtung einer Terrasse oder eines Stellplatzes an. Hiervon war in dem Bauvertrag nicht die Rede. - Der Auftraggeber verlangt, dass der bisher frei zugängliche Parkplatz zusätzlich eine Parkplatzmauer erhält. - Im Leistungsverzeichnis sind lediglich 40 Feuerlöscher angegeben. Der Auftraggeber ordnet an, dass zusätzlich fünf weitere Feuerlöscher geliefert werden (Beispiel für eine angeordnete Mengenmehrung aufgrund einer Schein-Pauschale). - Statt bis zu einer Höhe von 1,80 m sollen die Badezimmer bis zur Decke verfliest werden. - Der Auftraggeber ordnet den nachträglichen Einbau von Absturzsicherungen an den Fenstern an, weil diese von der Bauaufsicht gefordert werden. - Der Auftraggeber verlangt den Einbau einer Wechselsprechanlage in einem Mehrfamilienhaus. Anhand der oben dargestellten Beispiele wird wiederum deutlich, dass hier zuerst die Frage zu beantworten ist, welcher Vertragstyp abgeschlossen wurde bzw. genauer wie die konkrete Ausführung der Leistungen in der Baubeschreibung oder dem Leistungsverzeichnis beschrieben worden ist. Handelt es sich um einen Global-Pauschalvertrag mit Komplettheitsklausel muss der Auftragnehmer für die Pauschale sämtliche Leistungen erbringen, die zur funktionsgerechten Herstellung des Gebäudes erforderlich sind. Wurden in einer funktionalen Leistungsbeschreibung zu einem Global-Pauschalvertrag Absturzsi-

cherungen oder eine Wechselsprechanlage nicht ausdrücklich erwähnt, sind diese Leistungen dennoch auszuführen, ohne dass der Auftragnehmer hierfür eine zusätzliche Vergütung nach 2 Nr. 6 VOB/B verlangen kann, weil diese Leistungen funktional notwendig sind, um den geschuldeten Bauerfolg herbeizuführen. Ordnet der Auftraggeber dagegen an, dass der bisher frei zugängliche Parkplatz eine Parkplatzmauer erhalten soll, ist dies eine Zusatzleistung, die nach 2 Nr. 6 VOB/B auch bei einem Global-Pauschalvertrag zusätzlich vergütet werden muss, weil eine solche Parkplatzmauer zur vollständigen und funktionsgerechten Herstellung des Bauvorhabens nicht zwingend erforderlich ist. 2. Forderung oder verbindliche Anordnung des Auftraggebers Häufig besteht Streit darüber, ob der Auftraggeber eine zusätzliche Leistung tatsächlich gefordert ( 2 Nr. 6 VOB/B) oder eine Planungsänderung bzw. eine sonstige Anordnung im Sinne des 2 Nr. 5 VOB/B getroffen hat. Dies ist für 2 Nr. 5 VOB/B sowie für 2 Nr. 6 VOB/B zwingende Anspruchsvoraussetzung. Der Auftragnehmer ist hierfür im Bauprozess beweispflichtig. Dem Auftragnehmer wird ein solcher Beweis nicht gelingen, wenn er lediglich behauptet, dass der Auftraggeber mit ihm über Änderungs- oder Zusatzleistungen gesprochen, Vorstellungen oder Wünsche geäußert bzw. unverbindliche Anordnungen getroffen hat. Anordnungen im Sinne des 2 Nr. 5 VOB/B bzw. Forderungen im Sinne des 2 Nr. 6 VOB/B liegen deshalb nur vor, wenn der Auftraggeber eine Befolgung heischende Aufforderung ausspricht. Auftragnehmer sind deshalb gut beraten, wenn sie hier für zweifelsfreie Verhältnisse sorgen und sich die Anordnung bzw. Forderung schriftlich erteilen lassen. Eine mündliche Anordnung oder Forderung sollte wenigstens schriftlich bestätigt werden. Gleichzeitig kann dort auf die entstehenden Mehrkosten hingewiesen werden. 3. Ankündigungserfordernisse bei 2 Nr. 5 und Nr. 6 VOB/B Dem aufmerksamen Leser wird nicht entgangen sein, dass zwischen 2 Nr. 5 VOB/B und 2 Nr. 6 VOB/B hinsichtlich der Ankündigung der zusätzlichen Vergütung ein gravierender Unterschied besteht. Nach 2 Nr. 6 Abs. 1 Satz 2 VOB/B muss der Auftragnehmer den Vergütungsanspruch jedenfalls dem Grunde nach ankündigen, bevor er mit der Ausführung der Zusatzleistung beginnt. Im Rahmen des 2 Nr. 5 VOB/B ist die Ankündigung dagegen keine Anspruchsvoraussetzung. Auch wenn die Rechtsprechung das Ankündigungserfordernis in 2 Nr. 6 Abs. 1 Satz 2 VOB/B für die Praxis in erheblichem Maße abgeschwächt hat (vgl. BGH IBR 2002, S. 59), kann man Auftragnehmern nur empfehlen, Nachtragsansprüche grundsätzlich anzumelden, unabhängig davon, ob es sich um Änderungs- oder Zusatzleistungen handelt. Damit ist diese Frage dem Streit der Parteien entzogen. 4. Vertretungsmacht von Architekten und Ingenieuren für die Beauftragung von Nachträgen? Für beide Vertragspartner ist Folgendes von grundlegender Bedeutung: Bauüberwachende Architekten und Ingenieure haben keine originäre Vollmacht, Nachträge zu beauftragen. Merksatz: Die Vollmacht des Architekten ändert, wo das Portemonnaie des Bauherren beginnt. Wenn der Bauvertrag die Vertretungsberechtigung des Architekten nicht eindeutig regelt, sollte sich ein Auftragnehmer nie darauf verlassen, dass eine entsprechende Bevollmächtigung besteht. Auch Architekten und Ingenieuren ist an dieser Stelle Vorsicht zu empfehlen. Im Zweifel haften sie als vollmachtslose Vertreter auf Schadenersatz gemäß 179 Abs. 1 BGB. E. Nachträge und Vertragsgestaltung/Leistungsverweigerungsrecht bei Streit über Nachträge? I. Möglichkeiten einer Verschärfung der Nachtragsvorschriften/Vor- und Nachteile Der Auftraggeber, der auf Kostensicherheit bedacht ist, hat ein Interesse daran, die Geltendmachung von Nachträgen nach den 2 Nr. 5 und 6 VOB/B zu erschweren.

Dies kann bei allen Vertragstypen in folgenden Schritten geschehen: 1. Schriftliches Ankündigungserfordernis auch im Bereich des 2 Nr. 5 VOB/B (Planungsänderungen oder sonstige Anordnungen des Auftraggebers). 2. Zwingende Vorlage eines konkreten Nachtragsangebotes (Spezifizierung der Höhe der Nachtragsforderung). 3. Schriftliche Vereinbarung über die Durchführung von zusätzlichen/geänderten Leistungen vor Beginn der Arbeiten als Anspruchsvoraussetzung (Ausnahme: es werden Notmaßnahmen ausgeführt oder es besteht kein ernsthafter Zweifel an der Vergütungspflicht der zusätzlichen oder geänderte Leistung). Die zuletzt genannte Einschränkung schriftliche Nachtragsvereinbarung soll nach einer Entscheidung des BGH vom 27.11.2003 (BGH, IBR 2004, S. 125) in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam sein. Der dort entschiedene Fall ist unserer Auffassung nach aber nicht auf sämtliche Verschärfungen der VOB/B- Nachtragsvorschriften übertragbar. Wenn dem Auftragnehmer bei Streit über die Berechtigung von Nachträgen ausdrücklich ein Leistungsverweigerungsrecht zugestanden und gleichzeitig die Ansprüche des Auftragnehmers nach 2 Nr. 8 Abs. 2 und 3 VOB/B von der Regelung nicht berührt werden, könnte die Klausel auch wirksam sein. Über die Wirksamkeit einer solchen Nachtragsbestimmung hat der BGH nicht entschieden. Eine Verschärfung der Nachtragsvorschriften sorgt zwar grundsätzlich für Kostensicherheit und Rechtsklarheit. Sie kann aber auch mit gravierenden Nachteilen (Störungen des Bauablaufes) verbunden sein, die letztlich auch nicht vermieden werden können. Wenn der Auftraggeber im Werkvertrag regelt, dass die vorherige Vereinbarung der Vergütung für eine Änderungs- bzw. Zusatzleistung zwingende Anspruchsvoraussetzung ist, während des Bauablaufs aber Streit darüber besteht, ob überhaupt eine Änderungs- bzw. Zusatzleistung vorliegt bzw. wie diese der Höhe nach zu vergüten sind, kann der Auftragnehmer, falls eine solche Vereinbarung nicht zustande kommt, die Arbeiten einstellen (BGH IBR 2004, 486). Deshalb ist eine solche Regelung nur für denjenigen Auftraggeber geeignet, der durch entsprechendes Personal (Architekten/Ingenieure/Projektsteuerer und Baurechtsanwälte) jederzeit in der Lage ist, die Berechtigung eines Nachtrages zu beurteilen und entsprechende Vereinbarungen herbeizuführen. Legt der Auftraggeber dagegen auf einen zügigen und reibungslosen Bauablauf wert, und nimmt er hierfür in Kauf, dass der Auftragnehmer gegebenenfalls erst mit der Schlussrechnung Nachtragsforderungen geltend macht, die ihm bislang unbekannt waren, sind die Nachtagsregelungen der VOB/B geeigneter als deren Verschärfung. Denn nach 2 Nr. 5 und Nr. 6 VOB/B ist eine vertragliche Einigung über Grund oder Höhe des Nachtrages nicht zwingend erforderlich. II. Leistungsverweigerungsrecht bei Streit über die Berechtigung von Nachträgen? Auch wenn die Nachtragsvorschriften der VOB/B unverändert gelten, stellt sich die Frage, ob der Auftragnehmer zur Ausführung der Nachtragsleistung verpflichtet ist, wenn der Auftraggeber deren Zahlung vor Ausführung ernsthaft und endgültig verweigert, beispielsweise weil er zu Unrecht der Meinung ist, die entsprechende Leistung fiele bereits unter die Pauschale. Dass der Auftragnehmer in einem solchen Fall die Leistung ausführen kann, steht völlig außer Zweifel. Wir wollen an dieser Stelle die Frage behandeln, ob er die Leistungen ausführen muss. Die Rechtsprechung geht hierbei von Folgendem aus: Verweigert der Auftraggeber die Zahlung einer Nachtragsvergütung, obwohl der Auftragnehmer seinen Nachtrag sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach plausibel erläutert hat und bleibt auch ein vorheriger Einigungsversuch ergebnislos (hierzu: BGH IBR 2000, S. 110), kann der Auftragnehmer die Leistung grundsätzlich verweigern; er muss sich nicht von vornherein auf einen Bauprozess wegen der Nachtragsvergütung verweisen lassen (BGH IBR 2004, 486).

R W W D R O G G E L I N W I T T W U R M D I E C K E R T Wirtschaftsprüfer Steuerberater Rechtsanwälte Dabei ist das Risiko für beide Vertragspartner aber nicht zu verkennen: Ist die Geltendmachung des Nachtrages berechtigt, verweigert der Auftragnehmer deren Ausführung, weil der Auftraggeber die Zahlung von vornherein verweigert, und kündigt der Auftraggeber daraufhin den Bauvertrag wie er meint aus wichtigem Grund hat er im Ergebnis lediglich eine sogenannte freie Kündigung mit den Abrechnungsfolgen des 8 Nr. 1 Abs. 2 VOB/B ausgesprochen. Der Auftraggeber muss danach auch für die kündigungsbedingt nicht mehr ausgeführten Leistungen die volle vertragliche Vergütung abzüglich der konkret ersparten Aufwendungen bezahlen. Umgekehrt: Ist der Nachtrag bereits dem Grunde nach unberechtigt oder der Höhe nach nicht nach der Auftragskalkulation ermittelt, und kommt es jetzt nach einer Leistungsverweigerung des Auftragnehmers zu einer Kündigung, liegt eine sogenannte schadenersatzbegründende Kündigung nach 8 Nr. 3 VOB/B vor. Der Auftragnehmer muss jetzt sämtliche aus der Kündigung entstehende Schäden ausgleichen. Häufig steht erst nach jahrelangem Rechtsstreit fest, ob ein Nachtrag tatsächlich berechtigt war. Die Bauvertragsparteien müssen die notwendigen Entscheidungen aber häufig innerhalb weniger Tage treffen. Die oben beschriebenen Szenarien machen deutlich, dass eine Kündigung des Bauvertrages wegen eines Streits über die Berechtigung von Nachträgen regelmäßig einen Verlierer hat, dieser aber im Zweifel erst nach Abschluss des Rechtsstreits feststeht. Die damit verbundenen Unwägbarkeiten sind für beide Vertragspartner erheblich. Solche Risiken lassen sich nur durch kooperatives Verhalten, beispielsweise durch Zahlung der Nachtragsvergütung gegen Bürgschaft des Auftragnehmers, oder durch eine Zahlungsbürgschaft des Auftraggebers jeweils ohne Präjudiz für die Berechtigung des Nachtrages lösen. Diese und ähnliche Fragen sollten bereits in dem Bauvertrag geregelt werden. Dabei gilt stets folgender Grundsatz: Die konkrete Vertragsgestaltung, insbesondere die Regelungen zu den Nachträgen, hängt immer von den jeweiligen Umständen des konkreten Einzelfalles und des jeweiligen Bauvorhabens ab. Verallgemeinerungen oder gleichlautende Regelungen für alle Arten von Bauleistungen bzw. Bauvorhaben sind nicht empfehlenswert. Insbesondere sollten die Vertragspartner nicht darauf vertrauen, dass Regelungen, die gestern rechtlich noch zulässig gewesen sind, auch morgen noch den Kriterien der Rechtsprechung, insbesondere unter Beachtung des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen, entsprechen. Aus diesem Grund müssen Bauverträge regelmäßig einem juristischen Check unterzogen werden. Wir erinnern in diesem Zusammenhang nur an die Rechtsprechung des BGH zur Obergrenze bei Vertragsstrafen. Bis zum 23.01.2003 wurden Vertragsstrafen von bis zu 10 % der Auftragssumme regelmäßig nicht beanstandet. Seit dem Urteil des BGH (BGH IBR 2003, S. 291) darf in Allgemeinen Geschäftsbedingungen eine Obergrenze von 5 % der Auftragssumme nicht mehr überschritten werden. Rechtsanwalt Bernd Kimmich Wallstraße 27 10179 Berlin Tel.: 0 30/27 87 07 Fax: 0 30/27 87 06 RWWD Berlin Wallstraße 27, 10179 Berlin Tel.: 0 30/27 87 07 RWWD Hamburg Alte Rabenstraße 32, 20148 Hamburg Tel.: 0 40/4 14 17-0 RWWD Schwerin Alexandrinenstraße 2, 19055 Schwerin Tel.: 03 85/59 00 30 RWWD Dresden Königstraße 4 01097 Dresden Tel.: 0351/2111760 berlin@roggelin.de hamburg@roggelin.de schwerin@roggelin.de dresden@roggelin.de