Der verbraucherrechtliche Widerruf A. Allgemeines I. rechtliche Einordnung: unter Anspruch untergegangen als rechtsvernichtende Einwendung ( nachträgliche Vernichtung eines bereits zuvor wirksam zustande gekommenen Rechtsgeschäfts ) II. Abgrenzung zu 130 Abs.1 S.2 BGB III. Rechtsfolge eines ausgeübten Widerrufsrechts ist in 357 BGB geregelt IV. Bei bereits ausgetauschten Waren, Entstehung eines Rückgewährschuldverhältnisses 346 ff. BGB V. WE wird unwirksam, damit wird auch Vertrag unwirksam B. Anspruchsgrundlage für Rückgewährverlangen 346 Abs.1, 357 Abs.1 S.1 BGB i.v.m..(widerrufsgrund) I. Widerrufsrecht alle Widerrufsrechte verweisen auf 355 BGB, der ein Widerrufsrecht voraussetzt 355 ff. BGB regeln nur die Ausübung und die Rechtsfolgen der Widerrufsrechte 1. Persönlicher Anwendungsbereich a) Verbrauchereigenschaft des Widerrufenden, 13 BGB aa)kauft Kaufmann K für seine Tochter T ein Fahrrad zum Geburtstag, ist er Verbraucher i.s.d. 13 BGB bb)r ist Rechtsanwältin. Sie bestellt im Internetshop der V-GmbH drei Lampen für Ihre Privatwohnung. Als Liefer- und Rechnungsadresse gab sie die Kanzlei Dr. R an. Problem: Auf wessen Sicht ist abzustellen? Grds: objektiver Empfängerhorizont bei empfangsbedürftigen Willenserklärungen (allgemeine Auslegungsregelung) Hier: 13 2. HS. BGB (besondere Auslegungsregelung) Rechtsgeschäftliches Handeln einer natürlichen Person ist grundsätzlich als Verbraucherhandeln anzusehen (widerlegbare Vermutungsregelung) BGH: R ist Verbraucher a.a.: R ist Unternehmerin
cc) beachte auch 512 BGB für Existenzgründer (gilt aber nur für 491-511 BGB) b) Widerrufsgegner ist Unternehmer, 14 BGB a. Unternehmer ist, wer am Markt planmäßig und dauerhaft Leistungen gegen Entgelt anbietet b. auch Freiberufler, da selbständig tätig c. Problem: Gewinnerzielungsabsicht d. Existenzgründer sind erfasst e. Problem: ebay-powerseller 2. Sachlicher Anwendungsbereich a) Allgemeines - Vorschriften sind zwingend und nicht abdingbar vgl. 312g, 511 BGB b) Bei 312 BGB (Haustürgeschäfte) (1) Verhältnis zu anderen Vorschriften, 312a BGB (2) Vertrag über eine entgeltliche Leistung alle Verträge über Waren und Dienstleistungen gegen ein Entgelt (3) Vorliegen einer Situation der Nr. 1-3 i. Nr.1 : entscheidend ist der Ort; Anlass ist nicht maßgeblich ii. Nr.2 : der Freizeitwert der Veranstaltung muss im Vordergrund stehen, z.b. Kaffee-, oder Besichtigungsfahrten iii. Nr.3 : Verkehrsmittel sind alle Arten von Transportmitteln, nicht jedoch der private Pkw iv. Bestimmen zur Abgabe einer WE Für ein Bestimmen genügt es, wenn der Vertrag sonst nicht oder nicht so zustande gekommen wäre (Kausalität). Tatsächliche Überrumpelung nicht erforderlich. (4) Kein Ausschluss des Widerrufsrechts nach 312 Abs. 3 BGB i. Nr.1 : es fehlt am Überraschungseffekt Greift aber dann nicht, wenn die Bestellung ersichtlich nicht zum Zwecke eines Vertragsschlusses erfolgte, dieser dann aber überraschend angeboten wird oder aber ein gänzlich anderer Vertrag geschlossen wird als derjenige, zu dessen Abschluss die Bestellung zu einem Hausbesuch erfolgte. Gleiches gilt, wenn die Bestellung
vom Unternehmer durch vorgedruckte Karten oder unerbeten Telefonanrufe provoziert wurde. ii. Nr.2 : Entgelt 40 nicht übersteigt und sofort bezahlt wird iii. Nr.3 : Schutz wird bereits durch Beurkundung erreicht c) Bei 312b ff. BGB (Fernabsatzverträge) (1) Vorliegen eines Fernabsatzvertrages i.s.v. 312b BGB (Definition in Abs.1 ) i. ausschließlicher Einsatz von Fernkommunikationsmittel ( 312 Abs.2 BGB; z.b. Telefon, Fax, E-Mail, Internet, Kataloge) ii. über die Lieferung von Waren oder die Erbringung von Dienstleistungen/Finanzdienstleistungen ( 312b Abs.1 S.2 BGB) (weite Auslegung) iii. Vorliegen eines für den Fernabsatz organisierten Vertriebsund Dienstleistungssystems (2) Kein Ausschluss nach 312d Abs.4, 5 BGB (3) Kein Erlöschen nach 312d Abs.3 BGB (4) Verhaltens- und Informationspflichten gemäß 312e BGB i.v.m. Art. 246 1 ff. EGBGB Wichtig für den Beginn der Widerrufsfrist 312d Abs.2 BGB d) Weiter Widerrufsrechte sind geregelt in: (1) 495 (Verbraucherdarlehensvertrag) (2) 485 (Teilzeit-Wohnrechteverträge) (3) 506 ff. (Abzahlungsgeschäfte und Finanzierungsleasingverträge) (4) 510 (Ratenlieferungsverträge) II. Ausübung des Widerrufsrechts Verweis in 312 Abs.1 S.1 BGB und 312d Abs.1 S.1 BGB auf 355 BGB 1. Widerrufserklärung, 355 Abs.1 BGB a) einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung b) gerichtet auf Rücknahme seiner WE (Gestaltungsrecht) c) keine Begründung erforderlich d) in Textform 126b BGB oder konkludent durch Rücksendung der Sache
2. Widerrufsfrist, 355 Abs.1 und 2 BGB a) Fristlänge (1) ordnungsgemäße Belehrung vor Vertragsschluss, 355 Abs.2 S.1 BGB i. Frist beträgt 14 Tage ii. Berechnung nach 187 Abs.1, 188 Abs.1 BGB (da Frist nach Tagen bestimmt) (2) ordnungsgemäße Belehrung nach Vertragsschluss, 355 Abs.2 S.3 BGB i. Frist beträgt einen Monat ii. Berechnung nach 187 Abs.1, 188 Abs.2 BGB (3) ordnungsgemäße Belehrung nicht vorhanden oder nicht vollständig, 355 Abs.4 S.3 BGB i. Frist kann ewig laufen ii. Problem: Verhältnis zu 355 Abs.4 S.1 BGB Die 6 - Monatsfrist des Abs.4 S.1, die mit Zugang der Vertragsannahme beginnt, hat nur marginale Bedeutung. Sie gilt, wenn der Unternehmer zwar ordnungsgemäß belehrt und die Anforderungen des 312c Abs.2 BGB erfüllt hat, er aber zusätzliche Informationspflichten verletzt hat, deren Erfüllung Voraussetzung für den Beginn der Widerrufsfrist ist ( 312d Abs.2 BGB). b) Fristbeginn (1) gemäß 355 Abs. 3 S.1 oder 312d Abs.2 BGB mit ordnungsgemäßer Belehrung nach 360 BGB (2) Bei Haustürgeschäften wird für den Beginn auf die Abgabe der WE des Verbrauchers abgestellt und nicht erst auf den unter Umständen erst später erfolgenden Vertragsschluss 3. Beachte die Abweichungen in den widerrufsbegründenden Normen gegenüber 355 BGB z.b. 312d Abs.2; 312e Abs.3; 485 Abs.3 BGB III. Rechtsfolgen des Widerrufs 1. An die Stelle des zunächst wirksamen Vertrags tritt ex nunc ein Abwicklungsverhältnis
2. Die Rechtsfolgen ergeben sich aus 357 Abs.1 S.1 BGB i.v.m. 346 ff. BGB (die 812 ff. gelten hier nicht!) 3. Rückgewähr Zug um Zug IV. Anstatt Widerrufsrecht, auch Rückgaberecht möglich 356 BGB 1. Verweis in 312 Abs.1 S.2 BGB und 312d Abs.1 S.2 BGB 2. Unterschied: a) Ausübung nur durch Rücksendung der Ware möglich b) Rücksendung erfolgt auf Kosten und Gefahr des Unternehmers