HEMMER-METHODE zu ÜK 1

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Transkript:

Übersicht über die Streitigkeiten im Kommunalrecht, Rn. 1 ff. ÜK 1 A) Streitigkeiten zw. Gemeinden und anderen Verwaltungsträgern, insbes. dem Freistaat B) Streitigkeiten innerhalb der Gemeinde: Kommunalverfassungsstreit C) Streitigkeiten zw. der Gemeinde und dem Einzelnen kommunale Selbstverwaltungsgarantie Art. 28 II GG, Art. 11 BV, und deren gerichtliche Durchsetzung (ÜK 2-5) Staatliche Aufsicht, Art. 108 ff. GO (ÜK 12-15) Maßnahmen sonstiger Hoheitsträger (ÜK 16) Streitigkeiten zwischen Organen und Teilen der Organe der Gemeinde (ÜK 17-24), v.a.: Sitzung und Beschlussfassung des Gemeinderats einzelnes Ratsmitglied, Ausschüsse, Fraktion Handeln des Ersten Bürgermeisters Rechtsetzung (Satzungen, Verordnungen), u.a.: Anschluss- und Benutzungszwang, kommunales Abgabenrecht (ÜK 25-27) öffentliche Einrichtungen (ÜK 28, 29) Bürgerbegehren und Bürgerentscheid (ÜK 30-32) kommunales Unternehmensrecht (ÜK 33) HEMMER-METHODE zu ÜK 1 Die kommunalrechtlichen Streitigkeiten können in drei Teilbereiche unterschieden werden. Im ersten Teilbereich geht es um das Verhältnis der Gemeinde zum Freistaat Bayern (sowie anderen Verwaltungsträgern). Grundlage hierfür ist die kommunale Selbstverwaltungsgarantie des Art. 28 II GG bzw. Art. 11 BV, die nicht nur die Existenz von Gemeinden bestimmt, sondern diesen einen bestimmten Aufgabenbereich kraft Verfassungsrecht zuweist. Die Kommunalverfassungsstreitigkeiten sind von dem Begriff der Innenrechtsstreitigkeit her zu verstehen. Es geht um die Rechtsverhältnisse innerhalb eines Verwaltungsträgers. Diese sind grundsätzlich nicht justiziabel, da es insoweit keine subjektiv-öffentlichen Rechte, sondern lediglich Zuständigkeiten gibt. Zwischen den Organen und Organteilen der Gemeinde ist dies jedoch anders. Der Teilbereich Gemeinde und Einzelner (Privater) ist vielfältig. Üblicherweise sind Klausuren in diesem Bereich insbesondere mit Fragen aus dem Verwaltungsrecht AT verbunden. Lassen Sie sich von dieser Einteilung nicht zu schematischem Denken verleiten! Sie soll lediglich der groben Strukturierung der Konstellationen dienen, mit denen Sie sich im Examen möglicherweise beschäftigen müssen. Verlieren Sie nicht die Querverbindungen aus den Augen! So kann z.b. ein Fehler bei der Beschlussfassung im Gemeinderat sowohl im Rahmen eines Kommunalverfassungsstreits als auch bei der Frage der Rechtmäßigkeit einer Satzung relevant sein.

Selbstverwaltung: Verfassungsgerichtlicher Rechtsschutz, Rn. 45 ÜK 2 Antragsgegenstand Staatsgewalt des Bundes Staatsgewalt des Freistaats Bayern Rechtsnorm Behörden-/ Gerichtsentscheidungen Rechtsnorm Behörden-/ Gerichtsentscheidungen kein Rechtsbehelf Kommunale Verfassungsbeschwerde, Art. 93 I Nr. 4b GG, 91 ff. BVerfGG Popularklage, Art. 98 S. 4 BV, Art. 55 VerfGHG Verfassungsbeschwerde, Art. 120 BV, Art. 51 ff. VerfGHG HEMMER-METHODE zu ÜK 2 Die Unterscheidung des statthaften verfassungsgerichtlichen Rechtsbehelfs zur Durchsetzung der kommunalen Selbstverwaltung richtet sich nach dem Antragsgegenstand. Für Akte der Bundes- Staatsgewalt kommt nur ein bundesverfassungsgerichtlicher Rechtsbehelf in Betracht. Denn Maßstab des Landesverfassungsgerichts ist die Landesverfassung (BV). Hinsichtlich der Rechtsnormen folgt aus Art. 31 GG, dass jegliches Bundesrecht höherrangig ist als das Landesverfassungsrecht. Ebenso ist hinsichtlich sonstiger Bundes-Staatsgewalt eine Überprüfung an Landesrecht ausgeschlossen. Dies ergibt sich u.a. daraus, dass die Verwaltung des Bundes niemals Landesrecht zu beachten hat, da dies eine Ausführung von Landesrecht durch den Bund darstellen würde, die nach Art. 30, 83 ff. GG ausgeschlossen ist (vgl. dazu Degenhart, Staatsrecht I, Rn. 665). Da die Kommunalverfassungsbeschwerde nach Art. 93 I Nr. 4b GG auf Rechtsnormen beschränkt ist, steht den Gemeinden gegen Entscheidungen von Behörden und Gerichten des Bundes kein verfassungsgerichtlicher Rechtsschutz zur Verfügung. Auch eine Jedermanns- Verfassungsbeschwerde nach Art. 93 I Nr. 4a GG scheidet aus, da Art. 28 II GG kein Grundrecht (h.m.) und nicht in Art. 93 I Nr. 4 a GG genannt ist. Zum anderen sind die Gemeinden auch nicht Träger der dort aufgeführten Grundrechte (nach h.m. keine Grundrechtsträgerschaft der Gemeinde; anders teilweise auf Landesebene in Bayern, vgl. ÜK 3). Wenn Landesrecht Antragsgegenstand ist, so ist die kommunale Verfassungsbeschwerde nach Art. 93 I Nr. 4b GG a.e. ausgeschlossen, da in Bayern der Rechtsbehelf der Popularklage nach Art. 98 S. 4 BV eröffnet ist. Die Abgrenzung zur Verfassungsbeschwerde nach Art. 120 BV richtet sich danach, ob eine Rechtsnorm oder eine (Einzel-) Entscheidung eines Gerichts oder einer Behörde angegriffen wird (vgl. Hemmer/Wüst,, Rn. 6).

Verfassungsrechtliche Rechtspositionen der Gemeinden, Rn. 4-45 ÜK 3 A) Bundesebene Garantie der kommunalen Selbstverwaltung, Art. 28 II S. 1 GG nicht Grundrechte des GG (BVerfG, str.), arg. keine grundrechtstypische Gefährdungslage bei juristischen Personen des ÖR, weder bei hoheitlichem noch bei privatrechtlichem Handeln Ausnahme: Justizgrundrechte, Art. 101 I S. 2, 103 I GG B) Landesebene Garantie der kommunalen Selbstverwaltung, Art. 11 II BV kann mittels Verfassungsbeschwerde nach Art. 120 BV durchgesetzt werden grundrechtsähnliches Recht Grundrechte: Eigentum Art. 103 I, 159 BV, Willkürverbot Art. 118 I BV Popularklage gem. Art. 98 S. 4 BV möglich aber: Gemeinden stehen Grundrechte nur dann zu, wenn im Einzelfall ihre Situation der Schutzbedürftigkeit eines Privaten entspricht, jedenfalls nicht bei der Erfüllung öffentlicher Aufgaben HEMMER-METHODE zu ÜK 3 Ordnen Sie die nach Bundes- und Landesrecht unterschiedlichen verfassungsrechtlichen Rechtspositionen den jeweiligen Rechtsbehelfen (vgl. ÜK 2) zu. Auf Bundesebene steht den Gemeinden nur Art. 28 II S. 1 GG zu, der mit der kommunalen Verfassungsbeschwerde nach Art. 93 I Nr. 4b GG gegen beeinträchtigende Rechtsnormen verteidigt werden kann. Auf Landesebene stehen der Gemeinde die Popularklage (Art. 98 S. 4 BV) und die Verfassungsbeschwerde nach Art. 120 BV zur Verfügung. Sowohl Grundrechte als auch die Garantie der kommunalen Selbstverwaltung nach Art. 11 II BV können mit beiden Rechtsbehelfen geltend gemacht werden. Denn die Grundrechte können mit der Popularklage gem. Art. 98 S. 4 BV, Art. 55 VerfGHG verteidigt werden, und sie sind auch verfassungsmäßige Rechte i.s.d. Art. 120 BV. Dies gilt ebenso für Selbstverwaltungsgarantie nach Art. 11 II BV, denn die Rechte i.s.v. Art. 120 BV müssen keine Grundrechte sein. Da Art. 11 II BV zudem als grundrechtsähnliches Recht angesehen wird, kann dieser auch eine Popularklage gem. Art. 98 S. 4 BV begründen. Der Streit um die Grundrechtsträgerschaft der Gemeinde hängt davon ab, ob man eine grundrechtstypische Gefährdungslage generell verneint oder im Einzelfall anzuerkennen vermag. Ausgangspunkt ist insoweit Art. 19 III GG und die Frage, ob die Grundrechte auf juristische Personen des öffentlichen Rechts ihrem Wesen nach anwendbar sind. Hier divergieren die Rechtsprechung des BVerfG, das den Gemeinden generell keinen Grundrechtsschutz zugesteht, und des BayVerfGH, der dies in Konstellationen grundrechtstypischer Gefährdungssituationen anders sieht. Vgl. dazu ausführlich Hemmer/Wüst,, Rn. 48, 52.

Kommunale Selbstverwaltungsgarantie: Schutzbereich, Rn. 17 ff. ÜK 4 Inhalt der Selbstverwaltungsgarantie gem. Art. 28 II GG/Art. 11 II BV: Existenz der Gemeinde = Rechtssubjektsgarantie institutionell: es muss überhaupt Gemeinden im Staatsaufbau geben (beschränkt) individuell: die einzelne Gemeinde ist eingeschränkt in ihrer Existenz geschützt Auflösung nur aus Gründen des öffentlichen Wohls (Verhältnismäßigkeit) die Gemeinde erledigt alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft (vgl. auch Art 83 BV). Dies sind (nach BVerfG) diejenigen Bedürfnisse und Interessen, die in der örtlichen Gemeinschaft wurzeln, oder einen spezifischen Bezug auf sie haben Garantie des Aufgabenbereichs dazu gehören insbes. die sog. Gemeindehoheiten bzgl. Organisation, Personal, Finanzen, Planung sowie die Satzungsautonomie Allzuständigkeit: Gemeinde ist für die Erledigung aller örtlichen Aufgaben zuständig, ohne besondere Zuständigkeitsregelung Eigenverantwortlichkeit = Weisungsfreiheit: es besteht nur eine Rechtmäßigkeitskontrolle durch den Staat ( Rechtsaufsicht) HEMMER-METHODE zu ÜK 4 Die beschränkte individuelle Existenzgarantie der einzelnen Gemeinde ist bei der Auflösung oder Neugliederung von Gemeinden zu beachten. Ein solcher Eingriff muss verhältnismäßig sein, d.h. die angestrebten öffentlichen Interessen müssen das (geschützte!) Interesse der Gemeinde an ihrem Fortbestand überwiegen. Dies gilt ebenso bei der Neugliederung von Landkreisen. Die genannte Formel des BVerfG zur Bestimmung der Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft wird Sie in der Klausur nicht immer zum Ziel bringen. Einfacher ist es bei der Prüfung des Art. 11 II BV, denn hier ist auf den Katalog des Art. 83 I BV oder Art. 57 GO zurückzugreifen. Sofern sich eine Aufgaben unter die genannten Gemeindehoheiten fassen lässt, entstehen ebenfalls wenige Probleme. Ansonsten können weitere Indizien zur Konkretisierung der örtlichen Angelegenheiten herangezogen werden, insbesondere das aktuelle typische Erscheinungsbild der kommunalen Aufgaben. Es kann von der Vermutung ausgegangen werden, dass die Aufgaben, die die Gemeinden heute eigenverantwortlich wahrnehmen, Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft sind. Zusätzlich können Sie ggf. historische Aspekte heranziehen. Aus der Selbstverwaltungsgarantie folgen weitere gemeindliche Rechtspositionen, die sich unter dem Oberbegriff der Leistungsrechte zusammenfassen lassen. Dazu gehören Mitwirkungsrechte bei staatlichen Maßnahmen, die die Gemeinde betreffen (Bsp.: Einvernehmen der Gemeinde nach 36 BauGB). Vgl. Hemmer/Wüst,, Rn. 46.

Komm. Selbstverwaltung: Rechtfertigung von Eingriffen, Rn. 34 ff. ÜK 5 Eingriff Entzug von Aufgaben (und deren Übertragung auf andere Verwaltungsträger oder zur Wahrnehmung durch Private) Regelung der Art und Weise der Aufgabenerledigung Rechtfertigung Eingriffe können aufgrund Gesetzes erfolgen: Art. 28 II S. 1 GG/ Art. 11 II BV enthalten einen Gesetzesvorbehalt ( im Rahmen der Gesetze ) Kernbereich Eingriffe stets unzulässig Bestimmung des Kernbereichs: Substanztheorie (fester Kern), Subtraktionstheorie (nach Eingriff verbleibender Rest), Abwägungs theorie (Abwägung der betroffenen Belange) Randbereich Eingriff muss verhältnismäßig sein dabei ist jedoch die grundsätzliche Entscheidung des GG/ der BV für die kommunale Selbstverwaltung zu beachten: Ein Eingriff darf daher nicht allein aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung, Wirtschaftlichkeit oder aufgrund von Gleichheitserwägungen erfolgen HEMMER-METHODE zu ÜK 5 Ein Eingriff liegt zum einen in jedem Entzug von Aufgaben, die zu den Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft zählen. Es ist nicht erforderlich, dass die Aufgabe zur Wahrnehmung dem Freistaat (oder dem Bund) übertragen wird. Auch eine Übertragung auf die Landkreise, andere Verwaltungsträger oder zur Wahrnehmung durch Private stellt einen Eingriff dar. Eingriffe in die Art und Weise der Aufgabenerledigung erfolgen durch Regelung der Wahrnehmung der örtlichen Angelegenheiten durch die Gemeinden. Obwohl Art. 28 II GG bzw. Art. 11 II BV keine Grundrechte darstellen, ist in der Klausur entsprechend einer Grundrechtsprüfung aufzubauen. Prüfen Sie in dem bekannten Schema (1) Schutzbereich, (2) Eingriff, (3) Rechtfertigung des Eingriffs. Der Gesetzesvorbehalt der Selbstverwaltungsgarantie erfordert, dass ein Eingriff durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes erfolgt. Eingriffe sind demnach grundsätzlich möglich, sofern sie nicht den Kernbereich betreffen und schon aus diesem Grund verfassungswidrig sind. Beachten Sie bei Eingriffen in den Randbereich, dass ein Eingriff nicht zu Gunsten jedes Zwecks erfolgen darf. Denn die verfassungsrechtliche Verankerung der kommunalen Selbstverwaltung beinhaltet, dass es eine dritte Ebene im Verwaltungsaufbau (neben Bund und Ländern) gibt, die grundsätzlich alle örtlichen Aufgaben wahrnimmt. Damit werden von Verfassungs wegen auch die Nachteile in Kauf genommen, die sich aus einer solchen Gliederung ergeben. Dies sind ein u.u. erhöhter Verwaltungsaufwand mit höheren Kosten und die Ungleichbehandlung der Einwohner verschiedener Gemeinden. Diese Folgen sind zu Gunsten von Dezentralisation und bürgerschaftlicher Mitwirkung und - verantwortung auf örtlicher Ebene grundsätzlich hinzunehmen! Eingriffe in die Selbstverwaltung können grundsätzlich nicht mit diesen Zielen gerechtfertigt werden!