Deontologie Die Bausteine der Kantischen Ethik

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Transkript:

Deontologie Die Bausteine der Kantischen Ethik Der gute Wille Ohne Einschränkungen gut ist allein der gute Wille. Alle anderen Dinge wie Talente oder Tugenden sind nicht an sich, sondern nur relativ gut relativ zum Willen der sie lenkt. Der Wert des guten Willens ist unabhängig vom Erfolg einer Handlung. Erfolg oder Misserfolg einer Handlung sind moralisch irrelevant. Der moralische Wert wird allein durch den Willen bestimmt, der einer Handlung zugrunde liegt. (Natürlich darf es sich nicht um ein beliebiges Wollen handeln. Der gute Wille ist eine feste Überzeugung und zieht den Einsatz aller zur Verfügung stehenden Mittel nach sich) Abkoppelung vom antiken Gedanken der Eudaimonia. Moral macht nicht glücklich. Bestenfalls macht ein moralisches Handeln den Mensch des Glückes würdig.

II. Guter Wille und praktische Vernunft Wille ist die Fähigkeit, Handlungen nach Neigungen (Trieben/Begierden) oder nach der Vorstellung von Gesetzen (allg. Prinzipien) auszurichten. Vernunft ist die Fähigkeit zur Ableitung allg. Prinzipien Der gute Wille ist Ausdruck einer Vernunft, die sich um die Befolgung ihrer selbstgewählten Prinzipien (Gesetze) bemüht. Der gute Wille ist die praktische Vernunft

III. Imperative und praktische Vernunft Damit der Wille ein guter Wille sein kann, muss er durch die Vernunft auch gegen die Neigungen zur Befolgung der Vernunftargumente genötigt werden. Die Form der Nötigung ist die Befehlsform, der Imperativ. => Von welcher Art muss der Imperativ sein, mit dem die reine praktische Vernunft den Willen zum Guten nötigen kann? Es bestehen zwei Arten der Imperative: Hypothetische Imperative (Etwas ist nur unter einer bestimmten Bedingung (Hypothese) geboten) Kategorische Imperative (Etwas ist immer und unter allen Umständen geboten.) Die Formel mit der die Vernunft dem Willen die Pflicht diktiert muss ein kategorischer Imperativ sein, denn nur so kann sie ohne Einschränkung und mit absoluter Notwendigkeit fordern.

IV. Der Kategorische Imperativ Kant sucht nach einem Gebot, dass den Willen mit Notwendigkeit und Absolutheit zum Guten nötigt. Notwendigkeit: Das Gebot ist ohne Alternative Absolutheit: Die Forderung des Gebotes kennt keine Ausnahme => Damit dies möglich ist, muss es sich um einen synthetischen praktischen Satz a priori handeln (Ein Satz, der das Gute ohne Hypothesen, empirische Voraussetzungen und analytische Zirkel [das Gute ist gut, weil es gut ist] fordert)

IV. Der Kategorische Imperativ 2. Ist ein solcher Satz überhaupt zu denken? Ja, es ist ein Gesetz, dass nicht mehr verlangt, als dass das Motiv, die Grundüberzeugung einer Handlung notwendig an ihr ausgerichtet sei. Eine Grundüberzeugung nennt Kant Maxime und die größtmögliche Absolutheit und Notwendigkeit kommt den Naturgesetzen zu. Handle nur nach derjenigen Maxime, durch die du zugleich wollen kannst, dass sie ein allgemeines (Natur)Gesetz werde.

IV. Der Kategorische Imperativ 3. Warum ist dies ein synthetischer praktischer Satz a priori? Er ist a priori, denn er ist ohne empirischen Inhalt. Formuliert werden nur die Bedingung der Möglichkeit dafür, dass etwas gut ist. Es wird aber kein inhaltliches Gebot formuliert. Er ist synthetisch, denn das Gute wird um die Kriterien Maxime, Allgemeingültigkeit und Naturgesetz erweitert Er ist praktisch, denn er fordert ein bestimmtes Verhalten

V. Pflicht als Freiheit Pflicht! Du erhabener großer Name, der du nichts Beliebtes, was Einschmeichelung bei sich führt, in dir fassest, sondern Unterwerfung verlangst, doch auch nichts drohest, was natürliche Abneigung im Gemüte erregte und schreckte, um den Willen zu bewegen, sondern bloß ein Gesetz aufstellst, welches von selbst im Gemüt Eingang findet. Kritik der praktischen Vernunft. VI, 35

V. Pflicht als Freiheit Gemäß der Pflicht ist eine Handlung, die zwar wünschenswert ist, deren Ursprung jedoch nicht das Sittengesetz ist Beispiel: Ich rette mein Kind oder meinen Freund Aus Pflicht ist eine Handlung, wenn deren Ursprung allein die Einsicht in die Notwendigkeit des Sittengesetzes ist Beispiel: Ich rette meinen Feind

IV. Pflicht als Freiheit Ob eine Handlung aus Pflicht erfolgt, kann allein der Entscheidende selbst beurteilen. Deutlichster Hinweis ist das Widerstreben aller natürlichen Neigungen. Da der Entscheidende sich selbst autonom die Pflicht diktiert und seinen Entschluss sogar gegen alle Zwänge der Natur (Neigungen) verfolgen kann, ist diese Pflicht der höchste Ausdruck der Freiheit.

Befehlsnotstand vs. Pflicht Eichmann in Jerusalem Immanuel Kant Das Bewußtsein eines inneren Gerichtshofes im Menschen (»vor welchem sich seine Gedanken einander verklagen oder entschuldigen«) ist das Gewissen. Metaphysik der Sitten.

Freiheit bedeutet nicht tun zu können was man will, sondern wollen zu können was man muss. Vielen Dank