GRUNDLAGEN MATHEMATIK

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Transkript:

Mathematik und Naturwissenschaften Fachrichtung Mathematik, Institut für Numerische Mathematik GRUNDLAGEN MATHEMATIK 1. Vektorrechnung und Geometrie Prof. Dr. Gunar Matthies Wintersemester 2015/16

G. Matthies Grundlagen Mathematik 2/53 Mengenbegriff Definition (Naiver Mengenbegriff nach Georg Cantor) Eine Menge ist eine Zusammenfassung von wohlbestimmten, wohlunterscheidbaren Objekten unserer Anschauung oder unseres Denkens zu einem Ganzen. Die Objekte der Menge werden Elemente der Menge genannt.

G. Matthies Grundlagen Mathematik 3/53 Häufig auftretende Mengen N = Menge der natürlichen Zahlen N 0 = N {0} = Menge der natürlichen Zahlen und 0 Q = Menge der rationalen Zahlen (=Brüche) R = Menge der reellen Zahlen R + = Menge der positiven reellen Zahlen R + 0 = Menge der nichtnegativen reellen Zahlen R = Menge der negativen Zahlen R 0 = Menge der nichtpositiven Zahlen Z = Menge der ganzen Zahlen Zusammenhang N N 0 Z Q R

G. Matthies Grundlagen Mathematik 4/53 Intervalle und Halbgeraden Seien a, b R mit a b. Dann setzen wir Intervalle [a, b] := {x R : a x b} (a, b) := {x R : a < x < b} [a, b) := {x R : a x < b} (a, b] := {x R : a < x b} Halbgeraden oder Strahlen (abgeschlossen) (offen) (rechts halboffen) (links halboffen) [a, ) := {x R : a x} (abgeschlossene Halbgerade) (, b] := {x R : x b} (abgeschlossene Halbgerade) (a, ) := {x R : a < x} (offene Halbgerade) (, b) := {x R : x < b} (offene Halbgerade) andere Schreibweise: (a, b) =]a, b[

G. Matthies Grundlagen Mathematik 5/53 Kartesisches Koordinatensystem z p z P p y y p x x

G. Matthies Grundlagen Mathematik 6/53 Punkte und Vektoren I Zu je zwei verschiedenen Punkten P und Q des Raumes gibt es genau eine Parallelverschiebung des Raumes, die P auf Q abbildet. Diese Parallelverschiebung wird mit dem Pfeil PQ #» bezeichnet. Der Pfeil PQ #» mit legt mittels P = (p x, p y, p z ), Q = (q x, q y, q z ) v x q x p x v = v y := q y p y v z q z p z einen Vektor v fest. Der Vektorpfeil wird später auch weggelassen. Der Pfeil stellt eine Realisierung des Vektors dar. Zwei gleich lange und gleich gerichtetete Pfeile stellen den gleichen Vektor dar.

G. Matthies Grundlagen Mathematik 7/53 Punkte und Vektoren II Ein spezieller Vektor ist der Nullvektor 0. Er enstpricht der Nichtverschiebung des Raumes. Der zu v gleich lange, aber entgegengesetzte Vektor wird mit v bezeichnet. Es macht die durch v bewirkte Verschiebung wieder rückgängig. Definition Die Menge aller Vektoren des dreidimensionalen Raumes bezeichnen wir mit R 3. Die Menge aller Vektoren der Ebene bezeichnen wir mit R 2. Die Vektoren der Ebene R 2 können als Vektoren des Raum R 3 aufgefasst werden, indem die dritte Komponente auf 0 gesetzt wird.

G. Matthies Grundlagen Mathematik 8/53 Ortsvektoren und geometrische Grundbegriffe Definition Die Pfeile OP #» mit dem Koordinatenursprung O heißen Ortspfeile oder Ortsvektoren. Der durch OP #» dargestellte Vektor r hat als Komponenten die Koordinaten von P. Definition P = (p x, p y, p z ) r = #» OP = p x p y p z Zwei Vektoren u und v heißen kollinear, wenn sie, jeweils im Koordinatenursprung O angetragen, auf einer Gerade liegen. Drei Vektoren u, v, w heißen komplanar, wenn sie, jeweils im Koordinatenursprung O angetragen, in einer Ebene liegen.

G. Matthies Grundlagen Mathematik 9/53 Summe, Differenz und Skalarmultiplikation Definition Seien u = u x u y u z, v = v x v y v z Dann definieren wir durch u x + v x u + v := u y + v y, u z + v z zwei Vektoren des R 3 und λ R. u x v x u v := u y v y u z v z die Summe und die Differenz. Das skalare Vielfache ist durch λ λu x u := λu y λu z erklärt. Insbesondere gilt: ( 1) u = u.

G. Matthies Grundlagen Mathematik 10/53 Geometrische Interpretation u + v v v u u u 1 v 2 u v 2 u u

G. Matthies Grundlagen Mathematik 11/53 Rechenregeln für die Vektoraddition Für alle u, v, w R 3 und alle λ, µ R gelten 1. ( u + v ) + w = u + ( v + w ) (Assoziativgesetz) 2. u + v = v + u (Kommutativgesetz) 3. Zu jedem Paar u, v R 3 gibt es genau einen Vektor z R 3 mit u + z = v. Dies ist z = v u. 4. (λµ) u = λ(µ u ) (skalares Assoziativgesetz) 5. λ( u + v ) = λ u + λ v (Distributivgesetz) 6. (λ + µ) u = λ u + µ u (Distributivgesetz)

G. Matthies Grundlagen Mathematik 12/53 Länge oder Betrag eines Vektors z v z v v y y v x x v := v 2 x + v 2 y + v 2 z

G. Matthies Grundlagen Mathematik 13/53 Rechenregeln für Beträge von Vektoren Für alle u, v R 3 und alle λ R gelten: 1. λ u = λ u 2. u = 0 0 u = 0 0 3. u + v u + v (Dreiecksungleichung) u + v v u

G. Matthies Grundlagen Mathematik 14/53 Koordinateneinheitsvektoren Koordinateneinheitsvektoren im dreidimensionalen Raum R 3 e x = e 1 = 1 i = 0, e y = e 2 = 0 j = 1, e z = e 3 = 0 k = 0 0 0 1 Darstellung von Vektoren u x u = u y u z u = ux ex + u y ey + u z ez u = ux e1 + u y e2 + u z e3 u = ux i + uy j + uz k

G. Matthies Grundlagen Mathematik 15/53 Winkel zwischen Vektoren Definition Trägt man in einem Punkt P zwei vom Nullvektor verschiedene Vektoren u und v an, so nennt man den kleineren der beiden positiv gemessenen Winkel, die die Pfeile u und v im Scheitel P bilden, den Winkel zwischen u und v. Kurz schreiben wir ( u, v ). v ( u, v ) [0, π] u Definition Zwei Vektoren u und v heißen orthogonal oder senkrecht, wenn ( u, v ) = π/2 gilt. Aus praktischen Überlegungen legen wir zusätzlich fest, dass der Nullvektor orthogonal zu jedem beliebigen Vektor u R 3 ist.

Skalarprodukt Definition Seien u, v R 3 Vektoren. Dann nennen wir u v := u v cos ( ( u, v ) ) Skalarprodukt (oder inneres Produkt) der Vektoren u und v. Das Skalarprodukt zweier Vektoren ist eine Zahl (ein Skalar). Folgerung Für u, v R 3 \ { 0 } gelten u v > 0, falls ϕ [0, π/2), u v = 0, falls ϕ = π/2, u v < 0, falls ϕ (π/2, π], wobei ϕ = ( u, v ) ist. G. Matthies Grundlagen Mathematik 16/53

G. Matthies Grundlagen Mathematik 17/53 Rechenregeln für Skalarprodukte I Folgerung Die Vektoren u und v stehen genau dann senkrecht aufeinander, wenn u v = 0 gilt. Für u, v, w R 3 und λ R gelten: 1. u v = v u 2. ( u + v ) w = u w + v w 3. λ( u v ) = (λ u ) v = u (λ v ) 4. u u = u 2

G. Matthies Grundlagen Mathematik 18/53 Rechenregeln für Skalarprodukte II Bemerkung Im Allgemeinen gilt für Vektoren u, v, w R 3 ( u v ) w u ( v w ). Es gilt ( a + b ) ( c + d ) = a c + a d + b c + b d für alle a, b, c, d R 3 Bemerkung In einigen Büchern wird statt u v nur u v geschrieben, was aber ungenau ist und zu Missverständnissen führen kann.

G. Matthies Grundlagen Mathematik 19/53 Geometrische Interpretation I ϕ v u p u v = u v cos(ϕ) = u p p v π ϕ u u v = u v cos(ϕ) = u v cos(π ϕ) = u p Der Vektor p ist die orthogonale Projektion des Vektors v auf den Vektor u. Unter Beachtung der Orientierung (Vorzeichen!) lässt sich das Skalarprodukt u v aus dem Produkt der Beträge von u und p berechnen.

G. Matthies Grundlagen Mathematik 20/53 Geometrische Interpretation II Bemerkung Es gibt keine Umkehrung des Skalarprodukts, d. h., es ist nicht möglich, aus der Kenntnis des Vektors u und des Skalarproduktes u v auf einen eindeutigen Vektor v zu schließen. w v u p u v = u p = u w

G. Matthies Grundlagen Mathematik 21/53 Berechung des Skalarprodukts Geometrische Überlegungen liefern für die Koordinateneinheitsvektoren und e x e x = e y e y = e z e z = 1 e x e y = e y e z = e z e x = 0. Damit ergibt sich für u x u = u y =u x ex +u y ey +u z ez, v = u z das Skalarprodukt v x u v = ux v x + u y v y + u z v z, v y =v x ex +v y ey +v z ez v z was der Summe der Produkte der Komponenten entspricht.

G. Matthies Grundlagen Mathematik 22/53 Winkelberechnung Durch Umstellen der Definitionsformel für das Skalarprodukt erhalten wir cos ( u, u v v ) = u v, falls u 0 und v 0 gilt. Bemerkung Ist mindestens einer der beiden Vektoren u und v gleich dem Nullvektor 0, dann kann kein Winkel definiert werden.

G. Matthies Grundlagen Mathematik 23/53 Richtungskosinus Einen Vektor e R 3 mit e = 1 nennen wir Einheitsvektor. v z α z γ β v v y e x v cos(α) = v e y v cos(β) = v e z v cos(γ) = v y = v x v = v y v = v z v v x x Ist v ein Einheitsvektor, dann gilt cos(α) = v x, cos(β) = v y, cos(γ) = v z.

G. Matthies Grundlagen Mathematik 24/53 Einheitsvektoren Definition Einen Vektor e R 3 mit e = 1 nennen wir Einheitsvektor. Sei a R 3 \ { 0 } ein beliebiger vom Nullvektor verschiedener Vektor. Dann ist e a := 1 a a der in Richtung a weisende Einheitsvektor. Jeder Vektor a R 3 \ { 0 } lässt sich durch seine Länge a und seine Richtung e a gemäß a = a e a darstellen. Dem Nullvektor 0 kann keine Richtung zugeordnet werden.

G. Matthies Grundlagen Mathematik 25/53 Rechtssystem Definition Das Tripel ( a, b, p ) von Vektoren a, b, p R 3 wird Rechtssystem genannt, wenn sich die Vektoren a, b und p in dieser Reihenfolge dem Daumen, dem Zeigefinger und dem Mittelfinger der rechten Hand zu ordnen lassen, also der Rechte-Hand-Regel genügen. Bemerkung Die Vektoren ( e x, e y, e z ) bilden ein Rechtssystem. Die Vektoren ( e x, e z, e y ) bilden kein Rechtssystem.

G. Matthies Grundlagen Mathematik 26/53 Vektorprodukt Definition Seien a, b R 3 zwei vom Nullvektor 0 verschiedene, nicht kollineare Vektoren. Dann ist das Vektorprodukt (oder Kreuzprodukt oder äußeres Produkt) a b der Vektor des R 3, der 1. zu a und b orthogonal ist, 2. einen Betrag besitzt, der dem Flächeninhalt des von a und b aufgespanntem Parallelogramms enspricht, 3. das Tripel ( a, b, a b ) zum Rechtssystem macht. Ist a = 0 oder b = 0 oder sind a und b Vielfache voneinander, dann wird a b = 0 gesetzt.

G. Matthies Grundlagen Mathematik 27/53 Geometrische Interpretation F b h ϕ a Es gilt: F = a b = a b sin(ϕ)

G. Matthies Grundlagen Mathematik 28/53 Rechenregeln für Vektorprodukte I Für alle u, v, w R 3 und alle λ R gelten: 1. u v = v u (Antikommutativität) 2. u ( v + w ) = u v + u w (Distributivität) 3. λ( u v ) = (λ u ) v = u (λ v ) 4. u u = 0, u 0 = 0, 0 u = 0 5. u v 2 = u 2 v 2 ( u v ) 2

G. Matthies Grundlagen Mathematik 29/53 Rechenregeln für Vektorprodukte II Folgerung Für Vektoren a, b, c, d R 3 gelten ( a + b ) c = a c + b c ( a + b ) ( c + d ) = a c + a d + b c + b d Bemerkung Im Allgemeinen gilt u ( v w ) ( u v ) w.

G. Matthies Grundlagen Mathematik 30/53 Berechnung des Vektorprodukts Geometrische Überlegungen liefern für die Koordinateneinheitsvektoren e x e y = e z, e y e x = e z, e y e z = e x, e z e y = e x, e z e x = e y, e x e z = e y Unter Ausnutzung der Rechenregeln erhalten wir für u x v x u = u y, v = v y u z v z die Darstellung u y v z u z v y u v = u z v x u x v z. u x v y u y v x

G. Matthies Grundlagen Mathematik 31/53 Regel von Sarrus u y v z u z v y u v = u z v x u x v z u x v y u y v x = (u y v z u z v y ) e x + (u z v x u x v z ) e y + (u x v y u y v x ) e z e x ey ez ex ey u x u y u z u x u y v x v y v z v x v y Produkte entlang der roten Linien mit positvem Vorzeichen und Produkte entlang der blauen Linien mit negativem Vorzeichen versehen und aufaddieren.

G. Matthies Grundlagen Mathematik 32/53 Spatprodukt Definition Für je drei Vektoren a, b, c R 3 ist durch [ a, b, c ] := ( a b ) c das Spatprodukt definiert. a b h c b a F

G. Matthies Grundlagen Mathematik 33/53 Eigenschaften des Spatprodukts Für die Koordinateneinheitsvektoren e x, e y und e z stellt der Spat einen Würfel mit Kantenlänge 1 dar. Es gilt [ e x, e y, e z ] = ( e x e y ) e z = e z e z = 1. Da ( u v ) zu u und v orthogonal ist, gilt [ u, v, u ] = ( u v ) u = 0, [ u, v, v ] = ( u v ) v = 0. Für beliebige Vektoren u, v, w R 3 gelten [ u, v, w ]=[ v, w, u ]=[ w, u, v ] (zyklisches Vertauschen) und [ u, v, w ] = [ u, w, v ]. V Spat = [ u, v, w ], V Tetraeder = 1 [ u, v, w ] 6

G. Matthies Grundlagen Mathematik 34/53 Geraden im Raum I Gegeben seien ein Punkt P 0 = (a x, a y, a z ) mit zugehörigem Ortsvektor r 0 = OP #» 0 und ein Vektor s x s = s y. s z Wir betrachten die Gerade durch P 0 in Richtung s. Wenn P ein beliebiger Punkt auf der Gerade ist, dann gilt für den zugehörigen Ortsvektor r = OP, #» dass es einen reellen Parameter λ derart gibt, dass r = r0 + λ s gilt. Wir nennen r 0 den Aufpunkt und s die Richtung der Geraden. Diese Geradendarstellung wird als Punkt-Richtungsform bezeichnet.

G. Matthies Grundlagen Mathematik 35/53 Geraden im Raum II Gegeben seien zwei verschieden Punkte P 0 und P 1 einer Geraden. Dann lässt sich die Richtung durch P #» 0 P 1 festlegen. Für einen beliebigen Punkt P mit zugehörigem Ortsvektor r gilt dann r = r0 + λ #» P 0 P 1 mit dem reellen Parameter λ. Dies ist die Zwei-Punkte-Form der Geradengleichung.

G. Matthies Grundlagen Mathematik 36/53 Geradengleichung P g P 0 s r 0 r O g : r = r 0 + λ s = #» OP 0 + λ #» P 0 P 1, λ R Eine Veränderung des Aufpunktes bewirkt eine Parallelverschiebung der Geraden. Ändert sich die Richtung, so wird die Gerade gedreht, wobei P 0 bzw. r 0 fest bleibt.

G. Matthies Grundlagen Mathematik 37/53 Lot auf eine Gerade I P 1 P g P 0 s r 1 r 0 r O

Lot auf eine Gerade II Gegeben: Punkt P 1, Gerade g Gesucht: Fußpunkt P des Lots von P 1 auf g Lösung: P 1 hat Ortsvektor r 1 = OP #» 1, P den Ortsvektor r r = r 0 + λ s, λ R mit Richtungsvektor s und r 0 = OP #» 0 für kürzesten Abstand: P # P» 1 senkrecht zu s = 0 = ( #» P P 1 ) s = ( r 1 r ) s da P in g: es gibt Parameter λ mit r = #» OP = r 0 + λ s Einsetzen: 0 = ( r 1 ( r 0 +λ s )) s = ( r 1 r 0 ) s λ s s Umstellen und s s = s 2 nutzen: λ = ( r 1 r 0 ) s s 2 r durch Einsetzen von λ bestimmen G. Matthies Grundlagen Mathematik 38/53

G. Matthies Grundlagen Mathematik 39/53 Abstand zu einer Geraden I P 1 r 1 r 0 d g P 0 s r r1 0 O

Abstand zu einer Geraden II Darstellung der Fläche F des Parallelogramms Betrag des Vektorprodukts F = P #» 0 P 1 s Produkt aus der Höhe d und der Länge der Grundseite s F = d s Gleichsetzen liefert d s = P #» 0 P 1 s, was zu führt P #» 0 P 1 s d = s = ( r 1 r 0 ) s s G. Matthies Grundlagen Mathematik 40/53

G. Matthies Grundlagen Mathematik 41/53 Lage von Geraden zueinander Gegeben: Gerade g 1 : r = r 1 + λ s 1, λ R, Gerade g 2 : r = r 2 + µ s 2, µ R Gesucht: gegenseitige Lage der beiden Geraden Lösung: s 1 und s 2 sind kollinear * r 1 g 2 = g 1 und g 2 sind identisch * r 1 g 2 = g 1 und g 2 sind parallel, aber nicht identisch s 1 und s 2 sind nicht kollinear * Die Geraden g 1 und g 2 schneiden sich = Es gibt Parameter λ, µ R mit r 1 + λ s 1 = r 2 + µ s 2 * Die Geraden g 1 und g 2 sind zueinander windschief

G. Matthies Grundlagen Mathematik 42/53 Abstand zweier Geraden Gegeben: Gerade g 1 : r = r 1 + λ s 1, λ R, Gerade g 2 : r = r 2 + µ s 2, µ R Gesucht: Abstand der beiden Geraden Lösung: s 1 und s 2 sind kollinear * r 1 g 2 = Abstand ist 0 * r 1 g 2 = Abstand gleich Abstand eines beliebigen Punktes von g 2 zu g 1

G. Matthies Grundlagen Mathematik 42/53 Abstand zweier Geraden Gegeben: Gerade g 1 : r = r 1 + λ s 1, λ R, Gerade g 2 : r = r 2 + µ s 2, µ R Gesucht: Abstand der beiden Geraden Lösung: s 1 und s 2 sind nicht kollinear * Der kürzeste Abstand liegt dann vor, wenn wir u g 1 und v g 2 derart gefunden haben, dass die Verbindungsstrecke u v senkrecht auf den beiden Richtungsvektoren s 1 und s 2 steht. * Da c := s 1 s 2 0 nach der Definition des Vektorprodukts senkrecht auf s 1 und s 2 steht, muss u v ein Vielfaches von c sein. * Es muss also u v = ( r1 + λ s 1 ) ( r 2 + µ s 2 ) = ν c gelten (LGS für λ, µ und ν).

G. Matthies Grundlagen Mathematik 43/53 Abstand zweier windschiefer Geraden I s 1 g 1 r 1 r 2 d s 1 r 1 r 2 s 2 g 2 O

G. Matthies Grundlagen Mathematik 44/53 Abstand zweier windschiefer Geraden II Darstellung des Spatvolumenns V Spatprodukt V = [ s 1, s 2, r 1 r 2 ] Produkt aus der Höhe d und dem Inhalt F der Grundfläche V = F d = s 1 s 2 d Gleichsetzen und Umstellen liefert [ s 1, s 2, r 1 r 2 ] d = s 1 s 2 Mit dieser Methode kann der Abstand direkt bestimmt werden. Allerdings erfordert das Bestimmen der Punkte, die den kürzesten Abstand vermitteln, weitere Rechnungen.

G. Matthies Grundlagen Mathematik 45/53 Ebenen im Raum Gegeben: Punkt P 0 mit Ortsvektor r 0 = OP #» 0, zwei nicht kollineare Vektoren a, b R 3 Gesucht: Ortsvektor r eines beliebigen Punktes P der Ebene durch P 0, die von a und b aufgespannt wird Lösung: E : r = r 0 + λ a + µ b, λ, µ R Gegeben: Punkte P 1, P 2, P 3, die nicht auf einer Geraden liegen Gesucht: Ebene E durch diese drei Punkte Lösung: E : r = r 1 + λ a + µ b, λ, µ R mit a = P #» #» 1 P 2, b = P 1 P 3, r 1 = OP #» 1

G. Matthies Grundlagen Mathematik 46/53 Normalenvektor Definition Jeder Vektor n 0, der senkrecht auf den beiden Richtungsvektoren a und b der Ebene E steht, heißt Normalenvektor der Ebene E. Ein Normalenvektor n mit n = 1 heißt Einheitsnormalenvektor oder Normaleneinheitsvektor. Bemerkung Nach den Eigenschaften des Vektorprodukts ist a b ein Normalenvektor jeder Ebene E, die durch a und b aufgespannt wird. Es lässt sich zeigen, dass jeder Normalenvektor von E ein Vielfaches von a b ist.

G. Matthies Grundlagen Mathematik 47/53 Hessesche Normalform I ϱ n r ϕ E

G. Matthies Grundlagen Mathematik 48/53 Hessesche Normalform II Gegeben: Ebene E : r = r 0 + λ s 1 + µ s 2, λ, µ R mit Normaleneinheitsvektor n Nach der Definition des Normalenvektors gilt r n = ( r0 + λ s 1 + µ s 2 ) n = r 0 n + λ s 1 n = r 0 n }{{} = 0 +µ s 2 n }{{} = 0 Der Normaleneinheitsvektor n sei so gewählt, dass es vom Ursprung zur Ebene zeigt. Dann gilt für r E: ϱ = r n = r n cos(ϕ) = r cos(ϕ) 0

G. Matthies Grundlagen Mathematik 49/53 Hessesche Normalform III Hessesche Normalform der Ebene E: n r = ϱ bzw. nx x + n y y + n z z = ϱ mit n x n = n y, n z x r = y z

G. Matthies Grundlagen Mathematik 50/53 Allgemeine Koordinatenform einer Ebene Gegeben seien a, b, c, d R mit a b 0 c Dann heißt ax + by + cz = d, allgemeine Koordinatendarstellung einer Ebene. Der Vektor a b c ist Normalenvektor von E, hat aber nicht notwendig mit Länge 1.

Lot auf eine Ebene Ebene E : r = r 0 + λ a + µ b, λ, µ R, c := a b P 1 r 1 r r 1 r P E O Löse LGS r 1 ( r 0 + λ a + µ b ) = ν c für λ, µ, ν R Abstand: d = ν c G. Matthies Grundlagen Mathematik 51/53

G. Matthies Grundlagen Mathematik 52/53 Abstand zu einer Ebene Ebene in Hessescher Normalform n r = ϱ, ϱ = n r 0 P 1 = (p x, p y, p z ) d n r 1 r 0 r 1 E r 0 O d = n ( r1 r 0 ) = n r1 ϱ = n x p x + n y p y + n z p z ϱ

G. Matthies Grundlagen Mathematik 53/53 Schnittgerade zweier Ebenen Gegeben: zwei Ebenen in Hessescher Normalform E 1 : n 1 r = ϱ 1, E 2 : n 2 r = ϱ 2 Sind die Normaleneinheitsvektoren n 1 und n 2 nicht kollinear, dann schneiden sich die beiden Ebenen E 1 und E 2 in einer Geraden g. Der Richtungsvektor s von g muss in E 1 und E 2 liegen. Damit muss er senkrecht auf beiden Vektoren n 1 und n 2 stehen. Somit lässt sich s = n 1 n 2 wählen. Zur Bestimmung eines Aufpunktes wird eine beliebige Lösung (x, y, z) des linearen Gleichungssystems n 1x x + n 1y y + n 1z z = ϱ 1, n 2x x + n 2y y + n 2z z = ϱ 2, ermittelt.