Stefan Leible/Kay Windthorst (Hrsg.) Nachfolgeplanung in Familienunternehmen

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Transkript:

Stefan Leible/Kay Windthorst (Hrsg.) Nachfolgeplanung in Familienunternehmen

Bayreuther Studien zum Wirtschafts- und Medienrecht Band 8 Herausgegeben von der Forschungsstelle für Wirtschafts- und Medienrecht an der Universität Bayreuth (FWMR) für diese von den Professoren Dr. Nikolaus Bosch, Dr. Torsten Eymann, Dr. Jörg Gundel, Dr. Peter W. Heermann, Dr. Stefan Leible, Dr. Martin Leschke, Dr. Markus Möstl, Dr. Jürgen E. Müller, Dr. Ansgar Ohly

Nachfolgeplanung in Familienunternehmen von Stefan Leible/Kay Windthorst (Hrsg.) JWV Jenaer Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft 2013

Bibliographische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der deutschen Nationalbibliographie; detaillierte bibliographische Daten sind im Internet über <http://dnb.ddb.de> abrufbar. Alle Rechte vorbehalten 2013 JWV Jenaer Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft mbh Druck: Bookstation GmbH, Sipplingen Satz: Societas Verlag (www.societas-verlag.de) Printed in Germany ISBN 978-3-86653-282-3 Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706 Internet: www.jwv.de

Pooling als Instrument der Erbschaftsteuerreduzierung Andreas Richter/Christian Lange I. Einleitung................................. 92 II. Gesetzesbegründung........................... 93 III. Mindestbeteiligungshöhe Begründung und Vergleich........ 95 1. Zur gesetzgeberischen Begründung der Mindestbeteiligung.. 95 2. Vergleich zu anderen Beteiligungsgrenzen im Steuer- und Gesellschaftsrecht......................... 97 IV. Problemfelder bei 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 ErbStG.......... 99 1. Stimmrechtsbindung und stimmrechtslose Anteile....... 99 2. Poolvereinbarung und Gesellschaftsrecht............. 100 3. Poolvereinbarung und Erbrecht.................. 102 4. Auswirkungen einer Poolvereinbarung auf ertragsteuerliche Verlust- und Zinsvorträge ( 8c KStG).............. 104 V. Zusammenfassung............................ 106

92 Andreas Richter/Christian Lange I. Einleitung Durch zielgenaue Verschonungsregelungen 1 wollte der Gesetzgeber im Zuge der Erbschaftsteuerreform 2008 das dem Allgemeinwohl dienende Vermögen von der Steuer entlasten. Gegenstand der Entlastung sind u.a. Betriebsvermögen, Betriebe der Land- und Forstwirtschaft sowie Anteile an Kapitalgesellschaften. Für dieses Vermögen sehen die neuen Regeln differenzierte Verschonungsregeln vor. Für die Nachfolgegestaltung in Familienunternehmen ist die erbschaftund schenkungsteuerliche Behandlung von Kapitalgesellschaftsanteilen von wachsender Bedeutung, weil gerade langlebige und große Familienunternehmen die Kapitalgesellschaft (GmbH, AG, SE) als Rechtsform wählen. Kapitalgesellschaften mit Sitz im Inland oder in der EU bzw. im EWR-Raum gehören nur dann zum begünstigten Vermögen, wenn der Erblasser oder Schenker am Nennkapital der Gesellschaft zu mehr als 25% unmittelbar beteiligt ist ( 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 1 ErbStG). In generationenübergreifenden Familiengesellschaften verteilen sich die Anteile an einer Familienkapitalgesellschaft häufig auf mehrere Stämme und eine Vielzahl teils minderjähriger Gesellschafter. Das Erbschaftsteuerrecht sieht daher die Möglichkeit vor, Anteile mehrerer Gesellschafter für Zwecke der erbschaftsteuerlichen Betrachtung zusammenzufassen ( Pooling ). Erblasser oder Schenker und die weiteren Gesellschafter können die Mindestbeteiligung von mehr als 25% nach dem Wortlaut des Gesetzes dadurch erreichen, dass sie sich untereinander verpflichten, über die Anteile nur einheitlich zu verfügen oder ausschließlich auf andere derselben Verpflichtung unterliegende Anteilseigner zu übertragen und das Stimmrecht gegenüber nichtgebundenen Gesellschaftern einheitlich auszuüben ( 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 ErbStG). 2 Ein Nachversteuerungstatbestand vervollständigt die Regelung zum Pooling. Die Steuerbegünstigung für gepoolte Kapitalgesellschaftsanteile entfällt zeitanteilig, soweit innerhalb der Behaltensfrist von fünf oder im Falle der Optionsverschonung ( 13a Abs. 8 Nr. 2 ErbStG) sieben Jahren die Verfügungsbeschränkung oder Stimmrechtsbindung aufgehoben wird ( 13a Abs. 5 S. 1 Nr. 5 ErbStG). Das Pooling führt zum Zusammenrechnen von Anteilen, die allein nicht erbschaftsteuerlich begünstigungsfähig sind. Der Gesetzgeber hätte auch 1 Gesetzesbegründung zum Erbschaftsteuerreformgesetz - ErbStRG, BT-Drs. 16/7918, S. 23. 2 Formulierungsbeispiele für eine Poolvereinbarung finden sich etwa bei Richter/Escher, in: Wachter, FA Handels- und Gesellschaftsrecht, Teil 2, Kapitel 2, 5; Mertes/Klümpen-Neusel, Gestaltungen und Formulierungen in der Erbschaft- und Schenkungsteuer, 4, E.; Langenfeld, ZEV 2009, 596.

Pooling als Instrument der Erbschaftsteuerreduzierung 93 die einschlägige Beteiligungsgrenze auf z.b. 1% absenken können. 3 Diesen Weg ist er jedoch nicht gegangen. Bei der unentgeltlichen Nachfolge in Anteile an Kapitalgesellschaften sind also drei Tatbestandsmerkmale von Bedeutung: 1. Das Erreichen einer Beteiligungshöhe von über 25% der Anteile, 2. die Anforderungen an die Ausübung der Stimmrechte und 3. die Anforderungen an die Übertragbarkeit der Beteiligung. Auf diese Anforderungen kommt es bei der unentgeltlichen Nachfolge in Anteile an Personengesellschaften nicht an. Jeder Mitunternehmeranteil ist erbschaftsteuerlich begünstigungsfähig. Der Gesetzgeber hat damit das Ziel einer Belastungsgleichheit von Personen- und Kapitalgesellschaften, das er ertragsteuerlich mit der Unternehmensteuerreform 2008 anstrebte, 4 noch nicht vollständig umgesetzt, soweit es um das Steuerrecht der Unternehmensnachfolge geht. Die Möglichkeit des Poolings von Gesellschaftsanteilen mit dem Ziel, eine Mindestbeteiligungsquote für die Inanspruchnahme der Nachfolgebegünstigung zu erreichen, ist konzeptionell neu. 5 Angesichts der Schaffung neuer Tatbestandsmerkmale wie der Verfügungsbeschränkung und der Stimmrechtsbindung erfuhr die Regelung von Anfang an Kritik, die insbesondere auf Probleme bei der Auslegung und Anwendung der Vorschrift verwies. 6 II. Gesetzesbegründung Ein Teil der Rechtsunsicherheit im Zusammenhang mit der Gestaltung einer Poolvereinbarung beruhte auf der kurzen Gesetzesbegründung. 7 Darin hob der Gesetzgeber zunächst die Zielsetzung hervor, mittels der Möglichkeit des Poolings auch Familien-Kapitalgesellschaften in die Steuervergünstigungen für Anteile an Kapitalgesellschaften mit einzubeziehen. 8 Die Einbeziehung der Familien-Kapitalgesellschaften in die Verschonungsregelungen sei angesichts ihrer Bedeutung für den Arbeitsmarkt und als Gegengewicht zu Publikumsgesellschaften angebracht. 9 3 Vgl. die Entwicklung bzgl. der qualifizierten Beteiligung gem. 17 EStG, dazu unten: Punkt III.2.b). 4 Vgl. Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung für ein Unternehmensteuerreformgesetz 2008 v. 18.5.2007, BT-Drs. 16/ 5377, S. 1. 5 Wachter, in: Fischer/Jüptner/Pahlke/Wachter, ErbStG, Kommentar, 2012, 13b ErbStG, Rn. 54. 6 So etwa Feick/Nordmeier, DStR 2009, 893; Weber/Schwind, ZEV 2009, 16 (22). 7 Gesetzesbegründung zum ErbStRG, BT-Drs. 16/7918, S. 35. 8 Gesetzesbegründung zum ErbStRG, BT-Drs. 16/7918, S. 35. 9 Gesetzesbegründung zum ErbStRG, BT-Drs. 16/7918, S. 35.

94 Andreas Richter/Christian Lange Mit dem Hinweis darauf, dass Unternehmensgründer und ihre Nachfolger in Familiengesellschaften häufig dafür gesorgt hätten, dass Anteile nicht beliebig veräußert werden könnten und der bestimmende Einfluss der Familie erhalten bleibe, rechtfertigt der Gesetzgeber die durch 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 ErbStG aufgestellte Verfügungsbeschränkung. Auf die Ausgestaltung und Reichweite der Beschränkung geht die Gesetzesbegründung nicht ein. Insbesondere klärt sie nicht die Frage, ob eine in Familiengesellschaftsverträgen übliche Vinkulierungsklausel, welche die Übertragung von Gesellschaftsanteilen von der Zustimmung der Gesellschaft oder der Geschäftsführung der Gesellschaft abhängig macht, die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt. 10 Ausführlicher sind die Ausführungen zur Stimmrechtsbindung. Eine einheitliche Stimmrechtsausübung bedeute, dass die Einflussnahme einzelner Anteilseigner zum Zwecke einer einheitlichen Willensbildung zurücktreten müsse. 11 Dafür sieht die Gesetzesbegründung im Unterschied zu R E 13b.6 Abs. 5 S. 1 HS. 2 ErbStR 2011 12 unter anderem ausdrücklich die Möglichkeit des Verzichts auf ein Stimmrecht oder die Stimmrechtslosigkeit eines Anteils vor. 13 Zudem könne ein Sprecher oder ein Aufsichtsoder Leitungsgremium die einheitliche Stimmrechtsausübung sicherstellen. 14 Abschließend stellt die Gesetzesbegründung klar, dass die Gewährung der Steuervergünstigungen für Familiengesellschaften nicht dadurch bedingt sei, dass ausschließlich Familienmitglieder an der Geschäftsführung der Kapitalgesellschaft beteiligt seien. 15 Die mit der Gestaltung einer Poolvereinbarung zusammenhängenden Fragen beantwortet die Gesetzesbegründung nur in geringem Umfang. Auch die Finanzverwaltung äußerte sich insofern zögerlich. Das Bayerische Landesamt für Steuern (BayLfSt) beantwortete in mehreren Verfügungen Einzelfragen zur Gestaltung von Poolvereinbarungen. 16 Mit der Veröffentlichung der Erbschaftsteuer-Richtlinien 2011 (ErbStR 2011) 17 vom 19.12.2011 folgte eine Stellungnahme des Bundesfinanzministeriums (BMF) zu den Voraussetzungen des Poolings. Für die Anwendung des 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 ErbStG stellen sich weiterhin Fragen, die jedoch von der Kommentarliteratur inzwischen um- 10 Zu dieser Frage unten: Punkt IV.2.b). 11 Gesetzesbegründung zum ErbStRG, BT-Drs. 16/7918, S. 35. 12 Dazu unten: Punkt IV.1. 13 Gesetzesbegründung zum ErbStRG, BT-Drs. 16/7918, S. 35. 14 Gesetzesbegründung zum ErbStRG, BT-Drs. 16/7918, S. 35. 15 Gesetzesbegründung zum ErbStRG, BT-Drs. 16/7918, S. 35. 16 BayLfSt, Verfügung vom 11.8.2010 S 3812b.1.1-1 St 34, ZEV 2010, 659; Verfügung vom 10.1.2011 S 3812b.1.1-1 St 34, ZEV 2011, 215; Verfügung vom 11.8.2011 S 3812b.1.1-1 St 34, ZEV 2012, 64. 17 BStBl. I 2011, Sondernummer 1, 2.

Pooling als Instrument der Erbschaftsteuerreduzierung 95 fassend dargestellt und aufgearbeitet worden sind. 18 Im Folgenden sollen darüber hinausgehende Fragen angesprochen werden, die bei der Überarbeitung des Erbschaftsteuerrechts bedacht werden könnten 19 oder bei denen Änderungen der ErbStR 20 oder Klarstellungen der Finanzverwaltung 21 eine Antwort herbeiführen könnten. III. Mindestbeteiligungshöhe Begründung und Vergleich 13b Abs. 1 Nr. 3 ErbStG setzt für die Begünstigung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft voraus, dass der Erblasser oder Schenker am Stammkapital der Gesellschaft zu mehr als 25% unmittelbar beteiligt ist. 1. Zur gesetzgeberischen Begründung der Mindestbeteiligung Zu der Höhe der Beteiligungsgrenze führt die Gesetzesbegründung aus, diese sei ein Indiz dafür, dass der Anteilseigner unternehmerisch in die Gesellschaft eingebunden sei und nicht nur als Kapitalgeber auftrete. Da der Fortbestand einer Kapitalgesellschaft und der mit ihrer Tätigkeit verbundenen Arbeitsplätze weitgehend unabhängig vom Gesellschafterbestand sei, gebe es für die Steuervergünstigungen ansonsten keine Rechtfertigung. 22 Zwar trügen auch die Familienunternehmen, in denen die Mindestbeteiligung üblicherweise nicht erreicht werde, zum Erhalt der Arbeitsplätze bei. Jedoch würde der Aufwand für die erforderlichen Feststellungen bezüglich der Zugehörigkeit zum begünstigten Vermögen nicht nur bei den Finanzämtern, sondern auch bei den Unternehmen überproportional ansteigen, wenn Streubesitzanteile in die Begünstigung einbezogen würden. Daher gelte wie nach 13a ErbStG a.f. eine Mindestbeteiligung von mehr als 25% als Voraussetzung für die Vergünstigung. 23 Die 25%-Grenze geht zurück auf die Einführung der Steuervergünstigung für Kapitalgesellschaftsanteile in 13 Abs. 2a ErbStG i.d.f. des JStG 18 Vgl. insofern etwa Geck, in: Kapp/Ebeling, ErbStG, 13b Rn. 55 ff; Wachter, in: Fischer/Jüptner/Pahlke/Wachter, ErbStG, Kommentar, 2012, 13b, Rn. 51; Meincke, ErbStG, 2012, 13b, Rn. 8 f.; Jülicher, in: Troll/Gebel/Jülicher, ErbStG, 13b, Rn. 205 ff.; S. Viskorf, in: Viskorf/Knobel/Schuck/Wälzholz, ErbStG, BewG, 4. Aufl., 13b ErbStG, Rn. 121 ff. 19 So etwa künftig die Absenkung der Beteiligungshöhe auf 1% und/oder die Beschränkung auf die Vinkulierung und der Verzicht auf die Stimmrechtsbindung, dazu unten Punkt IV.2.b). 20 So etwa bei der Berücksichtigung stimmrechtsloser Anteile, dazu unten Punkt IV.1. 21 So etwa bei den Wechselwirkungen einer Poolvereinbarung mit 8c KStG, dazu unten Punkt IV.4. 22 Gesetzesbegründung zum ErbStRG, BT-Drs. 16/7918, S. 35. 23 Gesetzesbegründung zum ErbStRG, BT-Drs. 16/7918, S. 35. Kritisch zur Mindestbeteiligung: Meincke, ErbStG, 2012, 13b, Rn. 7.

96 Andreas Richter/Christian Lange 1996. 24 Die Vorschrift sah einen Freibetrag von 500.000 DM und einen Bewertungsabschlag von 25% des Wertes des begünstigten Betriebsvermögens vor. Zur Inanspruchnahme dieser Steuervergünstigungen setzte sie eine Beteiligung am Nennkapital von mindestens 25% voraus. Die Einführung einer Mindestbeteiligungsgrenze sei zur Verhinderung von missbräuchlichen Gestaltungen geboten, so die Gesetzesbegründung zu 13 Abs. 2a ErbStG i.d.f. des JStG 1996. 25 Zur Höhe der Mindestbeteiligung führte auch die Gesetzesbegründung zum JStG 1996 aus, dass die Beteiligungsgrenze von 25% ein Indiz für die unternehmerische und nicht nur kapitalmäßige Beteiligung eines Gesellschafters sei. 26 Weitere Ausführungen zur Höhe der erforderlichen Mindestbeteiligung enthält die Gesetzesbegründung nicht. Bewertungsabschlag und Mindestbeteiligung sind ausweislich der Gesetzesbegründung Teil einer einheitlichen Regelung zur Begünstigung von Familienkapitalgesellschaften. Insgesamt wird mit dieser zusätzlichen Regelung dem für diese Gesellschaften typischen unternehmerischen Risiko im weiteren Sinne auf der Seite der Anteilseigner Rechnung getragen. 27 Während jedoch der Bewertungsabschlag schon zum Ende des Jahres 1996 zur weiteren Entlastung von Betriebsvermögen bis auf 40% anstieg, bevor er Anfang 2004 auf 35% sank, blieb die Mindestbeteiligung bei 25%. Der Gesetzgeber variierte damit aus politischen Gründen die Höhe der Steuervergünstigung, während er die relevante Beteiligungshöhe unverändert ließ. Damit hob er das Gleichgewicht von Mindestbeteiligung und Verschonungsabschlag, das erkennbar Teil der ursprünglichen gesetzgeberischen Konzeption war, auf. Rechtsprechung und Literatur stellen die Mindestbeteiligungshöhe soweit ersichtlich nicht in Frage. Insbesondere beanstandete das Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluss vom 7.11.2006 28, in dem es die Verfassungswidrigkeit des alten Erbschaftsteuerrechts feststellte, die in 13a ErbStG a.f. festgelegte Mindestbeteiligungsgrenze von mehr als 25% nicht. Vielmehr verwies das Gericht auf die Begründung zum JStG 1996 29 sowie auf die Sperrminorität von 25,1% für satzungsändernde Beschlüsse nach 179 Abs. 2 S. 1 AktG, 53 Abs. 2 GmbHG und zog die Schlussfolgerung, die Grenze sei nicht unplausibel. 30 24 BGBl. I 1995, 1250. 25 Gesetzesbegründung zum JStG 1996, BR-Drs. 171/95, S. 157 f. 26 Gesetzesbegründung zum JStG 1996, BR-Drs. 171/95, S. 157 f. 27 Gesetzesbegründung zum JStG 1996, BR-Drs. 171/95, S. 157 f. 28 BVerfG, BStBl. II 2007, 192. 29 Vgl. Gesetzesbegründung zum JStG 1996, BR-Drs. 171/95, S. 157 f. 30 BVerfG, BStBl. II 2007, 192, Rn. 186.

Pooling als Instrument der Erbschaftsteuerreduzierung 97 2. Vergleich zu anderen Beteiligungsgrenzen im Steuer- und Gesellschaftsrecht Steuer- und Gesellschaftsrecht setzen Beteiligungsschwellen zu unterschiedlichen Zwecken ein. Ein Vergleich mit anderen Beteiligungsgrenzen lässt jedoch nur in begrenztem Umfang Rückschlüsse auf die Festlegung der Mindestbeteiligungshöhe des 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 ErbStG zu. a) Keine Beteiligungsgrenze für Personengesellschaften im Erbschaftsteuerrecht Ein Vergleich zu den Voraussetzungen für die Begünstigung von Anteilen an Personengesellschaften im Erbschaftsteuerrecht lässt erkennen, dass der Gesetzgeber in einer Beteiligung an Kapitalgesellschaften nur unter erhöhten Voraussetzungen eine begünstigungsfähige unternehmerische Aktivität sieht. Der Erwerb von Personengesellschaftsanteilen im Sinne von 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, Abs. 3 EStG setzt für die Begünstigung von Betriebsvermögen keinerlei Mindestbeteiligung voraus (vgl. 13b Abs. 1 Nr. 2 ErbStG). Der unternehmerische Charakter einer Beteiligung an einer Personengesellschaft ergibt sich nach der gesetzlichen Konzeption unabhängig von der Beteiligungshöhe bereits aus der Stellung als Mitunternehmer. Im Gegensatz dazu soll bei Kapitalgesellschaften erst die Beteiligung in einem erheblichen Umfang von 25% oder mehr auf eine unternehmerische Beteiligung hinweisen. 31 Eine geringere Beteiligung soll ein Hinweis auf eine rein kapitalmäßige Beteiligung sein. Die unterschiedliche Behandlung von Anteilen an Kapital- und Personengesellschaften soll aus diesem Grund gerechtfertigt sein. Sie läuft jedoch der vom Gesetzgeber jedenfalls im Unternehmensteuerrecht angestrebten Belastungsgleichheit von Kapital- und Personengesellschaften entgegen. 32 b) Beteiligungsgrenzen im Einkommensteuerrecht Das Einkommensteuerrecht bedient sich zur Abgrenzung von Einkunftsarten einer Mindestbeteiligungshöhe an Kapitalgesellschaften. Es qualifiziert Gewinne aus der Veräußerung von zum Privatvermögen gehörenden Anteilen an einer Kapitalgesellschaft zu gewerblichen Einkünften um, wenn der Veräußerer innerhalb der letzten fünf Jahre vor der Veräußerung zu mindestens 1% unmittelbar oder mittelbar am Kapital der Gesellschaft beteiligt war ( 17 Abs. 1 S. 1 EStG). Seit der Einführung der Vorschrift mit dem EStG 1925 bis zum 31.12.1998 lag die Beteiligungsgrenze bei mehr als 25%. Der Gesetzgeber begründete diese Beteiligungsgrenze mit 31 Gesetzesbegründung zum JStG 1996, BR-Drs. 171/95, S. 157 f.; Gesetzesbegründung zum ErbStRG, BT-Drs. 16/7918, S. 35; BVerfG, BStBl. II 2007, 192, Rn. 186. 32 Dazu oben: Punkt II.

98 Andreas Richter/Christian Lange der Ähnlichkeit der wesentlichen Beteiligung zu Einzelunternehmern und mitunternehmerischen Beteiligungen. 33 Diese Begründung stellt wie die Begründung der Mindestbeteiligungsgrenze im ErbStG auf die Indizwirkung einer wesentlichen Beteiligung für die Abgrenzung der betrieblichen von der privaten Sphäre ab. Insofern nahm die Begründung des 13 Abs. 2a S. 2 ErbStG 1996, auf die der Gesetzgeber auch im Rahmen der jüngsten Erbschaftsteuerreform abstellte, eine Überlegung auf, die in der Steuergesetzgebung seit Jahrzehnten Bestand hatte. Die Begründung für die Mindestbeteiligungsgrenzen im Einkommensteuerrecht änderte sich mit dem Absinken der relevanten Beteiligungsgrenzen. Vom 1.1.1999 bis zum 31.12.2001 war für die Umqualifizierung der Veräußerungsgewinne eine Mindestbeteiligung von mindestens 10% erforderlich. Seitdem gilt für 17 Abs. 1 EStG die Mindestbeteiligungsgrenze von mindestens 1%. Nicht die Gleichbehandlung mit Einzelunternehmern und Mitunternehmerschaften, sondern die Gleichbehandlung von Dividenden- und Veräußerungsgewinnen dient nunmehr als Begründung für die Umqualifizierung der Veräußerungsgewinne in gewerbliche Einkünfte. 34 c) Beteiligungsgrenzen im Gesellschaftsrecht Das AktG und das GmbHG enthalten zahlreiche Minderheitenrechte mit unterschiedlichen Mindestbeteiligungshöhen. 35 So ist z.b. ein Anteil von 1% des Grundkapitals einer AG für das Recht erforderlich, bei Gericht die Bestellung oder die Auswechslung von Sonderprüfern zu verlangen ( 142 Abs. 2, 4 AktG). Ein Quorum von 5% des Grundkapitals einer AG ist berechtigt, die Einberufung der Hauptversammlung zu verlangen ( 122 Abs. 1 AktG). Mindestens 25,1% des bei der Beschlussfassung vertretenen Kapitals bzw. der abgegebenen Stimmen sind für eine Sperrminorität gegen Satzungsänderungen erforderlich ( 179 Abs. 2 AktG, 53 Abs. 2 GmbHG). Mit dieser Sperrminorität hatte das BVerfG die Plausibilität der 25%-Grenze in 13a ErbStG a.f. begründet. 36 Erkenntnisse für die Mindestbeteiligungsgrenze des 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 ErbStG lassen sich aus den gesellschaftsrechtlichen Beteiligungsgrenzen nicht unmittelbar ableiten. Erkennbar ist jedoch, dass das Gesellschaftsrecht für die Gewährung von Mitwirkungsrechten nicht pauschal eine Beteiligungshöhe festlegt und zum Teil Grenzen von deutlich unter 25 % als maßgeblich ansieht. 33 BFH, BStBl. II 1994, 648 mit Verweis auf Begründung zum EStG 1925, Reichstags- Drs. III. Wahlperiode 1924/25, Nr. 795, S. 55, 56. 34 Weber-Grellet, in: Schmidt, EStG, 2012, 17, Rn. 3; Birk, Steuerrecht, 2011, Rn. 719. 35 Vgl. etwa zu den Minderheitenrechten im AktG: Semler, in: Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts, Bd. 4, Aktiengesellschaft, 2007, Anhang zu 42 Tab. Übersichten. 36 BVerfG, BStBl. II 2007, 192, Rn. 186.

Pooling als Instrument der Erbschaftsteuerreduzierung 99 IV. Problemfelder bei 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 ErbStG 1. Stimmrechtsbindung und stimmrechtslose Anteile Das Erfordernis der einheitlichen Stimmrechtsausübung der Poolmitglieder soll die Einflussnahme einzelner Anteilseigner zurücktreten lassen und eine einheitliche Willensbildung in der Gesellschafterversammlung erleichtern. 37 Die Finanzverwaltung zieht aus dem Erfordernis der Stimmrechtsbindung den Schluss, dass stimmrechtslose Anteile nicht in eine Poolvereinbarung einbezogen werden können (R E 13b.6 Abs. 5 S. 1 HS. 2 ErbStR 2011). Sie möchte stimmrechtslose Anteile, insbesondere Vorzugsaktien, nicht unter denselben Voraussetzungen begünstigen wie mit Stimmrecht versehene Anteile 38. Die insofern getroffene Entscheidung ist indes nicht zwingend. Noch die Gesetzesbegründung sah als Möglichkeit zur einheitlichen Stimmrechtsausübung die Möglichkeit vor, Anteile von vornherein stimmrechtslos zu stellen. 39 Dafür sprechen gute Gründe. Ziel der Stimmrechtsbindung soll die Vereinheitlichung der Willensbildung in der Gesellschafterversammlung sein. 40 Einzelne Anteile stimmrechtslos zu stellen, ist vor diesem Hintergrund eine einfache Methode, die Anzahl der Stimmrechte zu reduzieren. Die Einbeziehung stimmrechtsloser Anteile in eine Poolvereinbarung hätte dem Zweck der Stimmrechtsbündelung nicht geschadet. 41 Gerade in langlebigen Familienunternehmen spielen Vorzugsaktien eine wichtige Rolle. Zu bedenken ist, dass auch bei stimmrechtslosen Anteilen die Anforderungen an die Verfügungsbeschränkung im Besonderen und die Anforderungen der steuerbegünstigten Unternehmensnachfolge (Verwaltungsvermögen, Lohnsumme, Behaltensfrist) im Allgemeinen zu erfüllen sind. Es besteht also auch bei Stimmrechtslosigkeit jene Bindung der Gesellschafter, die Familienunternehmen von Publikumsgesellschaften unterscheidet. 37 R E 13b.6 Abs. 5 S. 1 ErbStR 2011 in Übereinstimmung mit der Gesetzesbegründung zum ErbStRG, BT-Drs. 16/7918, S. 35. 38 Vgl. BayLfSt v. 19.2.2013 S 3812b.1.1-7/4 St 34, DB 2013, 549 mit erläuternden Beispielen. 39 Gesetzesbegründung zum ErbStRG, BT-Drs. 16/7918, S. 35. Vgl. auch oben: Punkt II. 40 Vgl. Gesetzesbegründung zum ErbStRG, BT-Drs. 16/7918, S. 35. 41 Vgl. insofern S. Viskorf, in: Viskorf/Knobel/Schuck/Wälzholz, ErbStG, BewG, 4. Aufl., 13b ErbStG, Rn. 144 f.

100 Andreas Richter/Christian Lange 2. Poolvereinbarung und Gesellschaftsrecht Stimmrechtsbindungen und Verfügungsbeschränkungen, denen sich die Gesellschafter von Kapitalgesellschaften aus erbschaftsteuerlichen Gründen unterwerfen, wirken sich gesellschaftsrechtlich aus. 42 a) Auswirkungen der Stimmrechtsbindung Im Ergebnis führt eine erbschaftsteuerlich motivierte Verpflichtung zur einheitlichen Stimmrechtsausübung zu einer Aushöhlung der Rechte von Minderheitsgesellschaftern. Denn die Gesellschafter, die sich einer solchen Bindung unterworfen haben, können nicht das Risiko eingehen, durch ein abweichendes Stimmverhalten die Vereinbarung zu brechen. Zwar führen einzelne Verstöße gegen die Stimmrechtsbindung, d.h. ein abweichendes Stimmverhalten in Einzelfällen, noch nicht zu einer Nachversteuerungspflicht gem. 13a Abs. 5 S. 1 Nr. 5 ErbStG. 43 Die Stimmrechtsausübung ist zudem auch wirksam, weil die Poolvereinbarung keine Außenwirkung gegenüber Dritten entfaltet. Systematische Verstöße gegen die Poolvereinbarung könnten jedoch einen Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten ( 42 AO) oder eine konkludente Aufhebung oder Kündigung der Vereinbarung darstellen. Die Folge wäre eine Pflicht zur Nachversteuerung, die alle Poolmitglieder treffen könnte ( 13a Abs. 5 S. 1 Nr. 5 ErbStG). Andere Poolmitglieder könnten in diesem Fall wegen ihrer dadurch entstehenden Erbschaftsteuerverbindlichkeiten Schadensersatz gegen das abweichend abstimmende Poolmitglied geltend machen. Der Anspruch könnte sich aus der schuldhaften Verletzung einer Pflicht aus einem schuldrechtlichen Vertrag, der Poolvereinbarung, ergeben ( 280 Abs. 1 BGB). Darüber hinaus droht dem abweichend stimmenden Poolmitglied die Geltendmachung weiterer Schadensersatzansprüche, wenn die Gesellschafterversammlung aufgrund des abweichenden Abstimmungsverhaltens eines Poolmitgliedes Gesellschafterbeschlüsse nicht fasst, auf die sich die Mehrheit der Poolmitglieder verständigt hat. Die finanziellen Auswirkungen eines abweichenden Abstimmungsverhaltens sind damit für das einzelne Poolmitglied schwer absehbar. Angesichts dessen werden sich Poolmitglieder langfristig dem beschlossenen Abstimmungsverhalten anschließen müssen. Hinzu kommt für ein abweichend abstimmendes Poolmitglied die Gefahr eines Ausschlusses aus dem Pool wegen der Verletzung wesentlicher Pflichten aus der Poolvereinbarung. Dies würde für ihn eine Pflicht zur Nachversteuerung auslösen ( 13a Abs. 5 S. 1 Nr. 5 ErbStG), wenn sein Anteil auf 25% oder weniger sinkt. 42 Allerdings geringfügiger, wenn die Poolvereinbarung alle Anteile umfasst und die Regeln des Gesellschaftsvertrages abbildet. Es ist zulässig, dass alle Gesellschafter der Poolvereinbarung beitreten, R E 13b.6 Abs. 5 S. 8 ErbStR. 43 Wachter, in: Fischer/Jüptner/Pahlke/Wachter, ErbStG, Kommentar, 2012, 13b ErbStG, Rn. 110.

Pooling als Instrument der Erbschaftsteuerreduzierung 101 Die erbschaftsteuerlichen Anforderungen üben Einfluss auf die Corporate Governance aus: Der Minderheitsgesellschafter muss sich hinsichtlich der Stimmrechtsausübung den Anforderungen an eine Poolvereinbarung unterwerfen und so einen Teil der zivilrechtlich gewährten Freiheiten aufgeben. Im Hinblick auf die gesellschaftsrechtlich gewährten Minderheitenrechte kann es für das einzelne Poolmitglied wichtig sein, die Minderheitenrechte im Poolvertrag zu verankern. In der Praxis dürfte das jedoch nicht immer leicht verhandelbar sein. b) Vergleich der Verfügungsbeschränkung mit der Vinkulierung Verfügungsbeschränkungen sind für Gesellschafter von Kapitalgesellschaften gesellschaftsrechtlich nicht ohne Weiteres zulässig. Inhaberaktien und Namensaktien etwa sind grundsätzlich frei verfügbar. 44 Als einzige gesetzlich zulässige Einschränkung der freien Verfügbarkeit kommt die Vinkulierung, d.h. die satzungsmäßige Bindung der Übertragung von Aktien oder Geschäftsanteilen an die Zustimmung der Gesellschaft, in Betracht ( 68 Abs. 2 S. 1 AktG; 15 Abs. 5 GmbHG). Eine Vinkulierung ist nur für Namensaktien zulässig 45 und betrifft ausschließlich das dingliche Verfügungsgeschäft; eine Satzungsregelung, die den Abschluss eines Verpflichtungsgeschäftes an die Zustimmung der Gesellschaft bindet, ist nichtig ( 23 Abs. 5 AktG). 46 Schon diese Beschränkungen verdeutlichen den restriktiven Umgang des Gesellschaftsrechts mit Einschränkungen der Übertragbarkeit von Gesellschaftsanteilen. Die erbschaftsteuerlichen Anforderungen an die Verfügungsbeschränkung einer Poolvereinbarung gehen über die Vinkulierung von Anteilen hinaus. 47 So geht aus Vinkulierungsklauseln regelmäßig nicht hervor, ob und unter welchen Voraussetzungen die Gesellschaft ihre Zustimmung zu einer Übertragung erteilen muss. 48 Damit ist die von 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 ErbStG geforderte Einheitlichkeit der Übertragung nicht sichergestellt. Diese setzt die Übertragung an einen bestimmten Personenkreis oder mit Zustimmung der Mehrheit der Poolmitglieder nach einheitlichen Verfügungsregeln voraus. 49 Vinkulierungsklauseln ermöglichen im Übrigen eine freie Verfügung über die Anteile, wenn die Gesellschaft die erforderliche 44 Bayer, in: Münchener Kommentar zum AktG, 2008, 68, Rn. 34. 45 Solveen, in: Hölters, AktG, 2011, 68, Rn. 9; Bayer, in: Münchener Kommentar zum AktG, 2008, 68, Rn. 34. 46 Bayer, in: Münchener Kommentar zum AktG, 2008, 68, Rn. 38. 47 Geck, in: Kapp/Ebeling, ErbStG, 13b Rn. 63; Wachter, in: Fischer/Jüptner/Pahlke/Wachter, ErbStG, Kommentar, 2012, 13b, Rn. 80. 48 Wachter, in: Fischer/Jüptner/Pahlke/Wachter, ErbStG, Kommentar, 2012, 13b, Rn. 80. 49 Vgl. R E 13b.6 Abs. 4 S. 2, 3 ErbStR. Noch enger: S. Viskorf, in: Viskorf/Knobel/Schuck/Wälzholz, ErbStG, BewG, 4. Aufl., 13b ErbStG, Rn. 139.

102 Andreas Richter/Christian Lange Zustimmung erteilt. Auch diese Möglichkeit entspricht nicht den Voraussetzungen des ErbStG an eine Poolvereinbarung. 50 Die unterschiedlichen Anforderungen an eine Poolvereinbarung einerseits und eine Vinkulierung von Anteilen andererseits dürften ihre Ursache in den unterschiedlichen Zwecken beider Rechtsinstitute haben. Bei einer Vinkulierungsklausel geht es um die Zustimmung zur Übertragung eines oder mehrerer Geschäftsanteile, während die Poolvereinbarung nach der gesetzlichen Forderung eine einheitliche Verfügung über alle poolgebundenen Geschäftsanteile sicherstellen soll. 51 Vereinzelte Stimmen vertreten die Auffassung, dass Vinkulierungsklauseln eine ausreichende Verfügungsbeschränkung im Sinne des 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 ErbStG enthielten. 52 Aus den genannten Gründen sollten Betroffene darauf unter Berücksichtigung der geltenden Rechtslage jedoch nicht vertrauen. Für den Gesetzgeber stellt sich bei künftigen Gesetzesänderungen gleichwohl die Frage, ob nicht die Vinkulierung als Alternative zum Erfordernis der Verfügungsbeschränkung in Betracht kommen sollte. 3. Poolvereinbarung und Erbrecht Die Verfügungsbeschränkung in einer Poolvereinbarung kann je nach Ausgestaltung zu problematischen Wechselwirkungen mit dem Erbrecht führen. Ein Vertrag, durch den sich jemand verpflichtet, eine Verfügung von Todes wegen zu errichten oder nicht zu errichten, aufzuheben oder nicht aufzuheben, ist nach zivilrechtlichen Maßstäben nichtig ( 2302 BGB). Der Schutz der Testierfreiheit durch 2302 BGB ist umfassend; der Inhalt der übernommenen Verpflichtung ist unerheblich. 53 Eine Poolvereinbarung setzt die Verpflichtung des Erblassers oder Schenkers voraus, über Anteile an Kapitalgesellschaften nur einheitlich zu verfügen ( 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 ErbStG). Im Erbschaftsteuerrecht soll unter einer Verfügung anders als im Zivilrecht nur die Eigentumsübertragung an einem Kapitalgesellschaftsanteil zu verstehen sein (R E 13b.6 Abs. 4 S. 1 ErbStR 2011). In diesem Sinne kann sich ein Poolmitglied dazu verpflichten, auch von Todes wegen einheitlich zu verfügen. 54 Eine 50 Wachter, in: Fischer/Jüptner/Pahlke/Wachter, ErbStG, Kommentar, 2012, 13b, Rn. 80. 51 Geck, in: Kapp/Ebeling, ErbStG, 13b Rn. 63. 52 So etwa Weber/Schwind, ZEV 2009, 16 (19); Wachter, in: Fischer/Jüptner/Pahlke/Wachter, ErbStG, Kommentar, 2012, 13b, Rn. 80, ist der Ansicht, dass die Ausführungen in R E 13b.6 Abs. 4 ErbStR 2011 durchaus so zu verstehen sein könnten, dass eine Vinkulierungsklausel in Gesellschaftsverträgen grundsätzlich als ausreichende Verfügungsbeschränkung angesehen werden könnte. 53 Kanzleiter, in: Staudinger, BGB, 2006, 2302, Rn. 3 f.; Leitzen, ZEV 2010, 401. 54 Leitzen, ZEV 2010, 401 m.w.n.

Pooling als Instrument der Erbschaftsteuerreduzierung 103 solche Verpflichtung schränkt jedoch die Testierfreiheit ein und ist wegen 2302 BGB zwingend nichtig. 55 Die Nichtigkeit der Verpflichtung zur einheitlichen Verfügung von Todes wegen kann erbschaftsteuerliche Folgen haben. Nach allgemeinen zivilrechtlichen Grundsätzen folgt aus der Teilnichtigkeit eines Rechtsgeschäfts dessen Gesamtnichtigkeit, wenn nicht anzunehmen ist, dass das Geschäft auch ohne den nichtigen Teil vorgenommen sein würde ( 139 BGB). Folge einer solchen Auslegung wäre eine nicht begünstigte Übertragung von Streubesitzanteilen an einer Kapitalgesellschaft nicht nur im Erbfall, sondern auch durch Schenkung unter Lebenden. Einfachster und sicherster Weg, diese Folge zu vermeiden, ist ein Verzicht auf die Verpflichtung zur einheitlichen Verfügung von Todes wegen. Für die Erfüllung der Voraussetzungen des 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 ErbStG ist nämlich nicht erforderlich, dass sich der Erblasser auch für den Erbfall zu einer Übertragung der Kapitalgesellschaftsanteile nach einheitlichen Kriterien verpflichtet. 56 Die ErbStR 2011 äußern sich nicht zu dieser Frage. Dafür spricht aber vor allem, dass eine erbschaftsteuerliche Vergünstigung nicht von Maßnahmen abhängen kann, die zivilrechtlich unwirksam sind. 57 Zudem vollzieht sich der Erwerb von Todes wegen nicht aufgrund einer rechtsgeschäftlichen Verfügung, sondern kraft Gesetzes ( 1922 BGB). 58 Wenngleich auch der Erwerb von Todes wegen Verfügung im Sinne des Erbschaftsteuerrechts ist, ergibt sich doch aus der gesetzgeberischen Begründung, aus der Historie sowie aus Sinn und Zweck des 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 ErbStG, dass mit dem Begriff einheitliche Verfügung nur rechtsgeschäftliche Übertragungen gemeint sein sollen. 59 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 ErbStG steht also nicht im Widerspruch zu 2302 BGB. Sollte sich die Verpflichtung zur einheitlichen Verfügung in einer bestehenden Poolvereinbarung dennoch auf Verfügungen von Todes wegen erstrecken, ist eine Gesamtnichtigkeit der Vereinbarung nicht zwingend. Denn als schuldrechtliche Vereinbarung ist auch ein Poolvertrag der Auslegung zugänglich. Insbesondere wenn eine Poolvereinbarung wie üblich eine salvatorische Klausel enthält, dürfte die Auslegung zu dem Ergebnis führen, dass nur die Beschränkung der Verfügung von Todes wegen unwirksam sein soll und der Vertrag im Übrigen wirksam bleiben soll. 60 55 Geck, in: Kapp/Ebeling, ErbStG, 13b, Rn. 65; v. Oertzen, FS Schaumburg, 2009, S. 1045 (1050); Leitzen, ZEV 2010, 401. 56 In diesem Sinne Geck, in: Kapp/Ebeling, ErbStG, 13b, Rn. 65; v. Oertzen, FS Schaumburg, 2009, S. 1045 (1050); Leitzen, ZEV 2010, 401. 57 V. Oertzen, FS Schaumburg, 2009, S. 1045 (1050). 58 Geck, in: Kapp/Ebeling, ErbStG, 13b, Rn. 65. 59 Ausführlich: Leitzen, ZEV 2010, 401 (402). 60 Leitzen, ZEV 2010, 401 (402).

104 Andreas Richter/Christian Lange Nichtsdestoweniger sollten Minderheitsgesellschafter darauf verzichten, die Poolvereinbarung auf Verfügungen von Todes wegen zu erstrecken. 61 4. Auswirkungen einer Poolvereinbarung auf ertragsteuerliche Verlust- und Zinsvorträge ( 8c KStG) Nachteilige Auswirkungen könnte die mit einer Poolvereinbarung beschlossene Stimmrechtsbindung auf den körperschaftsteuerlichen Verlust- und Zinsvortrag haben. 62 Das Körperschaftsteuerrecht sieht ein anteiliges Verlustabzugsverbot für den Fall vor, dass Gesellschafter innerhalb von fünf Jahren mehr als 25% des gezeichneten Kapitals der Mitgliedschaftsrechte, Beteiligungsrechte oder Stimmrechte an einer Körperschaft auf einen Erwerber oder eine ihm nahe stehende Person übertragen (sog. schädlicher Beteiligungserwerb, 8c Abs. 1 S. 1 KStG). Bei einem schädlichen Beteiligungserwerb von mehr als 50% der Anteile sind nicht genutzte Verluste vollständig nicht mehr abziehbar ( 8c Abs. 1 S. 2 KStG). Neben der Übertragung von Rechten sieht das Gesetz auch vergleichbare Sachverhalte als schädlichen Beteiligungserwerb im Sinne der Vorschrift an. Entsprechende Anwendung findet die Regelung auf Zinsvorträge ( 8a Abs. 1 S. 3 KStG) und gewerbesteuerliche Verlustvorträge ( 10a S. 10 GewStG). Zeitlich vor der Beratung des neuen Erbschaftsteuerrechts verfügte das BMF in einem Schreiben vom 4.7.2008 63, dass Stimmrechtsvereinbarungen, Stimmrechtsbindungen und Stimmrechtsverzichte vergleichbare Sachverhalte i.s.d. 8c Abs. 1 S. 1 KStG darstellen könnten. Seitdem stellt sich die Frage, ob eine erbschaftsteuerlich motivierte Stimmrechtsvereinbarung zu einem Verlust des körperschaftsteuerlichen Verlustvortrages führen kann. Die Literatur vertritt einhellig die Ansicht, dass das Schreiben nicht die Stimmrechtsbindung im Sinne der Poolvereinbarung nach 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 ErbStG meinen könne. 64 Für diese Auffassung spricht insbesondere, dass nach diesem BMF-Schreiben 8c KStG nicht den Erwerb seitens einer natürlichen Person durch Erbfall einschließlich einer unentgeltlichen vorweggenommenen Erbfolge erfasst. 65 Wenn schon der Erwerb von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft von mehr als 25 % nicht die Folgen des 8c KStG auslöst, so muss dies für die Stimmrechtsvereinbarung im Rah- 61 S. Viskorf, in: Viskorf/Knobel/Schuck/Wälzholz, ErbStG, BewG, 4. Aufl., 13b ErbStG, Rn. 132; Leitzen, ZEV 2010, 401 (402). 62 Dazu: Richter/Escher, FR 2011, 760. 63 BMF, Schreiben v. 4.7.2008 IV C 7-S 2745-a/08/10001, 2008/0349554, Tz. 7. 64 S. Viskorf, in: Viskorf/Knobel/Schuck/Wälzholz, ErbStG, BewG, 4. Aufl., 13b ErbStG, Rn. 148; Richter/Escher, FR 2011, 760 (762); Felten, DStR 2010, 1261 (1266); Bron, FR 2010, 208 (212 f.); Elicker/Zillmer, BB 2009, 2620 (2626). 65 BMF, Schreiben v. 4.7.2008 IV C 7-S 2745-a/08/10001, 2008/0349554, Tz. 4. Insbesondere der Erwerb seitens einer Stiftung dürfte hingegen nicht vom Anwendungsbereich des 8c KStG ausgenommen sein.

Pooling als Instrument der Erbschaftsteuerreduzierung 105 men eines erbschaftsteuerlich motivierten Poolvertrages insoweit erst recht gelten, als darin der Erwerb von Todes wegen durch eine natürliche Person vorgesehen ist. Eine solche Stimmrechtsvereinbarung bereitet nämlich den Erwerb der Anteile in steuerlicher Hinsicht vor. Für diese vorbereitende Maßnahme können indes keine strengeren Regeln gelten als für die Maßnahme, d.h. den Erwerb seitens einer natürlichen Person durch Erbfall, selbst. Darüber hinaus entfaltet die Stimmrechtsvereinbarung eines Poolvertrages keine der tatsächlichen Übertragung von Stimmrechten vergleichbare Wirkung. So sind Beschlüsse auch dann wirksam gefasst, wenn ein Poolmitglied sein Stimmrecht abweichend von seiner aus dem schuldrechtlichen Poolvertrag folgenden Verpflichtung ausübt. 66 Die gerichtliche Durchsetzung der Pflichten aus dem Poolvertrag dürfte in aller Regel nicht rechtzeitig zu erreichen sein; sie würde allenfalls auf Sekundäransprüche hinauslaufen. Für die Vergleichbarkeit der Stimmrechtsbindung eines Poolvertrages mit der Stimmrechtsübertragung dürfte dies vor dem Hintergrund, dass 8c KStG die rechtsmissbräuchliche Nutzung von Verlusten durch solche Gesellschafter verhindern will, die den Verlust nicht verursacht haben, nicht ausreichen. 67 Für die Finanzverwaltung scheint die Rechtslage dagegen weniger eindeutig zu sein. Eine verwaltungsinterne Arbeitsgruppe befasst sich derzeit mit der Bund-Länder-Abstimmung zu dieser Frage. 68 Die Finanzverwaltung dürfte daher zurzeit keine verbindlichen Auskünfte ( 89 Abs. 2 AO) erteilen. 69 Die möglichen Folgen einer Poolvereinbarung für einen Verlustoder Zinsvortrag sind daher momentan schwer absehbar. Alternative Gestaltungen 70 sind im Einzelfall zu erwägen. Eine Bestätigung der Finanzverwaltung dahingehend, dass eine erbschaftsteuerlich motivierte Poolvereinbarung kein vergleichbarer Sachverhalt i.s.d. 8c Abs. 1 S. 1 KStG ist, ist wünschenswert. 71 66 Simon/Rubner, NJW-Spezial 2005, Heft 1, 27 (28 f.); Richter/Escher, FR 2011, 760 (763). 67 So auch Richter/Escher, FR 2011, 760 (763). 68 V. Freeden, Auskunftssperre bei erbschaftsteuerlicher Poolung von Anteilen an einer Verlust- oder Zinsvortrags-Kapitalgesellschaft Überlegungen aus Beratersicht, Handelsblatt Steuerboard, 10.4.2012. 69 Elicker/Zillmer, BB 2009, 2620 (2626); v. Freeden, Auskunftssperre bei erbschaftsteuerlicher Poolung von Anteilen an einer Verlust- oder Zinsvortrags- Kapitalgesellschaft Überlegungen aus Beratersicht, Handelsblatt Steuerboard, 10.4. 2012. 70 Vgl. dazu: v. Freeden, Auskunftssperre bei erbschaftsteuerlicher Poolung von Anteilen an einer Verlust- oder Zinsvortrags-Kapitalgesellschaft Überlegungen aus Beratersicht, Handelsblatt Steuerboard, 10.4.2012. 71 Richter/Escher, FR 2011, 760 (764).

106 Andreas Richter/Christian Lange V. Zusammenfassung Familienunternehmen können Poolvereinbarungen nutzen, um die Mindestbeteiligungshöhe für Anteile an Kapitalgesellschaften, die zum erbschaftsteuerlich begünstigten Vermögen gehören ( 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 1 ErbStG), zu erreichen. Der Gesetzgeber eröffnet mit der Möglichkeit des Poolings auch Inhabern von Streubesitzanteilen die Möglichkeit, die Steuervergünstigungen von bis zu 100% des angefallenen Vermögens in Anspruch zu nehmen. Die Mitglieder eines Pools unterwerfen sich mit dem Poolvertrag jedoch strikten Regeln, die sich auf ihre Handlungsfreiheit als Gesellschafter der Kapitalgesellschaft auswirken. Die Poolvereinbarung schränkt sowohl die Ausübung ihres Stimmrechts als auch die Übertragung der Gesellschaftsanteile über das gesellschaftsrechtlich vorgegebene Maß hinaus ein. Verstöße können für ein Poolmitglied erhebliche Auswirkungen haben. So drohen nicht nur der Ausschluss aus dem Pool und die Nachversteuerung des angefallenen Vermögens ( 13a Abs. 5 S. 1 Nr. 5 ErbStG), sondern auch Schadensersatzpflichten gegenüber anderen Poolmitgliedern, die sich auf eine Verletzung schuldrechtlich übernommener Pflichten stützen könnten. Sofern die Kapitalgesellschaft Verlust- und Zinsvorträge nutzen möchte, droht zudem ein Zielkonflikt mit dem Ertragsteuerrecht, das eine weitere Verlustnutzung für den Fall eines schädlichen Beteiligungserwerbs verbietet ( 8c KStG). Ein solcher könnte in der Vereinbarung einer Stimmrechtsbindung liegen, die Anteile von mehr als 25% des gezeichneten Kapitals der Mitgliedschafts-, Beteiligungs- oder Stimmrechte umfasst. Der Umgang der Finanzverwaltung mit dieser Frage ist derzeit ungewiss. Feststehen dürfte hingegen, dass innerhalb der nächsten Jahre eine erneute Reform des Erbschaftsteuerrechts erfolgen wird. Die Bedingungen für die Gestaltung der Unternehmensnachfolge aus erbschaftsteuerlicher Sicht werden sich voraussichtlich verschlechtern. Eine zeitnahe Gestaltung kann Vorteile bieten. Poolvereinbarungen zur Ausnutzung von Steuervergünstigungen sollten dabei wohl überlegt und formuliert sein, um ihre Vorzüge zu nutzen, ohne weitreichende nachteilige Folgen auszulösen.