Vorsorge für den Notfall Bayerischer Apothekertag Nürnberg, 17.05.2014 Referentin: Susanne Kersten Rechtsanwältin, Steuerberaterin 1
Bereiche der Vorsorge I. Handlungsunfähigkeit plötzlicher Unfall schwere Krankheit längerer Krankenhausaufenthalt Koma II. Erbfall 2
I. Handlungsunfähigkeit 1. Welche Fragen stellen sich? Was geschieht, wenn man selber nicht mehr entscheiden und handeln kann? Wer sorgt sich um meine medizinische Versorgung? Wer kümmert sich um meine finanziellen Angelegenheiten? Welche Punkte sind für die Apotheke zu regeln? Wo sind die erforderlichen Unterlagen? Sind sie aktuell? Wer hat das Recht in einer solchen Situation welche Entscheidungen für mich zu treffen? 3
2. Betreuung Wenn keine Regelungen vorab getroffen wurden, dann Betreuungsgericht bestimmt Betreuer Wer wird Betreuer? Welche Rechte und Pflichten hat der Betreuer? 4
2. Betreuung Aufgabenkreise eines Betreuers: Gesundheitssorge bei ärztlichen Eingriffen mit der Gefahr von schweren und dauerhaften Schäden für die Gesundheit des Betreuten nur mit Genehmigung des Gerichts Aufenthaltsbestimmung/Wohnungsangelegenheiten Genehmigung erforderlich: zur Kündigung u. Auflösung der Wohnung, bei freiheitsentziehender Unterbringung u. unterbringungsähnlichen Maßnahmen Vertretung vor Ämtern und Behörden Entgegennahme u. Öffnen der Post 5
2. Betreuung Vermögenssorge Sicherung und Verwaltung des Vermögens, Kontrolle durch Betreuungsgericht, Genehmigung bestimmter Geschäfte durch Betreuungsgericht (z.b. Kreditaufnahme, Verfügung über ein Grundstück) Gericht bestimmt Aufgabenkreis des Betreuers Ausgenommen: höchstpersönliche Rechtsgeschäfte (Eheschließung, Testament) Beschränkungen für den Betreuer 6
3. Rechtliche und betriebliche Vorsorge für den Notfall Warum soll vorgesorgt werden? damit im Notfall der private wie betriebliche Bereich nach den eigenen Wünschen gestaltet ist, zur Entlastung der Angehörigen Wie könnte eine rechtliche Vorsorge für den Notfall aussehen? Welche betrieblichen Vorkehrungen sind für den Notfall zu treffen? 7
3.1 Rechtliche Vorsorge für den Notfall Drei Bausteine der rechtlichen Vorsorge Betreuungsverfügung Vollmacht für das Vermögen (Generalvollmacht) Patientenverfügung 8
3.1 Rechtliche Vorsorge für den Notfall Betreuungsverfügung Mit einer Betreuungsverfügung kann der Ersteller für den Fall, dass das Betreuungsgericht wegen eigener Entscheidungs- und Handlungsunfähigkeit einen Betreuer einsetzt, festlegen, wer (bzw. wer nicht) Betreuer werden soll. Sie berechtigt die als Betreuer benannte Person noch nicht zum Handeln. Erst durch die gerichtliche Bestellung erhält Betreuer die erforderliche Vertretungsmacht. Betreuer wird vom Gericht kontrolliert. 9
3.1 Rechtliche Vorsorge für den Notfall Vollmacht Jede volljährige, geschäftsfähige Person kann eine Vollmacht erteilen. Durch eine Vollmacht erhält der Bevollmächtigte die Möglichkeit, im Namen des Vollmachtgebers zu handeln. Sie kann sich auf einzelne Rechtsgeschäfte oder auf die generelle Regelung aller Rechtsgeschäfte (Generalvollmacht) beziehen. Eine Vorsorgevollmacht kann darüber hinaus Regelungen zur Gesundheitssorge und zur Sorge für den Aufenthalt enthalten. Sie soll erst dann angewandt werden können, wenn der Vollmachtgeber seine rechtlichen Angelegenheiten nicht mehr selber regeln kann. Generalvollmacht kann Vorsorgevollmacht und Betreuungsverfügung enthalten. 10
3.1 Rechtliche Vorsorge für den Notfall Welche Fragen sind bei einer Vollmacht zu klären? Wer wird Bevollmächtigter? Dauer der Vollmacht Inhalte der Vollmacht Ab wann soll der Bevollmächtigte von der Vollmacht Gebrauch machen? Welche Form muss die Vollmacht haben? Wo soll die Vollmacht aufbewahrt werden? 11
3.1 Rechtliche Vorsorge für den Notfall Patientenverfügung Eine Patientenverfügung ist eine schriftliche Festlegung einer volljährigen Person, ob sie in bestimmte, zum Zeitpunkt der Festlegung noch nicht unmittelbar bevorstehende Untersuchungen des Gesundheitszustandes, Heilbehandlungen oder ärztliche Eingriffe einwilligt oder untersagt. Festlegungen, die auf ein Verhalten gerichtet sind, das einem gesetzlichen Verbot (wie z. B. Tötung auf Verlangen), sind unwirksam. 12
3.2 Was ist in der Apotheke zu beachten? Apothekenrechtliche Folgen bei Ausfall des Apothekenleiters Im Krankheitsfall: Vertretungsmöglichkeit nach 2 Abs. 5 ApBetrO durch einen Apotheker für maximal drei Monate im Jahr Im Todesfall: Verwaltung nach dem Tod des Erlaubnisinhabers für maximal 12 Monate ( 13 Abs. 1 ApoG) Verpachtung nach 9 Abs. 1 Nr. 2 und 3 ApoG Verkauf 13
3.2 Betriebliche Vorsorge für den Notfall Checkliste für den Ausfall des Apothekenleiters: Chefvertretung regeln Ansprechpartner (Familie, Steuerberater, Bank) dokumentieren Personelle Zuständigkeiten (für z.b. Bank, Post) klären Passwörter hinterlegen Wichtige Adressen und Termine auflisten Bezugsquellen festlegen Fundstellen (was ist wo?) aufzeigen 14
II. Erbfall 1. Gesetzliche Erbfolge bei Ledigen Grundsätze der gesetzlichen Erbfolge Erben erster Ordnung: Kinder (Enkelkinder) Erben zweiter Ordnung: Eltern (Geschwister, Neffen, Nichten) Erben dritter Ordnung: Großeltern (Onkel, Tanten, Cousin, Cousine) Erben vierter Ordnung: der nächste Verwandte (die geringste Anzahl von Geburten zwischen sich und Erblasser) 15
1. Gesetzliche Erbfolge bei Ledigen Grundsätze der gesetzlichen Erbfolge Erben einer vorhergehenden schließen jeweils Erben der nachfolgenden Ordnung aus Ein lebender Berechtigter in der jeweiligen Ordnung schließt seine Abkömmlinge aus Mehrere Erben der gleichen Ordnung erben zu gleichen Teilen Pflichtteil beträgt die Hälfte des gesetzlichen Erbteils 16
1. Gesetzliche Erbfolge bei Ledigen - Beispiel - Vater (verstorben) 1/2 Mutter (1/2) Schwester Bruder (1/4) Erblasser (verstorben) Nichte (1/4) 17
2. Gesetzliche Erbfolge bei Ehegatten Güterstand der Zugewinngemeinschaft Ehegatte erhält mindestens 1/2 (1/4 gesetzlicher Erbteil, 1/4 fiktiver Zugewinnausgleich) sind Kinder vorhanden, teilen diese sich den Rest ohne Kinder, aber vorhandenen Eltern des Erblassers erhält der Ehegatte 3/4 18
2. Gesetzliche Erbfolge bei Ehegatten Beispiel zur Erbfolge bei Zugewinngemeinschaft Erblasser Ehefrau (1/2) Sohn (verstorben) Tochter (1/4) Enkel (1/8) Enkel (1/8) 19
2. Gesetzliche Erbfolge bei Ehegatten Güterstand der Gütertrennung Erbrecht des Ehegatten ist zunächst nur abhängig von der Anzahl der Kinder 1 Kind 1/2 2 Kinder 1/3 3 und mehr Kinder 1/4 20
2. Gesetzliche Erbfolge bei Ehegatten Güterstand der Gütertrennung Ohne Kinder ist das Erbrecht des Ehegatten abhängig von weiteren Verwandten des Erblassers neben Eltern, Geschwistern oder Großeltern 1/2 21
3. Warum ein Testament? Vermeidung der gesetzlichen Erbfolge Vermeidung von Erbengemeinschaften Vermeidung/Verringerung der Erbschaftsteuer Sicherung der Unternehmensnachfolge 22
3. Warum ein Testament? 9 (Absatz 1 Nr. 2 und 3) Apothekengesetz Die Verpachtung einer Apotheke ist nur in folgenden Fällen zulässig nach dem Tode des Erlaubnisinhabers durch seine erbberechtigten Kinder bis zu dem Zeitpunkt, in dem das jüngste Kind das 23. Lebensjahr vollendet (und ggf darüber hinaus) durch den überlebenden erbberechtigten Ehegatten oder Lebenspartner bis zu dessen Wiederverheiratung 23
4. Gestaltungsmöglichkeiten. Testament eigenhändig oder öffentlich vor dem Notar. Erbvertrag 24
5. Testamentsgestaltung Einzelne Anordnungen Erbeinsetzung Alleinerbe Erbe zur Quote: 1/2 oder 1/4 etc. Ersatzerben Vollerbeneinsetzung: Erbe wird endgültig Rechtsnachfolger 25
5. Testamentsgestaltung Einzelne Anordnungen Vor- und Nacherben : Vorerbe wird Erbe auf Zeit Zwecke u.a.: Familienbindung des Vermögens Trennung zwischen Eigen- und ererbtem Vermögen 9 Apothekengesetz 26
5. Testamentsgestaltung Einzelne Anordnungen Vor- und Nacherben Nacherbschaft tritt ein mit dem Tod des Vorerben oder aufgrund eines vom Testierenden bestimmten Ereignisses (z.b. Wiederheirat des Vorerben) Freistellung des Vorerben in bestimmten Fällen möglich 27
Vermächtnis 5. Testamentsgestaltung Einzelne Anordnungen hierdurch kann man dem Miterben oder jedem Dritten einen Vermögensvorteil zuwenden Aber Achtung Apothekenrecht: Bei Erwerb der Apotheke als Vermächtnis kann Ehegatte/Kinder nicht verpachten 28
5. Testamentsgestaltung Einzelne Anordnungen Testamentsvollstreckung Inhalt Art und Umfang (Abwicklungs-, Dauer-, Verwaltungsvollstreckung) Person des Testamentsvollstreckers Vergütung Ausschluss des Hausrates? 29
Anhang: Erbschaftsteuer 1. Persönliche Freibeträge Steuerklasse Personenkreis Freibetrag I Ehegatte 500.000 I Kinder, Stiefkinder, Kinder verstorbener Kinder und Stiefkinder 400.000 I Enkelkinder 200.000 I Eltern und Großeltern bei Erbschaften 100.000 II Eltern und Großeltern bei Schenkungen; Geschwister, Neffen, Nichten; Stiefeltern, Schwiegereltern; geschiedene Ehegatten 20.000 III alle übrigen Beschenkten und Erwerber (z. B. Tanten, Onkel); Zweckzuwendungen 20.000 III gleichgeschlechtliche Lebenspartner bei einer eingetragenen Lebenspartnerschaft 500.000 30
Anhang: Erbschaftsteuer 2. Steuersätze Prozentsatz in der Steuerklasse Erwerb I II III 75.000 7 15 30 300.000 11 20 30 600.000 15 25 30 6.000.000 19 30 30 13.000.000 23 35 50 31
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