Gender Kardiologie Die Frau im Mittelpunkt der kardialen Erkrankung

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Transkript:

Gender Kardiologie Die Frau im Mittelpunkt der kardialen Erkrankung Samstag, 22. Jänner 2011 Loisium

Faculty Prim. Univ.-Prof. Dr. Herbert Frank Abteilung für Innere Medizin Landesklinikum Tulln Prim. Univ.-Prof. Dr. Michael Hirschl Abteilung für Innere Medizin Landesklinikum Zwettl Prim. Univ.-Prof. Dr. Andrea Podczeck-Schweighofer Abteilung für Kardiologie SMZ Süd, Wien Univ.-Prof. Dr. Nika Skoro-Sajer Universitätsklinik für Innere Medizin II AKH Wien Univ.-Prof. Dr. Günther Stix Universitätsklinik für Innere Medizin II AKH Wien Univ.-Prof. Dr. Jeanette Strametz-Juranek Universitätsklinik für Innere Medizin II AKH Wien

Programm Vorsitz: H. Frank, A. Podczeck-Schweighofer 09:00-09:25 J. Strametz-Juranek, Wien Gender Kardiologie: Unterschiede in Epidemiologie und Risikofaktoren 09:35-10:00 G. Stix, Wien Unterscheiden sich Frauen durch ihre Rhythmusstörungen? 10:10-10:35 A. Podczeck-Schweighofer, Wien Antithrombotische und antikoagulative Therapie bei Frauen worauf muss geachtet werden? Pause 11:00-11:25 M. Hirschl, Zwettl Der weibliche KHK Patient und das akute Koronarsyndrom 11:35-12:00 H. Frank, Tulln Vom Vasospasmus zum Tako -Tsubo-Syndrom 12:10-12:35 N. Skoro-Sajer, Wien Pulmonalarterielle Hypertension: Ursachen und Therapie 1

Gender Kardiologie: Unterschiede in Epidemiologie und Risikofaktoren Jeanette Strametz-Juranek Kardiovaskuläre Erkrankungen (CVD) stellen weltweit die häufigste Todesursache für Frauen und Männern in den industrialisierten Ländern dar. Laut einer aktuellen Publikation sterben in den USA jährlich eine halbe Million Frauen an CVD und deren Folgen. In Österreich betrug 2008 laut Statistik Österreich die Mortalität für Krankheiten des Herz-Kreislaufsystems bei Frauen 49 % im Vergleich zu 38% bei den Männern. Somit kommt dem Wissen über kardiovaskuläre Erkrankungen, der Bewusstmachung des eigenen Herz-Kreislauf-Risikos und dem Präventionsverhalten innerhalb der österreichischen Bevölkerung einen immer bedeutenderen Stellenwert zu. Allerdings hat sich laut rezenter internationaler und nationaler Studienergebnisse gezeigt, dass enorme Wissenslücken in der Erkennung und Identifikation kardiovaskulärer Risikofaktoren und der Einschätzung des eigenen kardiovaskulären Risikos bei Frauen und Männern bestehen und dass vor allem Frauen nicht in der Lage sind ihr persönliches kardiovaskuläres Risiko richtig einzuschätzen. 2

Unterscheiden sich Frauen durch ihre Rhythmusstörungen? Günther Stix Geschlechtsspezifische Unterschiede im Auftreten von Herzrhythmusstörungen fallen in der täglichen Routinearbeit auf und sind seit Jahrzehnten bekannt. Als Ursache werden Einflüsse von Sexualsteroiden auf das autonome Nervensystem und die zelluläre Elektrophysiologie des Erregungsbildungsund Erregungsleitungssystems ebenso diskutiert wie direkte genetische Dispositionen auf zellulärer, funktioneller oder metabolischer Ebene. Zudem gilt es, die alters- und geschlechtsspezifischen Unterschiede im Hinblick auf unterschiedliche kardiale Grunderkrankungen zu berücksichtigen, die ihrerseits Häufigkeit, Form und Schwere maßgeblich mitbestimmen. Herzrhythmusstörungen bei Frauen versus Männern Grundsätzlich zeichnet Frauen im Vergleich zu Männern im Durchschnitt eine höhere Ruhefrequenz und ein längeres QTc -Intervall aus, beginnend jedoch erst nach der Pubertät; dies sind die auffälligsten EKG-Veränderungen bei Frauen und weisen eine enge Beziehung zu konstitutionellen und v.a. hormonellen Einflüssen auf. Supraventrikuläre Herzrhythmusstörungen, bei Frauen prädestiniert Sinus - und AV- Knoten- Reentry - Tachykardien, seltener Wolff - Parkinson- White -Tachykardien, können zyklusabhängigen Häufigkeitsschwankungen unterliegen. Vorhofflimmern ist bei Frauen ebenfalls häufiger als bei Männern, meist typischerweise symptomatisch, und die Therapie erweist sich häufig als problematischer. Ventrikuläre Herzrhythmusstörungen, in der gesunden Allgemeinbevölkerung gleich häufig, weisen bei Männern eine enge und prognostisch bedeutsame Beziehung zur KHK auf, während diese bei Frauen weniger ausgeprägt ist und arrhythmogene Kofaktoren eine größere Rolle spielen. Frauen leiden häufiger an erworbenem und kongenitalem Long-QT-Syndrom, in deren Folge häufiger Torsades de pointes - Tachykardien auftreten (u. a. durch ausgeprägtere medikamentös induzierte QT-Verlängerung, häufigere Kurz-Lang- Sequenzen, Unterschiede der Ikr-Sensitivität), die allerdings seltener als bei Männern in Kammerflimmern degenerieren. Frauen sind von einem plötzlichen Herztod ein Drittel so häufig betroffen wie Männer. Dieser ereignet sich jedoch etwa zehn Jahre später; die zugrunde liegende Ursache ist deutlich heterogener als bei Männern, und die Prognose, ein solches Ereignis zu überleben, ist allerdings deutlich schlechter. Frauen sind in Studien zu Primär- und Sekundärprävention deutlich unterrepräsentiert, wenngleich der Nutzen dieser Therapie sogar den bei Männern zu übersteigen scheint. 4

Antithrombotische und antikoagulative Therapie bei Frauen worauf muss geachtet werden? Andrea Podczeck-Schweighofer Obwohl zum Thema Gender Kardiologie gerade im Hinblick auf koronare Herzerkrankung unterschiedliche Symptomatologie, Manifestationsformen, anatomische Verhältnisse und auch diverse Therapiestrategien in den letzten Jahren zunehmen wissenschaftliche Daten erhoben werden, liegen speziell zu der Fragestellung bezüglich antithrombotische Therapie wenig bis keine systematische Analysen vor. Untersucht man die vorliegenden Daten bei Patienten mit akutem Coronarsyndrom (STEMI und NSTEMI), so ist bekanntermaßen das Vorliegen weiblichen Geschlechts mit einer erhöhten Mortalität assoziiert, was altersbereinigt der unterschiedlichen Körpergröße und dem differenten Risikoprofil, aber auch periprozeduralen Komplikationen, vor allem Blutungskomplikationen, angeschuldet wird. Prinzipiell aber profitieren Frauen von antithrombotischen, antikoagulativen und sonstigen im Gerinnungssystem eingreifenden Therapien mindestens im gleichen Ausmaß wie Männer. Dies konnte in Studien mit Thrombolyse, mit Glykoprotein IIbIIIa-Blockern, aber auch mit den neueren Substanzen wie Prasugrel und Ticagrelor gezeigt werden. Dennoch weisen große epidemiologische Daten auf einer tendenzielle Unterversorgung bzw. Untertherapierung bei Frauen im Verglich zu Männern hin, wie sowohl Daten aus dem Euro Heart Survey als auch amerikanische Registerdaten belegen. Ebenfalls geschlechtsspezifische Daten existieren zum Problem Vorhofflimmern. Bekanntlich ist diese Rhythmusstörung ja bei Frauen mit einer höheren Mortalität und Komplikationsrate (Schlaganfall) assoziiert. Dennoch werden sowohl antithrombotische als auch antikoagulative Therapien bei Frauen auch hier seltener eingesetzt. Dabei ist im nun ganz rezent publizierten CHA2DS2 VASc Score aus den Leitlinien zur Therapie von Vorhofflimmern aufgrund der jüngsten Datenlage das Vorliegen weiblichen Geschlechts mit einer eigenen Risikopunkt versehen worden. 6

Der weibliche KHK Patient und das akute Koronarsyndrom Michael Hirschl Die koronare Herzkrankheit stellt nach wie vor die führende Todesursache in Österreich dar, obwohl die Gesamt-Mortalität in den letzten 20 Jahren deutlich gesunken ist, speziell hinsichtlich des akuten Überlebens nach Myokardinfarkt. Trotzdem bleibt der akute Myokardinfarkt eine relevante Todesursache vor allem bei Frauen. Eine Reihe von früheren Publikationen zeigte eine höhere Sterblichkeit von Frauen im Rahmen des akuten koronaren Syndroms. Unklar bleibt allerdings, ob das Geschlecht per se oder das üblicherweise höhere Alter bei Frauen mit Myokardinfarkt oder Komorbiditäten eine Rolle bei diesem Phänomen spielen. Möglicherweise ist auch die unterschiedliche Symptomatik und Schmerzwahrnehmung ein relevanter Faktor in der Entstehung dieser Differenzen. Allerdings sind die Mehrzahl dieser Ergebnisse aus einer Zeit bevor eine flächendeckende Myokardinfarkt-Versorgung mittels Thrombolyse oder primärer koronarer Intervention vorhanden war. Ziel dieser Zusammenfassung ist es die rezente Datenlage hinsichtlich der Versorgung und der Prognose von Frauen mit akutem koronarem Syndrom bei Vorhandensein von primärer PCI, modernen Stents und Myokardinfarktnetzwerken zu analysieren. Rezente Studien zeigen, dass die Mortalität bei Frauen in den letzten Jahren deutlich gesunken ist. Während die hospitale Mortalität 2003 noch bei 7.56% bei Frauen mit ST-Hebungsinfarkt gelegen ist, so betrug diese 2008 nur mehr 5.26%. Die aktuellen Analysen zeigen, dass der Einfluss des Geschlechtes auf das Überleben deutlich geringer sein dürfte als angenommen. Die häufigsten Ursachen für die bis jetzt berichtete erhöhte Mortalität bei Frauen dürfte das im Regelfall höhere Alter bei Auftreten des Infarktes und das Vorliegen entsprechender Kombinationen von Risikofaktoren sein. So zeigte eine rezente Studie der NRMI Studienautoren, dass geschlechtsbedingte Unterschiede der Mortalität altersabhängig sind sowohl für Patienten mit STEMI als auch NSTEMI. Während die Mortalität bei jungen Frauen mit STEMI deutlich höher ist als bei Männern, findet sich umgekehrt eine deutliche niedrigere Mortalität bei älteren Frauen mit NSTEMI. Die vielfach zitierte Meinung unterschiedliche Behandlungsstrategien bei Männern und Frauen konnte in einer aktuellen Publikation des American Heart Journals widerlegt werden. Dies gilt sowohl für die pharmakologische Therapie bei akutem Myokardinfarkt als auch für die Rate an revaskularisierenden Maßnahmen. Auffallend bleiben allerdings Unterschiede hinsichtlich der klinischen Präsentation des akuten koronaren Syndroms bei Männern und Frauen. Atypische Beschwerden wie Rückenschmerzen und unspezifische Übelkeit sind bei Frauen wesentlich häufiger als bei Männern. Zusammenfassend ist festzuhalten, dass die höhere Mortalität des akuten koronaren Syndroms bei Frauen in erster Linie durch altersbedingte Faktoren bedingt ist. Allerdings besteht immer noch ein geschlechtsspezifischer Bias hinsichtlich der Zuweisung von Frauen zur Abklärung einer eventuellen koronaren Herzkrankheit. In diesem Gebiet gibt es noch Aufklärungs- und Verbesserungspotential. Relevante Publikationen: American Heart Journal 2008;155:862-868 Heart 2009;95:895-899 JAMA 2009;302:874-882 American Heart Journal 2011;161:106-112 8

Vom Vasospasmus zum Tako-Tsubo-Syndrom Herbert Frank Die Tako-Tsubo-Kardiomyopathie (auch stressinduzierte Kardiomyopathie) ist ein durch physischen oder psychischen Stress ausgelöstes Syndrom, das fast ausschliesslich bei postmenopausalen Frauen auftritt. Das Tako-Tsubo Syndrom ist gekennzeichnet durch eine akute schwere myokardiale Funktionsstörung mit heftigen pektanginösen Beschwerden ohne ursächliche Koronarstenose mit vorübergehenden Wandbewegungsstörungen im linken Ventrikel. Typisch sind eine apikale Ballonierung (apical ballooning) und basale Hyperkontraktilität des linken Ventrikels. Das Tako - Tsubo Syndrom wird wahrscheinlich durch Vasospasmen ausgelöst und zur Diagnosestellung wurden folgende Kriterien vorgeschlagen: Neu aufgetretene EKG- Veränderungen entsprechend einem akuten Myokardinfarkt (allerdings nicht nur das Versorgungsgebiet einer Koronararterie betreffend) Keine signifikanten Stenosen oder akuten Plaquerupturen in der Koronarangiographie, Akuter Beginn einer reversiblen apikalen und midventrikulären linksventrikulären Motilitätsstörung (apical ballooning), Ausschluss von zerebraler Blutung oder Trauma, Phäochromozytom, hypertroph - obstruktiver Kardiomyopathie, Myokarditis. Genaue epidemiologische Daten fehlen. Fallstudien lassen annehmen, dass rund 1-2 % aller akuten Koronarsyndrome einer stressinduzierten Kardiomyopathie entsprechen. Die genaue Pathogenese ist nicht geklärt. Diverse Pathomechanismen (katecholamininduzierte Toxizität, mikrovaskuläre Dysfunktion, Stunning durch gestörten apikalen Fettsäurenstoffwechsel, gestörte Innervation der sympathischen Nervenfasern mit Hyperaktivität im Apexbereich, Einfluss von Sexualhormonen auf die sympathische neurohormonale Achse und koronare Vasoreaktivität) werden diskutiert. Objektive Daten bezüglich Standardtherapie der Tako-Tsubo-Kardiomyopathie gibt es nicht. In der Akutphase ist die Gefahr von ernsthaften Komplikationen nicht zu vernachlässigen. Bis zu 15% der Patienten erleiden einen kardiogenen Schock. Ventrikuläre Tachykardien oder Kammerflimmern werden bei bis zu 9% der Patienten beschrieben. Aus diesen Gründen wird als initiales Management neben der supportiven Therapie (Anxiolyse, Stressvermeidung, Schmerztherapie) auch eine Monitorüberwachung auf der Intensivstation empfohlen. Patienten mit dem klinischen Bild eines STEMI sollten auch bei Verdacht einer stressinduzierten Kardiomyopathie einer notfallmässigen Herzkatheteruntersuchung zugeführt werden. 10

Pulmonalarterielle Hypertension: Ursachen und Therapie Nika Skoro-Sajer Pulmonale Hypertension (PH) ist eine progredient verlaufende Erkrankung mit nach wie vor hoher Mortalität. PH ist durch eine pathologische Druckerhöhung im kleinen Kreislauf in Ruhe gekennzeichnet. Präkapilläre PH wird durch Steigerung des mittleren pulmonal-arterielleren Drucks (mpap) 25 mmhg bei einem mittleren Lungenkapillarendruck (PCWP) < 15 mmhg definiert. Die Dana Point Klassifikation unterscheidet 5 Hauptgruppen der PH: pulmonal-arterielle Hypertension (PAH, Gruppe 1), pulmonale Hypertension bei Erkrankungen des linken Herzens, pulmonale Hypertension bei Lungenerkrankungen und/oder Hypoxämie, chronisch thromboembolische pulmonale Hypertension sowie pulmonale Hypertension auf der Basis unklarer multifaktorieller Mechanismen. Verschiedene Pathomechanismen sind für die Entstehung von Lungenhochdruck verantwortlich, die in ihrem Endstadium ein relativ einheitliches Bild mit massiven strukturellen Veränderungen der Lungenarterien in Form eines obliterativen vaskulären Remodelling aufweisen. Das Mediatoren-Ungleichgewicht (Überwiegen von vasokonstriktorischen Mediatoren wie Endothelin-1 und Thromboxan A 2 sowie Mangel an vasodilatatorischen Mediatoren wie Stickstoffmonoxid (NO) und Prostazyklin (PGI 2 )) ist assoziiert mit den typischen pathohistomorphologischen Veränderungen in allen 3 Schichten der pulmonalarteriellen Gefässwand: konzentrische Intimaproliferation mit in-situ Thrombose, Mediahypertrophie und adventitiale Fibroblastenproliferation. Aufgrund der relativ unspezifischen Beschwerden wie allgemeine Schwäche und rasche Ermüdbarkeit wird die Erkrankung erst erkannt, wenn bereits eine Rechtsherzinsuffizienz vorliegt. Typische Beschwerden sind Belastungsdyspnoe, Hustenattacken, Thoraxschmerzen und Schwindel. Lungenhochdruck kann nur durch invasive Druckmessung mit Rechtsherzkatheter bewiesen werden. Bei Patienten mit PAH ist die Vasodilatator-Akutaustestung state-ofthe-art. Therapieziele sind eine Verbesserung von Symptomatik, Lebensqualität und des Überlebens. Zur Beurteilung des Behandlungserfolgs werden Veränderungen der funktionellen Kapazität ( 6 - Minuten-Gehtest (6-MWT), WHO Funktionsklasse) und der Hämodynamik herangezogen. In den letzten Jahren hat die Behandlung der PAH eine aussergewöhnliche Entwicklung vollzogen, die auf europäischer Ebene zur Genehmigung von 7 spezifischen PAH -Medikamenten geführt hat, nämlich Epoprostenol ( Flolan ), Treprostinil ( Remodulin ), Iloprost ( Ventavis, Ilomedin ), Bosentan ( Tracleer ), Ambrisentan ( Volibris ), Sildenafil (Revatio ) und Tadalafil (Adcirca ). Dank der Entwicklung der neuen Behandlungsoptionen in den letzten zehn Jahren hat sich die Prognose in Bezug auf Mortalität und Morbidität wesentlich verbessert. 12