Management im Gesundheitswesen Qualitätsmanagement II: Ansätze und Weiterentwicklung Reinhard Busse, Prof. Dr. med. MPH FFPH FG Management im Gesundheitswesen, Technische Universität Berlin (WHO Collaborating Centre for Health Systems Research and Management) & European Observatory on Health Systems and Policies 20. Januar 2016 1
Was können wir tun? Und was dabei von anderen lernen? 1. PROBLEMBEWUSSTSEIN ERZEUGEN UND ZIELE SETZEN 20. Januar 2016 2
Niederlande: Vergleich der Krankenhaussterblichkeit nach akutem Herzinfarkt mit USA, Schweden/ Dänemark und Westeuropa National Institute for Public Health and the Environment, 2010 3
Ontario: Detaillierte Betrachtung der vermeidbaren Hospitalisierungen für ausgewählte Erkrankungen Health Quality Ontario, 2012 4
Daten gäbe es auch zur medizinisch vermeidbaren/ beeinflussbaren Sterblichkeit, hier in 13 OECD-Ländern (D auf #11) -23% -42% -41% -27% -41% -33% 20. Januar 2016 5
Warum soll das wirken? (1a) Ex-ante Qualitätsverbesserung (Leistungserbringer antizipiert Daten) (1b) Ex-post Qualitätsverbesserung (Leistungserbringer nutzt Daten) (2) Patient und/oder einweisender Arzt wählen guten Leistungserbringer Was können wir tun? Und was dabei von anderen lernen? 2. QUALITÄT MESSEN UND TRANSPARENT MACHEN 20. Januar 2016 6
England: Qualitätsdarstellung Krankenhäuser insg. 7
England: Qualitätsdarstellung nach Indikation 8
New York: Mortalitätsergebnisse für einzelne Ärzte 20. Januar 2016 9
NOTWENDIG: Risikoadjustierung Remissionsraten bei Krebspatienten in zwei fiktiven Krankenhäusern- mit und ohne Risikoadjustierung Krankenhaus A (z.b. Kreiskrankenhaus) Krankenhaus B (z.b. Universitätsklinik) Insgesamt Anzahl Patienten 198 502 700 Davon in Remission ( erfolgreich behandelt ) 124 (= 63%) 222 (= 44%) 346 (= 49%) 20. Januar 2016 10
NOTWENDIG: Risikoadjustierung Remissionsraten bei Krebspatienten in zwei fiktiven Krankenhäusern- mit und ohne Risikoadjustierung Krankenhaus A (z.b. Kreiskrankenhaus) Krankenhaus B (z.b. Universitätsklinik) Insgesamt Anzahl Patienten 198 502 700 Davon in Remission ( erfolgreich behandelt ) 124 (= 63%) 222 (= 44%) 346 (= 49%) Remissionsraten nach Risikostrata (Risikoadjustierung) Krebsstadium I 80/ 98 (= 82%) 40/ 49 (= 82%) 120/ 147 (= 82%) Krebsstadium II 28/ 48 (= 58%) 88/ 151 (= 58%) 116/ 199 (= 58%) Krebsstadium III 16/ 52 (= 31%) 94/ 302 (= 31%) 110/ 354 (= 31%) Insgesamt 124/ 198 (= 63%) 222/ 502 (= 44%) 346/ 700 (= 49%) 20. Januar 2016 11
Präsentation der AQUA-Ergebnisse (ab 2016: IQTiG) 12
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Nur wenige Indikationen durch Indikatoren abgedeckt 20. Januar 2016 15
Public reporting in Deutschland: von freiwillig 16
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hin zu verpflichtend (27 Indikatoren seit 2007; jetzt 182 Indikatoren)
Können Sie sehen, wie gut oder schlecht dieses Kh. ist? Quelle: Qualitätsbericht des Jüdischen Krankenhauses 20. Januar 2016 19
20. Januar 2016 Krankenversicherung und Leistungsanbieter 20
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Das Qualitätsmanagement der HELIOS-Kliniken Verwaltungsdaten (inkl. codierter Diagnosen und Prozeduren) werden wöchentlich extrahiert und automatisch standardisiert an die Firmenzentrale übermittelt >700 medizinische Outcome-/ Mengen- oder andere Indikatoren pro Krankenhaus 33 Outcome-Indikatoren sind als Firmenziele definiert, wodurch 30 entscheidende Krankheitsbilder und Prozeduren abgedeckt werden (30% aller stationären Fälle) Die Ergebnisse werden monatlich an die Ärzte (Obmann) und die CEOs weitergegeben (jeder kann alle Ergebnisse einsehen) Interner Wettbewerb allein führt bereits zu einer positiven Entwicklung Lebender Prozess: Neue Indikatoren können zugefügt werden Thomas Mansky: Improving medical outcome by an industrial type Quality Management and Medical Controlling 20. Januar 2016 23
Vollständig online verfügbar 20. Januar 2016 Krankenversicherung und 24 Leistungsanbieter www.helios-klinikfuehrer.de
Was können wir tun? Und was dabei von anderen lernen? 3. QUALITÄT IN SEINER VIELSCHICHTIGKEIT MESSEN 20. Januar 2016 25
Leider schon eine ältere Darstellung (die aber ein weiteres Problem verdeutlicht) BQS/AQUA-Ergebnisse enden an der Krankenhaustür 20. Januar 2016 26
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Qualität zeigt sich oft erst später 20. Januar 2016 28
Doch woher die Daten nehmen? Lösung 1 den Patienten (später) befragen: Bsp. England 20. Januar 2016 29
Doch woher die Daten nehmen? Lösung 2 Routinedaten, z.b. QSR Die AOK hat gemeinsam mit HELIOS ein System entwickelt, mit welchem Qualitätsindikatoren aus Routinedaten der Versicherung abgeleitet werden Da auch Daten aus anderen Sektoren (Ambulanz, Medikamente) verfügbar sind, greift der Ansatz weiter Die Historie einzelner Patienten kann (lebenslang) verfolg werden Es können Indikatoren für Langzeitoutcomes erstellt werden Durch spezifische Wiederaufnahmen werden Komplikationen erkennbar Z.B. Ersatz einer Prothese aus beliebigem Grund zu beliebiger Zeit nachdem eine erste Implantation stattfand Wiederaufnahme wegen einer tiefen Venenthrombose Reoperation nach einer Darmresektion wegen Abszessen 20. Januar 2016 Thomas Mansky: Improving medical outcome by an industrial type Quality Management and Medical Controlling 30
Problem: Krankenhäuser mit wenigen Patienten sind nie statistisch signifikant schlecht! QSR umfasst alle Krankenhäuser mit mind. vier AOK Patienten einer bestimmten Indikation Im Beispiel: 90-Tage-Sterblichkeit nach einer Darmkrebsoperation in 1,026 Krankenhäusern (Spitze: Obergrenze 95% CI; Boden: Untergrenze 95% CI) 20. Januar 2016 31
20. Januar 2016 Krankenversicherung und Leistungsanbieter 32
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Vergleich von drei Ansätzen 20. Januar 2016 2. Krankenhaus (Helios, jetzt IQM) Krankheit 1 Krankheit 2 Krankheit 3 1. BQS/ AQUA/ IQTiG) Daten aller Krankenhäuser, begrenzt auf bestimmte Indikatoren Routinedaten 1 1 1 1 1 2 2 2 2 2 3 3 3 3 3 Andere Krankenhäuser Daten aller eigenen Patienten, aber keine anderen Spezielle Dokumentation 3. Krankenkasse (AOK QSR) 1 1 1 1 2 2 2 2 3 3 3 3 Andere Krankenkassen Andere Leistungserbringer + ambulant + Medikamente + Wiederaufnahmen + Todesfälle Daten begrenzt auf eigene Versicherte 35
Warum soll das wirken? Volume-Outcome - Beziehung für bestimmte Leistungen gut belegt (vgl. Mindestmengen) Was können wir tun? Und was dabei von anderen lernen? 4. LEISTUNGEN KONZENTRIEREN 20. Januar 2016 36
Was macht Dänenmark anders? 20. Januar 2016 37
Wir tun uns ja schon mit der Implementation von wenigen niedrigen Mindestmengen schwer 100% 75% Anteil der Krankenhäuser unterhalb der Mindestmenge 50% 25% * * Lebertransplantationen Nierentransplantationen Ösophaguseingriffe Pankreaseingriffe Stammzelltransplantationen Kniegelenk Totalendoprothese 1 1 0% 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 Jahr Quelle: Peschke, Nimptsch & Mansky, 2014 Versorgung von Früh- und Neugeborenen 38
Wir tun uns ja schon mit der Implementation von wenigen niedrigen Mindestmengen schwer 40% 30% Anteil der Patienten in Krankenhäusern unterhalb der Mindestmenge Lebertransplantationen 1 20% Nierentransplantationen 10% * * Ösophaguseingriffe Pankreaseingriffe Stammzelltransplantationen Kniegelenk Totalendoprothesen 1 0% 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 Jahr Quelle: Peschke, Nimptsch & Mansky, 2014 Versorgung von Früh- und Neugeborenen 39
SMR obwohl wir wissen könnten, dass dies Leben kostet 4 3 2 2,65 Ca. 100/ Jahr versterben zusätzlich 1 1,04 0,70 1,13 0,95 1,34 1,11 0,91 0,97 0,86 1,32 1,14 1,47 1,23 0,94 1,09 1,15 0,95 0 Fälle Leber- Nieren- Ösophagus- Pankreas- Kniegelenk Versorgung von transplantationen* transplantationen eingriffe eingriffe * Totalendoprothesen Früh- und Neugeboren Immer über MM 9.124 18.835 11.720 43.615 795.894 29.362 Konform mit Mm-R 1.710 192 2.839 8.945 104.060 4.933 Nicht konform mit Mm-R 1.425 546 9.636 13.325 50.153 7.164 20. Januar 2016 Fallzahl immer über MM Fallzahl konform mit Mm-R Fallzahl nicht konform mit Mm-R 40 Quelle: Peschke et al., 2013 unpubliziert
Aber das wussten wir ja schon länger
Hier zeigen sich besonders deutlich die Effekte der Risikoadjustierung (was die betroffenen kleinen Krankenhäuser nicht gut finden dürften)
Was können wir tun? Und was dabei von anderen lernen? 5. QUALITÄT BEI DER VERGÜTUNG BERÜCKSICHTIGEN 20. Januar 2016 43
Eigentlich total einleuchtend aber: Bezahlung nur als Boni? Oder als Umverteilung? (vgl. USA unten) Soll das Erreichen von Qualität oder die Verbesserung zählen? Und was ist mit den Krankenhäusern mit (zu) wenigen Fällen? 20. Januar 2016 44
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Quality and outcomes in England: Bonus für Struktur-/Prozess-/Ergebnisqualität (hier Beispiele für Bluthochdruck) 20. Januar 2016 46
Und was hat es den Patienten gebracht? Einführung von Quality and outcomes Campbell S et al. (2009) Effect of pay-for-performance on the quality NEJM 361: 368-378
Eine wichtige, oft übersehene Komponente: Versorgung ist gleichmäßiger geworden Doran T et al. (2008) Effect of financial incentives on inequalities Lancet 372: 728-736
Was sagt die international Evidenz insgesamt? 20. Januar 2016 49
Es gibt auch deutsche Beispiele warum nicht mehr? 20. Januar 2016 50
Es gibt auch deutsche Beispiele warum nicht mehr? 20. Januar 2016 51