4 Abs. 4a EStG Behandlung privat veranlasster Schuldzinsen Seite 3-12 Michael T. Denstorff (152388) Seite 13-22 Stefan Günther (155467)
Inhaltsverzeichnis I. Historische Entwicklung der Abzugesbeschränkung von privaten Schuldzinsen...3 A. Rechtslage mit Einführung des 4 Abs. 4a EStG a.f.:...3 B. Rechtslage ab 2000 (Steuerbereinigungsgesetz 1999)...6 1. Begriffsdefinitionen:...6 2. Berechnung der Über-/Unterentnahmen :...6 3. Übergangsvorschrift ( 52 Abs. 11 EStG a.f.):...7 4. Besonderheiten des 52 Abs. 11 EStG a.f.:...7 Überentnahme Wj. 01...8 Überentnahme Wj.02...9 C. Rechtslage nach der Einführung des 4 Abs. 4a EStG n.f....10 II. Berechnung der hinzuzurechnenden Schuldzinsen...10 III. Schuldzinsen aus Investitionsdarlehen...13 IV. Besonderheiten bei Mitunternehmerschaften...14 V. Gewinnermittlung nach 4 Abs. 3 EStG...16 VI. Gewerbesteuerliche Behandlung...17 VII. Zeitliche Anwendung...18 VIII. Das Zwei-Konten-Modell...19 IX. Das umgekehrte Zwei-Konten-Modell...21 2
I. Historische Entwicklung der Abzugesbeschränkung von privaten Schuldzinsen A. Rechtslage mit Einführung des 4 Abs. 4a EStG a.f.: Definition der Schuldzinsen i.s.d. 4 Abs. 4a EStG a.f.: Nach herrschender Meinung sind Schuldzinsen sind alle betriebl. veranlassten Gegenleistungen in Geld od. Geldeswert (lfd. od. einmalig), für die zeitl. begrenzte Überlassung von Fremdkapital. Für die Anwendung des 4 Abs. 4a EStG ist jedoch eine wirtschaftlich engere Definition der Schuldzinsen vorgesehen: Schuldzinsen sind alle gewinnmindernde Zinsen, einschließlich Damnum oder ähnliche Entgelte für Kapitalüberlassung. Diese Schuldzinsen waren in zweierlei Kategorien zu unterteilen: 1. Zinsen, für ein Konto, dass ausschließlich für betriebliche Zwecke (keinerlei Entnahmen) verwendet wird, fielen nicht unter 4 Abs. 4a EStG. 2. Zinsen von einem Konto, dass sowohl betrieblich, als auch privat genutzt wird: a. Bei Schuldzinsenbeträgen von nicht mehr als DM 8000, durften 50 % pauschal als betrieblicher Aufwand abgezogen werden. b. Bei Schuldzinsen von mehr als DM 8000 war für jeden 3
Kontovorgang der zu Sollzinsen führt, zu prüfen, ob dieser betrieblich veranlasst war. Hier war die sogenannte Zinszahlenstaffelmethode anzuwenden. Dabei waren Kontobewegungen rechnerisch einem betrieblichen und einem privaten Unterkonto zuzuordnen. Eine Ausgabe wurde direkt zugerechnet, eine Einnahme war auf die beiden Unterkonten aufzuteilen. Beispiel: Zinszahlenstaffelmethode Datum/ Betriebliches Privates Zins- 2) Zinszahl Vorgang Unterkonto Unterkonto tage 1) (nur priv. Unter- konto) in % 3) in % 3) 31.12. Saldo./. 20 0 2 0 2.1. PE 4)./. 3.500 PE 4)./. 100 2.1.Saldo./. 20 -./. 3.600-1 36 3.1. BA 45./. 380-3.1.Saldo./. 400 10 %./. 3.600 90 % 1 36 4.1.BE 6) 500,- + 50 + 450 4.1.Saldo./. 350 10 %./. 3.150 90 % 3 95 7.1. BA 5)./. 900-7.1.Saldo./. 1.250 28,4%./. 3.150 71,6 % 23 725 4
31.1. BE 6) 1.000,- 31.1.End- Saldo + 284 + 716./. 966 28,4 %./. 2.434 71,6 % - - Summe 30 892 Ergebnis: Bei einem angenommenen Zinssatz von 14,5 % errechnen sich für den Monat Januar private Sollzinsen in Höhe von 35,93 Euro: Zinszahl x Zinssatz : 360 = private Sollzinsen, d. h. (892 x 14,5 %) : 360 = 35,93 Euro Die insgesamt gezahlten Zinsen des Steuerpflichtigen sind um diese privaten Sollzinsen von 35,93 Euro zu reduzieren. 1) Zinstage bedeutet die Zeit (in Tagen), die ein Saldo besteht; so entfallen auf den Saldo vom 4.1. z.b. drei Zinstage, da dieser Saldo in den drei Tagen vom 4.1. - 7.1. bestand. 2) Zinszahl = (Kapital x Tage) : 100; so wurde z.b. die Zinszahl im Saldo am 4.1. wie folgt errechnet: (3.150 x 3) : 100 = 95; es gibt eine Zinszahl für das private und eine für das betriebliche Unterkonto (letztere ist jedoch hier nicht dargestellt). 3) Es ist der Prozentsatz des betrieblichen (bzw. privaten) Unterkontos zur Summe aus beiden Unterkonten zu berechnen; so beträgt z.b. am 3.1. die Summe der beiden Unterkonten - 4.000; hiervon entfallen - 400 (= 10 %) auf das betriebliche und - 3.600 (= 90 %) auf das private Unterkonto. 4) PE = Privatentnahme 5) BA = Betriebsausgabe 6) BE = Betriebseinnahme 3. Mehrere Konten: Für den Fall, dass der Stpfl. mehrere gemischt genutzte Konten hatte, musste ein Gesamtsaldo aller vorhandenen Konten gebildet werden. War der Gesamtsaldo durch eine Privatentnahme negativ, musste ebenfalls die Zinszahlenstaffelmethode angewendet werden. 5
B. Rechtslage ab 2000 (Steuerbereinigungsgesetz 1999) 1. Begriffsdefinitionen: a. Überentnahme: Der Betrag der Entnahmen ist höher als die Summe aus Gewinn und Einlagen eines Wirtschaftsjahres ( 4 Abs. 4a, S. 2 EStG a.f) b. Unterentnahme: Der Betrag der Entnahmen ist niedriger als die Summe aus Gewinn und Einlagen eines Wirtschaftsjahres 2. Berechnung der Über-/Unterentnahmen : Überentnahme/Unterentnahmen in einem Wirtschaftsjahr, waren mit Überentnahmen/Unterentnahmen aus dem vorangegangenen Wirtschaftsjahren zu addieren.( 4 Abs. 4a, S. 4 EStG a.f.). Um den Missbrauch dieser Regelung zu vermeiden, waren Über-/ Unterentnahmen aus dem letzten Quartal der Wirtschaftsjahres unbeachtlich, wenn sie im ersten Quartal des Folgewirtschaftsjahres wieder rückgängig gemacht wurden ( 4 Abs. 4a, S. 3 EStG a.f.). Kam es zu einer derartigen Korrektur, so war der Betrag der Über-/Unterentnahmen, der aus dem ersten Quartal des Folge- in das Wirtschaftsjahr übertragen wurde, nicht in die Berechnungen des folgenden Wirtschaftsjahres einzubeziehen. Aus Vereinfachungsgründen ist der nicht betriebsbedingte Betrag der Schuldzinsen nicht vom Gewinn abzurechen. Somit stellen die nicht abzugsfähigen Schuldzinsen gem. 4 Abs. 4a EStG faktisch keine Entnahmen, sondern außerbilanziell hinzurechnungspflichtige, nicht abzugsfähige Betriebsausgaben dar. 6
3. Übergangsvorschrift ( 52 Abs. 11 EStG a.f.): Die Änderungen des 4 Abs. 4a EStG a.f. sind erstmals in dem Wirtschaftsjahr anzuwenden, das nach dem 31.12.1998 endet. Alle Über- /Unterentnahmen vor diesem Stichtag bleiben gänzlich unberücksichtigt. Der Anfangsbestand der Über- und Unterentnahmen beginnt folglich ab 1999 wieder bei Null ( 52 Abs. 11, S 1 & 2 EStG). 4. Besonderheiten des 52 Abs. 11 EStG a.f.: a. Betriebsaufgabe/-veräußerung Ist ein Betrieb vor dem 01.01.1999 eröffnet worden und - überführt der Stpfl. anlässlich der Betriebsaufgabe Wirtschaftsgüter vom Betriebs.- in das Privatvermögen, sind die Buchwerte nicht als Entnahme zu bewerten( 52 Abs. 11, Satz 3, 1.Alt EStG n.f.). - veräußert der Stpf. seinen Betrieb, ist lediglich der Veräußerungsgewinn als Entnahme zu bewerten ( 52 Abs. 11, Satz 3, 2.Alt EStG n.f.). b. Aufzeichnungspflichten für 4 Abs. 3 EStG Die Aufzeichnungspflichten für Stpfl., die ihren Gewinn gem. 4 Abs. 3 EStG ermitteln gelten die in 4 Abs. 4a, S. 6 EStG n.f. Aufzeichnungsvorschriften erstmals ab 01.01.2000. 4. Berechungsbeispiel : Wirtschaftsjahr 01: Gewinn laufendes Wirtschaftsjahr DM 500.000 Einlagen: DM 200.000 (davon DM 50.000 im letzten Quartal) Entnahmen: DM 800.000. (davon DM 200.000 im letzten Quartal) Folgewirtschaftsjahr 02: 7
Erstes Quartal Folgejahre DM 60.000 entnommen, DM 100.000 eingelegt. Gewinn DM 500.000 Einlagen ab dem 2. Quartal DM 200.000 Entnahmen ab dem 2. Quartal DM 800.000 Berechnung: Überentnahme Wj. 01 Gewinn Einlage Entnahme tatsächliche Überentnahme Entnahmekorrektur aus Nebenrechnung (s.u.)* anzusetzende Überentnahme 500.000 DM + 200.000 DM./. 800.000 DM 100.000 DM./. 40.000 DM 60.000 DM *Nebenrechnung: letzten Quartals des Wirtschaftsjahres: Einlage 50.000./. Entnahme 200.000 = Entn.überschuss 150.000 1.Quartals des nächsten Wirtschaftsjahrs: Entnahme 60.000./. Einlage 100.000 = Einlagenüberschuss 40.000 Der Entnahmenüberschuss des 4.Quartals in Höhe von 150.000 ist um den Einlagenüberschuss des Folgequartals in Höhe von 40.000 zu kürzen Der Einlagenüberschuss des ersten Quartals des folgenden Wirtschaftsjahres ist in voller Höhe für die Entnahmekorrektur verbraucht, kann darum bei der Einlagenberechnung des Folgejahres nicht angesetzt werden. 8
Überentnahme Wj.02 Gewinn 500.000 Einlage + 200.000 Entnahme./. 800.000 Überentnahme 100.000 (!) Überentnahme-Vortrag aus Wj.01 + 60.000 anzusetzende Überentnahme 160.000 Berechnung der Über-/Unterentnahmen bei Verlusten: Es gilt der Grundsatz: Verluste allein begründen keine Überentnahme. Verluste werden zunächst gegen einen etwaigen Einlageüberschuss des Wirtschaftsjahres gerechnet (Einlagen./. Entnahmen). Wird der Verlustbetrag nicht in Gänze oder gar nicht verbraucht, muss der restl. Verlust gegen eventuelle Unterentnahmen aus dem Vorjahr gerechnet werden. Bleibt auch hier noch ein Teil oder der ganze Verluste unberücksichtigt, ist dieser Betrag formlos festzuhalten und mit eventuellen Unterentnahmen folgender Wirtschaftsjahre zu verrechnen. Beispiel: Wirtschaftsjahr 00 - Unterentnahmen: 10.000 Wirtschaftsjahr 01 (lfd.) - Verlust: 120.000 - Entnahmen: 20.000 - Einlagen: 50.000 Berechnung: 1. Einlageüberschuß in 01: Einlagen 50.000./. Entnahmen 20.000 = 30.000 9
2. Verlust 120.000./. Einlageüberschuss 30.000 = 90.000 verbleibender Verlust 3. Verrechnung des Verlustes mit den Unterentnahmen des vorangegangenen Wirtschaftsjahres : Verbleibender Verlust (aus 01) 90.000./. Unterentnahme. (00) 10.000 = verbleibender Verlust 80.000 4. der restliche, nicht verwendete Verlust i.h.v. 80.000 muss formlos festgehalten werden und gegen Unterentnahmen der künftigen Wirtschaftsjahre gerechnet werden. C. Rechtslage nach der Einführung des 4 Abs. 4a EStG n.f. Mit dem Steueränderungsgesetz 2001, also der bis heute rechtswirksamen Fassung, wurden lediglich zwei Änderungen am 4 Abs. 4a EStG vorgenommen: Die Quartalskorrektur, der bisherige Satz 3, wurde ersatzlos gestrichen Im Gesetzeskontext ausdrücklich klargestellt, dass nicht abziehbare Schuldzinsen nach Maßgabe des 4 Abs. 4a EStG für die Berechnung der Über-/Unterentnahmen nicht dem Gewinn zu entnehmen sind. (Satz 3, 2. Hs. der neuen Fassung). II. Berechnung der hinzuzurechnenden Schuldzinsen ( 4 Abs. 4a, S. 3 & 4 EStG n.f.): Bemessungsgrundlage für den sog. Hinzurechnungsbetrag sind, wie oben unter Berechnung der Über-/Unterentnahmen beschrieben, die Über- /Unterentnahmen aus dem Wirtschaftsjahr. Allerdings ist zu beachten, dass 10
Über-/Unterentnahmen aus dem vorangegangenen Wirtschaftsjahren generell nicht mehr verrechnet werden dürfen. (Ausnahme: siehe Übergangsvorschriften). Der sich aus der Bemessungsgrundlage ergebene Betrag ist mit 6 % pauschal zu verzinsen ( 4 Abs. 4a, S. 3 EStG n.f.) und ergibt den sog. Hinzurechnungsbetrag. Dieser qualifiziert die bisherigen betrieblichen Schuldzinsen in nicht abzugsfähige Betriebsausgaben um und wird außerhalb der G&V dem Gewinn hinzugerechnet. Maximal darf allerdings das Ergebnis aus den tatsächlich angefallenen Schuldzinsen abzüglich eines Kürzungsbetrages von 2.050 hinzugerechnet werden (Höchstbetrag) ( 4 Abs. 4a, S.3, letzter Hs. EStG n.f.) Berechnungsbeispiel: Wirtschaftsjahr 01 (Variante 1) Überentnahme: 60.000 Gezahlte Schuldzinsen: 8.000 Wirtschaftsjahr 02 (Variante 2) Überentnahme 160.000 Gezahlte Schuldzinsen 8.000 Berechnung des Hinzurechnungsbetrages für Wirtschaftsjahr 01: Überentnahme 60.000 x 6 % ( 4 Abs. 4a, S.3 EstG n.f.) = 3.600 (oder maximal: ) Höchstbetrag: gezahlte Schuldzinsen: 8.000 Kürzungsbetrag:./.2.050 Höchstbetrag: 5.950 Hinzurechnungsbetrag ist geringer als der Höchstbetrag, folglich sind die 3.600 als nicht abzugsfähige Betriebsausgaben dem Gewinn hinzuzurechnen. 11
Berechnung des Hinzurechnungsbetrages für Wirtschaftsjahr 02: Überentnahme 160.000 x 6 % = 9.600 (oder maximal: ) Höchstbetrag: gezahlte Schuldzinsen: 8.000 Kürzungsbetrag:./.2.050 Höchstbetrag: 5.950 Der Höchstbetrag ist geringer als der Hinzurechungsbetrag, also müssen lediglich 5.900 als nicht abzugsfähige Betriebsausgaben hinzugerechnet werden. 12
III. Schuldzinsen aus Investitionsdarlehen 4 Abs. 4a Satz 5 EStG nimmt Zinsen, die zur Finanzierung von Anschaffungs- oder Herstellungskosten betrieblicher Anlagegüter verwendet wurden, von der Abzugsbeschränkung aus. Es ist jedoch erforderlich, dass ein gesondertes Darlehen für die Finanzierung aufgenommen wird. Die Belastung eines Kontokorrentkontos reicht nicht aus. Beispiel: Die Überentnahmen betragen 500.000 EUR. Im Gesamtbetrag der Schuldzinsen sind 32.000 EUR an Zinsen enthalten, die ausschließlich für Finanzierung von Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens dienen. Schuldzinsen lt. G + V 50.000 EUR abzüglich Zinsen für die Finanzierung von Anlagevermögen -32.000 EUR 32.000 EUR verbleiben nicht abzugsfähiger Teil 18.000 EUR 15.950 EUR abzugsfähiger Teil Summe abzugsfähige Schuldzinsen 2.050 EUR 34.050 EUR Das vorstehende Beispiel zeigt, wie wichtig es ist, die Finanzierungskosten des Anlagevermögens herauszurechnen. Dies macht deutlich, dass die richtige Gestaltung beim Einsatz von Fremdmitteln durch z. T. beträchtliche Steuerersparnis belohnt wird. Da dem Unternehmer freigestellt ist, wie er sein Betriebsvermögen finanziert, muss er in diesem Fall auch nicht befürchten, dass die Gestaltung als rechtsmissbräuchlich verworfen wird. Zu beachten ist, dass die Umschuldung eines Kontokorrentkredites in ein langfristiges Darlehen nur dann einen Finanzierungszusammenhang für Investitionen in Anlagegüter herstellt, wenn ein enger zeitlicher und betragsmäßiger Zusammenhang zwischen Belastung und 13
Darlehensaufnahme besteht 1. Im Falle der Umschuldung in ein langfristiges Darlehen unterliegen die vor der Umschuldung entstandenen Kontokorrentzinsen nicht der Sonderregelung des 4 Abs. 4a Satz 5 EStG. Es ist also im Vorfeld zu bedenken, wofür das Fremdkapital verwendet werden soll. IV. Besonderheiten bei Mitunternehmerschaften Bei Personengesellschaften ist die Überentnahmeregelung gesellschaftsbezogen anzuwenden. Deshalb sind zur Ermittlung der Überentnahmen alle Entnahmen und Einlagen, auch soweit sie Ergänzungsund Sonderbilanzen der Gesellschafter betreffen, zu berücksichtigen. Maßgebend ist die Summe der Einlagen bzw. Entnahmen aller Mitunternehmer. Keine Entnahme bzw. Einlage in diesem Sinne liegt vor, wenn Wirtschaftsgüter vom Gesamthandsvermögen in das Sonderbetriebsvermögen überführt werden oder umgekehrt, da in diesen Fällen die Wirtschaftsgüter das steuerliche Betriebsvermögen nicht verlassen. Ein Hinzurechnungsbetrag ist den Mitunternehmern nach dem Gewinnverteilungsschlüssel hinzuzurechnen, wenn nichts anderes vereinbart ist. Der Kürzungsbetrag von 2.050 EUR ist nur einmal bei der Ermittlung des Gesamtbetrags der nichtabzugsfähigen Zinsen anzusetzen. Beispiel: An einer OHG sind 3 Gesellschafter zu gleichen Anteilen beteiligt. Der Gewinn beträgt 300.000 EUR und es wurden 400.000 EUR entnommen. Die Entnahmen verteilen sich auf 2 Gesellschafter mit je 150.000 EUR und einem Gesellschafter mit 100.000 EUR. Die Zinsaufwendungen betragen 50.000 EUR. 1 BStBl I 2001, S.245 14
Zinsen lt. G + V Überentnahme Nichtabziehbare Zinsen (6 % von 100.000) Korrigierten Gesamtgewinn Anteil eines Gesellschafters am Gewinn 50.000 EUR 100.000 EUR 6.000 EUR 306.000 EUR 102.000 EUR Zinsaufwendungen werden nur einbezogen, wenn sie bei der Ermittlung des Gesamtgewinns als Betriebsausgaben berücksichtigt worden sind. Schuldzinsen, die durch die Finanzierung einer Einlage des Gesellschafters entstehen, sind ebenfalls zu berücksichtigen, da auf den steuerlichen Gesamtgewinn unter Einbeziehung von Ergänzungs- und Sonderbilanzen abzustellen ist. Dabei ist eine refinanzierte Einlage eines Mitunternehmers, die dazu verwendet wird, Anlagevermögen anzuschaffen, auch für Zwecke des Schuldzinsenabzugs wie eine direkte Finanzierung auf Gesellschaftsebene zu behandeln. Die Schuldzinsen für die Refinanzierung stellen deshalb nach 4 Abs. 4a Satz 5 EStG in vollem Umfang Sonderbetriebsausgaben dar. Fraglich ist, in wie weit Schuldzinsen des Sonderbetriebsvermögens eines Gesellschafters in die Berechnung der nichtabziehbaren Schuldzinsen einfließen. Nach einschlägiger Rechtsprechung des BFH 2 sind die Einkünfte im Sinne des 15 Abs.1 Nr. 2 EStG, insbesondere das Sonderbetriebsvermögen, gesellschafterbezogen zu ermitteln. Dem entgegen steht die vom BMF vorgesehen gesellschaftsbezogen Ermittlung der nicht abziehbaren Schuldzinsen, da auch individuell zu ermittelnde Einkünfte des Sonderbetriebsvermögens einbezogen werden. Eine andere Interpretation des BMF-Schreibens v. 22.5.2000 würde zu dem Schluß führen, dass die gesellschaftsbezogene Betrachtung der Schuldzinsen auf die der Gesellschaft bezogen sind 3. Damit würde der BMF entgegen seinem Erlaß zu einer gesellschafterbezogenen Ermittlung tendieren. Im Schrifttum 4 wird der gesellschafterbezogenen 2 BFH v. 3.7.1995, DStR 1995, S. 1339 3 DStR 2001, S. 1008 4 vgl. Groth, DStR 2001, 105/108; Wendt, FR 2000, 413/431; Prinz, FR 2000, 134/135 15
Ermittlung der Vorrang gewährt, da diese im Einklang mit der BFH- Rechtsprechung steht. Entnahmen liegen vor, wenn Wirtschaftsgüter in den privaten Bereich der Gesellschafter überführt werden. Die Überweisung des Geschäftführergehaltes auf ein privates Konto des Gesellschafters stellt eine solche Entnahme dar. Die bloße Gutschrift auf dem Kapitalkonto des Gesellschafter hingegen ist keine Entnahme. Zinsen aus Gesellschafterdarlehen gleichen sich in der Gesamtgewinnauswirkung aus, da sie sowohl Betriebsausgaben im Gesamthandsvermögen, als auch Betriebseinnahmen im Sonderbetriebsvermögen darstellen. Damit ergeben sich keine Auswirkungen im Rahmen des 4 Abs. 4a EStG. Die Darlehenszuführung stellt eine Einlage und die Rückzahlung eine Entnahme dar. V. Gewinnermittlung nach 4 Abs. 3 EStG Nach 4 Abs. 4a Satz 6 EStG gelten die oben genannten Grundsätze auch bei der Gewinnermittlung durch Einnahmen-Überschußrechnung nach 4 Abs. 3 EStG. Hierzu müssen ab dem Jahr 2000 alle Entnahmen und Einlagen gesondert aufgezeichnet werden. Werden diese Aufzeichnungen nicht geführt, bleiben die privilegierte Schuldzinsen für Finanzierungsdarlehen des Anlagevermögens ( 4 Ab. 4a Satz 5 EStG) und der Kürzungsbetrag von 2.050 EUR ( 4 Abs. 4a Satz 4 EStG) als Betriebsausgaben abziehbar. Da 4 Abs. 4a EStG ausdrücklich den Betriebsausgabenabzug von Schuldzinsen regelt, ist diese Vorschrift bei Überschusseinkünften, wie z.b. die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung nicht anwendbar. Ebenfalls nicht anwendbar ist die Regelung bei der Gewinnermittlung nach 5a oder 13a EStG 5. 5 BMF vom 22.5.2000 - BStBl I S. 588 16
VI. Gewerbesteuerliche Behandlung Nach 8 GewStG werden bei der Ermittlung des Gewerbeertrags nur solche Beträge dem Gewinn hinzugerechnet, die zuvor auch abgezogen wurden. Damit sind Zinsaufwendungen, die im Rahmen des 4 Abs.4a EStG nicht abzugsfähig waren, nicht hinzurechnungsfähig nach 8 Nr. 1GewStG. Fraglich ist, inwieweit abzugsfähige Schuldzinsen dem Gewinn hinzugerechnet werden. Die Verwaltung hat hierfür folgende Grundsätze herausgearbeit: 1. Finanzierungszinsen für Anlagegüter sind im Rahmen des 4 Abs. 4a Satz 5 EStG voll abzugsfähig. Damit kommt auch die uneingeschränkte Hinzurechnung nach 8 Nr. 1 GewStG zur Anwendung, wenn sie den Dauerschuldzinsen zuzuordnen sind. 2. Die restlichen dem Grunde nach unter 8 Nr.1 GewStG fallenden Dauerschuldzinsen sind nur in dem Verhältnis hinzuzurechnen, in dem die abziehbaren Zinsaufwendungen zu den gesamten Zinsaufwendungen stehen. Dabei sind die Zinsen für Investitionsdarlehen herauszurechen. Beispiel: Der Gewinn beträgt 100.000 EUR. Darin enthalten sind Zinsaufwendungen von 30.000 EUR. Die Überentnahme beträgt 25.000 EUR; die damit nicht abzugsfähigen Schuldzinsen 1.500 EUR. Die Zinsaufwendungen setzten sich wie folgt zusammen: Investitionsdarlehen (Laufzeit 3 Jahre) 5.000 EUR Langfristige sonstige Zinsaufwendungen (Dauerschulden) 20.000 EUR Kurzfristige Zinsaufwendungen (keine Dauerschulden) 5.000 EUR 17
Bilanzgewinn 100.000 EUR Außerbilanzielle Zurechnung 1.500 EUR Gewinn aus Gewerbebetrieb 7 GewStG 101.500 EUR Nebenrechnung: abziehbare Dauerschuldzinsen 23.500 EUR Quote = X 100 Gesamte Zinsaufwendungen 25.000 EUR Quote = 94 % Ermittlung des Hinzurechnungsbetrages: Zinsen für Investitionsdarlehen 5.000 EUR Übrige abziehbare Schuldzinsen (s. NR) 18.800 EUR Gesamtbetrag 23.800 EUR Hinzurechnungsbetrag (50 %) 11.900 EUR VII. Zeitliche Anwendung Der Schulzinsabzug des 4 Abs. 4a EStG n.f. ersetzt die alten Regelungen rückwirkend für die Wirtschaftsjahre, die nach dem 31.12.1998 enden ( 52 Abs. 11 EStG a.f.). Durch Gesetz vom 19.12.2000 6 wurde 52 Abs. 11 EStG ab dem 1.1.2002 gestrichen. In Ermangelung neuer Regelungen gilt damit 4 Abs. 4a EStG n.f. ab dem Veranlagungszeitraum 2002. Die Fortschreibung der Einlagen/ Entnahmen bleibt unberührt. 6 BGBl 2000, Teil I, S. 1790 18
VIII. Das Zwei-Konten-Modell Dem Zwei-Konten-Modell liegt folgende Überlegung zu Grunde: Schuldzinsen sind grundsätzlich nur dann als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abzugsfähig, wenn sie mit einer bestimmten Einkunftsart (z.b. Einkünfte aus Gewerbebetrieb, Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung) in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen. Sind Zinsaufwendungen dagegen durch private Anschaffungen veranlasst, ist ein steuerlicher Abzug ausgeschlossen. Vor allem bei der Anschaffung eines eigengenutzten Hauses oder einer Eigentumswohnung gehen im allgemeinen beträchtliche Zinsbeträge steuerlich ins Leere. Dies kann unter bestimmten Voraussetzungen durch eine Verlagerung privater Schulden in steuerlich relevante Bereiche verhindert werden. In der Vergangenheit war diese Verlagerung zulässig, weil es einem Unternehmer nach höchstrichterlicher Rechtsprechung freigestellt ist, wie er seine Betriebsausgaben und betrieblichen Anschaffungen finanziert. Da er zu diesem Zweck sowohl Eigen- wie auch Fremdmittel einsetzen kann, hat sich die Anwendung des Zweikontenmodells vor allen Dingen für den Bereich der betrieblichen Gewinneinkünfte angeboten. Anwendungsbereiche waren und sind weiterhin insbesondere: Der höchstmögliche Abzug von Kontokorrentzinsen als Betriebsausgaben Die Umschuldung vorhandener und künftiger Privatdarlehen in betriebliche Verbindlichkeiten Für die Durchführung des Zweikontenmodells ist die Einrichtung von mindestens zwei betrieblichen Girokonten, einem betrieblichen Einnahmenkonto und einem betrieblichen Ausgabenkonto, erforderlich. Daneben wird noch ein privates Konto benötigt. Eigene Einzahlungen sowie Einzahlungen und Überweisungen von Kunden und Geschäftspartnern werden ausschließlich über das betriebliche Einnahmenkonto abgewickelt. Über das so auf diesem Konto entstehende Guthaben kann in vollem Umfang frei verfügt werden. Die Entnahme von Beträgen für private Zwecke 19
jeglicher Art ist steuerlich unschädlich. Das betriebliche Ausgabenkonto wird dagegen ausschließlich für den betrieblichen Zahlungsverkehr (Bezahlung von Betriebsausgaben und betrieblichen Anschaffungen, Abhebungen zur Verstärkung des betrieblichen Kassenbestandes) verwendet. Bei richtiger und konsequenter Handhabung sind die für den Kontokorrentkredit anfallenden Schuldzinsen zu 100 Prozent als Betriebsausgaben abzugsfähig, da die Geldmittel ausschließlich für betriebliche Zwecke verwendet wurden. Da wie vorstehend ausgeführt, das Zweikontenmodell auch ab 1999 weiterhin anwendbar ist, behält auch das BMF-Schreiben v. 10.11.1993 7 seine Gültigkeit. Von den dortigen Ausführungen müssen bei Anwendung des Zweikontenmodells insbesondere die Regelungen zu den Umbuchungen beachtet werden: Entsteht oder erhöht sich ein Sollsaldo auf einem betrieblichen Konto (Schuldkonto) durch Umbuchungen auf ein anderes betriebliches Konto (Guthabenkonto), sind die sich aus der Umbuchung (Darlehensaufnahme) ergebenden Schuldzinsen nur insoweit als Betriebsausgaben abzugsfähig, als die Umbuchung zu Lasten des Schuldkontos nicht der Finanzierung einer Entnahme dient. Für die Frage der Finanzierung einer Entnahme kommt es auf die wirtschaftliche Verbindung zwischen Umbuchung und Entnahme an. Von einer wirtschaftlichen Verbindung ist dann auszugehen, wenn zwischen Umbuchung und Entnahme ein enger zeitlicher Zusammenhang besteht und beide Vorgänge auch betragsmäßig nahezu übereinstimmen. Die Umbuchung zur Finanzierung einer Entnahme ist nicht betrieblich veranlaßt und die darauf entfallenden Schuldzinsen sind nicht als Betriebsausgaben abzugsfähig. Beispiel: 7 BStBl 1993 I S.930 20
Ein Unternehmer unterhält zwei betriebliche Girokonten. Am 6.3. überweist er vom Ausgabenkonto A 50.000 EUR auf das Einnahmenkonto B. Von diesem Konto bucht das Finanzamt am 10.3. die vierteljährliche Einkommensteuervorauszahlung in Höhe von 44.000 EUR ab. die restlichen 6.000 EUR bleiben zunächst auf dem Konto stehen. Das betriebliche Konto A war durch die Überweisung ins Soll geraten; bei der Quartalsabrechnung durch die Bank werden entsprechende Kontokorrentzinsen belastet. Zwischen der Überweisung der 50.000 EUR von A nach B und der Abbuchung der Steuer ist nach dem oben angesprochenen BMF-Schreiben ein enger zeitlicher und wirtschaftlicher Zusammenhang zu sehen. Da es sich bei der Zahlung der Einkommensteuer um einen privaten Vorgang handelt, liegt in Höhe von 44.000 EUR eine Entnahme vor. 44/50 der von der Bank berechneten Zinsen stehen mit dieser privaten Zahlung in wirtschaftlichem Zusammenhang und sind somit trotz der Belastung auf einem Betriebskonto nicht als Betriebsausgaben abzugsfähig. IX. Das umgekehrte Zwei-Konten-Modell Das umgekehrte Zwei-Konten-Modell baut auf der im BMF-Schreiben v. 22.5.2000 enthaltenen Aussage auf, dass Entnahmen bei der Ermittlung von Überentnahmen nicht einzubeziehen sind, wenn durch die Entnahme ein Schuldsaldo entsteht oder sich erhöht. Gleichzeitig sind nach der Rechtsprechung bei gemischten Kontokorrentkonten Betriebseinnahmen vorab den privaten Entnahmen zuzurechnen 8. Ziel der Gestaltung ist es, die Maximierung der Entnahmen der ersten Stufe bei gleichzeitiger Minimierung der für diese Entnahmefinanzierung anzusetzenden Zinsen. Zu diesem Zweck wird der Negativsaldo eines betrieblichen Kontokorrentkontos durch eine Privatentnahme belastet. Dieser private veranlasste Schuldsaldo wird, entsprechend der Rechtsprechung, durch 8 vgl. BFH v. 15.11.1990, BStBl II 1991, 226 21
Betriebseinnahmen getilgt. Nach Graf 9 stellt die Umbuchung von Betriebseinnahmen auf das negative Betriebsausgabenkonto keine Entnahme i.s.d. 4 Abs. 4a dar; ebenso, wie der betriebliche Geldeingang auf diesem Konto. Die hätte zur Folge, dass Überentnahme trotz Entziehung von betrieblichen Mitteln nicht entstehen. Eine Entnahme liegt auch vor, wenn betriebliche Mittel zur Tilgung einer privaten Schuld verwendet werden. Dies ist nach Auffassung der Verwaltung in dem o.g. Modell der Fall, da aufgrund privater Zahlungsvorgänge ein Schuldsaldo erhöht wird. Diese Erhöhung stellt eine privat Schuld dar. Somit ist die Tilgung eine Entnahme i.s.d. 4 Abs. 4a EStG und bei der Ermittlung der Überentnahme einzubeziehen. 9 DStR 2000, 1465 22