Interpretationskurs: Das menschliche Wissen Enquiry concerning Human Understanding, Übersicht zur Sitzung am )

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Transkript:

TU Dortmund, Wintersemester 2011/12 Institut für Philosophie und Politikwissenschaft C. Beisbart Interpretationskurs: Das menschliche Wissen Hume über die notwendige Verknüpfung ( Enquiry concerning Human Understanding, Übersicht zur Sitzung am 19.12.2011) 1 Methodische Aspekte: Eigene Assoziationen zu Begriffen sammeln; Bezug zu Positionen der Sekundärliteratur Eigene Assoziationen zu Begriffen sammeln. Manchmal ist es gut, sich vor der Lektüre eines Textes eigene Gedanken zum Thema des Textes zu machen, etwa in Form eines sog. Clusters (vgl. Esselborn-Krumbiegel 2008, 37 44). Beim Clustern, das von G. Rico eingeführt wurde, geht man grob gesagt wie folgt vor: Man schreibt in die Mitte eines quergelegten Din A4-Blatts den Begriff, um den es geht, und kreist ihn ein. Man schreibt dann flüssig andere Begriffe auf, die einem zum Ausgangsbegriff einfallen, kreist sie ein und verbindet sie mit einem vorherigen Begriff, bis ein Begriff nicht mehr in die Assoziationskette passt; dann beginnt man mit einem neuen Strahl, der vom Anfangsbegriff ausgeht. Vor Humes siebten Abschnitt zum Thema Kausalität/Kraft könnte man zum Beispiel einen Cluster zum Thema Kraft erstellen. Bezug zur Positionen der Sekundärliteratur. Zu bekannten Autoren gibt es oft Positionen in der Sekundärliteratur. Diese Positionen werden durch bestimmte Thesen zum betreffenden Autor definiert. So gibt es etwa die These, Hume sei ein Realist (s. dazu unten). Es kann dann lohnend sein, einen Text im Lichte der bekannten Positionen zu diskutieren. Man kann sich zum Beispiel fragen, welche Textstellen gut zu einer Position der Sekundärliteratur passen und welche Textstellen Probleme für die Position aufweisen. In der Gruppenarbeit haben Sie einen Überblick über die Hume-Forschung gelesen und auf den Primärtext bezogen. 2 Hume über die notwendige Verknüpfung Thema des siebten Abschnitts in der Enquiry bilden die Begriffe der Kraft, der Kausalität und der notwendigen Verknüpfung. Diese Begriffe sind uns aus dem Alltag bekannt, und sie hängen miteinander zusammen. Wir sprechen einem Gegenstand eine Kraft zu, wenn er als Ursache etwas Bestimmtes (eine Wirkung) hervorbringen kann. Der Kraft-Begriff ist also ein kausaler Begriff; häufig ist damit die Vorstellung verbunden, dass wegen der Kraft bestimmte Dinge notwendig werden. Beispiel: Aufgrund der Gravitationskraft musste der Körper zu Boden fallen, es gab keine andere Möglichkeit. Es ist also nicht allzu schwer, den Begriff der Kraft durch den der Ursache zu definieren, den der Ursache durch die Notwendigkeit u.s.w. Schwieriger ist es, einen dieser verwandten Begriffe ohne Rekurs auf die verwandten Begriffe zu bestimmen. Aus Humes Sicht ist Kraft zunächst ein Wort, das wenigstens auf den ersten Blick für eine Idee steht. Es fragt sich nun, woher wir diese Idee haben und wie man den Begriff der Kraft definieren kann. Übersicht über das Kapitel: 1

1. Einleitung: Der Unterschied zwischen Geisteswissenschaften und mathematischen Wissenschaften; Zielsetzung Die mathematischen Wissenschaften haben gegenüber den Geisteswissenschaften den Vorzug, dass sie klar definierte Begriffe haben und dass die Ideen deutlich voneinander zu unterscheiden sind. Dagegen sind mathematische Beweise in der Regel viel länger und unübersichtlicher als Beweise in den Geisteswissenschaften. Zielsetzung von Humes Abschnitt ist es, den Begriff der Kraft/notwendigen Verknüpfung deutlich zu machen. 2. Methodische Überlegung: Jede Vorstellung geht auf Eindrücke zurück; daher muss man eine Vorstellung erklären, indem man auf Eindrücke zurückgreift (86,18 87,14). 3. Verfehlte Versuche, die Vorstellung der Kraft auf Eindrücke aus einzelnen Erlebnissen zurückzuführen: (a) Sinneswahrnehmung: In einzelnen äußeren Vorgängen ist keine Kraft sinnlich wahrnehmbar (87,15 88,26; sensation). Die sinnlich wahrnehmbaren Eigenschaften von Körpern implizieren nichts darüber, was aus einer Sache entstehen wird. (b) Reflexion: i. Das eigene äußerliche Handeln (Wirkung: Geist auf Welt) gibt uns keinen Eindruck von Kraft. Argumente: A. Wie der Geist Wirkungen in der Welt der Körper hervorbringt, ist uns unverständlich; daher kann die Idee der Kraft nicht aus dem eigenen Handeln kommen (90,3 20). B. Ob Willenstätigkeit einen Einfluss in der Welt ausübt, ist eine empirische Frage; es kann vorkommen, dass jemand versucht etwas zu tun, ohne dass ihm das gelingt, ohne dass hier ein Eindruck fehlt, der sonst vorhanden ist (90,21 91,12). (Möglicher Einwand: Das eigene Wollen und Handeln gibt uns eine Idee von kausaler Wirkung; wir wissen aber nicht a priori, ob unser Handeln gelingt, weil äußere Ursachen mit der Kausalität unseres Willens interferieren. Vgl. der Kontakt mit bestimmten Viren verursacht Erkältung, allerdings nicht, wenn man ein geeignetes Medikament genommen hat.) C. Der Geist/Wille wirkt direkt auf Zwischenglieder (Lebensgeister, Nerven etc.), die uns im einzelnen nicht bekannt sind, daher ist uns auch die Wechselwirkung selbst unbekannt (91,13 92,3). Fußnote: Auch der gefühlte Widerstand vermittelt uns keinen Eindruck von Kraft. ii. Die eigene Denktätigkeit (Wirkung: Geist auf Ideen) gibt uns keinen Eindruck von Kraft. Argumente: A. Beim eigenen Denken beobachten wir nur, wie dem Willensakt eine Vorstellung folgt. Es gibt jedoch keinen Eindruck von Kraft, weil wir nicht wissen, wie der Willensakt die Vorstellung hervorbringt (93,7 25). 2

B. Das willentliche Hervorbringen von Perzeptionen ist eingeschränkt; welche Einschränkungen gelten, ist eine Sache der Erfahrung (93,26 37). C. Das willentliche Hervorbringen von Perzeptionen unterliegt Schwankungen, die empirisch herauszufinden sind (94,1 13). Zwischenresultat: Die eigene Denktätigkeit vermitteln uns keinen Eindruck von Kraft (94,14 26) (c) Der mögliche momentane Eingriff Gottes vermittelt uns keinen Eindruck einer Kraft. Okkasionalismus: Kausale Wechselwirkungen beruhen auf dem unmittelbaren Eingreifen Gottes. Humes Kritik: i. Theologische Überlegung: Der Okkasionalismus schreibt Gott unvollkommenes Handeln zu (der unmittelbare Eingriff ist schlechter als die Steuerung über Eigenwirkungen der Dinge; 97,36 97,17) ii. Philosophische Überlegungen: A. Der Okkasionalismus ist zu spekulativ (97,22 98,9). B. Der Okkasionalismus erklärt nicht wirklich, wie wir zur Idee der Kraft kommen (98,10 28). (d) Auch das Trägheitsprinzip erklärt nicht, woher wir die Idee der Kraft haben (Fußnote). 4. Konstruktive Überlegung (Teil II): (a) Erste Möglichkeit: Wir haben gar keine klare Vorstellung von Kraft (99,1 100,20; inkl. einer Zusammenfassung) (b) Zweite Möglichkeit: Wir bilden den Begriff der Ursache aufgrund einer beobachteten Regularität; diese unterscheidet sich vom Einzelfall nur durch den Aspekt der Gewohnheit (100,21 102,19); (c) Zwei Definitionen von Ursache: i. U ist genau dann die Ursache von W, wenn W-Ereignisse regelmäßig auf auf U-Ereignisse folgen (103,5 10). ii. U ist genau dann die Ursache von W, wenn W-Ereignisse regelmäßig auf auf U-Ereignisse folgen und wenn wir geneigt sind, aus dem Vorliegen von U-Ereignissen auf das von W-Ereignissen zu schließen. 5. Zusammenfassung (104,5 106,6) Diskussionspunkte: 1. Humes Ergebnis wird durch seine empiristische Methode (und die Annahme, dass jeder Vorstellung Eindrücke aus der Erfahrung zugrundeliegen) mitbestimmt. Leibniz würde etwa gegen Hume argumentieren, dass der Begriff der Kausalität angeboren ist. Für Kant ist Kausalität eine sog. Kategorie des Verstandes; sie ist eine Vorbedingung von Erfahrung. 2. Die erste Definition von Kausalität/Ursache, die Hume angibt, nennt man heute Regularitätstheorie der Kausalität. Grundidee: 3

(a) Ein bestimmter Typ von Ereignis verursacht einen anderen Typ von Ereignis (z.b. Feuer verursacht Rauch) genau dann, wenn auf ein Ereignis des ersten Typs stets ein Ereignis des zweiten Typs folgt (z.b. wenn auf Feuer immer Rauch folgt). (b) Ein Einzelereignis von Typ A verursacht ein Ereignis von Typ B (z.b. dieses Feuer verursacht diesen Rauch) genau dann, wenn auf U-Ereignisse stets W- Ereignisse folgen. 3. Probleme der Regularitätstheorie: (a) Intuitiv meinen wir mit Kausalität mehr als ein bloß regelhaftes Nebeneinander von Ereignissen. (b) Wir fassen nur manche Regelmäßigkeiten als kausal auf. Wenn alle Schüler einer Klasse blond sind, dann ist das Zufall und keine Kausalverbindung (Beispiel von Hempel). 3 Bezug zu Positionen der Forschungsliteratur Die folgenden Positionen werden von Wiesing (Hume 2007, 427 441) genannt. Wo möglich, geben wir zu jeder Position eine Stelle aus unserem Primärtext an, die die Position stützt. 1. Hume als Naturalist: Hume ist ein Naturalist, weil er behauptet, dass wir bestimmte Überzeugungen aufgrund unserer menschlichen Natur haben, ohne sie ausreichend durch die Vernunft begründen zu können. Dazu passt Humes These, dass wir uns immer dann, wenn wir U-Ereignisse oft mit W-Ereignissen verbunden sehen, daran gewöhnen, W-Ereignisse zu erwarten, wenn wir ein U-Ereignis sehen (101). Hume betont hier den Aspekt der Gewohnheit (101) und die Ohnmacht der Vernunft (102). 2. Hume als Skeptiker: Hume ist ein Skeptiker, d.h. er bezweifelt z.b., dass es wirklich kausale Verbindungen in der Welt gibt. Unser Text ist deutlich durch eine skeptische Grundhaltung gegenüber der Kausalität geprägt. Hume versucht zu bestimmen, was Kausalität ist, findet aber im Grunde außer der regelmäßigen Verbindung nichts, was der Kausalität in der Erfahrung entspricht. Das legt die Vermutung nahe, dass Hume die Existenz einer Kausalität unabhängig von Regelmäßigkeiten bezweifelt. 3. Hume als Empirist: Hume ist ein Empirist, d.h. er glaubt, dass alle Begriffe und alles Wissen aus der Erfahrung stammen. Viele Interpreten betonen nach Wiesing, dass Hume den Empirismus kritisch hinterfragt, weil er untersucht, inwiefern sich unsere Überzeugungen wirklich empirisch begründen lassen. Die These, dass alle unsere Vorstellungen und Begriffe auf die Erfahrung zurückgehen (sollten) (86 f.), verdeutlicht Humes Empirismus. Der Empirismus wird auch deutlich, wo Hume sagt, dass wir nur empirisch wissen, was auf was folgt (z.b. 87 f.). Die Ansicht, dass Hume den Empirismus kritisch hinterfragt, wird an Humes Versuch deutlich zu fragen, inwiefern die Erfahrung wirklich Annahmen über kausale Verknüpfungen rechtfertigen kann. 4. Hume als Grundleger einer Anthropologie: Hume versucht mit seinen Werken, eine Grundlage für eine neue Anthropologie zu schaffen. Das ist mit naturalistischen, skeptischen und empiristischen Zügen im Werke Humes verträglich. 4

Diese Interpretation lässt sich schwer an unserem Textausschnitt festmachen. 5. Hume als (skeptischer) Realist: Hume ist ein (skeptischer) Realist, weil er glaubt, dass es die Außenwelt gibt, dass kausale Verknüpfungen wirklich sind etc. Hume betont nur, dass wir die kausalen Kräfte im Detail nicht kennen. In unserem Text spricht Hume manchmal so, als gebe es Kräfte (die sich nicht bloß in Regelmäßigkeiten erschöpfen), aber als könnten wir diese Kräfte nicht richtig erkennen. Beispiel (93): die Art, in der dieser Vorgang [das Hervorholen einer Idee im Geist] sich vollzieht, die Kraft, durch die er hervorgebracht wird, übersteigt völlig unser Verständnis. Literatur Esselborn-Krumbiegel, H., Von der Idee zum Text. Eine Anleitung zum wissenschaftlichen Schreiben, Schöningh, Paderborn, 2008, dritte Auflage. Hume, D., Eine Untersuchung über den menschlichen Verstand. Kommentar von L. Wiesing, Suhrkamp, Frankfurt am Main, 2007. 5