Mitarbeiterentsendung aus deutscher Steuersicht Deutsch-Ungarische Industrieund Handelskammer Ra/StB Frank Dissen 09.02.2017
Mitarbeiterentsendung aus deutscher Steuersicht 1. Grundsatz deutscher Abkommens-Politik: a) Vermeidung von Doppelbesteuerung sowie b) Vermeidung von Nichtbesteuerung 2. Umsetzung in den deutschen Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) und nationalen Gesetzen: Weitgehend gemäß den internationalen Standards des OECD-Musterabkommens mit verschiedenen Abweichungen, die zumeist im Musterkommentar der OECD angelegt sind: a) Art. 15 OECD-MA: Arbeitnehmereinkünfte sog. 183-Tage-Regel b) Art. 23 OECD-MA: Vermeidung der Doppelbesteuerung Methodenartikel c) Rückfallklauseln: Vermeidung der Nichtbesteuerung 50d Abs. 8, 9, 12 EStG 2
Voraussetzung der Anwendbarkeit der Doppelbesteuerungsabkommen» Personelle Geltung: Ansässigkeit in einem oder beiden Vertragsstaaten nach dem nationalen Recht dieses Staates Konfliktlösung bei Doppelansässigkeit» Sachliche Geltung: Unter das Abkommen fallende Steuern (z.b. Einkommensteuer) Zuweisung des Besteuerungsrechts 3
Doppelansässigkeit - Kriterien der Ansässigkeit gem. DBA (Art.4 MA)» ständige Wohnstätte» Mittelpunkt der Lebensinteressen (engere persönliche und wirtschaftliche Beziehungen)» gewöhnlicher Aufenthalt» Staatsangehörigkeit» Verständigungsvereinbarung Die Bestimmung der DBA-Ansässigkeit ist Grundlage für die Prüfung der Zuweisungsartikel (Art. 6-21 OECD-MA) ohne die Bestimmung des Ansässigkeitsstaates kann das Abkommen nicht gelesen werden! 4
Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit (Art. 15 OECD-MA)» Zuordnung des Besteuerungsrechtes Grundsatz: Ansässigkeitsstaat Ausnahme: Ausübung der Tätigkeit in dem anderen Vertragsstaat = Tätigkeitsortprinzip Rückausnahme: Verbleib beim Ansässigkeitsstaat, wenn die drei Voraussetzungen der sog. 183-Tage - Regelung kumulativ erfüllt sind 5
Die 183-Tage -Regelung Das Besteuerungsrecht bleibt beim Ansässigkeitsstaat, wenn 1. sich der Arbeitnehmer im Tätigkeitsstaat während des Steuer- / Kalenderjahres / 12- Monatszeitraum nicht länger als 183 Tage aufhält und 2. die Vergütungen von einem Arbeitgeber oder für einen Arbeitgeber gezahlt werden, der nicht im Tätigkeitsstaat ansässig ist 3. die Vergütungen nicht von einer Betriebsstätte getragen werden, die der Arbeitgeber im Tätigkeitsstaat hat. und Die Voraussetzungen müssen alle zusammen erfüllt sein, sonst geht das Besteuerungsrecht auf den Tätigkeitsstaat über. 6
"Zahlungen durch den Arbeitgeber" Begriff ist im DBA nicht geregelt Rechtsprechung / BMF-Schreiben vom 12.11.2014 (IV B 2 - S 1300/08/10027)» Deutschland folgt dem wirtschaftlichen Arbeitgeberbegriff (dies ist aber nicht in jedem Land so anders z.b. Schweden) (Wirtschaftlicher) Arbeitgeber ist derjenige, der die Vergütung für die geleistete Arbeit wirtschaftlich trägt oder hätte tragen müssen (Drittvergleich) und dem der Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung schuldet, unter dessen Leitung er tätig ist und dessen Weisungen er unterworfen ist. Prinzip: Derjenige, dem die Arbeitsleistung zugute kommt, der soll auch die Kosten dafür tragen. BMF-Schreiben vom 09.11.2001 (IV B 4 S 1341 20/01) Die körperschaftsteuerliche Betrachtung ist mit einzubeziehen! 7
Wirtschaftlicher Arbeitgeber - Definition (1) von einem Arbeitgeber oder für einen Arbeitgeber gezahlt werden Arbeitgeber ist das Unternehmen, das die Vergütung für die ihm geleistete Arbeit wirtschaftlich trägt, sei es, dass er die Vergütungen unmittelbar dem betreffenden Arbeitnehmer auszahlt, sei es, dass ein anderes Unternehmen für ihn mit dieser Arbeitsvergütung in Vorlage tritt und die Kosten dann ohne Gewinnaufschlag (direkt) weiterbelastet Anknüpfung an das Verständnis, dass der Tätigkeitsstaat nur dann auf das Besteuerungsrecht verzichtet, wenn der gezahlte Arbeitslohn den seiner Steuerhoheit unterliegenden Gewinn des Betriebs nicht gemindert hat. Einklang von Personen- und Unternehmensteuer! 8
Wirtschaftlicher Arbeitgeber - Definition (2) Tätigkeit muss für das Unternehmen (im Tätigkeitsstaat) geleistet werden Der Arbeitnehmer schuldet diesem Unternehmen die Arbeitskraft, er ist unter dessen Leitung tätig, er ist dessen Weisungen unterworfen. Ein Arbeitsvertrag ist nicht notwendig. Ort der Auszahlung des Gehaltes ist nicht relevant, sondern die wirtschaftliche Tragung. Wirtschaftliches Tragen bedeutet die Gewinnminderung des Betriebes. Preisbestandteil einer Lieferung oder Werkleistung ist kein wirtschaftliches Tragen. Fremdvergleich! 9
Zahlungen zu Lasten einer Betriebsstätte Der Arbeitslohn wird zu Lasten einer Betriebsstätte gezahlt, wenn die Vergütungen wirtschaftlich von der Betriebsstätte getragen werden. Die ausgeübte Tätigkeit muss in dem jeweiligen Umfang der Betriebsstätte zugeordnet werden, wodurch die wirtschaftliche Belastung hervorgerufen wird - Auszahlungs/Abrechnungsstelle unerheblich. 10
Vermeidung der Doppelbesteuerung» Freistellung mit Progressionsvorbehalt Art. 23 a OECD MA, 32b EStG die freigestellten Einkünfte werden hinzugerechnet, um den jährlichen Steuersatz zu bestimmen, der dann auf die in Deutschland steuerpflichtigen Einkünfte angewandt wird.» Anrechnung der ausländischen Steuern Art. 23 b OECD MA, 34c EStG (z.b. DBA mit Norwegen, DBA mit den Vereinigten Arabischen Emiraten) 11
DBA-Freistellung von Arbeitseinkünften, 50d Abs. 8 EStG» sog. nationale Rückfallklausel subject to tax-clause = treaty override! Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, für die das Besteuerungsrecht nach DBA einem anderen Staat zusteht, sind gleichwohl in Deutschland zu besteuern, soweit der Steuerpflichtige nicht nachweist, dass der (ausländische) Tätigkeitsstaat auf dieses Besteuerungsrecht verzichtet hat oder dass die in diesem Staat auf die Einkünfte festgesetzten Steuern tatsächlich entrichtet wurden. Zweck des 50d Abs. 8 EStG:» Vermeidung der Nichtbesteuerung Ausnahme - Bagatellgrenze: Die Freistellung unter Progressionsvorbehalt ist ohne Nachweis für den Fall möglich, wenn der nach deutschem Recht ermittelte Arbeitslohn des betreffenden Veranlagungszeitraums nicht mehr als 10.000 beträgt» BMF-Schreiben vom 21.07.2005, IV B 1 S2411 2/05 12
DBA-Freistellung von Arbeitseinkünften, 50d Abs. 9 EStG» sog. nationale Rückfallklausel sitch over UND subject to tax-clause = treaty override! Gesetzgeber will sicherstellen, dass die Rückfallklausel auch auf die Einkünfte, die im anderen Staat nur teilweise nicht besteuert werden oder nur teilweise einer geringeren Besteuerung unterliegen, auf den unbesteuerten Teil Anwendung findet. Zweck des 50d Abs. 9 EStG:» Vermeidung der Nicht- oder Geringbesteuerung» Die Vorschrift umfasst sowohl Fälle des Qualifikationskonflikts (der Tätigkeitsstaat legt das DBA so aus, dass ihm das Besteuerungsrecht nicht zusteht) als auch sonstige Fälle (der Tätigkeitsstaat kennt den Sachverhalt nicht und besteuert deshalb die Einkünfte nicht). 13
DBA-Freistellung von Arbeitseinkünften Abfindungen, 50d Abs. 12 EStG» Grundsatz im nationalen deutschen Recht: Hat der Mitarbeiter im Zeitpunkt der Auszahlung der Abfindung seinen Wohnsitz ins Ausland verlegt, bleibt er mit der Abfindung beschränkt einkommensteuerpflichtig, soweit die für die zuvor ausgeübte Tätigkeit bezogenen Einkünfte der inländischen Besteuerung unterlegen haben ( 49 Abs. 1 Nr. 4d EStG).» ABER Einschränkung durch DBA: Die meisten DBA weisen das Besteuerungsrecht dem Ansässigkeitsstaat zu!» Ausnahmen: besonderer Wortlaut des DBA mit Frankreich Besteuerungsrecht ausschließlich im (ehemaligen) Tätigkeitsstaat Konsultationsvereinbarungen derzeit mit Belgien, Großbritannien, Luxemburg, den Niederlanden, Österreich, Schweiz unwirksam! BFH - Urteil vom 10.06.2015, I R 79/13 und BMF-Schreiben vom 31.03.2016 (IV B 2 - S 1304/09/10004 ) 14
DBA-Freistellung von Arbeitseinkünften Abfindungen, 50d Abs. 12 EStG» Neue Rückfallklausel für Abfindungen in 50d Abs. 12 EStG» Besteuerungsrecht an Abfindungen des ehemaligen Tätigkeitsstaates wird gesetzlich gesichert: Abfindungen gelten für Zwecke der Anwendung von DBA entgegen der bisherigen Auffassung des BFH und per gesetzlicher Fiktion als für die frühere Tätigkeit zusätzlich geleistetes Entgelt. Abfindungen, die anlässlich der Beendigung eines Dienstverhältnisses gezahlt werden, können somit im früheren Tätigkeitsstaat besteuert werden, soweit nicht eine eindeutige abweichende Regelung im DBA vereinbart ist. Gesetz wurde am 23.12.2016 im Bundesgesetzblatt veröffentlicht und ist somit zum 01.01.2017 in Kraft getreten! 15
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! 16
Frank Dissen Head of Global Expatriate Services Germany WTS Steuerberatungsgesellschaft mbh Taunusanlage 19 60438 Frankfurt Germany Frank Dissen Partner Head of Global Expatriate Services Germany T +49 (0) 69 1338456-52 M +49 (0) 162 2444916 F +49 (0) 69 1338456-48 Email: frank.dissen@wts.de www.wts.de/mitarbeiterentsendung Education» Bielefeld University Legal Degree with focus on Tax Law» Attorney at Law (Germany)» Certified Tax Advisor (Germany) Professional Background» Head of Global Expatriate Services Germany at WTS» Tax Manager at EY including Lead of Expatriate Social Security Advisory in Frankfurt, Germany (2004-2011)» short term assignee to EY`s European headquarters in London, UK (2010) Specialization» Highly complex advice with respect to international tax and cross border social security, employment and immigration issues for individual taxpayers and their employers.» Long standing lecturer for several external providers of tax and legal seminars.» Over 12 years of professional experience. Industry Experience» National and global companies of all business and industrial areas as well as their employees. Languages: German, English 17
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