Zustimmungsverweigerungsrecht des Betriebsrats wegen Verstoßes gegen das AÜG bei unbefristeter Einstellung einer Leiharbeitskraft auf einem Dauerarbeitsplatz Eine Überlassung von Arbeitnehmern an Entleiher erfolgt nicht vorübergehend isd. 1 Abs. 1 Satz 2 AÜG, wenn durch die Arbeitnehmerüberlassung ein reiner Dauerbeschäftigungsbedarf abgedeckt wird. Dies ergibt eine unionsrechtskonforme Auslegung des 1 Abs. 1 Satz 2 AÜG unter Berücksichtigung der RL 2008/104/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. November 2008 über Leiharbeit. 1 Abs. 1 S. 2 AÜG ist eine Verbotsnorm im Sinne des 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG, auf die der Betriebsrat seine Zustimmungsverweigerung zur Einstellung einer Leiharbeitskraft auf einem Dauerarbeitsplatz gemäß 14 Abs. 3 Satz 1 AÜG, 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG stützen kann. Die Zustimmungsverweigerung des Betriebsrats stellt die einzig verbleibende wirksame, angemessene und abschreckende Sanktion i.s. geeigneter Maßnahmen gemäß Art. 10 Abs. 2 Satz 2 der RL 2008/104/EG für den Fall der Nichteinhaltung dieser Richtlinie dar. (LAG Berlin-Brandenburg v. 19.12.2012 4 TaBV 1163/12) Zuständigkeit des Konzernbetriebsrats bei zentral genutztem Personalverwaltungssystem Für die Mitbestimmung bei der Nutzung eines Personalverwaltungssystems ist die Zuständigkeit des Konzernbetriebsrats gegeben, wenn diese von der Personalverwaltung eines konzernangehörigen Tochterunternehmens ausgeübt wird, dem Sammeln von Informationen und dem Auswerten bereits vorliegender Daten der Arbeitnehmer dient, individualisierte oder individualisierbare Verhaltens- oder Leistungsdaten von Arbeitnehmern im Konzern aufzeichnet und außerdem die Verknüpfung und Auswertung der erhobenen Daten ermöglicht. Der Einsatz des Personalverwaltungssystems kann wegen der bestehenden zentralen Nutzungs- und Überwachungsmöglichkeit weder durch die in den Konzernunternehmen errichteten Betriebsräte noch durch den Betriebsrat des das Personal verwaltenden Betriebs geregelt werden. Daraus ergibt sich ein zwingendes Erfordernis für eine unternehmensübergreifende Regelung. (BAG v. 25.09.2012 1 ABR 45/11)
Zeitpunkt des Beginns einer Betriebsänderung für insolvenzrechtliche Einordnung des Nachteilsausgleichsanspruchs Für Nachteilsausgleichansprüche ( 113 Abs. 3 BetrVG), die als sog. Altmasseverbindlichkeiten ( 209 Abs. 1 Ziff. 3 InsO) einzuordnen sind, ist nach Anzeige der Masseunzulänglichkeit (nur) die Feststellungsklage vor den Arbeitsgerichten statthaft. Der für die Einordnung als Insolvenzforderung oder als Masseverbindlichkeit entscheidende Zeitpunkt des Beginns der maßgeblichen Betriebsänderung hängt nicht zwingend davon ab, wann die erste unter 111 BetrVG passende Maßnahme stattgefunden hat. Handelt es sich nämlich nicht um einen einheitlichen sukzessive umgesetzten Plan, sondern um immer wieder neue Pläne, die dort ansetzen, wo der letzte sein Ende gefunden hat, so ist nur der letzte schlussendlich zur Kündigung führende Plan ausschlaggebend. Werden in dessen Umsetzung die ersten unumkehrbaren Maßnahmen getroffen, beginnt (erst) damit die maßgebliche Betriebsänderung. (ArbG Magdeburg v. 30.01.2013 3 Ca 1436/12; n. rkr.) Scheinwerkvertrag verdeckt Arbeitnehmerüberlassung Erbringt ein Arbeitgeber für einen Betrieb auf der Basis eines Werkvertrages Dienstleistungen und weist dieser Arbeitgeber bei der Erbringung der Dienstleistungen in dem Betrieb keinerlei organisatorische Eigenständigkeit auf, liegt ein Scheinwerkvertrag vor. Hierfür spricht auch, wenn die für diesen Arbeitgeber tätigen Arbeitnehmer von den Beschäftigten des Betriebs angelernt wurden, von diesen bei Krankheit und Urlaub vertreten wurden, etc. Die Arbeitnehmer dieses Arbeitgebers sind dann als Leiharbeitnehmer für den Betrieb tätig mit der Rechtsfolge, dass sie Anspruch gegen den Betrieb auf dieselben wesentlichen Arbeitsbedingungen und das Arbeitsentgelt haben wie die Betriebsbeschäftigten. (LAG Berlin-Brandenburg v. 12.12.2012 15 Sa 1217/12)
Bezugnahme auf jeweiligen AMP-CGZP-Vertrag bedeutet nicht Bezugnahme auf mehrgliedrigen Tarifvertrag, der von anderen Tarifvertragsparteien abgeschlossen wird Eine kleine dynamische Klausel im Arbeitsvertrag, die bestimmte Tarifverträge in der jeweils gültigen Fassung in Bezug nimmt, kann über den Wortlaut hinaus nur dann als große dynamische Verweisung hinsichtlich der Bezugnahme auf die jeweils für den Betrieb geltenden Tarifverträge ausgelegt werden, wenn sich dies aus besonderen Umständen ergibt. Beschränkt sich die Bezugnahmeklausel dem Wortlaut nach auf Tarifverträge in der jeweils gültigen Fassung, die zwischen dem AMP und der CGZP geschlossen wurden und sind sowohl vom Wortlaut als auch nach der Gesamtschau keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass über diese Bezugnahmeklausel auch Tarifverträge erfasst sein sollen, die von anderen Gewerkschaften im fachlichen und betrieblichen Geltungsbereich geschlossen werden, so ist darin keine Bezugnahme auf einen mehrgliedrigen Tarifvertrag zu sehen. (LAG Niedersachsen v. 28.11.2012 2 Sa 76/12, Revision anhängig unter 5 AZR 110/13.; LAG Baden- Württemberg v. 27.8.2012 9 Sa 187/11, Revision anhängig unter 5 AZR 832/12) Haftung des Arbeitnehmers: Ermittlung der Schadenshöhe bei fehlkalkuliertem Angebot Hätte der Arbeitgeber bei korrekter Kalkulation den übernommenen Auftrag zu einem höheren Angebotspreis nicht erhalten, so kommt als Grundlage der Schadensberechnung allein das negative Interesse in Betracht. (LAG Hamm v. 22.11.2012, 8 Sa 714/12) Unmittelbar einklagbarer Anspruch auf behindertengerechte Beschäftigung Unterlässt es ein Arbeitgeber, einem schwerbehinderten Menschen, der seine arbeitsvertraglich vereinbarte Tätigkeit nicht mehr erbringen kann, eine behindertengerechte Beschäftigung zuzuweisen, dann hat der betroffene Arbeitnehmer aus den gesteigerten Fürsorgepflichten gemäß Art. 5 der Richtlinie 2000/78/EG ivm. 81 Abs. 3 und 4 SGB IX einen unmittelbar einklagbaren Anspruch auf eine Tätigkeit, die der schwerbehinderte Mensch nach seiner Überzeugung erbringen kann. (LAG Frankfurt v. 5.11.2012 21 Sa 593/10, Revision anhängig unter 9 AZR 1100/12)
Unwirksame Befristungsabrede nach WissZeitVG Wird in einem Arbeitsvertrag eine Befristungsabrede nach 2 Abs. 1 Satz 1 WissZeitVG vereinbart und werden dem Arbeitnehmer statt wissenschaftlicher oder künstlerischer Tätigkeiten ausdrücklich die Arbeitsaufgaben des zuvor ausgeschiedenen universitären Sportlehrers übertragen, dann ist die vereinbarte Befristung unwirksam. (ArbG Dortmund v. 19.9.2012 8 Ca 2498/12) Zulässige Feststellungsklage zum Nachweis von Arbeitsbedingungen Stellt ein Arbeitgeber die Entlohnungsgrundsätze um, dann hat der Arbeitnehmer im Wege der Feststellungsklage Anspruch auf Nachweis der alten Entlohnungsbedingungen, auch wenn der Arbeitgeber behauptet, die Umstellungen würden für den Arbeitnehmer keine materiellen Veränderungen bewirken. (LAG Mainz v. 7.9.2012 6 Sa 709/11- Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten ist abgewiesen (5 AZN 2377/12) Revision des Klägers anhängig unter 9 AZR 956/12) Unwirksamkeit einer Kündigung wegen lang andauernder Erkrankung Die für eine Kündigung wegen lang andauernder Erkrankung erforderliche negative Gesundheitsprognose liegt nicht vor, wenn das vom Arbeitsgericht eingeholte ärztliche Gutachten zu dem Ergebnis kommt, der Kläger werde die Arbeit voraussichtlich in den kommenden zwei Monaten wieder aufnehmen können. Das gilt auch, wenn der Beweisbeschluss zur Einholung des Gutachtens formfehlerhaft gewesen war, sich die Beklagte jedoch in der späteren Kammerverhandlung rügelos auf das Gutachten eingelassen hatte. (LAG Mainz v. 29.8.2012 8 Sa 141/12)
Mitbestimmung des Personalrates auch für freie Rundfunkmitarbeiter Die Mitbestimmungsrechte des Personalrates bei Beendigung oder Einschränkung einer Tätigkeit erstrecken sich auch auf freie Mitarbeiter, die dem Tarifvertrag für die beim Saarländischen Rundfunk beschäftigten arbeitnehmerähnlichen Personen nach 12a TVG unterfallen. (BVerwG v. 17.12.2012 6 P 6/12)