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Transkript:

Mathematik für Biologen Prof. Dr. Rüdiger W. Braun Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf 16. Januar 2013

1 Allgemeine Hypothesentests Nullhypothese und Alternative Beispiel: Blutdrucksenker Testverfahren allgemein t-tests für Erwartungswerte

Hypothesentests Ein Medikament zur Blutdrucksenkung wird mit einem Placebo verglichen Ein Test an 10 Hochdruckpatienten soll klären, ob das Medikament den Blutdruck mehr senkt als das Placebo Es muss eine Entscheidung zwischen zwei Optionen gefällt werden. Diese bezeichnet man als Nullhypothese und Alternativhypothese

Nullhypothese und Alternativhypothese Nullhypothese H 0 : Das ist diejenige Hypothese, deren fälschliche Ablehnung man nach Möglichkeit vermeiden will Im Fall des Medikamentens ist die Nullhypothese die Aussage, dass das Placebo mindestens so gut wirkt wie das Medikament Alternativhypothese H 1 : Das ist die Alternative zur Nullhypothese Im Falle des Medikaments also die Aussage, dass das Medikament besser wirkt als das Placebo

Nullhypothese und Alternativhypothese, Fortsetzung Wissenschaft ist konservativ. Wer mit einer neuen Idee kommt, muss zeigen, dass sie besser ist als die alte Daher ist die Nullhypothese in der Regel die Annahme, dass die bestehende Theorie bzw. das vorhandene Medikament mindestens so gut ist wie die Neuerungen Neutralitätshypothese in der Genetik: Die Nullhypothese besagt, dass die untersuchte Variation der Gensequenz folgenlos ist.

Fehler erster und zweiter Art Der Fehler 1. Art ist die fälschliche Ablehnung der Nullhypothese. Der Fehler 2. Art ist die fälschliche Annahme der Nullhypothese Die Priorität liegt auf der Vermeidung des Fehlers 1. Art. Diese Asymmetrie ist ein entscheidendes Merkmal der Testtheorie.

Gestaltung des Versuchs 10 Blutdruckpatienten erhalten eine Woche lang das Medikament und eine Woche lang das Placebo. Der Blutdruck am Ende der jeweiligen Behandlung wird notiert. Zwischen beiden Behandlungen vergehen zwei Wochen mit Standard-Therapie. Ob jemand zuerst das Medikament oder zuerst das Placebo bekommt, wird ausgelost. Für jeden Patienten wird die folgende Differenz gebildet X j = Blutdruck unter Medikament Blutdruck unter Placebo Der mittlere Unterschied ist X = 1 10 (X 1 + X 2 + + X 10 ) X = 0 bedeutet, dass es keinen Unterschied zwischen Medikament und Placebo gibt

Beispiel Blutdrucksenker Blutdruck [mm hg] 1 2 3 4 5 Medikament 176 145 150 163 136 Placebo 168 184 172 173 150 Differenz X j 8-39 -22-10 -14 Blutdruck [mm hg] 6 7 8 9 10 Medikament 168 164 139 145 112 Placebo 155 163 164 151 146 Differenz X j 13 1-25 -6-34 X = 1 (8 39 22 ± 34) = 12.8 10 Frage: Ist die beobachtete Differenz signifikant, oder lässt sie sich durch Zufall erklären?

Blutdrucksenker mm Hg 190 180 170 160 150 140 130 120 110 Medikament Placebo 2 4 6 8 10 n

Blutdrucksenker, Fortsetzung 20 10 0 X 10 20 30 40 Differenz 2 4 6 8 10 n

Blutdrucksenker, Berechnung des Konfidenzintervalls Wenn 0 nicht im Konfidenzintervall liegt, ist das Ergebnis signifikant Daten 8, 39, 22, 10, 14, 13, 1, 25, 6, 34 Arithmetisches Mittel x = 12.8 Stichprobenstreuung s = 17.36 Quantil t 9, 0.975 = 2.262 Obere Vertrauensgrenze g o = x + s t 9, 0.975 17.36 2.262 = 12.8 + = 0.3785 n 10 Untere Vertrauensgrenze ist g u = 25.22

Quantile der t-verteilung f 90% 95% 97.5% 99% 99.5% 99.9% 1 3.078 6.314 12.706 31.821 63.657 318.309 2 1.886 2.920 4.303 6.965 9.925 22.327 3 1.638 2.353 3.182 4.541 5.841 10.215 4 1.533 2.132 2.776 3.747 4.604 7.173 5 1.476 2.015 2.571 3.365 4.032 5.893 6 1.440 1.943 2.447 3.143 3.707 5.208 7 1.415 1.895 2.365 2.998 3.499 4.785 8 1.397 1.860 2.306 2.896 3.355 4.501 9 1.383 1.833 2.262 2.821 3.250 4.297 10 1.372 1.812 2.228 2.764 3.169 4.144 11 1.363 1.796 2.201 2.718 3.106 4.025 12 1.356 1.782 2.179 2.681 3.055 3.930 13 1.350 1.771 2.160 2.650 3.012 3.852 14 1.345 1.761 2.145 2.624 2.977 3.787 15 1.341 1.753 2.131 2.602 2.947 3.733 16 1.337 1.746 2.120 2.583 2.921 3.686 17 1.333 1.740 2.110 2.567 2.898 3.646 18 1.330 1.734 2.101 2.552 2.878 3.610 19 1.328 1.729 2.093 2.539 2.861 3.579 20 1.325 1.725 2.086 2.528 2.845 3.552 1.282 1.645 1.960 2.326 2.576 3.090

Blutdrucksenker, Konfidenzintervall 20 10 0 X 10 20 30 Differenz 40 2 4 6 8 10 n Der Wert 0 liegt nicht im Konfidenzintervall: Wir können zur Irrtumswahrscheinlichkeit 5% sagen, dass der beobachtete Unterschied in der Wirksamkeit nicht auf Zufall beruht

Testverfahren: Fehler erster und zweiter Art Ein Test besteht aus einer Vorschrift, die zu jedem möglichen Versuchsausgang festlegt, ob die Nullhypothese H 0 angenommen oder abgelehnt wird. Der wahre Wert des untersuchten Parameters ist θ. Es soll überprüft werden, ob die Nullhypothese für θ zutrifft (θ H 0 ) oder nicht (θ H 1 ) Dabei kann es zu zwei verschiedenen Fehlentscheidungen kommen: H 0 wird angenommen H 0 wird abgelehnt θ H 0 richtige Entscheidung Fehler 1. Art θ H 1 Fehler 2. Art richtige Entscheidung

Signifikanztests Für jedes θ H 0 bezeichnet man die Wahrscheinlichkeit, dass H 0 trotzdem abgelehnt wird, als Fehlerwahrscheinlichkeit erster Art Ein Test heißt Signifikanztest zum Niveau α, wenn alle Fehlerwahrscheinlichkeiten erster Art α sind Das übliche Niveau ist 0.05 Konfidenzintervall zum Konfidenzniveau 0.95 führt zu einem Signifikanztest zum Niveau 0.05 Der Umweg über das Konfidenzintervall ist überflüssig

Ein- und zweiseitige Tests für Erwartunsgwerte Tests können ein- oder zweiseitig sein Es ist µ der unbekannte wahre Erwartungswert und µ 0 ein Referenzwert Bei zweiseitigen Tests ist die Nullhypothese von der Form H 0 : µ = µ 0 Dann wird die Nullhypothese abgelehnt, wenn die Daten signifikant von einem Refererenzwert µ 0 abweichen Bei einseitigen Tests ist die Nullhypothese von der Form H 0 : µ µ 0 (einseitiger oberer Test) bzw. H 0 : µ µ 0 (einseitiger unterer Test) Dann wird die Nullhypothese abgelehnt, wenn die Daten signifikant nach oben bzw. unten vom Refererenzwert abweichen

t-tests für Erwartungswerte X 1,..., X n bezeichnen unabhängig erhobene, gleichartige Messwerte. Verteilungsvoraussetzungen: Alle X j sind normalverteilt mit unbekanntem Erwartungswert µ und unbekannter Varianz σ 2 Ziel: µ soll mit einem festen Referenzwert µ 0 verglichen werden. x j seien Realisierungen der X j Bestimme arithmetisches Mittel und Stichprobenstreuung x = 1 n x j und s x = 1 n (x j x) n n 1 2 j=1 Die Teststatistik ist t = x µ 0 n s x Die Teststatistik wird mit dem passenden Quantil verglichen j=1

t-tests, Fortsetzung Das Signifikanzniveau sei α Die Quantile der t-verteilung müssen verwendet werden t n 1, 1 α/2 t n 1, 1 α beim zweiseitigen Test bei einem einseitigen Test Entscheidung: H 0 = {µ = µ 0 }: Die Nullhypothese H 0 wird abgelehnt, wenn t > t n 1, 1 α/2 H 0 = {µ µ 0 }: Die Nullhypothese H 0 wird abgelehnt, wenn t < t n 1, 1 α H 0 = {µ µ 0 }: Die Nullhypothese H 0 wird abgelehnt, wenn t > t n 1, 1 α

In beiden Fällen ist die rote Fläche gleich groß. Sie bezeichnet den Fehler 1. Art. Ein- und zweiseitige Tests Zweiseitiger Test H H 0 annehmen H 0 ablehnen 0 ablehnen 4 3 2 1 0 1 2 3 4 Einseitiger Test H 0 ablehnen H 0 annehmen 4 3 2 1 0 1 2 3 4

Blutdrucksenker revisited Beim Blutdrucksenker interessiert nur, ob er den Blutdruck tatsächlich senkt Ein einseitiger Test ist angemessen Wir hatten x = 12.8 und s x = 17.36 Die Nullhypothese ist H 0 : µ 0 Quantil t 9, 0.95 = 1.833 Teststatistik t = x µ 0 12.8 0 n = 10 = 2.332 s x 17.36 Die Nullhypothese wird abgelehnt, wenn t < t 9, 0.95 Das trifft hier zu. Der Blutdrucksenker ist folglich wirksam.