5. Stellvertretung im Handelsrecht

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Transkript:

5. Stellvertretung im Handelsrecht b) Prokura, 48 ff. HGB Sonderformen der Prokura - Gesamtprokura, 48 Abs. 2 HGB: Sonderform der Gesamtvertretungsmacht - im Außenverhältnis können nur mehrere Prokuristen zusammen handeln. - Aktivvertretung: Willenserklärung muss von jedem Gesamtprokuristen abgegeben werden. Einzelermächtigung des einen an den anderen Gesamtvertreter möglich! - Passivvertretung: In analoger Anwendung von 125 Abs. 2, S. 3 und Abs. 3 S. 2 HGB ist jeder Gesamtprokurist allein zur Entgegennahme befugt. Folie 113

5. Stellvertretung im Handelsrecht Sonderformen der Prokura (Forts.) - Gemischte Prokura: Prokurist kann nur mit einem Gesellschafter zusammen wirken. - Filialprokura: Wenn ein Unternehmen mehrere Filialen hat, kann die Prokura sachlich auf eine oder mehrere Niederlassungen beschränkt werden, 50 Abs. 3 HGB. Beispiel: P ist Prokurist der Zweigniederlassung Mercedes- Benz Niederlassungsverbund OWL, einer Zweigniederlassung der Daimler AG. Folie 114

5. Stellvertretung im Handelsrecht b) Prokura, 48 ff. HGB Gründe des Erlöschens der Prokura - Tod des Prokuristen, nicht des Prinzipals, 52 Abs. 3 HGB - Beendigung des zugrunde liegenden Rechtsverhältnisses, 168 S. 1 BGB - Insolvenz des Prinzipals, 117 InsO - Widerruf, 52 Abs. 1 HGB - Einstellung des Handelsgeschäfts Rechtsfolge des Erlöschens - Prokurist ist Vertreter ohne Vertretungsmacht, 177 ff. BGB; Eintragung ist nur deklaratorisch. - Dritter ggf. über negative Publizität des Handelsregisters ( 15 Abs. 1 HGB) geschützt (dazu Teil D in der Vorlesung). Folie 115

Beispiel 23 (BGH NJW 1968, 1379) K e. K. erteilt P mündlich Prokura, dieser muss bei Geschäften über 1.000 mit K Rücksprache nehmen. V bietet P ein MacBook Air für 1.500 an. V hätte mit der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt den Missbrauch der Prokura erkennen müssen. P unterzeichnet bewusst zum Nachteil des K mit seinem eigenen Namen und dem Namenszusatz ppa den Vertrag auf Briefpapier der Firma K will Kaufpreis nicht zahlen: - Laptopkauf nicht typisch für Klempnereigewerbe, - K kann das Gerät nicht gebrauchen. Wie ist die Rechtslage? Folie 116

Lösung 23 Nach 50 Abs. 1 HGB kann K dem V die interne Beschränkung der Prokura grds. nicht entgegenhalten, Verkehrsschutz setzt nicht voraus, dass es sich um ein typisches Geschäft für das Handelsgewerbe handelt oder das Gerät eingesetzt werden kann. V hätte aber erkennen müssen, dass P mit ihm keinen Vertrag schließen durfte - Lit.: Keine Genehmigung des schwebend unwirksamen Vertrags, 177 Abs. 1 BGB. - Rspr.: Wirksamer Vertrag, aber Einrede der Rechtsmissbräuchlichkeit, 242 BGB Gegen P hat V aus 179 Abs. 1 BGB keine Ansprüche: V handelte grob fahrlässig, 179 Abs. 3 S. 1 BGB Folie 117

5. Stellvertretung im Handelsrecht c) Handlungsvollmacht, 54 HGB Definition - Handlungsvollmacht ist jede Vollmacht, die vom Kaufmann im Rahmen seines Handelsgewerbes erteilt wird, die nicht Prokura ist. - Beispiele: Filialleiter, Ein- o. Verkäufer, Kassierer, Kellner Zeichnung mit i. V. oder i. A., 57 HGB Erteilung Die 167, 171 BGB gelten ohne Modifikationen; auch konkludent und formlos; auch an jur. Personen Folie 118

5. Stellvertretung im Handelsrecht c) Handlungsvollmacht, 54 HGB Umfang - Typisierte Vollmacht mit dem Umfang des 54 Abs. 1 HGB - Vermutungsregel, die sich auf den Inhalt, nicht auf das Bestehen der Vollmacht bezieht drei Vollmachtstypen: Generalhandlungsvollmacht Kleine Prokura, die zu sämtlichen branchenüblichen Geschäften, die der gesamte Betrieb des bestimmten Handelsgewerbes gewöhnlich mit sich bringt, ermächtigt. Folie 119

5. Stellvertretung im Handelsrecht Arthandlungsvollmacht Ermächtigung zu gewöhnlichen und arttypischen Geschäften, die der Betrieb des bestimmten Handelsgewerbes gewöhnlich mit sich bringt, z. B. Schalterangestellter einer Bank. Spezialhandlungsvollmacht Ermächtigung zu allen Rechtsgeschäften, die ein einzelnes und bestimmtes Geschäft gewöhnlich mit sich bringt. Folie 120

5. Stellvertretung im Handelsrecht Einschränkungen - Geschäfte, die in einem derartigen Handelsgewerbe gewöhnlich vorkommen, sind branchenübliche Geschäfte. - Beurteilung der Branchenüblichkeit richtet sich danach, ob das Geschäft öfters vorkommt und danach, ob es sich im finanziellen Rahmen des bestimmten Handelsbetriebs hält. - Beispiel: Die Handlungsvollmacht berechtigt daher nicht zum Verkauf der Ladenausstattung eines gewöhnlichen Einzelhandelsgeschäfts. Folie 121

5. Stellvertretung im Handelsrecht Einschränkungen nach Abs. 2 - Keine Veräußerung und Belastung von Grundstücken, - Keine Eingehung von Wechselverbindlichkeiten, - Keine Darlehensaufnahme, - Keine Prozessführung. - Einschränkungen der Prokura entsprechend: Privat-, Prinzipal-, und Grundlagengeschäfte. - Aber: Keine analoge Heranziehung der Vorschrift für ähnlich gefährliche Geschäfte, z. B. Bürgschaft, 765 ff. BGB. Folie 122

5. Stellvertretung im Handelsrecht Einschränkungen nach Abs. 3 Weitergehende, rechtgeschäftliche Beschränkungen der Handlungsvollmacht muss ein Dritter nur gegen sich gelten lassen, wenn er sie kannte oder kennen musste. Erlöschen nach den allgemeinen Regeln des BGB Weiterer Anwendungsbereich - 55 HGB erweitert auf Abschlussvertreter im Außendienst, - Analoge Anwendung auf kaufmannsähnliche Personen, str. Folie 123

Beispiel 24 A ist Arthandlungsvollmacht mit einer Beschränkung auf Abschlüsse bis 10.000 erteilt worden. Muss sein Prinzipal P ein Geschäft mit dem Volumen von 100.000 gegen sich gelten lassen? Lösung: Anders als bei der Prokura wird die Vollmacht ausdrücklich von 54 Abs. 3 HGB auch im Außenverhältnis eingeschränkt. Ein Dritter muss dies nach 54 Abs. 3 HGB nur gegen sich gelten lassen, wenn er die Beschränkung kannte oder kennen musste, wobei bereits (vgl. 122 Abs. 2 BGB) leichte Fahrlässigkeit schadet. Folie 124

Vergleich Handlungsvollmacht und Prokura Prokura - Erteilung nur ausdrücklich, - nur persönlich, - Deklaratorische Eintragung in HR, - alle gerichtlichen und außergerichtlichen Geschäfte und Rechtshandlungen, die der Betrieb des Handelsgewerbes mit sich bringt, - Beschränkungen nach 49 Abs. 2, nur interne Beschränkungsmöglichkeit, - Keine Übertragbarkeit nach 52 Abs. 2. Handlungsvollmacht - Erteilung auch konkludent, - auch durch Vertreter, - keine Eintragung, - einzelne, der Art nach bestimmte oder alle branchenüblichen Geschäfte, die der Betrieb des Handelsgewerbes mit sich bringt - Beschränkungen nach 54 Abs. 2 und 49 Abs. 2, auch extern, aber Gutglaubensschutz bzgl. Mindestumfang nach 54 Abs. 3, - Übertragbar mit Zustimmung, 58 Folie 125

5. Stellvertretung im Handelsrecht d) Ladenvollmacht, 56 HGB Sinn und Zweck Schutz desjenigen, der in einem öffentlichen Geschäftsraum einen Vertrag schließt oder eine Rechtshandlung vornimmt Unterschiede zu 54 HGB - 54 HGB stellt widerlegliche Vermutung für einen bestimmten Inhalt der Vollmacht auf - 56 HGB ist nach h. L. eine gesetzlich normierte und unwiderlegliche Anscheinsvollmacht, die subsidiär zur erteilten Vollmachten greift: Wenn Vollmacht erteilt wurde, dann wird bestimmter Inhalt vermutet, Wenn keine Vollmacht erteilt wurde, besteht eine Rechtsscheinvollmacht. Folie 126

5. Stellvertretung im Handelsrecht d) Ladenvollmacht Voraussetzungen - Laden oder offenes Warenlager = Jede zum Verkauf benutzte Räumlichkeit, die eine gewisse Dauerhaftigkeit aufweist Beispiele: Dies sind Supermarkt, Messestand oder Weihnachtsmarktbude; nicht aber ein Bauchladen. - eines Kaufmannes od. sonst. Kleingewerbetreibenden Folie 127

5. Stellvertretung im Handelsrecht Voraussetzungen (Forts.) - Angestellt ist jede mit Wissen und Wollen des Prinzipals im Laden zum Kontakt mit Kundschaft beschäftigte Person. - Arbeitsvertrag im Innenverhältnis irrelevant. Beispiele: Dies sind nicht Packer, Putzpersonal oder Personen der Buchführung, wohl aber Kinder des Prinzipals, die ausnahmsweise aushelfen müssen. Folie 128

5. Stellvertretung im Handelsrecht Voraussetzungen (Forts.) - Übliche Verkäufe und Empfangnahmen: Üblichkeit richtet sich nach Branche und Ladentyp Verkäufe sind z. B. auch Abschluss eines Leasingvertrags; auch dingliche Verträge; Nebenabreden wie Ratenvereinbarung; Entgegnnahme von Mängelanzeigen; Werkverträge (str.) Entgegennahmen von Sachen wie Bargeld und auch Willenserklärungen. Folie 129

Beispiel 25: Örtlicher Zusammenhang Ist 56 HGB anwendbar, wenn Käufer K zwar Kontakt im Antiquitätengeschäft mit dem Angestellten A aufgenommen hat, ein Kaufvertrag aber erst in der Wohnung des K geschlossen wird, weil K den edlen Biedermeier-Spiegel vor Ort hängen sehen wollte? Lösung: Für den Verkehrsschutz ist es nötig, eine Erweiterung (teleologische Extension) des Wortlauts vorzunehmen. Es muss unabhängig vom Ort des Vertragsschlusses eine Vollmacht gelten, wenn der Käufer ansonsten den Laden und damit dessen Personal als vertretungsbefugt ansieht. Folie 130

5. Stellvertretung im Handelsrecht Voraussetzungen (Forts.) - Gutgläubigkeit des Kunden analog 54 HGB Durch z. B. Aushänge im Laden kann der Prinzipal vermeiden, dass sein Personal als bevollmächtigt gilt. Beispiel: Gilt nach 56 HGB ein Ladenangestellter in einem Kaufhaus als bevollmächtigt, Geld zur Kaufpreiszahlung anzunehmen? Lösung: Das kommt darauf an. Gibt es eine Kasse, dann ist nur der Kassierer zur Geldannahme ermächtigt. Folie 131

Beispiel 26 (BGH NJW 1988, 2109): Ankauf Bekl. ist Opel-Händler Kl. und ein Angestellter der Bekl. unterzeichneten einen Vertrag, nach dessen Inhalt der Kl. seinen gebrauchten Pkw an die Bekl. verkaufte. Der Angestellter sei zum Ankauf eines Gebrauchtfahrzeuges nur im Falle des gleichzeitigen Verkaufs eines anderen Wagens an den Kunden bevollmächtigt gewesen; dies sei dem Kl. auch erklärt worden. Das LG hat Klage mit der Begründung stattgegeben, die Bekl. müsse das Handeln des F nach den Grundsätzen über die Duldungsvollmacht gegen sich gelten lassen. Die Berufung der Bekl. hat das OLG zurückgewiesen. Die - zugelassene - Revision führte zur Aufhebung und Zurückverweisung. Warum? Folie 132

Lösung Beispiel 26 Maßgebend für die Auslegung einer Gesetzesbestimmung ist der in ihr zum Ausdruck kommende objektivierte Wille des Gesetzgebers, wie er sich aus dem Wortlaut der Vorschrift und dem Sinnzusammenhang, in den sie hineingestellt ist, ergibt. Wortlaut 56 HGB: Verkäufen nicht auch Ankäufe Allgemeiner und Sprachgebrauch des Gesetzes ( 433 Abs.1 S. 1 BGB) ist der Verkauf von Waren die Übernahme der Verpflichtung, dem Vertragspartner gegen Entgelt Besitz und Eigentum an der Sache zu verschaffen Ausdrückliche Regelungen in 376 Abs. 3 u. 4, 383, o. 93 Abs. 1 HGB Folie 133

Lösung Beispiel 26 (Forts.) Entstehungsgeschichte: Kein abweichender Wortsinn des Ausdrucks Verkäufe Gesetzeszusammenhang: Vergleich mit Bestimmungen im gleichen Abschnitt zu Prokura und Handlungsvollmacht machen unterschiedliche Abstufung deutlich. Analogie: Sonderbestimmung einer analogen Anwendung ohnehin nicht ohne weiteres zugänglich und Voraussetzungen liegen nicht vor: - Eine Gesetzeslücke im Sinne einer planwidrigen Unvollständigkeit des Gesetzes liegt nicht vor - Tatbestände des Verkaufs und des Ankaufs sind nicht gleich zu bewerten; beim Verkauf hat Prinzipal den Preis bereits festgelegt, beim Ankauf müsste Vertreter den Preis bestimmen. Ergebnis: Ankäufe nicht von 56 HGB umfasst. Folie 134

6. Besonderheiten bei der AGB-Kontrolle AGB Definition in 305 Abs. 1 BGB: Für eine Vielzahl von Vertragsschlüssen vorformulierte Vertragsbedingungen, die vom Verwender gestellt werden 310 Abs. 1 S. 1 BGB: Keine Anwendung der 308, 309, 305 Abs. 2 u. 3 BGB bei AGB, die gegenüber einem Unternehmer ( 14 BGB) verwendet werden: - Einbeziehung der AGB konkludent möglich, wenn der Unternehmer von ihnen wusste und der Vertragsschluss erkennbar war. - Inhaltskontrolle: Indizfunktion der Klauselverbote. Folie 135

6. Besonderheiten bei der AGB-Kontrolle Verschärfung bei Klauseln, die gegenüber einem Verbraucher ( 13 BGB) gestellt werden: - Gelten als vom Unternehmer gestellt, 310 Abs. 3 Nr. 1, 305 Abs. 1 S. 1 BGB. - Bei Inhaltskontrolle auch Berücksichtigung der den Vertragsschluss begleitenden Umständen, z. B. Überrumpelung, 310 Abs. 3 Nr. 3, 307 Abs. 1 u. 2 BGB. Folie 136

III. Die Abweichungen vom Schuldrecht AT 1. Sorgfaltspflicht, 347 HGB 276 Abs. 1 S. 1 BGB: Schuldner hat grds. Vorsatz und jede Fahrlässigkeit zu vertreten. Fahrlässigkeit ist das Außerachtlassen der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt, 276 Abs. 2 BGB; wobei ein objektiver, auf die typischen Kenntnisse und Fähigkeiten der jeweiligen Personengruppe bezogener, Maßstab gilt. Wegen besonderer Sachkunde und Geschäftserfahrung hat die Gruppe der Kaufleute besonderen Maßstäben zu genügen damit eigtl. nur Klarstellung. Folie 137

III. Die Abweichungen vom Schuldrecht AT 1. Sorgfaltspflicht, 347 HGB Besonderer Maßstab gilt auch für Erfüllungsgehilfen nach 278 BGB, also die Personen, denen sich der Kaufmann bei der Erfüllung seiner Verbindlichkeiten willentlich bedient. 347 Abs. 2 HGB lässt Haftungsbeschränkungen und die Sorgfalt in eigenen Angelegenheiten, sog. diligentia quam in suis, 277 BGB, unberührt. Haftungsausschlüsse im Handelsverkehr - Begrenzung der Individualvereinbarungen in 276 Abs. 3 und 138 BGB - In AGB hat 309 Nr. 7 BGB Indizwirkung Folie 138

III. Die Abweichungen vom Schuldrecht AT 2. Leistungszeit, 358 f. HGB 271 BGB: Leistung ist im Zweifel sofort fällig, 242 BGB: Keine Leistung zur Unzeit. 358 HGB konkretisiert dies dahingehend, dass bei einem zumindest einseitigen Handelsgeschäft Leistung im Zweifel nur zur Geschäftszeit erbracht und auch gefordert werden kann, 359 u. 361 HGB enthalten weitere Auslegungsregeln. Folie 139

Beispiel 27 O hat bei Autohändler A einen PKW gekauft; dieser soll Altfahrzeug des O in Zahlung nehmen. In den späten Abendstunden möchte O seinen alten Wagen bei A abstellen. A kann wegen organisatorischer Probleme den Wagen nicht annehmen. O verursacht leicht fahrlässig auf der Rückfahrt einen Unfall, der Wagen wird vollständig zerstört. O meint, wegen 275, 300 Abs. 1 BGB von seiner Leistungspflicht frei geworden zu sein. Zu Recht? Folie 140

Lösung 27 Anspruch A gegen O auf Lieferung des PKW (-) wegen 275 BGB Anspruch auf Schadensersatz, 280 Abs. 1 u. 3, 283 BGB - Unmöglichkeit (+) - Verschulden, 280 Abs. 1 S. 2 BGB Privilegierter Verschuldensmaßstab, 300 Abs. 1 BGB, wenn O Leistung wie geschuldet angeboten hat, P: Leistungszeit Der Schuldner darf gemäß 271 BGB grds. sofort leisten Jedoch hier nach 358 HGB zu den gewöhnlichen Geschäftszeiten Daher kein Annahmeverzug - Sonstige Voraussetzungen und Anspruch (+) Folie 141