OECD Employment Outlook Edition: Boosting Jobs and Incomes. OECD-Beschäftigungsausblick Ausgabe 2006: Mehr Arbeitsplätze, höhere Einkommen

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Transkript:

OECD Employment Outlook - 2006 Edition: Boosting Jobs and Incomes Summary in German OECD-Beschäftigungsausblick Ausgabe 2006: Mehr Arbeitsplätze, höhere Einkommen Zusammenfassung in Deutsch Nach zwei Jahrzehnten steigender Arbeitslosigkeit einigten sich die OECD-Länder 1994 auf die OECD-Beschäftigungsstrategie (OECD Jobs Strategy), einen umfassenden Katalog wirtschaftspolitischer Empfehlungen zur Verbesserung der Arbeitsmarktergebnisse. Heute, zehn Jahre später, hat sich die Bandbreite der Probleme vergrößert, denen sich die politischen Entscheidungsträger in den meisten OECD-Ländern gegenübersehen. In der ursprünglichen Beschäftigungsstrategie ging es in erster Linie um Methoden zur Senkung der chronisch hohen Arbeitslosigkeit. Wenn dieses Ziel auch in vielen Ländern nach wie vor eine wichtige Rolle spielt und effektiv noch nicht erreicht ist, hat sich inzwischen doch die Beseitigung von Hindernissen für die Erwerbsbeteiligung zu einer zentralen Priorität entwickelt, die umso dringlicher ist, als es gilt, die negativen Auswirkungen der demographischen Alterung in Grenzen zu halten. Eine weitere wichtige Herausforderung besteht darin, sicherzustellen, dass Arbeitnehmer und Arbeitgeber in der Lage sind, Nutzen aus den Veränderungen zu ziehen, die der technologische Fortschritt und die Globalisierung mit sich bringen, und sich jeweils rasch an den Wandel anzupassen. Im Beschäftigungsausblick 2006 werden neue Erkenntnisse im Hinblick auf die Maßnahmen untersucht, die zu einer Verbesserung der Arbeitsmarktergebnisse beitragen können. Er enthält die Hintergrundanalysen zur Neufassung der Beschäftigungsstrategie, die in der Broschüre mit dem Titel Mehr Arbeitsplätze, höhere Einkommen Politiklektionen aus der Neubeurteilung der OECD-Beschäftigungsstrategie vorgestellt wird. Diese Broschüre enthält auch einen überarbeiteten Katalog wirtschaftspolitischer Empfehlungen, die als Orientierungshilfe für die erforderlichen Reformen gedacht sind. Die zentrale Erkenntnis dieser Arbeit lautet, dass vier Säulen von maßgeblicher Bedeutung für die Arbeitsmarktergebnisse der OECD-Länder sind, nämlich geeignete makroökonomische Weichenstellungen, Beseitigung von Hindernissen für Erwerbsbeteiligung und Arbeitsuche, Abbau der Hemmnisse für die Nachfrage nach Arbeitskräften an den Arbeits- und Produktmärkten sowie Förderung der Entwicklung von Qualifikationen und Kompetenzen der Erwerbsbevölkerung. OECD EMPLOYMENT OUTLOOK - 2006 EDITION: BOOSTING JOBS AND INCOMES ISBN-92-64-023852 OECD 2006 1

Eine solide makroökonomische Politik bildet die Grundlage für gute Ergebnisse am Arbeitsmarkt Wie unsere empirischen Analysen gezeigt haben, fördert eine solide makroökonomische Politikgestaltung nachhaltiges Wirtschaftswachstum und Beschäftigung. Preisstabilität und gesunde Haushaltssalden schlagen sich in niedrigeren Realzinsen nieder. Diese regen wiederum die Investitionstätigkeit und die Arbeitsproduktivität an und ebnen so den Weg für einen Anstieg der Löhne und der Beschäftigung. Niedrige Realzinsen können auch der Innovation Auftrieb geben, was mit zusätzlichen potenziellen Arbeitsproduktivitäts- und Beschäftigungszuwächsen verbunden ist. Wie nachstehend erörtert, spielt die makroökonomische Politik auch eine Rolle bei der Förderung wirtschaftlicher Stabilität und trägt dazu bei, dass sich die Nutzeffekte von Strukturreformen rascher bemerkbar machen. Beseitigung von Hindernissen für Arbeitsmarktbeteiligung und Arbeitsuche Steuer- und Sozialleistungsreformen haben sich in Kombination mit gut durchdachten Aktivierungsmaßnahmen als wirkungsvolle Instrumente zur Erhöhung der Erwerbsbeteiligung erwiesen, diese müssen jedoch sinnvoll konzipiert und umgesetzt werden, damit die öffentlichen Kassen nicht zu stark belastet werden. Eine Möglichkeit zur Erhöhung der Arbeitsanreize ist die Kürzung von Leistungen und Anspruchsdauer. Neuere Daten deuten aber auch darauf hin, dass Aktivierungsmaßnahmen, wenn sie gut konzipiert sind und sinnvoll umgesetzt werden, helfen können, diese Negativanreize für die Erwerbsbeteiligung zu kompensieren, die Chancen der Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt zu erhöhen und dabei zugleich soziale Ziele zu verwirklichen. Aktivierungsmaßnahmen sind Maßnahmen, die von effektiven und mit ausreichenden Ressourcen ausgestatteten öffentlichen Arbeitsmarktverwaltungen ausgehen und mit denen gewährleistet wird, dass sich die Arbeitslosen aktiv um eine Stelle bemühen und zur Stellensuche ermutigt werden. Wirkungsvolle Aktivierungsmaßnahmen können von öffentlichen oder privaten Arbeitsvermittlungsdiensten durchgeführt werden und funktionieren nach dem Prinzip von Zuckerbrot und Peitsche, damit gesichert ist, dass die Arbeitslosen bei ihren Bemühungen um eine neue Anstellung angemessen unterstützt werden und ihrerseits aktiv nach einer neuen Stelle suchen. Sie können mit Reformen des Abgaben- und Leistungssystems, einschließlich Lohnergänzungsleistungen, kombiniert werden, um die finanziellen Anreize der Erwerbstätigkeit zu erhöhen und zugleich dem Working-poor-Phänomen, d.h. der Armut trotz Erwerbstätigkeit, entgegenzuwirken. In einigen Ländern wird dieser Ansatz auch auf sonstige Leistungen für Nichterwerbstätige ausgedehnt, wie Krankengeld, Invaliditätsrenten, Sozialhilfe und Leistungen für Alleinerziehende. Diese Maßnahme ist von größter Bedeutung. In der Tat ging die zahlenmäßige Zunahme der Empfänger solcher Leistungen, in einigen Ländern mit Fortschritten bei der Verringerung der Arbeitslosigkeit einher. Analog dazu werden in den Ländern auch die Rentensysteme angepasst, um sicherzustellen, dass die Arbeitskräfte bei steigender Lebenserwartung Anreize haben, länger im Erwerbsleben zu verbleiben. OECD EMPLOYMENT OUTLOOK - 2006 EDITION: BOOSTING JOBS AND INCOMES ISBN-92-64-023852 OECD 2006 2

Familienfreundliche Maßnahmen, wie die Bereitstellung von Kinderbetreuungsbeihilfen und die Beseitigung von Hindernissen für die Teilzeitbeschäftigung, können bestimmten Gruppen die Erwerbsbeteiligung erleichtern und den Übergang vom Leistungsbezug in die Erwerbstätigkeit fördern. Anpassung der arbeitsrechtlichen Bestimmungen wie auch der Lohnfindungspraktiken und Förderung des Produktmarktwettbewerbs Reformen des Steuer- und Wohlfahrtssystems können zwar die Erwerbsbeteiligung erleichtern, nicht minder wichtig ist es aber, dass die Politik die nötigen Rahmenbedingungen für die Expansion der Arbeitskräftenachfrage schafft, damit das höhere Arbeitskräfteangebot absorbiert werden kann. Erstens dürften Maßnahmen zur Förderung von flexiblen Arbeitszeitregelungen und Teilzeitarbeit die durch Vereinbarungen zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern umgesetzt werden dazu beitragen, dass die Arbeitskräfte über vermehrte Wahlmöglichkeiten in Bezug auf ihre Arbeitszeiten verfügen und dass sich das Arbeitsangebot bestimmter Gruppen, z.b. junger Eltern und älterer Arbeitskräfte, erhöht. Zweitens beeinträchtigt ein zu strenger Beschäftigungsschutz die Mobilität der Arbeitskräfte, verringert die dynamische Effizienz der Wirtschaft und behindert die Arbeitsplatzschaffung. Es gibt aber innovative Reformansätze im Hinblick auf das Ziel, die Arbeitsmarktdynamik zu erhöhen und den Arbeitskräften zugleich einen ausreichenden Schutz zu bieten. Dazu gehören eine transparentere Gestaltung der rechtlichen Bestimmungen und Verfahren sowie die so genannte Flexicurity, eine Kombination aus Flexibilität und Sicherheit, die Einstellungs- und Entlassungsentscheidungen erleichtert, zugleich aber auch effiziente Dienste zur Förderung der Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt und Einkommensstützung bei Verlust des Arbeitsplatzes bietet. Teilreformen, bei denen die für befristete Arbeitsverhältnisse geltenden Bestimmungen gelockert werden, die Bestimmungen für unbefristete Arbeitsverhältnisse aber unangetastet bleiben, können die Zweiteilung des Arbeitsmarkts verschärfen, soziale Ungleichgewichte erhöhen und das Produktivitätswachstum senken. Drittens sollte eine flexible Anpassung der Reallöhne bei angebots- oder nachfrageseitigen Spannungen gewährleistet sein. Wie im Bericht aufgezeigt wird, führen sowohl dezentralisierte als auch zentralisierte Verhandlungsstrukturen häufig zu besseren Beschäftigungsergebnissen als die Aushandlung von Tarifverträgen auf Branchenebene. Die jüngsten Entwicklungen lassen darauf schließen, dass ein maßvoller gesetzlicher Mindestlohn im Allgemeinen nicht der Beschäftigung schadet, dass es aber wesentlich ist, für Jugendliche und möglicherweise auch für andere risikoanfällige Gruppen einen angemessenen Spielraum für Unterschreitungen des Mindestlohnniveaus vorzusehen. Mindestlöhne können sich auch als nützlicher Zusatz zu gut konzipierten Lohnergänzungsleistungen erweisen, um die finanziellen Anreize der Erwerbstätigkeit zu erhöhen. Viertens gibt es schlüssige Belege dafür, dass hohe Lohnnebenkosten und Sozialabgaben die Beschäftigung, insbesondere für Arbeitskräfte mit geringer Produktivität, signifikant senken. Steuerreformen zur Steigerung der Arbeitsanreize im Niedriglohnsektor sollten daher in einen soliden haushalts- und steuerpolitischen Rahmen eingebunden sein, der zu höherem Wirtschaftswachstum führt. OECD EMPLOYMENT OUTLOOK - 2006 EDITION: BOOSTING JOBS AND INCOMES ISBN-92-64-023852 OECD 2006 3

Fünftens lässt sich empirisch durchgehend belegen, dass wettbewerbsschädliche Produktmarktregulierungen negative Beschäftigungseffekte haben. Derartige Praktiken behindern die Entstehung neuer Unternehmen in Sektoren mit starkem Wachstumspotenzial. Zudem halten sie die Preise generell auf künstlich hohem Niveau und drücken so die durchschnittlichen Reallöhne in der gesamten Volkswirtschaft. Durch den Abbau rechtlicher und administrativer Hindernisse für die Gründung neuer Unternehmen könnte außerdem die Entwicklung eines günstigen Klimas für die Entfaltung unternehmerischer Initiative gefördert werden. Die Ausstattung der Erwerbspersonen mit den erforderlichen Qualifikationen kann zur Entstehung von mehr und besser bezahlten Arbeitsplätzen beitragen Lebenslanges Lernen kann einem hohen Wirtschaftswachstum förderlich sein und dabei zugleich Armut verringern und Ungleichheiten mindern helfen. Es gibt schlüssige Belege dafür, dass Arbeitskräfte, die an Fort- und Weiterbildungsprogrammen teilgenommen haben, bessere Beschäftigungsaussichten haben. Weiterbildung erleichtert auch den Übergang von befristeten Arbeitsverhältnissen in eine dauerhafte Anstellung. Der Zugang zu Fort- und Weiterbildung ist innerhalb der erwachsenen Erwerbsbevölkerung jedoch in allen Ländern sehr ungleich verteilt: Die Arbeitskräfte mit dem geringsten Bildungs- und Qualifikationsniveau nehmen auch am wenigsten an Weiterbildungen teil. Eine Politik zur Förderung des lebenslangen Lernens sollte zunächst einmal gewährleisten, dass ein gut funktionierender Weiterbildungsmarkt existiert. Wohl durchdachte Systeme für die Anerkennung erworbener Qualifikationen und Kompetenzen, Berufsberatung und Informationen über Inhalt und Ergebnisse der angebotenen Kurse können hierbei eine Hilfe sein. Investitionen in die Qualifikationen der Arbeitskräfte werden auch durch finanzielle Zwänge und zeitliche Probleme behindert. Für ein einzelnes Unternehmen reichen die finanziellen Anreize für Investitionen in das allgemeine im Gegensatz zum firmenbezogenen Qualifikationsniveau der Arbeitnehmer möglicherweise nicht aus, selbst wenn sich solche Investitionen für die Wirtschaft insgesamt auszahlen. Wenn es in diesem Bereich auch noch weiterer Untersuchungen bedarf, haben sich öffentliche Hilfen doch im Allgemeinen immer dann als wirkungsvoller erwiesen, wenn sie durch eine Kostenbeteiligung des Einzelnen oder des Unternehmens ergänzt werden, d.h. wenn die Weiterbildung kofinanziert wird. Die Einführung eines Bildungsurlaubs dürfte zur Milderung der zeitlichen Probleme, insbesondere für sozial benachteiligte Gruppen beitragen. Ganz allgemein kann die aktive Einbindung der Sozialpartner in die Gestaltung und Umsetzung von Politiken zur Förderung des lebenslangen Lernens eine wichtige Voraussetzung für den Erfolg der entsprechenden Programme darstellen. Interaktionen und Synergien zwischen verschiedenen Politikbereichen und die Rolle der makroökonomischen Politik Interaktionen zwischen makroökonomischen Schocks (wie z.b. Veränderungen des Produktivitätswachstums oder starke Ölpreissteigerungen) und strukturpolitischen Rahmenbedingungen spielen eine maßgebliche Rolle für die Arbeitsmarktergebnisse. OECD EMPLOYMENT OUTLOOK - 2006 EDITION: BOOSTING JOBS AND INCOMES ISBN-92-64-023852 OECD 2006 4

Da gesamtwirtschaftliche Schocks im Zusammenwirken mit gewissen staatlichen Maßnahmen negative Beschäftigungseffekte hervorrufen können, ist es umso wichtiger, exzessive makroökonomische Schwankungen zu vermeiden und Schocks abzufedern. Nützlich ist in dieser Hinsicht sicherlich die Stabilitätsorientierung der Geldpolitik, die häufig in expliziten oder impliziten Inflationszielen Ausdruck findet und sich in weiten Teilen des OECD-Raums durchgesetzt hat. Auch die Finanzpolitik spielt eine Rolle bei der Stabilisierung der Gesamtnachfrage, einmal über die Wirkung der automatischen Stabilisatoren und zum anderen potenziell über diskretionäre Ausgaben- und Steueränderungen wenngleich die Erfahrung lehrt, dass Letztere u.u. enttäuschende Ergebnisse bringen. Die fiskalische Stabilisierung ist besonders wichtig in Ländern, in denen keine landesweite Geldpolitik existiert. Damit die Finanzpolitik stabilisierend wirken kann, bedarf es jedoch einer insgesamt soliden Verfassung der öffentlichen Finanzen, was während der letzten Jahre in vielen OECD-Ländern leider nicht der Fall war. Eine stabilitätsorientierte makroökonomische Politik kann auch dazu beitragen, dass sich Beschäftigungsgewinne in Verbindung mit Arbeits- und Produktmarktreformen rascher einstellen. Es bedarf u.u. geld- und/oder fiskalpolitischer Maßnahmen, damit dem durch Strukturreformen bedingten höheren Angebotspotenzial der Wirtschaft Rechnung getragen werden kann und bereits früher makroökonomische Stabilität erreicht wird, als wenn die Anpassung allein dem Markt überlassen bliebe. Wenn gewährleistet ist, dass keine zu tiefe Kluft zwischen gesamtwirtschaftlicher Nachfrage und gesamtwirtschaftlichem Angebot entsteht, kann möglicherweise auch die Akzeptanz der Reformen in der Bevölkerung erhöht werden. Maßnahmenpakete Die Erfahrungen der letzten beiden Jahrzehnte haben gezeigt, dass es nicht nur eine mögliche Kombination von Maßnahmen und Institutionen gibt, mit der gute Arbeitsmarktergebnisse erzielt und aufrechterhalten werden können. Mehrere auf diesem Gebiet erfolgreiche Länder kombinieren ein geringes Sozialleistungsniveau mit einem niedrigen Steuerniveau zur Finanzierung dieser Leistungen und weisen zugleich einen nur schwach ausgeprägten Beschäftigungsschutz auf. Tarifverträge spielen in diesen Ländern eine untergeordnete Rolle. Das Resultat sind hohe Beschäftigungsquoten, die der Staatskasse nur geringe Kosten verursachen, aber auch relativ große Einkommensungleichheiten. Andere erfolgreiche Länder legen großes Gewicht auf koordinierte Tarifverhandlungen sowie sozialen Dialog und bieten großzügige Sozialleistungen, aktivieren die Arbeitsuchenden aber im Gegenzug durch Weiterbildungsangebote und sonstige aktive Arbeitsmarktprogramme. In diesen Ländern ist der Beschäftigungsschutz strenger als in der vorgenannten Ländergruppe. Sie erzielen hohe Beschäftigungsniveaus bei geringer Einkommensungleichheit, was jedoch mit hohen budgetären Kosten verbunden ist. Gemeinsam ist beiden Maßnahmenpaketen die Ausrichtung auf makroökonomische Stabilität und starken Wettbewerb an den Produktmärkten. Darüber hinaus bieten die meisten erfolgreichen Länder intensive Unterstützung bei der Arbeitsuche. Die vier Säulen der überarbeiteten Strategie werden in einer Weise umgesetzt werden müssen, die mit dem institutionellen Rahmen und den Praktiken der jeweiligen Länder in Einklang steht. Die Einführung einiger der empfohlenen Maßnahmen wird möglicherweise OECD EMPLOYMENT OUTLOOK - 2006 EDITION: BOOSTING JOBS AND INCOMES ISBN-92-64-023852 OECD 2006 5

auf heftigen Widerstand stoßen, da ihre Kosten in der Regel überproportional stark zu Lasten einzelner, u.u. gut organisierter Gruppen gehen, während ihre Vorteile eher diffuser Natur sind und/oder nicht organisierten Gruppen zugute kommen. Zudem werden die Kosten bereits in einem frühen Stadium des Reformprozesses sichtbar, während die Vorteile erst mit der Zeit zum Tragen kommen. Umsetzungsprobleme dürfen jedoch kein Grund für Untätigkeit sein. Wenn Aktionen unterbleiben, werden nicht nur die Arbeitsmarktergebnisse unzureichend bleiben, sondern es wird auch nicht möglich sein, das vorhandene Potenzial zur Anhebung des Lebensstandards zu nutzen, und das ausgerechnet in einer Zeit, da der Lebensstandard ohnehin durch den starken alterungsbedingten Druck gefährdet werden dürfte. Die von einigen Ländern in den letzten zehn Jahren erzielten Erfolge machen deutlich, was erreicht werden kann, wenn der nötige politische Reformwille vorhanden ist. OECD EMPLOYMENT OUTLOOK - 2006 EDITION: BOOSTING JOBS AND INCOMES ISBN-92-64-023852 OECD 2006 6

OECD 2006 Übersetzung durch den Deutschen Übersetzungsdienst der OECD. Die Wiedergabe dieser Zusammenfassung ist unter Angabe der Urheberrechte der OECD sowie des Titels der Originalausgabe gestattet. Zusammenfassungen in Drittsprachen enthalten auszugsweise Übersetzungen von OECD-Publikationen, deren Originalfassungen in englischer und französischer Sprache veröffentlicht wurden. Sie sind unentgeltlich beim Online-Bookshop der OECD erhältlich unter www.oecd.org/bookshop/. Wegen zusätzlicher Informationen wenden Sie sich bitte direkt an die OECD Rights and Translation Unit, Public Affairs and Communications Directorate. E-Mail : rights@oecd.org Fax: +33 1 45 24 13 91 Adresse: OECD Rights and Translation unit (PAC) 2, rue André-Pascal 75775 Paris cedex 16 France Besuchen Sie unsere Website www.oecd.org/rights/ OECD EMPLOYMENT OUTLOOK - 2006 EDITION: BOOSTING JOBS AND INCOMES ISBN-92-64-023852 OECD 2006 7