Ruht der Verkehr schläft der Mensch
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- Nicole Fischer
- vor 5 Jahren
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1 Eidgenössisches Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation UVEK Bundesamt für Umwelt BAFU Ruht der Verkehr schläft der Mensch Stimmt das? Mark Brink Bundesamt für Umwelt Abt. Lärm und NIS Bern, Schweiz
2 18:00 19:00 20:00 21:00 22:00 23:00 00:00 01:00 02:00 03:00 04:00 05:00 06:00 07:00 08:00 09:00 10:00 11:00 12:00 13:00 14:00 15:00 16:00 17:00 % Personen innerhalb Schlafperiode Wann der Mensch schläft Wann der Verkehr ruht 100% 90% 80% 70% 60% 50% 40% Wochendurchschnitt Wochentag Wochenende 30% 20% 10% Nachtflug FRA Nachtflug ZRH LKW Schlafdichteverteilung Schweiz 2015 Quelle: SiRENE-Survey, N=5592 0% Stunde T 2
3 Uhrzeit Empirische Definition einer "Kernruhezeit" Richtschnur für die Festlegung von Schutzzeiträumen? 36 12:00 11: : : : : : : : :00 02: : : : : : : Ende der Kernruhezeit Beginn der Kernruhezeit % des Gesamtschlafs der Bevölkerung 3
4 Nachtfahr- und Nachtflugverbote Wann sind diese am effizientesten? Griefahn et al., Somnologie,
5 Tagesverlauf der Lärmempfindlichkeit (Fluglärm in Zürich und Frankfurt) Variation der Belästigung 14 db 12 db 10 db 8 db 6 db 4 db 2 db 0 db -2 db -4 db -6 db -8 db -10 db -12 db Zürich Frankfurt Tageszeit weniger belästigt stärker belästigt Brink et al. (2010), Acta Acustica 5
6 %HA %HA %HA Zeiten besonders starker Belästigung (SiRENE-Studie) 25% Strassenlärm 25% Bahnlärm 20% 20% 15% 15% 10% 10% 5% 5% 0% % Tagesstunde Tagesstunde 25% 20% Fluglärm 15% 10% 5% 0% Tagesstunde 6
7 Aktimetrie-Reaktionen durch simulierten Fluglärm morgens/abends Evening noise Morning noise Motility reaction st event 2nd event 3rd event 4th event 5th event 6th event 7th event 8th event 9th event 10th event 11th event 12th event 13th event 14th event 15th event 16th event Time (90 minutes in total) Brink et al., "Lärmstudie 2000" (2005) 7
8 Zwischenfazit Die Nachtruhe ist trotz Fahr/Flugverboten nicht vollständig geschützt deshalb hat der Verkehr (der nicht ruht) das Potential, den Schlaf zu stören Die Empfindlichkeit für Lärm-Belästigungen folgt einem Tagesgang, der zudem quellenspezifisch differenziert ist Aktivierungsreaktionen durch Lärmereignisse treten in den Morgenstunden häufiger auf als abends Auch Belästigungsreaktionen sind morgens häufiger Das Timing von Sperrzeiten ist sehr wichtig: Fahr/Flugverbote in der zweiten Nachthälfte bieten einen besseren Schutz... was passiert mit dem Schlaf in Zeiten, die nicht geschützt sind? 9
9 Bedeutung von Lärm-induzierten Schlafstörungen im Kontext des "Burdens of disease" (WHO, 2011) Verlorene gesunde Lebensjahre (in DALY- Einheiten) durch Lärm in West-Europa: Ischämische Herzkrankheiten: Lernschwierigkeiten bei Kindern: Schlafstörungen: Belästigung: WHO regional office Europe (2011) [online] 10
10 Lärm-induzierte Schlafstörungen Quantifizierung Selbstberichtete verminderte Schlafqualität Tagesschläfrigkeit Einschlafen verhindert/verzögert metabolische Effekte, z.b. Glucose- Metabolismus Gestörter Schlaf Aktimetrie/Seismosomnografie (Motilität) Bewusstes Aufwachen / Wachliegen Kardiovaskuläre Arousal (z.b. Herzratenbeschleunigung) EEG-Arousals EEG-Aufwachreaktionen 11
11 Folgen von gestörtem Schlaf Gestörter Schlaf am nächsten Tag: längerfristig: Müdigkeit Reizbarkeit Depressivität Erhöhte Risiken für Bluthochdruck, Herzinfarkt, Diabetes etc. Konzentrationsschwierigkeiten Gedächtniskonsolidierung behindert Reduktion der beruflichen Leistungsfähigkeit Einschränkungen beim Bedienen von Fahrzeugen (Erhöhte Unfallgefahr) 12
12 non-rem Was ist Schlaf? Drei biologische "Kardinalszustände": wach Schematisches Schlafprofil einer (ungestörten) Nacht wach REM non-rem Schlaf "Innere Uhr" Biologischer Oszillator REM- Schlaf S1 S2 S3 S4
13 Schlafprofile Ungestörter Schlaf Gestörter Schlaf Muzet, Sleep Medicine Reviews, 2007
14 Entstehung lärminduzierter Schlafstörungen Individuell... Alter, Geschlecht Lärmempfindlichkeit,... Akustisch... Schallpegel, Schallpegeländerung Dauer, "Ereignishaftigkeit" Situational... Aktuelles Schlafstadium Bereits "geschlafene" Zeitdauer Primäre Reaktionen Gestörter Schlaf Sekundäre Effekte Langfristige Effekte Einleitung Adipositas, Diabetes, CVD, kogn. Effekte... (v.a. bei "zu wenig" Schlaf) 15
15 Untersuchungsstrategien in Feld- und Laborstudien Ereigniskorrelierter Ansatz: Globaler Ansatz: Einzelnes Ereignis charakterisierbar durch z.b. - Maximalpegel Durchschnittliche Lärmbelastung in einer Nacht (Mittelungspegel) Unmittelbare Wirkungen: z.b. Aufwachen Wirkungen "pro Nacht": z.b. selbstberichtete Schlafqualität Schlafeffizienz Tiefschlafanteil Stresshormone im Urin Cortisol im Speichel etc. 16
16 Hierarchie der Primären Reaktionen wie oft spontan? ~ 1-3 / Nacht Längerdauernde Aufwachreaktion mit Wiedererlangung des Wachbewusstseins - Fragebogen morgens - Knopf drücken - Aktimetrie - PSG ~ / Nacht Kurze EEG-Aufwachreaktion - PSG - Aktimetrie ~ 100 / Nacht Wechsel des Schlafstadiums oder kurzes EEG-Arousal - PSG Thalamo-cortical gating Autonomes Arousal - EKG (Beschleunigung der Herzrate) - Aktimetrie 17
17 Messung mittels Polysomnographie (PSG) EEG EOG EMG EKG Atmung 18
18 Lärminduzierte Aufwachreaktionen [Wach] Schlafspindel [S1] [REM] [S2] [S3] [S4] ca. 10% ca. 50% ca. 15% ca. 25% 20
19 Aufwachwahrscheinlichkeit Expositions-Wirkungsbeziehungen für EEG- Aufwachreaktionen L AS,max (Maximalschallpegel) Basner et al., Sleep,
20 Aufachwahrscheinlichkeit steigt mit Schlafdauer an (Lärm von Kirchenglocken) Aufwachwahrscheinlichkeit 50% 45% 40% 35% 30% 25% 20% 15% 10% 5% Wahrscheinlichkeit, durch ein Kirchenglockengeräusch aufzuwachen (Schlafzimmer, Fenster halb offen) 0% L AF,max innen [db] Abstand vom Kirchturm in Metern Brink et al., Env Int,
21 nach 1 Stunde 50% 45% Aufwachwahrscheinlichkeit P additional 40% 35% 30% 25% 20% 15% 10% 5% 0% L AF,max innen [db] L AF,max indoors [db]
22 nach 2 Stunden 50% 45% Aufwachwahrscheinlichkeit P additional 40% 35% 30% 25% 20% 15% 10% 5% 0% L AF,max innen [db] L AF,max indoors [db]
23 nach 3 Stunden 50% 45% Aufwachwahrscheinlichkeit P additional 40% 35% 30% 25% 20% 15% 10% 5% 0% L AF,max innen [db] L AF,max indoors [db]
24 nach 4 Stunden 50% 45% Aufwachwahrscheinlichkeit P additional 40% 35% 30% 25% 20% 15% 10% 5% 0% L AF,max innen [db] L AF,max indoors [db]
25 nach 5 Stunden 50% 45% Aufwachwahrscheinlichkeit P additional 40% 35% 30% 25% 20% 15% 10% 5% 0% L AF,max innen [db] L AF,max indoors [db]
26 nach 6 Stunden 50% 45% Aufwachwahrscheinlichkeit P additional 40% 35% 30% 25% 20% 15% 10% 5% 0% L AF,max innen [db] L AF,max indoors [db]
27 nach 7 Stunden 50% 45% Aufwachwahrscheinlichkeit P additional 40% 35% 30% 25% 20% 15% 10% 5% 0% L AF,max innen [db] L AF,max indoors [db]
28 nach 8 Stunden 50% 45% Aufwachwahrscheinlichkeit P additional 40% 35% 30% 25% 20% 15% 10% 5% 0% L AF,max innen [db] L AF,max indoors [db]
29 Aufwachwahrscheinlichkeit Minuten nach Schlafbeginn Aufachwahrscheinlichkeit steigt mit Schlafdauer an (Fluglärm) 0.16 P AWR,zusätzlich db / Stunde L max [db(a)]
30 Arousal durch Lärm im Krankenhaus (Intensivstation) Schlafstadium: N2 N3 REM Buxton et al., Ann Intern Med,
31 Messung des Schlafes mittels Aktimetrie/Aktigrafie Zweck: Einfache Differenzierung zwischen "wach sein" und "schlafen" Grundidee: Mehr Bewegungsaktivität deutet auf schlechteren Schlaf hin Ideal für Langzeitbeobachtungen nicht-invasiv Geringe Sensitivität und Spezifität Auswertung kaum standardisiert 33
32 Messung mittels "Seismosomnographie" Misst Herzrate, Atemrate, Bewegungen mit nur einem einzigen Sensortypus (Kraftsensor) Kraftverteilung ändert sich aufgrund: Bewegungen Kardioballistischer Effekt (Masseverschiebung des Blutes im Körper) Heben und Senken des Brustkorbes Brink et al., Behavior Research Methods,
33 Bewegungsaktivität Schallpegel [db(a)] Brink et al., Somnologie (2008) Seismosomnographie-Messung: Einfluss der Pegelflanken auf die Bewegungsaktivität Landung (3.3 db/s) Start (1.1 db/s) Schalldruckpegel [db(a)] Schalldruckpegel [db(a)] Bewegungsaktivität Bewegungsaktivität Zeit [s] nach Beginn des Fluggeräusches Zeit [s] nach Beginn des Fluggeräusches
34 Metabolische Effekte von Lärm auf den Schlaf Klassische Risikofaktoren Verkehrslärm Gestörter Schlaf Typ 2 Diabetes 38
35 Oraler Glukose-Toleranz-Test (OGTT) nach Lärmnächten Schlaflabor, SiRENE-Studie 8h 8h 8h 8h 8h 8h Baselin e (BL) Noise (NN2) Noise (NN3) Noise (NN4) Noise (NN5) Recove ry (RC) Legende: Baseline und Recovery ("ohne Lärm") L Aeq,1h : 30 db Strassen- oder Schienenlärm L Aeq,1h : 45 db Oral Glucose Tolerance Test Thiesse et al., Env Int, in press 39
36 Glucose (mmol/l) Insulin (µiu/ml) Oraler Glukose-Toleranz-Test nach Lärmnächten Glucose 850 Area under the curve Insulin 8000 Area under the curve * * * * * p<0.05; vs. BL * p<0.05; vs. BL Time (min) Time (min) After baseline night After last noise-nights After recovery night Thiesse et al., Env Int, in press 40
37 Tagesschläfrigkeit (ESS - Epworth Sleepiness Scale) Cluster mit erhöhtem ESS Score in Lausanne (CH) Joost et al., Int J Hyg Env Health,
38 Metaanalyse im Auftrag der WHO: %HSD aufgrund von Fragen zu - Aufwachen (wegen Lärm) - Einschlafprobleme (wegen Lärm) - selbstberichtete Lärm-induzierte Schlafstörungen Basner and McGuire, IJERPH, 2018
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