Methoden zur risiko- und schwachstellenorientierten Bewertung und Optimierung von Bauwerksüberwachungsmaßnahmen
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- Julius Neumann
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1 Methoden zur risiko- und schwachstellenorientierten Bewertung und Optimierung von Bauwerksüberwachungsmaßnahmen Prof. Dr.-Ing. D. Dipl.-Ing. M. Dehne, Dipl.-Ing. Ralf Schnetgöke 2.1 Kenntnisstand bei der letzten Antragstellung und Ausgangsfragestellung Einleitung Bauwerksüberwachung dient dem Zweck, negative Abweichungen von den planmäßigen Eigenschaften, z. B. systematische Veränderungen oder zufällig entstehende Schäden frühzeitig zu erkennen, die weitere Entwicklung zu kontrollieren und falls nötig Sanierungsmaßnahmen einzuleiten, um die Nutzungsfähigkeit oder die Gebrauchstauglichkeit für die vorgesehene Zeitdauer zu gewährleisten. Dabei müssen die durch Monitoring erhaltenen Zusatzinformationen und Aussagesicherheiten in einem ausgewogenen Verhältnis zum Überwachungsaufwand stehen. Eine Kostenminimierung gelingt nur, wenn die Monitoringmaßnahmen auf die für das Bauwerkverhalten kritischen Schwachstellen und die dafür maßgeblichen Unsicherheiten konzentriert werden und die aus der Überwachung erhaltenen Informationen unmittelbar in die Zustandsbewertung des Bauwerks einbezogen werden. Durch Verknüpfung von Methoden der Zuverlässigkeits- und Systemtheorie, der Stichprobenplanung und der Entscheidungstheorie in einem wissensbasierten Bauwerksüberwachungssystem soll unter Verwendung existierender Vorinformationen aus dem Bauwerksentwurf (Grenzzustandsbeschreibungen, Einflussparameter), Schadensanalysen sowie allgemeiner und bauwerksspezifischer Parameterinformationen ein auf die versagensrelevanten Aspekte zugeschärftes Beschreibungsmodell gewonnen werden. Mit Hilfe dieses Modells und der anfallenden Daten aus der Bauwerksüberwachung soll eine immer präzisere Bewertung des Bauwerkszustandes und Identifizierung potentieller Schwachstellen ermöglicht werden System- und Schwachstellenanalysen Fast alle heute angewendeten Sicherheitskonzepte konzentrieren sich auf die Erfassung der unterschiedlichen streuenden Einflussgrößen in den für ein Versagen maßgebenden Grenzzuständen. In den bisherigen Betrachtungen wurde davon ausgegangen, dass der tatsächliche Zustand des Bauwerks durch die deterministische und stochastische Modellbildung relativ gut beschrieben wird. Gefährdungen ergeben sich im Wesentlichen aus Streuungen der Einflussparameter und aus Modellunsicherheitent. Dabei bleiben sogenannte grobe Fehler gänzlich unberücksichtigt. Die am Bau beteiligten Menschen verursachen jedoch grobe Fehler, d. h. objektiv unbekannte, subjektiv unerkannte, unberücksichtigte sowie infolge unzweckmäßiger bzw. falsch angewandter Maßnahmen nicht abgewehrte Gefahren. Rund 90 % der Summe aller Bauschäden und rund 85 % der Personenschäden sind trotz Qualitätssicherungsmaßnahmen auf solche groben Fehler bei der Planung, der Herstellung oder beim Betrieb, z. B. vergessene Bewehrung oder fehlerhafte Schweißnähte, zurückzuführen. Daher ist es zwingend erforderlich, diese bei den probabilistischen Analysen - 1 -
2 einzubeziehen. A1 Die Vernachlässigung dieser Einflüsse ist vertretbar, wenn deren Auftretenshäufigkeit klein oder die Auswirkungen im Vergleich zu denen der streuenden Einflussgrößen gering sind, z. B. aufgrund umfassender Qualitätssicherungsmaßnahmen oder vorhandener Redundanzen. Wenn dagegen die bekanntermaßen streuenden Einflüsse immer zutreffender erfasst werden und durch bessere Berechnungsmodelle stille Reserven abgebaut werden, gewinnen die groben Fehler trotz ihrer relativ geringen Auftretenswahrscheinlichkeit wegen des größeren Schadenpotentials immer mehr an Bedeutung. Die Methodenentwicklung musste darum im Bereich der System- und Schwachstellenanalyse dahingehend erweitert werden, dass neben zufälligen Streuungen auch Human Error modelliert und berücksichtigt werden kann. Grobe Fehler haben nicht an allen Stellen im Bauwerk die gleiche Auswirkung. Beispielsweise richten vergessene Bewehrung oder Fehlstellen im Beton an hoch ausgenutzten Stellen mehr Schaden an als im übrigen Bereich des Bauwerkes. Da auch der erfahrene Ingenieur bei komplizierten Tragwerken oder Deponiebauwerken nicht in der Lage ist, alle besonders gefährdeten Orte vorherzusagen, müsste der grobe Fehler wie eine Wanderlast über das gesamte System geschoben werden, wobei die Auswirkungen auf eine Komponente, ein Teilsystem und auf das Gesamtsystem jeweils zu berechnen sind. Diese Methode bietet sich allenfalls bei überschaubaren Bauwerken mit verhältnismäßig wenigen Komponenten an. Bei großen Bauwerken wäre der Rechenaufwand auch mit leistungsfähigen EDV-Anlagen kaum oder nur mit großem Zeitaufwand zu bewältigen. Es mussten daher Methoden entwickelt werden, mit deren Hilfe grobe Fehler mit vertretbarem Aufwand in die System- und Schwachstellenanalyse einbezogen werden können Wissensbasiertes System PROBILAS Die einzelnen Module und Algorithmen zur Auffindung von Schwachstellen und zur Planung von Messungen wurden in der zweiten Förderperiode im Programmsystem PROBILAS (PRObabilistic Building Inspection and Life ASsessment) zusammengefasst. Die Struktur dieses Programms wurde in [DEHNE 2002, ARBEITSBERICHT 2000, SCHLÜTER et al und HOSSER et al. 1999] beschrieben. Bild 1 zeigt zusammenfassend die wesentlichen Bestandteile von PROBILAS und den üblichen Ablauf des Bauwerksbewertungskreislaufes. Zunächst werden alle vorab bekannten bauwerksspezifischen Daten durch ein Graphical User- Interface an das Datenbankmodul übergeben und anschließend von dort an die Berechnungsmodule weitergeleitet. Die Ergebnisse des ersten Bewertungsschrittes werden an die Datenbank zurückgeleitet. Auf Grundlage dieser ersten Ergebnisse werden potentielle Schwachstellen und Versagenspfade identifiziert, woraufhin Sensoren für die Bauwerksüberwachung platziert werden können. Die Sensoren liefern fortlaufend neue Messdaten, die eine ständige Neubewertung des Bauwerkes erforderlich machen. Die neuen Daten werden über das Graphical User-Interface an das Updating- und Statistik-Modul übergeben und werden nach der Verknüpfung mit den älteren Informationen von dort an die Datenbank weiter geleitet
3 Bild 1 Bestandteile und Bewertungskreislauf des wissensbasierten Systems PROBILAS Mit dem aktualisierten stochastischen Modell wird der nächste Berechnungsschritt durchgeführt, und die neuen Ergebnisse werden an die Datenbank zurückgeleitet. Die alten Ergebnisse werden nicht überschrieben, sondern jedes Ergebnis erhält ein Datum, so dass die unterschiedlichen Bewertungsschritte jederzeit verglichen und anhand des zeitlichen Verlaufes des Sicherheitsindex sys für das Gesamtsystem auch Trends und Entwicklungen bezüglich der Systemzuverlässigkeit abgeleitet werden können. Wesentlicher Bestandteil des wissensbasierten Systems PROBILAS ist das Graphical User- Interface, das in einer Rapid Application Development-Entwicklungsumgebung (RAD) in der Programmiersprache C++ realisiert wurde. Aufgabe dieses User-Interface ist die Ein- und Ausgabe aller bauwerksspezifischen Daten, die Weitergabe der Daten an die verschiedenen Module und die graphische Darstellung sowohl der Systemverknüpfungen als auch der Ergebnisse der Systembewertungen [DEHNE 2002]. Das Datenbankmodul von PROBILAS wurde als Relational Database Management System mit dem Microsoft SQL-Server 2000 realisiert. Zur Kommunikation des Graphical User- Interface mit der Datenbank wird Open Database Connectivity (ODBC) verwendet. Bei realen Bauwerken liegen häufig sehr komplexe Systeme vor, die sich aus zahlreichen Teilsystemen zusammensetzen. Es kann in solchen Fällen vorkommen, dass bestimmte Komponenten in verschiedenen Teilsystemen auftauchen. Die Speicherstruktur als Baum erleichtert hier Änderungen und Erweiterungen der Systemverknüpfungen. Weiterhin erlaubt diese Speicherstruktur die Implementierung eines einfachen und effizienten Suchverfahrens für Teilsysteme, die von Änderungen betroffenen sind. Die Berechnung der Zuverlässigkeit für einzelne Grenzzustände und die Bestimmung der Systemzuverlässigkeit wird mit den Programmen COMREL und SYSREL durchgeführt [RCP GMBH 1999a]. Dabei werden in erster Linie die vielfach bewährten Methoden FORM und SORM verwendet. Für Vergleichsrechnungen wird zusätzlich die Monte-Carlo-Simulation in Verbindung mit der Adaptive Sampling Technik genutzt. Der Start der Programme erfolgt direkt aus der PROBILAS-Umgebung heraus. Die Übergabe der notwendigen Eingabedatenfiles geschieht automatisch durch das Graphical User Interface [HOSSER et al
4 2003a, PEIL et al. 2003, HOSSER et al. 2002]. A1 Für die Berücksichtigung der sukzessiv anfallenden neuen Messdaten aus der Bauwerksüberwachung in der Systembewertung und für die Aktualisierung des stochastischen Modells der Basisvariablen wurde ein Updating- und Statistik-Modul innerhalb des wissensbasierten Systems PROBILAS vorgesehen. Basis dieses Modul ist das Programm STATREL [RCP GMBH 1999b], zusätzlich wurden einige Tools im Bereich Stichprobenplanung implementiert, die in der Programmiersprache C++ geschrieben wurden und den Vorgang der Systembewertung erheblich vereinfachen [DEHNE 2002]. Da Korrelationen zwischen den Parametern der Grenzzustandsgleichungen einen erheblichen Einfluss auf das Ergebnis der System- und Schwachstellenanalyse haben können, wurden vorab sämtliche Parameter, für die bereits Messwerte vorliegen, mit entsprechenden Analysemethoden (Korrelationsmatrizen) daraufhin überprüft, ob und in welchem Maße untereinander Abhängigkeiten bestehen. Die entsprechenden Korrelationskoeffizienten der Basisvariablen wurden im Datenbankmodul von PROBILAS abgespeichert. Die Quantifizierung der Korrelationen aus Messwerten und die Berechnung sinnvoller zeitlicher und räumlicher Abstände zukünftiger Messungen erfolgt ebenfalls im Updating- und Statistik- Modul von PROBILAS. 2.2 Angewandte Methoden System- und Schwachstellenanalysen Durch systematische Schadensanalysen für die im Rahmen des SFB 477 untersuchten Bauwerke auf Grundlage der Auswertung langjähriger statistischer Erhebungen von Bauschäden konnten mögliche grobe Fehler erkannt, ihre Auftretenshäufigkeit abgeschätzt und ihr Einfluss auf das Bauwerksversagen bewertet werden. Dabei musste beachtet werden, dass sich die Auftretenshäufigkeiten bestimmter Fehler mit der Zeit ändern. Das Hauptaugenmerk lag dabei in der Ermittlung von Schäden aus menschlichen Fehlhandlungen, die bezogen auf den Neubau zu einem hohen Sanierungsaufwand oder sogar zum Totalabbruch des Tragwerks führten. Zu den Tragwerken zählen neben der Hauptkonstruktion auch deren Hilfskonstruktionen (Traggerüste) und Baugruben. Es konnten drei Hauptgruppen bezüglich der Schadensursachen herausgearbeitet werden, die in Tabelle 1 zusammengestellt sind und als Grundlage für die weitere Aufgliederung verwendet werden. Tabelle 1 Auswertung der Schadensanalyse Bauphase Anteil am Gesamtschaden in [%] 1. Planungsfehler Ausführungsfehler Fehler in Betrieb und Wartung 6 Die Schadensanalyse und Zusammenstellung der Schadensbilder aus menschlichem - 4 -
5 Fehlverhalten gliedert sich danach in die Bauphasen Planung, Ausführung und Betrieb. Zu den Planungsfehlern gehören vor allem Konstruktionsfehler und Bemessungsfehler. Fehlerhafter Einbau von Bewehrung, Betoniermängel oder fehlerhafte Schweißnähte werden den Ausführungsfehlern zugeordnet. Betriebliche Fehler sind z. B. mangelnde Bauunterhaltung oder Wartungsmängel. Die Anteile der jeweiligen Schadensbilder an den Gesamtschäden sind am Beispiel von Brückenbauwerken in Tabelle 2 zusammengestellt: Tabelle 2 Auswertung der Schadensanalyse für Brückenbauwerke Art des Fehlers Anteil am Gesamtschaden in [%] 1. PLANUNGSFEHLER 48,0 Konstruktionsfehler 20,0 - Fehleinschätzung Baugrund 2,0 - Falsche Bewehrungs- und Spanngliedführung 2,0 - Fehler in der konstruktiven Bauteilausbildung 10,0 - Fehler im Entwurf der Bauhilfskonstruktion 6,0 Bemessungsfehler 24,0 - Stabilitätsprobleme 1,0 - Fehler in der Belastungsermittlung 10,0 - Fehler in der Schnittgrößenermittlung 6,0 - Ungenügende Baustoffkenntnisse 5,0 - Vernachlässigung von Montagezuständen 2,0 Fehler in der Bauablaufplanung 2,0 Fehler in der Wartungsplanung 2,0 2. AUSFÜHRUNGSFEHLER 48,0 Montagefehler 5,0 Fehler bei Betonherstellung und -einbau 13,0 Fehler beim Einbau von Bewehrung und Spanngliedern 17,0 Fehlerhafte Schweißnähte 2,0 Fehlerhafte Bauwerksabdichtung 4,0 Fehler in Bauhilfskonstruktionen 7,0 - Ausführungsfehler 2,0 - Bedienungsfehler 1,0 - Mangelnde Koordination zwischen Planung und Ausführung 3. Fehler in Betrieb und Wartung 4,0 Fehlerhafter Korrosionsschutz 2,0 4,0-5 -
6 Fehlerhaftes Wartungsgerät 1,0 Fehler im Arbeitsablauf 1,0 Bei der System- und Schwachstellenanalyse werden grobe Fehler als Totalausfall einer Komponente modelliert. Anstelle der Grenzzustandsfunktion der Systemkomponente i wird dabei eine standardnormalverteilte Basisvariable i im stochastischen Modell berücksichtigt, die eine Ausfallwahrscheinlichkeit p i 1 ergibt, z. B. p i = (- i ) = 0,999 i = -3. Dies wird systematisch nacheinander bei allen Komponenten i durchgeführt, die durch den jeweiligen groben Fehler betroffen sein könnten. Indem der Sicherheitsindex sys für das Gesamtsystem zwischen allen Rechenläufen verglichen wird, lässt sich ersehen, ob der bei der jeweiligen Komponente angenommene grobe Fehler die Systemversagenswahrscheinlichkeit maßgeblich erhöht. Nur die Stellen, bei denen der grobe Fehler sich maßgeblich auf die Systemzuverlässigkeit auswirkt, werden diesbezüglich genauer untersucht. Hierfür wurden geeignete Indikatoren für die groben Fehler zusammengestellt. Dies sind messbare Größen, z. B. Auflagerverdrehungen und Stützensenkungen, die Aufschluss darüber geben, ob ein bestimmter Bauwerksteil tatsächlich durch den jeweiligen groben Fehler geschädigt sein könnte Wissensbasiertes System PROBILAS Das wissensbasierte System PROBILAS basiert auf der Verknüpfung verschiedener Module, unter denen die einzelnen Aufgaben wie Dateneingabe, -verwaltung und verarbeitung aufgeteilt sind (siehe Bild 1). Im Datenbankmodul erfolgt die Datenverwaltung über ein Relational Database Management System (RDBMS) auf Grundlage des Microsoft SQL- Server Dieser verbindet eine Datenbankverwaltung mit vor- und benutzerdefinierten Datenbankfunktionen und bietet so umfangreiche Möglichkeiten für die Entwicklung komplexer Datenbanksysteme. Dies wird durch eine benutzerfreundliche grafische Bedienungsoberfläche (GUI) unterstützt. Kern des Datenbanksystems ist eine SQL-Datenbank, in der alle von PROBILAS verwendeten Daten in Tabellen gespeichert sind. Die einzelnen Datenbanktabellen sind über Fremdschlüssel (Foreign Keys) miteinander verbunden, um die Eingabe unzulässiger Werte zu verhindern und somit die Datenbankintegrität zu gewährleisten. Bild 2 zeigt eine Übersicht über die Struktur der PROBILAS-Datenbank. Diese lässt sich logisch in vier Bereiche gliedern: Projektebene, System- und Komponentenebene, LSF-Ebene (LSF: Limit State Function Grenzzustandsgleichung) und - 6 -
7 Parameterebene. Die Projektebene dient hauptsächlich dazu, die Systeme bzw. Komponenten und die Parameter der Grenzzustandsgleichungen eindeutig dem jeweiligen Projekt zuzuordnen. Darüber hinaus werden hier die Berechnungsergebnisse (z. B. Sicherheitsindizes ) der einzelnen Projekte gespeichert. In der System- und Komponentenebene werden alle im logischen Modell der Projekte vorhandenen Systeme und Komponenten gespeichert. Hier wird auch die Struktur des Fehlerbaumes abgelegt. Die LSF-Ebene speichert die Grenzzustandsgleichungen für die Komponenten und listet die zugehörigen Parameter auf. In der Parameterebene werden die Parameter mit ihren ggf. zugehörigen Messwerten, statistischen Verteilungen, stochastischen Momenten, Wichtungsfaktoren i und untereinander bestehenden Korrelationen gespeichert. Für jeden Parameter lassen sich mehrere dieser Werte verwenden, die dann durch den Berechnungszeitpunkt unterschieden werden können. Die theoretische maximale Anzahl der in der Datenbank gespeicherten Projekte hängt lediglich vom verfügbaren Speicherplatz ab. Die Dateneingabe erfolgt über das Managementmodul (Graphical User Interface) von PROBILAS. Dabei handelt es sich um eine mit der RAD-Entwicklungsumgebung C++ Builder 6 erstellte graphische Benutzeroberfläche. Diese führt den Benutzer durch den typischen Ablauf einer Berechnung. Die einzelnen Arbeitsschritte sind durch Tabs sortiert. Es können neue Projekte erstellt oder vorhandene geladen und weiter bearbeitet werden. Zuerst wird das logische Modell des betrachteten Systems in der Grundform eingegeben, wofür Fehlerbäume verwendet werden. Dazu werden die Systeme und Komponenten auf der Arbeitsfläche des Programms erstellt und benutzerfreundlich zum Fehlerbaum verbunden. Änderungen werden sofort in der Datenbank registriert. Nun können die Grenzzustandsgleichungen für die zuvor definierten Komponenten eingegeben werden. Aus den Fehlerbäumen werden mit Hilfe der Booleschen Algebra die minimalen Schnittmengen erzeugt, die der verwendete FORM bzw. SORM-Algorithmus zur Lösung des Systemzuverlässigkeitsproblems benötigt. Im nächsten Schritt werden die benötigten Parameter definiert und den entsprechenden Grenzzustandsgleichungen zugeordnet. Für jeden Parameter können ggf. vorhandene Messwerte eingelesen und mit den integrierten Hilfsmitteln der deskriptiven Statistik weiterverarbeitet werden. Dies beinhaltet z. B. die Berechnung von Mittelwert, Standardabweichung und Korrelationen zwischen den Parametern. Aus diesen Werten lässt sich auch eine Eingabedatei für das Updating-Modul von PROBILAS erstellen. Für die Systemzuverlässigkeitsanalyse können die gewünschten Grenzzustandsgleichungen der Komponenten und Momente der Parameter ausgewählt werden. Daraus lässt sich dann automatisch eine Eingabedatei für das Berechnungsmodul von PROBILAS erstellen. Die Berechnungen werden größtenteils von kommerziellen Programmen vorgenommen. Dazu wird z. B. die RCP-Software COMREL und SYSREL unterstützt [RCP GMBH 1999a]. Für diese Programme können in PROBILAS Eingabedateien konzipiert und übergeben werden
8 Die Ergebnisdatei des jeweils verwendeten Programms wird anschließend wieder eingelesen und die berechneten Werte werden in das Datenbankmodul übernommen. Bild 2 Struktur des Datenbankmoduls von PROBILAS 2.3 Ergebnisse und ihre Bedeutung System- und Schwachstellenanalysen Die relevanten Schwachstellen eines Systems werden mit Hilfe der Methoden der Zuverlässigkeitstheorie (FORM/SORM) anhand der Sicherheitsindizes ( -Werte) identifiziert, wobei auch der Einfluss grober Fehler berücksichtigt werden kann. Die für ein Versagen maßgeblichen Parameter können anhand der Sensitivitäten ( i -Werte) ermittelt werden. Die entsprechenden probabilistischen Berechnungen laufen innerhalb des - 8 -
9 wissensbasierten Systems PROBILAS ab. Die wesentlichen Ergebnisse sollen anhand der Systemzuverlässigkeitsanalyse für ein Ersatzbauwerk von TP C2 (Budelmann) erläutert werden [HOSSER et al. 2003b]. In dem hier vorgestellten Anwendungsbeispiel werden Spannelemente systematisch korrosiv beansprucht. Es handelt sich um einfach ausgebildete und instrumentierte Spannbetonplattenstreifen, die im Spannbettverfahren mit teilweiser Vorspannung hergestellt wurden. Für die Systemzuverlässigkeitsanalyse wurde ausschließlich der Tragfähigkeitsverlust des Bauwerks durch Spannstahlbruch infolge fortgesetzter Chloridkorrosion betrachtet. Es wurden Methoden zur Identifizierung der maßgebenden Schwachstellen und Versagenspfade bei Spannbetonbauteilen infolge Chloridkorrosion entwickelt, die im Folgenden vorgestellt werden sollen. Querschnitt Mitte Stab 4 4 Spanndrähte, Ø 7mm, l=2,95m 12 nom c = 3,7cm cm Ansicht F Beaufschlagungsfläche F cm Bild 3 Spannbetonersatzbauwerk von TP C2 Bei dem in Bild 3 dargestellten Ersatzbauwerk werden zwei Grenzzustände betrachtet. Zum einen das Überschreiten einer kritischen Chloridkonzentration, zum anderen das Versagen des Spanndrahtes durch korrosionsbedingten Querschnittsverlust. Das Bauteil versagt noch nicht notwendigerweise beim Bruch eines einzelnen Spanndrahtes, weil Umlagerungsmöglichkeiten auf andere Bereiche bestehen, jedoch beim Versagen weiterer Spanndrähte. Es liegt also ein systematischer Zusammenhang mit logischen Verknüpfungen vor, da das Bauteil gegebenenfalls erst nach Überschreitung mehrerer Grenzzustände versagt. Die möglichen Versagenspfade wurden auf der Grundlage von Ereignisablaufdiagrammen identifiziert (siehe Bild 4). Beim vorliegenden Ersatzbauwerk existieren nur wenige mögliche Versagenspfade. Der wahrscheinlichste Pfad lässt sich in diesem Fall auch ohne Zuverlässigkeitsbetrachtung aus der ingenieurmäßigen Anschauung heraus leicht vorhersagen. Bei - 9 -
10 einem komplexen Bauwerk liegt die Anzahl der möglichen Versagenspfade jedoch um ein Vielfaches höher. Der wahrscheinlichste Pfad lässt sich dann nur noch durch systematische Untersuchungen ermitteln. Die vorgenommene Systembewertung des Ersatzbauwerkes mit Hilfe der Berechnungsmethode SORM dient der Erprobung dieser Vorgehensweise. Die Systemzuverlässigkeitsanalyse erfordert stets die Verknüpfung des logischen Modells der Systemkomponenten und der stochastischen Eigenschaften der streuenden Einflussgrößen mit einem geeigneten physikalischen Modell - hier für den Chlorideindringvorgang und den korrosiven Abtrag der Spanndrähte. Für die Beschreibung des Chlorideindringvorgangs wird das 2. Fick sche Diffusionsgesetz verwendet. Bild 4 Ereignisablaufdiagramm für das Versagen des Spannbetonersatzbauwerkes Ein korrosiver Angriff auf den Spanndraht findet statt, wenn eine kritische Chloridkonzentration überschritten wird und gleichzeitig alle anderen korrosionsauslösenden Bedingungen (Feuchte, Sauerstoff etc.) erfüllt sind. Ein Spanndraht versagt, wenn die vorhandene Zugkraft die durch den lokalen, korrosionsbedingten Querschnittsverlust des Spanndrahtes reduzierte aufnehmbare Zugkraft übersteigt. Die entsprechenden Grenzzustandsgleichungen sind in [ et al b] aufgeführt und erläutert. Die Aufstellung von Grenzzustandsgleichungen gestaltet sich im vorliegenden Fall relativ einfach, weil das mechanische Modell geschlossene lineare Gleichungen verwendet. Wenn das nicht der Fall ist, z. B. bei nichtlinearen Differentialgleichungssystemen oder FE- Modellen, kann das Antwortflächenverfahren (Response Surface Method) angewendet werden. Dabei wird mittels verschiedener Algorithmen aus einigen mit dem jeweiligen Modell (z. B. FE-Modell) errechneten Punkten, die als Stützstellen dienen, eine sogenannte Antwortfläche entwickelt. Diese Antwortfläche soll sich der wirklichen, unbekannten Funktion zumindest im sogenannten Bemessungspunkt optimal annähern und wird als
11 Grenzzustandsgleichung verwendet. A1 Zur Generierung der Antwortfläche existieren verschiedene Ansätze. Bei der Polynomapproximation, dem bekanntesten Verfahren, wird im n-dimensionalen Raum eine Grenzzustandsgleichung mittels eines Polynoms n-ten Grades approximiert. Dafür werden exakt n + [n (n + 1)] / 2 Punkte der unbekannten Grenzzustandsgleichung benötigt. Mit Hilfe des wissensbasierten Systems PROBILAS werden nun die Versagenspfade, das stochastische Modell der Basisvariablen und die Grenzzustände effizient verwaltet und weiterverarbeitet. Der auf Grundlage des Ereignisablaufdiagramms (Bild 4) entstehende Fehlerbaum wird über das Graphical User Interface in PROBILAS eingegeben. Bild 5 Eingabemaske für den Fehlerbaum von PROBILAS Im nächsten Schritt werden die oben erläuterten Grenzstandsgleichungen für die jeweiligen Systemkomponenten eingegeben. Schließlich erfolgt die Zuordnung der statistischen Verteilungen zu den entsprechenden Basisvariablen der Grenzzustandsgleichungen. Nähere Angaben zum stochastischen Modell der hier vorkommenden Einflussgrößen sind in [ et al. 2003b] aufgeführt. Vorhandene Messwerte für die Einflussgrößen werden über ihr Datum in PROBILAS verwaltet. Nachdem alle notwendigen Eingaben in PROBILAS eingepflegt wurden (siehe Bild 6 und Bild 7), wird automatisch die Eingabedatei für das Programm SYSREL [RCP GMBH 1999a] erzeugt (siehe Bild 8), wobei jeweils die aktuellsten Daten übergeben werden. Nach Berechnung der Systemversagenswahrscheinlichkeiten, Sicherheitsindizes und Wichtungsfaktoren i werden diese an PROBILAS zurückgegeben. Die Berücksichtigung der sukzessive anfallenden neuen Messdaten aus der
12 Bauwerksüberwachung in der Systembewertung und die Aktualisierung des stochastischen Modells der Basisvariablen erfolgt über das Updating- und Statistik-Modul in PROBILAS. In den wesentlichen Teilen beruht dieses Modul auf dem Programm STATREL [RCP GMBH 1999b], es wurden jedoch zusätzlich einige nützliche Tools implementiert, welche den Vorgang der Systembewertung erheblich vereinfachen. Dabei handelt es sich z. B. um die Erstellung von Stichprobenplänen für die Variablenprüfung. Bild 6 Eingabe der Grenzzustandsgleichungen in PROBILAS
13 Bild 7 Zuordnung der Verteilungen und Einheiten Bild 8 Übergabe des Eingabefiles an SYSREL [RCP GMBH 1999a] Durch Vergleich des Sicherheitsindex der verschiedenen Versagenspfade zu bestimmten Zeitpunkten lässt sich erkennen, auf welche Weise das Bauteil am wahrscheinlichsten versagt. In diesem Fall hat sich der Versagenspfad 1 als maßgebend herausgestellt. Dies deckt sich absolut mit der ingenieurmäßigen Annahme. Die Sicherheitsindizes der anderen Versagenspfade deuten aufgrund ihrer hohen Beträge darauf hin, dass sie bezüglich der Zuverlässigkeit des Systems praktisch keine Rolle spielen und daher vernachlässigbar sind. Bezüglich der Planung der Bauwerksüberwachungsmaßnahmen bedeutet dies, dass die
14 Sensoren bevorzugt an den zu Versagenspfad 1 gehörenden Spanndrähten platziert werden müssen. Zusätzlich wurde anhand des Spannbetonersatzbauwerkes der Einfluss grober Fehler auf die Systemzuverlässigkeitsanalyse betrachtet. Als grober Fehler wurde hier das Vergessen eines der vier Spanndrähte vorausgesetzt. Jeder Spanndraht wurde dazu innerhalb der Systemzuverlässigkeitsberechnung als eine Systemkomponente angesetzt. Die Ergebnisse der Berechnung bestätigen bei diesem sehr einfachen Beispiel die ingenieurmäßige Anschauung, dass sich der grobe Fehler hier am stärksten bei den außenliegenden Drähten auswirkt. Als Indikator für den groben Fehler wurde die Durchbiegung gewählt. Die Ergebnisse der Berechnung der Zuverlässigkeit bezüglich der maßgebenden Grenzzustände wurde mit der Monte-Carlo-Simulation in Verbindung mit der Adaptive Sampling Technik überprüft. Dabei zeigte sich, dass schon bei einer verhältnismäßig geringen Anzahl von 1000 Rechenläufen sehr gute Übereinstimmungen mit den Ergebnissen der Methoden FORM und SORM erreicht werden. Bild 9 Vergleich der Sicherheitsindizes der verschiedenen Versagenspfade und zeitliche Entwicklung Anhand der absoluten Beträge der Wichtungsfaktoren i als Ergebnisbestandteil der Systemzuverlässigkeitsberechnung lässt sich ersehen, welche Modellgrößen den stärksten Einfluss auf die Zuverlässigkeit haben. Wie in Bild 10 zu erkennen, handelt es sich dabei um die Ersatztiefe und die Betondeckung. Der Streuungseinfluss der übrigen 10 Modellgrößen ist
15 so gering, bzw. ihre Wichtungsfaktoren sind so klein, dass sie sich in dem Diagramm (Bild 10) nicht mehr darstellen lassen. Bild 10 Wichtungsfaktoren i
16 2.3.2 Wissensbasiertes System PROBILAS Ein wesentlicher Bestandteil des wissensbasierten Bauwerksüberwachungssystem PROBILAS ist das Datenbankmodul, welches u. a. für die Verwaltung der Messwerte verwendet wird. Im Folgenden soll diese Messwertverwaltung anhand der Systemzuverlässigkeitsanalyse für ein Deponiebauwerk in Kooperation mit den Teilprojekten B5 (Hempel, Haarstrick), B6 (Dinkler, Ahrens) und D1 (Fricke, Collins) dargestellt werden. Als Versagen wurde hier der Stillstand der Abbauvorgänge innerhalb des Deponiekörpers betrachtet, weil ein sukzessiver Abbau der möglichen Giftstoffe wünschenswert ist. Versagen äußert sich in diesem Fall durch die Unterschreitung bestimmter Gasbildungsraten. Bei der Auffindung der für die Systemzuverlässigkeit maßgebenden Versagenspfade wurden über eine Vielzahl von Ereignisablaufdiagrammen sämtliche Szenarien betrachtet, die zu einer Reduzierung der Abbauvorgänge führen könnten. Ähnlich wie bei Teilprojekt C2 (Budelmann, Rostásy) wurden dann die maßgebenden Pfade durch Systemzuverlässigkeitsbetrachtungen mit der Methode FORM ermittelt. Einzelheiten sind in [HOSSER et al. 2003a] beschrieben. Bild 11 Mögliche Ereignisabläufe und Versagenspfade in Deponien Die Untersuchung der möglichen Versagenspfade dauert zur Zeit noch an. Erste Ergebnisse zeigen, dass die Systemkomponente Wasserhaushalt sich stark auf die Systemzuverlässigkeit auswirkt. Weiterhin stellte sich anhand der Wichtungsfaktoren i heraus, dass bei allen Grenzzuständen bezüglich der Bildung von Methan und Kohlendioxid die Basisvariable TOC den maßgebenden Einfluss auf die Zuverlässigkeit hat. Die Temperatur kann dagegen im Rahmen der Zuverlässigkeitsbetrachtungen vernachlässigt werden. Nach der in [HOSSER et al. 2003a] beschriebenen ersten Systembewertung können potentielle Schwachstellen identifiziert und die Sensoren für die Deponieüberwachung dort bevorzugt platziert werden. Die Sensoren liefern sukzessive neue Messdaten, die eine fortlaufende Neubewertung des Deponiebauwerkes ermöglichen
17 Bild 12 Messwertverwaltung in PROBILAS Aufgrund der bislang relativ geringen Datengrundlage im Deponiebereich müssen hier für die Definition des stochastischen Modells der verwendeten Basisvariablen vermehrt Expertenaussagen und Eckwerte aus einschlägigen Veröffentlichungen herangezogen werden. Diese Daten können die speziellen Verhältnisse im Einzelfall nicht ausreichend genau wiedergeben. Sie können jedoch als Vorinformation bzw. als a priori-verteilung im Sinne der Bayesschen Statistik verwendet werden. Zusammen mit einer auf der jeweils betrachteten Deponie durchgeführten Messung relativ geringen Umfangs kann daraus nach dem Satz von Bayes eine posteriori-verteilung definiert werden, welche die tatsächlichen Verhältnisse bezüglich der jeweiligen Basisvariable in der Regel zufriedenstellend wiedergibt. Die neuen Messdaten werden über das User-Interface an das Updating-Modul übergeben und von dort an das Datenbankmodul weiter geleitet. Bild 13 a priori und a posteriori Verteilungsdichte
18 Mit dem aktualisierten stochastischen Modell kann dann der nächste Bewertungsschritt durchgeführt werden und die Sensoren werden ggf. neu platziert. 2.4 Zusammenarbeit im SFB Die Arbeiten in der laufenden Förderperiode waren und sind durch umfangreiche Kooperationen mit den am SFB 477 beteiligten Teilprojekten geprägt. Diese Aktivitäten dienten dabei zum einen als Erprobungsfeld für die Eigenentwicklungen des TP A1 () und zum anderen im beträchtlichen Maße als Serviceleistung und Hilfestellung für die anderen Teilprojekte. So wurde im Arbeitsbereich Konstruktiver Ingenieurbau gemeinsam mit dem Teilprojekt C2 (Budelmann, Rostásy) ein Spannbetonersatzbauwerk im Hinblick auf mögliche Versagenspfade und den Einfluss grober Fehler untersucht. Künftig werden speziell auf die Bedürfnisse von TP A1 abgestimmte Ersatzbauwerke benutzt, um die vorhandenen Methoden der System und Schwachstellenanalyse zu erproben. Der Schwerpunkt liegt dabei in der Anwendung der Modellansätze für grobe Fehler und der Beobachtung der Auswirkungen auf Indikatoren. Hierzu werden in den Stahlbeton- und Spannbetonersatzbauwerken (Concerto und Duett) grobe Fehler, z. B. vergessene Bewehrung oder fehlende Spannglieder, gezielt eingebaut. Die Anwendung von PROBILAS wird künftig auch auf reale Bauwerke ausgedehnt werden. Hier liegt der Schwerpunkt auf der Anwendung der im Arbeitsbereich System- und Schwachstellenanalyse zu entwickelnden Methoden für die logische Modellierung realer komplexer Systeme und der Untersuchung grober Fehler bei komplexen Bauwerken. In Zusammenarbeit mit dem TP B3 (Peil) wurden die Methoden zum Auffinden von Schwachstellen am Beispiel von Stahlbauwerken erprobt. Weiterhin wurden im Rahmen der gemeinsamen Arbeiten die Modellgrößen mit dem größten Einfluss auf die Zuverlässigkeit ermittelt, um zum einen die Berechnungen zu vereinfachen und zum anderen die Messungen auf die sensitiven Größen zu fokussieren. In der nächsten Förderperiode soll eine nicht mehr im Betrieb befindliche Stahlbrücke in der Umgebung von Braunschweig in die Untersuchungen einbezogen werden. Dabei soll auch die Veränderung des Systems nach Auftreten der ersten Schädigung untersucht werden. In Kooperation mit der Deponiegruppe (TP B5 (Hempel, Haarstrick), B6 (Dinkler, Ahrens) und D1 (Fricke, Collins)) wurden mögliche Versagenspfade in Deponien untersucht. Wie bei der Kooperation mit Teilprojekt B3 (Peil) mussten auch hier die unbekannten Grenzzustandsfunktionen mit Hilfe der Response Surface Methode durch Antwortflächen angenähert werden. Neben der Betrachtung des Stillstands der Abbauvorgänge im Inneren des Deponiekörpers als Grenzzustand im biologisch/chemischen Sinne werden die Untersuchungen künftig auf das mechanische Verhalten des Müllkörpers (z. B. Spannungs- Verformungsverhalten) ausgedehnt. Bislang wurden in der Systembewertung lediglich kleine Ausschnitte des Deponiekörpers betrachtet. Bei der bereits in der laufenden Förderperiode untersuchten Deponie in Wolfsburg
19 soll nun eine Zuverlässigkeitsbetrachtung für das gesamte Deponiebauwerk durchgeführt werden
20 2.5 Vergleich mit Arbeiten außerhalb des SFB Parallelen zum Inhalt des SFB 477 ließen sich auf dem Workshop Life-Cycle Cost Analysis and Design of Civil Infrastructure Systems des Joint Committee on Structural Safety (JCSS) im März 2003 in Lausanne erkennen. Dort ging es ähnlich wie bei der Kooperation der Teilprojekte A1 () und C2 (Budelmann, Rostásy) u. a. um die probabilistische Modellierung von Schädigungsprozessen bei Betonbauwerken. Auf der International Conference on Structural Safety and Reliability (ICOSSAR) im Juni 2001 in Newport Beach, Kalifornien war eine ganze Sitzung dem Thema Structural Reliability and Optimization gewidmet. Im Rahmen der Konferenz wurden viele Themen behandelt, die in engem Zusammenhang zum SFB 477 stehen, z. B. Stochastic Finite Elements, Stochastic Non-linear Analysis, Reliability Analysis, New Developments in FORM/SORM and Response Surfaces und Reliability, Planning and Costs. Die Task Group 5.1 Monitoring and Safety Evaluation of Existing Concrete Structures der Fédération Internationale du Béton (fib) wertet weltweit Monitoring-Maßnahmen für existierende Betonbauwerke aus und plant Sicherheitsbewertungen aufgrund von Messergebnissen und probabilistischen Berechnungen, um Lebensdauervorhersagen treffen zu können. Durch Sensitivitätsanalysen werden die maßgeblichen Einflussparameter identifiziert und die probabilistischen Beurteilungen werden genutzt, um die deterministischen Modelle zu verfeinern [FIB 2003, BERGMEISTER et al. 2001]. Im Rahmen des SFB 398 Lebensdauerorientierte Entwurfskonzepte und Schädigungs- und Dete-riorationsaspekte entwickelt das Teilprojekt C-1 einen Prototyp eines Konzeptes zur schädigungsorientierten Restlebensdauerermittlung räumlicher Stahlbetonkonstruktionen unter Betriebsbedingungen und Sondereinwirkungen. Die probabilistischen Schädigungsaspekte werden über die Lebensdauer simuliert. In Verbindung mit dem Teilprojekt C-5 Paralleles/verteiltes Entwurfssystem für die lebensdauerorientierte Auslegung von Tragwerken unter Berücksichtigung von Schädigungen erfolgt die Zuverlässigkeitsermittlung. Das Entwurfssystem beinhaltet ein Sicherheits- und Zuverlässigkeitsmodell. Dabei wird im Wesentlichen auf Monte-Carlo-Simulationsverfahren zurückgegriffen. Im SFB 524 Werkstoffe und Konstruktionen für die Revitalisierung von Bauwerken werden ebenfalls probabilistische Methoden angewendet. So arbeitet das Teilprojekt A-1 Stochastische Modellierung und Schädigungsanalyse bestehender Tragwerke mit Verfahren, die auf der Zuverlässigkeitstheorie I. Ordnung beruhen. Im Teilprojekt A-3 Sicherheit und Modellbildung wird die Monte-Carlo-Simulation zur Berechnung von Versagenswahrscheinlichkeiten eingesetzt. Der Schwerpunkt des SFB 524 liegt aber auf bestehenden Bauwerken. [SFB ]. 2.6 Offene Fragen System- und Schwachstellenanalyse Die Methoden der System- und Schwachstellenanalyse wurden bislang lediglich bei relativ einfachen Systemen mit überschaubaren logischen Verknüpfungen angewendet. Der wahrscheinlichste Versagenspfad ließ sich hier häufig schon aus der ingenieurmäßigen
21 Anschauung heraus identifizieren. Bei komplexen Systemen dagegen liegt die Anzahl der möglichen Versagenspfade um ein Vielfaches höher. Der kritische Pfad lässt sich in solchen Fällen nur noch durch systematische Untersuchungen festlegen. Generell könnten hier die gleichen Methoden verwendet werden, die sich bei der Erprobung an den im SFB behandelten Ersatzbauwerken bewährt haben. Der dafür nötige Zeitaufwand nimmt jedoch bei größer werdender Anzahl von möglichen Versagenspfaden stark zu. Daher müssen für die unterschiedlichen Bauwerkstypen Ansätze entwickelt werden, mit deren Hilfe bereits vor der Durchführung der System- und Schwachstellenanalyse die Anzahl der zu untersuchenden Pfade auf eine relativ geringe Anzahl relevanter Pfade reduziert wird. Der Einfluss des Human Error auf die Systembewertung wurde bislang ebenfalls nur an den relativ einfach strukturierten Ersatzbauwerken mit einfachen Modellansätzen untersucht. Auch in diesem Bereich sollen die Berechnungen auf reale Bauwerke ausgedehnt und ggf. die Modelle erweitert werden Wissensbasiertes System PROBILAS Der Vorgang der stetigen inhaltlichen Ergänzung des Datenbankmoduls von PROBILAS muss auch in der beantragten Förderperiode fortgesetzt werden. Dies betrifft sowohl das Zusammentragen von Parameterinformationen als auch die Sammlung von Grenzzuständen und möglichen Versagenspfaden. Insbesondere im Deponiebereich mussten für die Definition des stochastischen Modells aufgrund der dort bislang relativ geringen Datengrundlage vermehrt Expertenaussagen und Eckwerte aus einschlägigen Veröffentlichungen herangezogen werden. Die Anwendung des wissensbasierten Systems PROBILAS in der Bauwerksüberwachungspraxis setzt nach dem derzeitigen Stand des Programms trotz des bedienerfreundlich konzipierten Graphical User Interface intensive Vorkenntnisse des Nutzers voraus. Um auch dem BÜ-Ingenieur ohne umfangreiche Kenntnisse in der Zuverlässigkeitsund Systemtheorie den Einstieg in die Materie der Systembewertung zu erleichtern, müssen Beispiele für unterschiedliche Bauwerkstypen in PROBILAS integriert werden, die vom künftigen Anwender als Defaultdatensatz verwendet und auf die im Einzelfall vorhandenen speziellen Gegebenheiten hin ergänzt werden können. 2.7 Literatur ARBEITSBERICHT SFB 477, Teilprojekt A1, 2000 HOSSER, D., SCHLÜTER, H.-J., 1999, Methoden zur risiko- und schwachstellenorientierten Bewertung und Optimierung von Bauwerksüberwachungsmaßnahmen, Institut für Baustoffe, Massivbau und Brandschutz, Braunschweig, Heft 144, SCHLÜTER, H.-J., HOSSER, D., 1999, Reliability-Based Planning and Assessment of Structural Monitoring in Safety and Reliability, Proceedings of ESREL `99 The Tenth European Conference, Munich, Germany, September. Rotterdam: Balkema, RCP GMBH, 1999a, STRUREL, a Structural Reliability Analysis Program-System, COMREL & SYSREL, Users Manual. München RCP GMBH, 1999b, STRUREL, a Structural Reliability Analysis Program-System, STATREL Users Manual. München
22 BERGMEISTER et al., 2001, Global Monitoring Concepts for Bridges, Structural Concrete, 2. Jahrgang, März 2001, Heft 1, Seite
23 FIB, 2003, Monitoring and Safety Evaluation of Existing Concrete Structures, State-of-Art Report, FIB Bulletin 22, Task Group 5.1., fib, March 2003 SFB 525, 2001, Berichtskolloquium November 2001, Weimar 2.8 Dokumentation der aus dem Sonderforschungsbereich entstandenen Vorträge und Veröffentlichungen der vergangenen 3 Jahren. Bücher und Zeitschriften: HOSSER, D., DEHNE, M., HEMPEL, D. C., HAARSTRICK, A., MEIMA, J. A., 2003a, Weak Point Analysis of Municipal Landfill Structures Using Adaptive Monitoring, Waste Management, eingereicht 2003 HOSSER, D., BUDELMANN, H., DEHNE, M., HARIRI, K., HOLST, A., 2003b, Monitoring und Schwachstellenidentifizierung bei Spannbetonbauwerken, Beton- und Stahlbetonbau, 98. Jahrgang, April 2003, Heft 4, Seite HOSSER, D., DEHNE, M., AHRENS, H., KINDLEIN, J., 2002, Simplification of the modelling of processes in landfills using the methods of reliability theory, Waste Management & Research 21-1, UK 2003, p DEHNE, M., 2002, PROBILAS PRObabilistic Building Inspection and Life ASsessment. User s Manual. Institut für Baustoffe, Massivbau und Brandschutz, TU Braunschweig ARBEITSBERICHT SFB 477, Teilprojekt A1, 2000 Kongressbeiträge: DEHNE, M., HOSSER, D., 2002, Schutzziele, Brandszenarien und Sicherheitsanforderungen für den Brandschutz am Beispiel des Industriebaus. Institut für Baustoffe, Massivbau und Brandschutz, ibmb, TU Braunschweig Heft 163, S PEIL, U., HOSSER, D., FRENZ, M., DEHNE, M., 2003, Life Time Estimation of Steel Structures and Assessment of Critical Details. International Conference on Structural Faults and Repair, 10 th International Conference and Exhibition, Commonwealth Institute, Kensington, London DEHNE, M., 2003, Ein übergreifendes Sicherheitskonzept für den vorbeugenden Brandschutz. Braunschweiger Brandschutztage 2003: 10. Fachseminar Brandschutz - Forschung und Praxis ; in Braunschweig., Kurzreferate. Institut für Baustoffe, Massivbau und Brandschutz, ibmb, TU Braunschweig Heft 168 Vorträge: HOSSER, D., DEHNE, M., 2003, Methoden zur risiko- und schwachstellenorientierten Bewertung und Optimierung von Bauwerksüberwachungsmaßnahmen, Berichtskolloquium SFB 477, Juni 2003, TU Braunschweig
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