B e g r ü n d u n g :
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- Gerhardt Becke
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1 Bsw 26291/06 Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte, Kammer I, Beschwerdesache Adil Soltan Oglu Gahramanov gg. Aserbaidschan, Zulässigkeitsentscheidung vom , Bsw /06. Art. 5 Abs. 1 EMRK - Anhaltung eines Flugreisenden für Sicherheitscheck. Unzulässigkeit der Beschwerde (6:1 Stimmen). B e g r ü n d u n g : Sachverhalt: Am wurde der Bf., ein Aserbaidschaner, von Beamten des Ministeriums für Nationale Sicherheit (»MNS«) festgenommen und nach dem StGB wegen unrechtmäßigem Besitz von Waffen und Verschwörung zur gewaltsamen Staatsübernahme angeklagt. Das Assisengericht verurteilte ihn am zu zehn Jahren Haft. Das Urteil wurde vom Berufungsgericht am bestätigt. Nach Begnadigung durch den Präsidenten am wurde der Bf. vorzeitig entlassen. Nach eigenen Angaben traf der Bf. am um 8:30 Uhr vormittags am Flughafen von Baku ein, um für den Flug nach Dubai um 11:00 Uhr einzuchecken. Nach dem Check-in seines Gepäcks um 9:00 Uhr begab er sich zum Schalter für die Ausweiskontrolle. Dort wurde ihm mitgeteilt, dass er auf Anweisung des MNS von dem Flug gestrichen worden sei und im Raum des Grenzschutzes warten solle, bis Beamte des MNS zu ihm kämen. Während seines Aufenthalts in diesem Raum konnte der Bf. diesen nicht verlassen und niemanden kontaktieren. Zwischenzeitlich wurde das Gepäck des Bf. durchsucht. Er verblieb in dem genannten Raum bis
2 2 Bsw 26291/06 um 14:20 Uhr, als ihm gestattet wurde, den Flughafen zu verlassen. Nach Angaben der Regierung wurde der Bf. von dem betreffenden Flug gestrichen, weil sich sein Name auf einer Liste zur»beschränkung des Grenzübertritts«befand und er dort den Status»zu stoppen«hatte. Die Regierung verwies darauf, dass dies auf ein Versäumnis des MNS zurückzuführen war, seinen Namen nach der Begnadigung von der betreffenden Liste zu entfernen. Zu einem unbekannten Zeitpunkt brachte der Bf. eine Klage gegen die Grenzschutzbehörde ein und verlangte eine Entschädigung für die seiner Ansicht nach unrechtmäßige Anhaltung am Flughafen. Das zuständige BG wies die Klage jedoch ab. Das Berufungsgericht und der Oberste Gerichtshof bestätigten dieses Urteil. Rechtsausführungen: Der Bf. behauptet insbesondere eine Verletzung von Art. 5 Abs. 1 EMRK (Recht auf persönliche Freiheit), da er am am Flughafen von Baku unrechtmäßig angehalten worden sei. Der GH muss zunächst untersuchen, ob im vorliegenden Fall eine Freiheitsentziehung im Sinne des Art. 5 EMRK gegeben war. Er weist darauf hin, dass Art. 5 Abs. 1 EMRK Anwendung auf Freiheitsentziehungen von sehr kurzer Dauer finden kann, so etwa, wenn Bf. für eine Durchsuchung angehalten werden, die 30 Minuten nicht übersteigt (wie in Gillan und Quinton/GB), oder wenn die Zeitdauer, für welche der Bf. in der Polizeistation behalten wird, nicht über 45 Minuten hinausgeht (wie in Shimovolos/RUS). Der Anhaltung des Bf. im vorliegenden Fall lagen jedoch andere Umstände zugrunde als in den genannten Fällen, wo die Anhaltung der Bf. auf eine
3 3 Bsw 26291/06 Polizeiintervention zurückging. Im gegenständlichen Fall wurde der Bf. vom Grenzschutz nach einer Grenzkontrolle an einem internationalen Flughafen angehalten, weil sein Name in der Datenbank der Grenzschutzbehörde mit dem Vermerk»zu stoppen«versehen war. Der GH wiederholt in diesem Zusammenhang, dass der Kontext, in dem die Handlung gesetzt wird, ein bedeutender zu berücksichtigender Faktor ist, da in der modernen Gesellschaft häufig Situationen auftreten, wo die Öffentlichkeit dazu aufgerufen sein kann, Beschränkungen der Bewegungsfreiheit oder der persönlichen Freiheit im Interesse des Allgemeinwohls zu dulden. Diesbezüglich kann angenommen werden, dass ein Luftreisender in eine Reihe von Sicherheitskontrollen einwilligt, wenn er sich für eine Reise mit dem Flugzeug entscheidet. Diese Kontrollen können insbesondere die Überprüfung von Ausweispapieren oder die Durchsuchung von Gepäck umfassen, sowie auch das Warten auf weitere Nachforschungen zur Identitätsfeststellung oder zur Feststellung, dass der Betreffende kein Sicherheitsrisiko für den Flug darstellt. Der GH akzeptiert, dass dort, wo ein Passagier während der Grenzkontrolle am Flughafen vom Grenzschutz angehalten wird, um seine Situation zu klären, und wo diese Anhaltung nicht über die für die Erledigung relevanter Formalitäten unumgänglich notwendige Zeit hinausgeht, keine Frage unter Art. 5 EMRK aufgeworfen wird. Daher sind die Umstände der Anhaltung des Bf. zu untersuchen, um festzustellen, ob seine Anhaltung am Flughafen im vorliegenden Fall über die zur Klärung seiner Situation unbedingt notwendige Zeit hinausging. Der GH beobachtet, dass der Bf. am um 9:29 Uhr bei der Grenzkontrolle angehalten wurde, da sein
4 4 Bsw 26291/06 Name in der Datenbank der Grenzschutzbehörde mit dem Vermerk»zu stoppen«versehen war. Der Bf. wurde daraufhin von Grenzschutzbeamten in einen Raum gebracht, um seine Situation einer weiteren Klärung zuzuführen. Dort wurde ein Bericht über die Hinderung des Bf., die Staatsgrenze zu überqueren, verfasst und sein Gepäck durchsucht. Ihm wurden keine Handschellen angelegt und er wurde auch nicht in einer speziellen Hafteinrichtung eingesperrt, doch ist unstrittig, dass es dem Bf. während seines Aufenthalts in dem Raum nicht frei stand, diesen zu verlassen. Es wird von den Parteien auch nicht bestritten, dass der Aufenthalt des Bf. dort sofort nach der Klärung seiner Situation endete und er dann frei war, den Flughafen zu verlassen. Auch wenn die genaue Gesamtdauer des Aufenthalts des Bf. in dem Raum nicht bekannt ist der Bf. spricht von ungefähr vier Stunden, die Regierung von zwei überstieg sie jedenfalls nicht wenige Stunden. Auch unter der Annahme, dass die Angaben des Bf. korrekt sind, lässt sich durch nichts belegen, dass der Aufenthalt des Bf. in dem betreffenden Raum über die Zeit hinaus ging, die unbedingt notwendig war, um sein Gepäck zu durchsuchen und den einschlägigen administrativen Formalitäten zur Klärung seiner Situation nachzukommen. Der GH bemerkt in diesem Zusammenhang, dass der Grenzschutzbeamte im vorliegenden Fall begründeterweise glaubte, dass ein Bedarf bestand, weitere Überprüfungen der Identität des Bf. vorzunehmen, als er diesen stoppte, weil der Name des Bf. wenn auch aufgrund eines verwaltungstechnischen Fehlers in der Datenbank des Grenzschutzes mit dem Vermerk»zu stoppen«versehen war. Es wurde nachgewiesen, dass die Grenzschutzbehörde den Bf. nur so lange anhielt, wie es notwendig war, um weitere
5 5 Bsw 26291/06 Überprüfungen durchzuführen und er nach den Durchsuchungen und der Klärung seiner Situation frei war, den Flughafen zu verlassen. Insbesondere wurde nicht gezeigt, dass der Bf. gezwungen wurde, für eine Zeitspanne in dem Raum der Grenzschutzbehörde zu bleiben, die über das hinausging, was unbedingt notwendig war, um die Durchsuchungen auszuführen und den einschlägigen administrativen Formalitäten nachzukommen. Zudem war der Bf. des gegenständlichen Falls anders als jener im Fall Nolan und K./RUS (wo der Bf., nachdem die Grenzkontrolle ihm das Betreten russischen Territoriums verboten hatte, in einem Raum in der Transitzone des Flughafens Scheremetjewo untergebracht wurde und dort die Nacht verbrachte) frei, den Flughafen unmittelbar nach der Klärung seiner Situation zu verlassen. Die Anhaltung des Bf. in dem Raum der Grenzschutzbehörde führte daher zu keiner Freiheitsentziehung im Sinne von Art. 5 Abs. 1 EMRK. Die Beschwerde ist somit unzulässig (6:1 Stimmen). Vom GH zitierte Judikatur: Foka/TR v Nolan und K./RUS v Gillan und Quinton/GB v = NL 2010, 26 Shimovolos/RUS v Hinweis: Das vorliegende Dokument über die Zulässigkeitsentscheidung des EGMR vom , Bsw /06 entstammt der Zeitschrift "Newsletter Menschenrechte" (NL 2013, 397) bzw. der entsprechenden Datenbank des Österreichischen Institutes für
6 6 Bsw 26291/06 Menschenrechte, Salzburg, und wurde von diesem dem OGH zur Aufnahme in die Entscheidungsdokumentation Justiz im RIS zur Verfügung gestellt. Das Urteil im englischen Originalwortlaut (pdf- Format): v.pdf Das Original des Urteils ist auch auf der Website des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte ( abrufbar.
Entschädigung nach Art. 41 EMRK: 1.000,- für immateriellen Schaden, 3.500, für Kosten und Auslagen (einstimmig).
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