SchiedsamtsZeitung 34. Jahrgang 1963, Heft 09 Online-Archiv Seite 132a-136 Organ des BDS
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- Theresa Schulz
- vor 8 Jahren
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1 DIE KÖRPERVERLETZUNG IM ENTWURF 1962 ZU EINEM NEUEN DEUTSCHEN STRAFGESETZBUCH Von Reichsgerichtsrat R. Dr. jur. Fritz H a r t u n g, Marburg In der SchsZtg S. 169 ff. und S. 182 ff. hatte ich den Lesern dieser Zeitschrift auseinanderzusetzen versucht, wie sich nach dem Entwurfe 1960 zu einem neuen deutschen Strafgesetzbuch, der damals dem Bundestag vorgelegt worden war, die Tatbestände der Körperverletzung gestalten sollten. Auch hieran ist ebenso wie an der Ausgestaltung der Delikte der Beleidigung (vgl. dazu meinen Aufsatz SchsZtg S. 67 ff.) der Schm. unmittelbar interessiert; denn es wird auch nach dem Inkrafttreten eines neuen deutschen Strafgesetzbuches voraussichtlich dabei bleiben, dass Fälle der einfachen und der fahrlässigen Körperverletzung mit Privatklage verfolgt werden können, dass aber eine Privatklage wegen dieser Delikte erst und nur dann wird zugelassen werden dürfen, wenn vorher bei einer Sühnebehörde erfolglos versucht worden ist, die Parteien miteinander zu versöhnen. Nun ist aber, wie ich schon in der Mai-Nummer der SchsZtg. dargelegt habe, der Entwurf 1960 vom vorigen Bundestag nicht mehr beraten worden. Und die Zeit, die zwischen dem Schluss der Legislaturperiode des dritten bis zur Konstituierung und Einarbeitung des neu gewählten vierten Bundestages notwendigerweise hat vergehen müssen, hat das Bundesjustizministerium dazu benutzt, den Entwurf zu einem neuen Strafgesetzbuch mit den anderen Bundesressorts und mit den Regierungen der deutschen Länder nochmals zu überarbeiten. Das Ergebnis dieser neuen Beratungen liegt, nachdem es nochmals den Bundesrat durchlaufen hat, als Entwurf 1962 dem neuen (vierten) Bundestag vor. Dieser hat den umfangreichen Entwurf im ersten Durchgang dem Rechtsausschuss überwiesen; und dort wird er z. Z. von einem kleinen Unterausschuss einer Vorberatung unterzogen. Die Leser dieser Zeitschrift wird es nun interessieren, zu erfahren, inwiefern bei den Körperverletzungsdelikten (für die Beleidigungstatbestände habe ich es schon in der Mai-Nummer 1963 untersucht) der Entwurf 1962 von dem (in der SchsZtg S. 169 ff., 182 ff. insoweit besprochenen) Entwurfe 1960 abweicht. Das ist, wie gleich vorweg gesagt sei, nur in verhältnismäßig wenigen Punkten der Fall, Punkten aber, die, wie sich zeigen wird, gerade auch den Schm. interessieren werden. Geblieben ist es bei dem Aufbau und bei der grundsätzlichen Ausgestaltung der Tatbestände. Ebenso wie schon der Entwurf 1960 behandelt auch der Entwurf Nachdruck und Vervielfältigung Seite 1/5
2 1962 die Körperverletzungsdelikte im dritten Titel des Besonderen Teils" unter der Überschrift: Straftaten gegen die körperliche Unversehrtheit" in den 146 bis 156. Der Bundesrat hat hierzu anders als bei den Beleidigungsdelikten keine Änderungen mehr vorgeschlagen. Geblieben ist es vor allem auch bei der systematischen Ordnung des Abschnittes: Der Abschnitt beginnt in den drei ersten Paragraphen mit den Fällen der vorsätzlich en Körperverletzung: einfache vorsätzliche Körperverletzung ( 146), vorsätzliche schwere Körperverletzung ( 147) wobei, was als s c h wer e" Körperverletzung anzusehen sein soll (zugleich für eine ganze Reihe anderer Tatbestände verbindlich), im Abs. 2 des 147 im einzelnen gesagt ist (vgl. dazu SchsZtg S. 170 f.) und vorsätzliche gefährliche Körperverletzung ( 148). Es folgt (im 149) die vorsätzliche Körperverletzung mit schweren Folgen (Tod oder schwere Schädigung des Verletzten), wobei aber der Täter diese schweren Folgen nicht (wie beim Tatbestande des 147) vorsätzlich mit Wissen und Willen, sondern fahrlässig herbeigeführt hat. Der unter der Überschrift Herausforderung durch den Verletzten" folgende 150 sieht Milderungen der angedrohten Strafen vor für den Fall, dass sich der Täter in begreiflicher Gemütserregung über ein rechtswidriges oder ungebührliches Verhalten des Verletzten, das gegen ihn, einen seiner Angehörigen oder eine andere ihm nahestehende Person gerichtet gewesen ist, zu der Tat hat hinreißen lassen"; in den Fällen der einfachen Körperverletzung kann unter solchen Umständen das Gericht von Strafe ganz absehen, in den Fällen der gefährlichen Körperverletzung die Strafe wenigstens mildern. Es folgen im 151 die fahrlässige Körperverletzung (übereinstimmend mit dem geltenden Recht) und (nach dem den Strafantrag" betreffenden 153) die drei Sondertatbestände der Misshandlung Wehrloser oder Abhängiger" ( 154), der Überanstrengung von Kindern, Jugendlichen oder Schwangeren" ( 155) und des Raufhandels" ( 156). Vgl. zu den drei Sondertatbeständen SchsZtg S Die einfache Körperverletzung, die voraussichtlich auch nach dem Inkrafttreten des neuen StGB (ebenso wie die fahrlässige Körperverletzung) in der Zuständigkeit des Schs. verbleiben wird, beschreibt der Entwurf 1962, ebenso wie schon der Entwurf 1960 sachlich übereinstimmend mit dem geltenden 223 StGB mit den Worten: Wer einen anderen körperlich misshandelt oder an der Gesundheit schädigt"; dabei soll es, wie im geltenden Recht, für den Begriff der Misshandlung" nicht darauf ankommen, ob die Handlung des Täters dem Verletzten Schmerzen bereitet, sondern es sollen auch solche Einwirkungen auf den Körper des Betroffenen den Tatbestand erfüllen, die z. B. das Abschneiden des Zopfes oder des Vollbartes nur das Erscheinungsbild des Nachdruck und Vervielfältigung Seite 2/5
3 Opfers beeinträchtigen. Fälle der vorsätzlichen schweren Körperverletzung und der vorsätzlichen Körperverletzung mit schweren Folgen werden, wie schon heute so auch in Zukunft, kaum vor dem Schm. gebracht werden, da hier schon der schweren Folgen wegen die Privatklage ausgeschlossen bleiben und die Tat daher immer von der Staatsanwaltschaft im Wege der öffentlichen Klage verfolgt werden wird. Dagegen wird es für den Schm. auch nach dem Entwurfe 1962 wichtig sein, die Fälle der gefährlichen Körperverletzung von denen der einfachen Körperverletzung unterscheiden zu können; denn auch für die Zukunft wird es wohl dabei bleiben, dass zwar auch Fälle der gefährlichen Körperverletzung mit Privatklage verfolgt werden können, diese aber anders als bei der einfachen Körperverletzung ohne vorgängigen Sühneversuch zuzulassen sein wird. Die Fälle der gefährlichen Körperverletzung" normiert der Entwurf zum neuen StGB dem Sinne nach übereinstimmend mit dem geltenden 223 a StGB. Im Wortlaut aber erscheinen die vier Tatbestände in ganz wesentlich vereinfachter und verbesserter Form. Die erschwerte Strafe soll den Täter nach dem Abs. 1 des 148 dann treffen, wenn er die vorsätzliche Körperverletzung in einer Weise begangen hat, die den Angegriffenen in die Gefahr des Todes oder einer schweren Schädigung an Körper oder Gesundheit (im Sinne des 147 Abs. 2 des Entwurfes) gebracht hat; dabei wird Gefahr" im Sinn einer nahe liegenden Möglichkeit verstanden. Mit dieser Formulierung werden aus dem geltenden 223 a StGB die Fälle der Körperverletzung mittels einer Waffe oder eines sonst gefährlichen Werkzeuges" und der Körperverletzung mittels einer das Leben gefährdenden Behandlung" erfasst. Im Abs. 2 des 148 wird weiter dritter Tatbestand des geltenden 223 a als gefährliche Körperverletzung" die charakterisiert, die mittels eines hinterlistigen Überfalles" begangen wird. Abweichend vom geltenden 223 a StGB hatte der Entwurf 1960 die Körperverletzung, die von mehreren gemeinsam" begangen wird, nicht mehr als grundsätzlich gefährlich bezeichnen wollen; die Fälle der gemeinschaftlichen Körperverletzung wären damit also unter die einfache Körperverletzung gefallen, für die der Schm. sachlich zuständig ist. Der Entwurf 1962 ist nun aber in diesem Punkte doch wieder zum geltenden Rechte zurückgekehrt und bezeichnet nunmehr im 148 Abs. 2 neben der mittels eines hinterlistigen Überfalls" begangenen auch die " mittels eines gemeinschaftlichen Überfalls" begangene Körperverletzung als gefährlich. Und nur insofern bleibt gegenüber dem geltenden Recht, nach dem jede gemeinschaftlich von mehreren begangene Körperverletzung gefährlich" ist, vielleicht eine gewisse Abschwächung Nachdruck und Vervielfältigung Seite 3/5
4 bestehen, als nach dem 148 Abs. 2 des Entwurfes nur ein von mehreren in bewusstem und gewolltem Zusammenwirken begangener Überfall" den Tatbestand der» gefährlichen Körperverletzung" erfüllen würde. Damit kann doch wohl nur ein von den mehreren Tätern plötzlich begonnener und von dem Betroffenen nicht erwarteter Angriff gemeint sein. Die Begründung des Entwurfes 1962 rechtfertigt die Rückkehr zum geltenden Rechte, die der Entwurf in diesem Punkte vorsieht, dahin, die Erfahrungen der Praxis hätten sie namentlich im Hinblick auf das Verhalten jugendlicher Raufbolde in Großstädten, das sich als Erscheinungsform großstädtischen Rowdytums ausgebreitet habe", als nötig erwiesen. Bemerkenswert ist im übrigen, dass der Entwurf im Unterschiede zu dem geltenden 223 a StGB auch schon den Versuch der gefährlichen Körperverletzung unter Strafe stellen will. Der 150 des Entwurfes Herausforderung durch den Verletzten", der den 233 des geltenden StGB in wesentlich verbesserter Form ersetzen soll, würde in der Praxis des Schs. Bedeutung insbesondere auch für d i e häufigen Fälle haben, in denen sich der Täter im Ärger über rechtswidriges oder unziemliches Verhalten des Verletzten dazu hinreißen lässt, fremde Kinder zu züchtigen. Den 152 Einwilligung des Verletzten" hat der Entwurf 1962 gegenüber dem Entwurfe 1960 im Wortlaute verbessert. Die Körperverletzung soll danach, wenn der Verletzte in sie einwilligt, nur dann rechtswidrig" (und damit strafbar) sein, wenn sie nach den Umständen, namentlich im Hinblick auf die Beweggründe und die Ziele des Täters und des Verletzten sowie die angewandten Mittel und den voraussichtlichen Umfang der Verletzung trotz der Einwilligung verwerflich ist". Dem Sinne nach läuft auch das auf eine Übernahme des geltenden 226 a StGB in das neue StGB hinaus. Nach der Begründung des Entwurfes würde auf Grund dieser Vorschrift auch der betrunkene Kraftfahrer nicht wegen Körperverletzung bestraft werden können, wenn sein Beifahrer, der die Fahruntüchtigkeit des Fahrers erkannt und die daraus für ihn sich ergebenden Gefahren in Kauf genommen hat, infolge der Trunkenheit des Fahrers bei einem Unfall zu Schaden käme. Im Rechte des Strafantrags ( 153) bringt der Entwurf 1962 gegenüber dem Entwurf 1960 (und gegenüber dem z. Z. geltenden Recht) insofern eine Neuerung, als danach das Recht, Strafantrag zu stellen, auf die Angehörigen übergeht, wenn der Verletzte stirbt. Im Ergebnis ist also festzuhalten: Gegenüber dem Entwurfe 1960 bringt der Entwurf 1962 bei den Tatbeständen der Körperverletzung zwar nur verhältnismäßig wenig Änderungen; diese Änderungen würden sich aber gerade auch für das Recht des Sühneverfahrens und insbesondere der sachlichen Zuständigkeit des Schs. als bedeutsam erweisen. Nachdruck und Vervielfältigung Seite 4/5
5 Nachdruck und Vervielfältigung Seite 5/5
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