Stromüberschüsse aus Photovoltaik im Niederspannungsnetz - ein technisches Problem?
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- Edith Heidrich
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1 Stromüberschüsse aus Photovoltaik im Niederspannungsnetz - ein technisches Problem? Hermann Laukamp, Fraunhofer ISE, Freiburg Unterstützt durch Die alleinige Verantwortung für den Inhalt dieses Beitrages liegt bei den AutorInnen. Sie gibt nicht unbedingt die Meinung der Europäischen Gemeinschaften wieder. Die Europäische Kommission übernimmt keine Verantwortung für jegliche Verwendung der darin enthaltenen Informationen.
2 Stromüberschüsse aus Photovoltaik im Niederspannungsnetz ein technisches Problem? Hermann Laukamp, Thomas Erge, Tim Meyer, Malte Thoma Fraunhofer ISE; Heidenhofstr. 2, Freiburg Tel.: ; Fax: Internet: 1. Einleitung Die bisherige Netzplanung konnte davon ausgehen, dass der Energiefluss von den höheren Spannungsebenen zur Niederspannungsebene gerichtet war. Die zunehmende Installation von Eigenerzeugungsanlagen am Niederspannungsnetz führt dazu, dass sich die Energieflussrichtung umkehren kann. Was bedeutet das für den Netzbetrieb? Was begrenzt den Zubau von verteilter Einspeisung? Die wenigen Untersuchungen, die es dazu gibt, zeigen, dass der wichtigste Mechanismus, der die Aufnahmefähigkeit beschränkt, die Anhebung der Spannung im Netz ist. Zum Beispiel wurden im Rahmen des»photovoltaic Power System Programm«der Internationalen Energie Agentur (IEA) Berechnungen durchgeführt, wieviel Photovoltaikstrom in Niederspannungsnetze eingespeist werden kann. Die Arbeit zeigt, dass eine Durchdringung mit Photovoltaikanlagen in jedem Fall beherrschbar ist, wenn die PV Nennleistung die minimale Last im Netzsegment nicht übersteigt /1/. Eine Studie für deutsche Verhältnisse ergab, dass in Siedlungen mit niedriger Bebauungsdichte 2,4 kwp pro Wohneinheit verträglich sind /2/. Im Rahmen des mit Mitteln der Europäischen Union geförderten Forschungsprojektes DISPOWER /3/ hat Fraunhofer ISE Messungen in einer Solarsiedlung in Freiburg durchgeführt /4/. Dort sind PV Generatoren von etwa 250 kwp das entspricht circa 6 kwp pro Haushalt, also mehr als das Doppelte wie in /2/ angegeben - seit September 2002 in Betrieb. Wir führten an drei Netzknoten Messungen zu folgenden Themen durch: - Leistungsfluss (Richtung und Größe) - Spannungspegel und Spannungsqualität gemäß den einschlägigen Standards - Einspeisung von Stromoberschwingungen durch die Wechselrichter.
3 2. Beschreibung der Solarsiedlung Schlierberg Auf einem Areal am Rande der Stadt Freiburg entsteht auf Initiative des Freiburger Architekten Rolf Disch eine neue Siedlung. Diese wird im Endausbau ca. 50 Reihenhäuser und einen großen Block mit Wohn- und Gewerbenutzung beinhalten. Die Süddächer der Reihenhäuser sowie die Schrägdächer von Attika-Wohnungen auf dem Wohnblock sind 30 geneigt und werden komplett mit Solargeneratoren eingedeckt. Zum Zeitpunkt der Messung waren 40 Anlagen mit zusammen 250 kwp in Betrieb. Davon speisen 25 Anlagen mit einer Nennleistung von zusammen 150 kwp in den Strang 2 des Trafos ein. Weitere 15 Anlagen mit circa 100 kwp speisen in den Trafostrang 1 ein. Über etwa 100 Wechselrichter vom Typ Sunny Boy 2000 und 2500 wird der Solarstrom ins Niederspannungsnetz eingespeist. Die Nennleistung des Transformators beträgt ca. 400 kva. Die lokale Kurzschlussleistung beträgt etwa 10 MVA. Die minimale Last betrug Ende Mai etwa 25 kw. Abb. 1 zeigt eine Skizze der Solarsiedlung mit der Lage der Messpunkte (MP 1... ). 26 kwp MP 3 39 kwp Im Bau 22 kwp 47 kwp 27 kwp 41 kwp 29 kwp 40 kwp MP 1 33 kwp 25 kwp Strang 1 Strang 2 MP 2 Abb. 1: Solarsiedlung Schlierberg, Lageskizze von Transformatorstation, Leitungsverlauf, Gebäuden und Messpunkten (MP ).
4 3. Messergebnisse Wir messen an folgenden Punkten im Netzwerk: - Direkt am Transformator auf der Niederspannungsseite (MP 1) - Am Transformator an der Zweigleitung mit der größten PV-Kapazität (MP 2) - Am Hausanschluss am Ende dieses Zweiges (MP 3). Sämtliche Daten zeichnen wir im 10-Minuten Raster auf, um mit der Norm EN /5/ kompatibel zu sein. Die Auswertungen konzentrieren wir auf die Zeit von Mai/Juni 2003, da dort die höchste Einstrahlung in Modulebene auftritt. 3.1 Lastfluss über den Transformator Die Eigenerzeugungsanlagen führen dazu, dass die Siedlung an sonnenreichen Tagen Strom ins Mittelspannungsnetz exportiert. Für einige Tage im Mai 2003 wird der Lastfluss am Transformator, Messpunkt 1, dargestellt. Abb. 2, links, zeigt die Maximalwerte der Summenleistung aller drei Phasen L1... L3 pro Messintervall. Beim jetzigen Teilausbau der Solarsiedlung wird bereits eine Wirkleistung von bis zu 170 kw ins Netz eingespeist wird. Das Detail in Abbildung 2, rechts, zeigt die Verteilung der Leistung auf die drei Phasen als (10 min) Mittelwerte. Die Einspeiseleistung in den drei Phasen unterscheidet sich deutlich. Vermutlich wurden die Wechselrichter nicht gleichmäßig auf die drei Phasen verteilt. Wirkleistung [kw] Wirkleistung [kw] P_L1 P_L2 P_L Zeit -40 0:00 6:00 12:00 18:00 0:00 Zeit Abb. 2: Links: Lastfluss über den Transformator während acht Tagen im Mai 2003 (10-min Maximalwerte). Negativ dargestellte Leistung fließt in das MS Netz. Rechts: Lastfluss über den Transformator nach Phasen aufgeschlüsselt, 10-min Mittelwerte am Die Kurven von L1 und L2 liegen fast übereinander, L3 liefert deutlich weniger Energie als L1 und L2.
5 3.2 Spannungserhöhung im Lauf des Einspeisestranges Im Verlauf des Trafostrangs 2 wird bei sonnigem Wetter Strom aus PV Generatoren von etwa 150 kwp eingespeist. Dadurch steigt die Spannung im Verlaufe des Stranges 2 an. Die Abbildung 3, links, zeigt den Spannungsverlauf von L2 am Hausanschluss der letzten Wohnung (MP 3) im Laufe einer sonnigen Woche. Dargestellt werden die Mittelwerte aus den jeweiligen 10-min Intervallen. Abb. 3, rechts, zeigt die Spannungswerte der drei Phasen in Abhängigkeit von der Einstrahlung. Der Einfluss der Einspeisung deutlich zu sehen. Die Spannung erreicht Werte bis zu 243 V. Dies ist knapp unter dem in der Norm EN /6/ gegebenen Toleranzwert von + 6% oder 243,8 V. Kurzzeitige Spannungsspitzen überschreiten gelegentlich diesen Toleranzbereich. Die Spannungsverteilung zwischen den Phasen korreliert gut mit der Leistungsverteilung in Abb.2, rechts Ueff, L EN Toleranzband Spannung [V] Zeit Spannung [ V ] Einstrahlung [ W/m² ] L1 L2 L3 Abb. 3: links: Spannungsverlauf von L2 im Laufe einer sonnigen Woche; der von der Einspeisung geprägte Tagesgang ist klar zu erkennen; Rechts: Zusammenhang von Spannung und Einstrahlung für die drei Phasen im gleichen Zeitraum. Die Einspeisung führt zu einer Spannungsanhebung und zu einem Anstieg der Phasenunsymmetrie. Die Mittelwerte bleiben unterhalb der Toleranzgrenze der EN Oberschwingungen Gemäß den VDE-Anschlussbedingungen /7/ müssen die Wechselrichter bezüglich der Oberschwingungseinspeisung die Norm EN einhalten. Im folgenden Bild sind die Pegel verschiedener Stromoberschwingungen in Phase L2 am Trafo im Verlaufe eines Tages dargestellt. Zum Vergleich wird in der vordersten Ebene der Verlauf der Solarstrahlung abgebildet.
6 Strom [A] Einstrahlung [100 W/m²] n3 n5 n7 n9 n11 n13 n15 n19 n33 Einstrahlung [100 W/m²] 0:00 1:20 2:40 4:00 5:20 6:40 8:00 9:20 10:40 12:00 13:20 14:40 16:00 17:20 18:40 20:00 21:20 Tageszeit 22: Abb. 4: Für einen sonnigen Tag sind ausgewählte Oberschwingungen von n3 bis n33 mit zunehmender Ordnungszahl von hinten nach vorne dargestellt. Die vorderste Kurve zeigt den Verlauf der Solarstrahlung. Hauptsächlich treten die dritte und die fünfte Harmonische auf. Diese Oberschwingungen sind mit der Solarstrahlung und damit mit der Ausgangsleistung der Wechselrichter nur schwach korreliert. Die Pegel der höheren Oberschwingungen zeigen teilweise einen ähnlichen Verlauf wie die Solarstrahlung. Diese Oberschwingungen stammen also vermutlich von den Wechselrichtern. Alle Oberschwingungspegel liegen unterhalb der zulässigen Werte. Ein ähnliches Bild zeigt sich auch beim Verlauf des Langzeitflickers, der hier aus Platzgründen nicht weiter dargestellt wird. Eine nennenswerte Korrelation mit der Solarstrahlung konnte auch hier nicht beobachtet werden. 4. Schlussfolgerung Eine Messkampagne in der Solarsiedlung Schlierberg ergibt, dass sich die Eigenerzeugung mit einer hohen Leistung verteilter Photovoltaikanlagen in einem starken Niederspannungsnetz auf die Spannungsqualität nur geringfügig auswirkt. Zwei Phänomene verdienen jedoch weitere Beachtung:
7 1. Die Anhebung der Spannung am Hausanschluss durch die verteilte Einspeisung. Diese kann bei starker Einspeisung dazu führen, dass Toleranzgrenzen der Normspannung nach EN überschritten werden. 2. Durch eine ungleiche Verteilung der Wechselrichter auf die Phasen wird die Spannungsunsymmetrie vergrößert. Beide Phänomene verletzten jedoch in der Solarsiedlung Schlierberg nicht die Grenzen, die in der für Spannungsqualität entscheidenden Norm EN gegeben werden. Die Messergebnisse zeigen, dass in dieser Siedlung eine PV Kapazität von 6 kwp pro Haushalt ohne Probleme vom Netz aufgenommen werden kann, aber auch nicht überschritten werden sollte. Am Ende von Netzausläufern und in schwachen Netzen ist aus Sicht des zulässigen Spannungsbereiches eine»worst case«abschätzung der Spannungshöhe notwendig. 5. Literatur /1/ Povlsen, A. F. et. al.: Impacts of Power Penetration from Photovoltaic Power Systems in Distribution Networks, Report to the IEA PVPS, Task 5, Fredericia, Denmark 2002; download über /2/ Scheffler, J.; Bestimmung der maximal zulässigen Netzanschlussleistung photovoltaischer Energiewandlunganlagen in Wohnsiedlungsgebieten, Dissertation, TU Chemnitz, 2002 /3/ /4/ Homepage für das Projekt DISPOWER: /5/ DIN EN 50160: ; Merkmale der Spannung in öffentlichen Elektrizitätsversorgungsnetzen /6/ DIN 60038, IEC Nennspannungen, Ausgabe , (HD 472S1 ist die europäische Variante dieser Norm) /7/ VDEW, Eigenerzeugungsanlagen am Niederspannungsnetz Richtlinie für Anschluss und Parallelbetrieb von Eigenerzeugungsanlagen am Niederspannungsnetz; 4. Ausgabe 2001
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