Kor respondenz. 20 Herbst Integrierte familienorientierte Beratung I. Erziehungsberatung. Kunst im EZI. Rezensionen. Seite 3. Seite 42.

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1 Kor respondenz Integrierte familienorientierte Beratung I Erziehungsberatung Kunst im EZI Rezensionen Seite 3 Seite 42 Seite Herbst 2004 ISSN

2 Inhalt Zu dieser Ausgabe 1 Friedrich-Wilhelm Lindemann Erziehungsberatung Ingeborg Volger Die Innenwelt der Eltern als relevante Außenwelt des Kindes 3 Theoretische Grundlagen tiefenpsychologischer Erziehungsberatung Achim Haid-Loh Methodik des Erstgesprächs in der tiefenpsychologisch orientierten Erziehungsberatung 14 Rüdiger Haar Was kennzeichnet die Integrierte Psychologische Beratung? 24 Analyse eines Erziehungsberatungsfalles in der Psychologischen Beratungsstelle Martin Koschorke Wer hat die Macht in der Familie von heute? 28 Über Gewaltfreiheit in Partnerschaft und Familie Cordula von Ammon Verantwortbare Schuld 37 Die Methode der psychoanalytisch-pädagogischen Aufklärung wie Kindern und Eltern in Trennungs- und Scheidungskrisen geholfen werden kann. Kunst im EZI Wolfgang Ebert Figurationen im Farbfluß 42 Berend Wellmann über Mike Kirchner Meine Bilder sind meine Denkspur 44 Marc Wellmann und Konstanze Ebel Bernhard Heiligers Lithografiezyklus Faust II 46 Berend Wellmann über Stefan Miteff Das innere Bild 49 Hans-Joachim Burgert Nach dem Kriege 52 Rezensionen Andreas Vossler Perspektiven der Erziehungsberatung von Heiner Keupp 54 Timm Lohse Das Kurzgespräch in Seelsorge und Beratung von Hans König 56 Paul Friese & Irene Kluge Fremdheit in Beratung und Therapie Erziehungsberatung und Migration von Edouard Marry 57 Renate Oetker-Funk, Maria Dietzfelbinger, Elmar Struck & Ingeborg Volger Psychologische Beratung Beiträge zu Konzept und Praxis von Leopold Morbitzer 58 Nachrichten aus dem EZI Sabine Hufendiek Zu meinem beruflichen Werdegang 62 Tamara Musfeld Werde Gang 65 Titelbild: Wolfgang Ebert, Holzschnitt

3 1 Liebe Leserin, lieber Leser! Ich versuche, was ich gelernt habe, abzulegen, suche die Art des Erinnerns, die man mir beigebracht hat, zu vergessen, und den Farbstoff, mit dem man mir meine Sinne bemalte, abzuschaben, meine wahren Gefühle auszupacken, mich auszuwickeln und ganz ich zu sein.... In diesen Versen des portugiesischen Dichters Fernando Pessao steckt das Gemeinsame der beiden Themenblöcke dieser Ausgabe, das Gemeinsame des neuen Ausbildungscurriculums für integrierte familienorientierte Beratung und der Kunst in den Räumen des Instituts. Ende August wurde der 1. Kursteil des neuen 6 teiligen Weiterbildungscurriculums mit 28 Teilnehmenden begonnen. (Übrigens unter der internen Ordnungsziffer 45,1: zuvor waren 44 Weiterbildungskurse für die Ehe-, Familien- und Lebensberatung mit mehr als 1200 Absolventen innerhalb von 40 Jahren gelaufen). Mit der Erweiterung des alten Modells durch die Integration von Erziehungs- und Familien-, Ehe-, Familien-, Lebens- und Schwangerschaftskonfliktberatung hat das Institut auf die Veränderungen in der Beratungslandschaft reagiert. Dafür waren mehrjährige, vorbereitende Gespräche mit dem Ausbildungsausschuß, der Mentorinnen- und Mentorenkonferenz, der Hauptstellenleitungskonferenz, dem Vorstand der EKFuL, dem Forum Erziehungsberatung aber auch mit der bke unabdingbar und außerordentlich hilfreich. Stellte die Integration der im Institut eigenständig entwickelten Aus- und Fortbildungscurricula für uns bereits eine hohe Herausforderung dar, so wurde uns in der Diskussion mit den Praktikern aus den verschiedenen Regionen erst deutlich, wieviel organisatorische Phantasie erforderlich sein wird, Praktika bzw. Hospitationen sowohl in der Erziehungsberatung als auch in der Ehe-, Familien-, Lebensberatung und in der Schwangerschaftskonfliktberatung innerhalb eines Ausbildungsganges zu gewährleisten. Denn der evangelische Urtyp der integrierten Beratungsstelle ist noch keineswegs überall anzutreffen. So müssen die Praktika z. T. an unterschiedlichen kirchlichen oder weltlichen, tiefenpsychologisch oder systemisch oder ganz anders arbeitenden Beratungsstellen durchgeführt werden, was fast alle etablierten und bewährten Regelungen über den Haufen wirft, aber auch neue Aufgaben für Mentorinnen und Mentoren mit sich bringt. Der Grundriß der neuen Weiterbildung und die Überlegungen zum Praktikum sind in besonderen Broschüren veröffentlicht und bei EZI oder EKFuL erhältlich.

4 2 Ingeborg Volger und Achim Haid-Loh schreiben zu Theorie und Methodik tiefenpsychologischer Erziehungsberatung. Rüdiger Haar berichtet über einen schwierigen EB-Fall, an dem sowohl die Arbeitsweise einer integrierten, familienorientierten Beratungsstelle als auch ihre vielfältigen Möglichkeiten deutlich werden, kurativ und präventiv zu wirken. Als sachliche Ergänzung schließen Martin Koschorkes grundsätzliche Erwägungen über Gewaltfreiheit in Partnerschaft und Familie an, Cordula v. Ammons Artikel über Hilfen in Trennungs- und Scheidungskrisen und Buchbesprechungen von Heiner Keupp, Edouard Marry und Leopold Morbitzer. In unserem Beratungskonzept geht es generell darum, wie Eltern und Kindern ermöglicht werden kann, die wahren Gefühle auszupacken. Dem bildenden Künstler geht es darum, in seinem Werk ganz ich zu sein. Das aber setzt wie in der Beratung die vorherige Selbstbefragung und Selbstauswicklung zwingend voraus. Berend Wellmann zeigt dies in seinen Texten über die Maler Mike Kircher und Stefan Miteff, deren Bilder in großen und kleinen Formaten bei uns ausgestellt sind. Marc Wellmann und Constanze Ebel erläutern den Lithografiezyklus Faust II des Bildhauers Bernhard Heiliger im Kontext seines Gesamtwerks. - Die Bernhard-Heilger-Stiftung hat uns den Zyklus für den Konferenzraum freundlicherweise als Leihgabe zur Verfügung gestellt. - Wolfgang Ebert beschreibt, wie er mit Tusche und Pinsel Wesentliches zum Ausdruck bringt: Stell Dir vor, heißt auf Französisch: Figure toi! Schließlich konnten wir einen Text von Hans- Joachim Burgert, dem Schöpfer des Wandfrieses im Andachtskeller in der Matterhornstraße bekommen. Wir erfahren etwas über das Selbstverständnis des Künstlers der Kriegs- und Nachkriegsgeneration, erhalten auch einen kritischen Blick auf das Geschick seines Frieses nach 68 in unserem Medienkeller wurde der Andachtskeller wieder hergestellt und neu gestaltet. Ein Teil des Frieses hängt jetzt im Andachtsraum in der Auguststraße, ein anderer, größerer im Kloster Lehnin. So bildet die Kunst im EZI den Zeitenwandel nicht nur der 40 Jahre seines Bestehens ab. Timm Lohse hat das Buch zum Kurs Das Kurzgespräch in Seelsorge und Beratung geschrieben. Hans König bespricht es. Schließlich stellen sich Sabine Hufendiek und Tamara Musfeld als neue Mitglieder des Dozentenkollegiums vor. Noch ein Wort zur Erscheinungsweise unseres Blattes. Es erscheint jährlich mit Ausnahmen. Eine solche war 2003 gegeben, als wir eine Reihe von Manuskripten der EKFuL für die Kirchentagsausgabe des Forum Beratung zur Verfügung gestellt und auf ein eigenes Heft verzichtet haben. In diesem Jahr ist nun der Platz so knapp, dass wir nicht alle vorgesehenen Beiträge unterbringen können. Deshalb haben wir uns für eine thematische Schwerpunktbildung entschieden. Nach der Erziehungsberatung in diesem soll im nächsten Jahr die Schwangeren- und Schwangerschaftskonfliktberatung im Vordergrund stehen zusammen mit den Ansprachen, die anläßlich des 40jährigen Jubiläums des Instituts und der Verabschiedung von Martin Koschorke in diesem Jahr gehalten wurden. In der Überzeugung, dass Beratung und Kunst dem Leben Farbe zu geben vermögen, grüßt Sie Ihr Friedrich-Wilhelm Lindemann

5 3 Ingeborg Volger Die Innenwelt der Eltern als relevante Außenwelt des Kindes Theoretische Grundlagen tiefenpsychologischer Erziehungsberatung 1. Einleitung Im letzten Kurs in einer Arbeitsgruppe: Gespielt wird eine Klientin, die sich wegen der Probleme mit ihrer pubertierenden Tochter angemeldet hat und nun gern wissen möchte, wie sie mit ihr umgehen solle. Die Klientin wirkt recht selbstbewusst und weiß ziemlich genau, was sie will, nämlich einen Ratschlag, wie es nun zwischen ihnen weitergehen soll. Die Beraterin, die verstanden hat, dass psychologische Beratung mit den persönlichen Problemen des Klienten zu tun hat bemüht sich nun nach Kräften mit der Kl. darüber ins Gespräch zu kommen mit dem Ergebnis, dass die Klientin immer schweigsamer und verschlossener wird und sie schließlich fragt, ob sie eigentlich Kinder habe. Bei der Auswertung wird deutlich, dass ganz offensichtlich das Anliegen und ein Verstehen der Klientin nur über die Tochter möglich ist. Es meldet sich zu einem zweiten Rollenspiel eine Kandidatin, die aus einer Erziehungsberatungsstelle kommend, in diesem Bereich viele Erfahrungen auszuweisen hat. Nun entwickelt sich ein traditionelles EB Erstgespräch, in dem der Berater viele Frage stellt zu der Tochter, seit wann die Mutter ihr Klauen festgestellt hat, wie die Tochter in den familiären Rahmen eingebunden ist etc. Es entwickelt sich ein munteres Gespräch, wir erfahren viel darüber, wie die Mutter ihre Tochter sieht, und hören in der Auswertung von der Klientin, sie habe sich, anders als im ersten Gespräch weitaus besser gefühlt. Beim ersten Gespräch habe sie nicht so recht gewusst, was die Beraterin von ihr gewollt habe. Es habe nach ihrem Eindruck auf alle Fälle nicht mit ihren Wünschen an die Beratung überein gestimmt. Gleichwohl bleibe bei ihr trotz des flüssigen zweiten Gesprächs der Eindruck zurück, sie selbst sei darin überhaupt nicht vorgekommen, und sie beendet ihre Reflexion mit der Bemerkung: Schließlich bin ich doch hier! Dieses Rollenspiel verdeutlicht noch einmal sehr eindrücklich die konzeptionelle und methodische Kluft, die zwischen einer reinen EFL- und einer reinen EB-Perspektive besteht: Während die Beraterin im ersten Rollenspiel implizit verdeutlicht, dass die Tochter eher ein lästiger Störfaktor ist, der die Perspektive auf die Klientin verstellt und eher als Widerstand zu behandeln ist, wendet sie sich in der EB-Perspektive mit voller Aufmerksamkeit dem Kind zu mit dem Ergebnis, dass viele beziehungsrelevante Daten und Fakten erhoben werden, ohne dass der Beraterin oder gar der Mutter deutlich geworden wäre, in welcher emotionalen Beziehung diese zu ihrer Tochter stand und augenblicklich steht. Dass wir darüber so wenig erfahren ist auch nicht weiter verwunderlich, da die in diesem Zusammenhang interessierenden Daten nicht erfragt werden können, sondern sich dem Berater über andere Wahrnehmungskanäle erschließen.

6 4 Um produktiv Fälle aus der Erziehungsberatung bearbeiten zu können, brauchen wir ein Erklärungsmodell, das sowohl die Entstehung kindlicher Probleme als auch deren Verbindung zur elterlichen Situation verständlich macht. Das neue Weiterbildungscurriculum ist zu verstehen als Ausdruck unserer theoretischen Konzeption, die einerseits die Wechselwirkung beschreibt zwischen elterlichen Haltungen und deren Wirkungen auf die kindliche Entwicklung und andererseits die Auswirkungen dieser Prozesse aufgreift bei der Frage, welche inneren Problemlagen und Konflikte bei Eltern zu vermuten sind, die ihren Kindern in einer entwicklungshemmenden Weise begegnen. Im Kern geht es also immer um die Aufklärung des Zusammenhangs zwischen der Entstehung innerer Strukturen einerseits und deren Manifestation in der Außenwelt andererseits, ein Zusammenhang, den es im Kontext alters-, entwicklungs- und situationsspezifischer Besonderheiten zu verstehen gilt. Erziehungsberatung braucht demnach ein theoretisches Konzept, das den elterlichen Einfluss auf die Entwicklung des Kindes und seiner Störungen einerseits und die Wechselwirkungen zwischen beiden andererseits erklärt und ein methodisches Konzept, über welche beraterischen Schritte die notwendigen Informationen erhoben und wie diese vom Berater in ihrer Bedeutung verstanden und integriert werden müssen, um angemessene Interventionen entwickeln zu können. Mit den folgenden Überlegungen soll der theoretische Hintergrund tiefenpsychologischer Erziehungsberatung veranschaulicht werden, während das methodische Konzept im nachfolgenden Beitrag von Achim Haid-Loh erläutert wird. 2. Bindung als zentraler Baustein frühkindlicher Entwicklung Die zentralen Thesen zur frühkindlichen Entwicklung, insbesondere zum Einfluss der Eltern auf die innerpsychischen Strukturen und das Selbstkonzept ihres Kindes stammen aus der psychoanalytischen Theorie, der Entwicklungspsychologie, der Säuglingsforschung und der Bindungstheorie. In Verlauf des letzten Jahrzehnts hat die Objektbeziehungsperspektive als basalem psychoanalytischem Modell eine wachsende Akzeptanz erfahren (Sandler und Sandler 1998). Nachdem der beziehungsdynamische Ansatz Bowlbys (1969, 1973) über Jahre von Tiefenpsychologen als rein empirische, die psychoanalytischen Konzepte nicht verifizierende bzw. falsifizierende Wissenschaft abgelehnt wurde, hat, in der letzten Zeit ein wahrer Boom an Literatur und Forschung zum frühen Bindungsverhalten neue Perspektiven und Verständnismöglichkeiten frühkindlicher Entwicklungs- und Störungsprozesse eröffnet, der eine psychoanalytische Renaissance (Fonagy 2003 c, S.164) der Bindungstheorie und theoretische Integrationsbemühungen beider Disziplinen (Lichtenberg 1995) nach sich zog. Zwar bestehen noch immer Kontroversen zwischen psychoanalytischer und bindungstheoretischer Sicht auf die Entwicklungsprozesse des ersten Lebensjahres und die Relevanz der Kleinkindforschung für das Verständnis innerpsychischer Prozesse (Dornes 2002), doch gibt es in bezug auf die Konzepte der Vertreter der Objektbeziehungstheorie viele Überschneidungen und insbesondere Präzisierungen früher psychoanalytischer Annahmen über die Bedeutung von Bindung für die innerseelische Entwicklung des Kindes (Fonagy 2003). Die Annahme, wonach die Wechselwirkungen der Beziehung zwischen Kind und Bezugsperson dauerhafte innere Strukturen mit Vorstellungen vom Selbst und den Anderen erzeugen (nach Bowlby sog. innere Arbeitsmodelle ) und entscheidende Determinanten interpersonalen Verhaltens sind (Jacobson 1964) findet sich in fast allen psychoanalytischen Konzepten wieder, wie z.b. den heutigen Anschauungen zum Containment-Konzept (Bion 1962), dem Holding-Konzept (Winnicot 1963), der Konzeptualisierung von Selbstobjekten (Kohut 1971) und Sandlers Konzept der Sicherheit (Sandler 1960). Sowohl die Psychoanalyse als auch die Bindungstheorie sind sich darin einig, dass die Beziehung zwischen Kind und Pflegeperson nicht ausschließlich auf körperlichen Bedürfnissen beruht, sondern auf einem autonomen beidseitigen Beziehungswunsch. Nach der Bindungstheorie haben frühe Objektbeziehungen die primäre Funktion, dem Säugling ein Gefühl der Sicherheit zu vermitteln in Umgebungen, die Angst machen und seine Informationsverarbeitungskapazität überschreiten. Insbesondere sind es frühe Beziehungen, die den Kontext liefern, in dem bestimmte wichtige Funktionen erworben und entwickelt werden. Diese Überlegungen fokussieren auf die mütterliche Fähigkeit zu feinfühliger Reaktion auf den Säugling, die als wesentlicher Ursachenfaktor betrachtet wird, der über die Qualität der Objektbeziehungen und damit über die Gesundheit der psychischen Entwicklung bestimmt. Im folgenden möchte ich einige zentrale Ergebnisse der Bindungsforschung zusammenfassen, vor deren Hintergrund sich erziehungsberaterisches Verstehen und Intervenieren vollzieht.

7 Affektspiegelung als Mittel zur Entwicklung des Selbst Die innere Welt des Kindes ist nicht nur von seinen Grundbedürfnissen bestimmt, sondern wird in entscheidendem Maße davon beeinflusst, welche Resonanz seine Bedürfnisse in seiner Umgebung, insbesondere seinen frühen Bezugspersonen finden. Ein Säugling kann sich nur somatopsychisch ausdrücken und ist darauf angewiesen, dass er mit seinen Äußerungen ein adäquates Echo findet. Zu diesen adäquaten Reaktionen gehört nicht nur, dass die Bezugsperson die körperlichen Äußerungen des Kindes deutet, sondern ihm auch eine handhabbare Version seiner Mitteilungen zurückgibt. Von dieser Spiegelbeziehung zur Bezugsperson hängt in entscheidendem Maße die Qualität der inneren Welt des Kindes ab. Die wiederkehrende Erfahrung, dass sich die Betreuungsperson durch ihre Äußerungen in bedeutungsvoller Weise auf seine innere Welt bezieht, werden gebündelt und formen die inneren Erfahrungen des Kindes. Diese können in dem Maße für das Kind bedeutungsvoll werden, in dem die primären Repräsentationen seiner Erfahrung umorganisiert werden in die sekundäre Repräsentation seiner mentalen und körperlichen Verfassung (s.u.). Dieser Prozeß ist nur möglich vor dem Hintergrund einer beständigen und sicheren Bindungsbeziehung. Es geht hier also um Transformationsprozesse, die im Kind nur stattfinden können, wenn sie von den Eltern durch eine eigene Organisationsleistung vollzogen und dem Kind angeboten werden. Wie sieht die von den Eltern zu erbringende Umorganisation nun konkret aus? In einer sicheren und haltenden Beziehung werden die affektiven Signale des Kindes von der Betreuungsperson interpretiert, sie ist in der Lage, die mentalen Befindlichkeiten, die der Verzweiflung des Babys zugrunde liegen zu reflektieren. Damit diese Reflexion dem Baby hilft, muss sie aus einer subtilen Mischung aus Spiegelung und Übermittlung eines gegenteiligen Affektes bestehen. Um die Angst des Kindes psychisch zu halten, zeigt der Spiegelungsausdruck der Mutter einen komplexen Affekt, der die Angst mit einer inkompatiblen Emotion z.b. Beruhigung verbindet. In gewisser Weise übermittelt dies die Botschaft, dass im Grunde kein Anlass zur Besorgnis besteht. Psychoanalytische Theorien haben diesen Aspekt der Transformation schon immer betont. Melanie Klein (1932) zufolge ist mütterliche Feinfühligkeit die Fähigkeit, die seelischen Erfahrungen des Kindes aufzunehmen und in umgewandelter Form, also metabolisiert zurückzugeben, indem sie die das Kind überwältigenden Gefühle durch emotionale Reaktionen und durch körperliche Zuwendung abschwächt. Bion (1962) bezeichnete diese mütterliche Funktion als Alpha-Funktion, was bedeutet, dass die unerträglichen Affekte bei der Spiegelung mit anderen emotionalen Signalen gemischt werden, die anzeigen, dass die Mutter die Gefühle halten kann, d.h. unter Kontrolle hat. Der Säugling kann sich dann mit den projizierten Inhalten auseinandersetzen und sie internalisieren und somit eine erträgliche Repräsentanz dieser emotionalen Interaktionsmomente mit der Mutter schaffen. Nach Bion internalisiert der Säugling mit der Zeit die Funktion der Transformation und erwirbt die Fähigkeit, seine eigenen negativen Gefühle zu halten und zu regulieren. Die Theorien, über welche psychischen Prozesse die spiegelnde Interaktion mit der Mutter zur Affektregulation führt und schließlich durch Internalisierung dieser Funktion zur Bildung des sich entwickelnden Selbst beiträgt waren bisher eher spekulativer Natur. Mit ihren jüngsten Forschungen zur Bedeutung des mütterlichen Affektspiegelns haben Watson (1994) und Gergely (2002) einen sozialen Biofeedback-Mechanismus beschrieben, der die Bedingungen affektregulierender Interaktionen zwischen Säugling und Mutter präzisiert. Sie unterscheiden drei Merkmale, die den beruhigenden und zustandsregulierenden Effekt der mütterlichen Spiegelung bewirken: Werden Affekte von der Betreuungsperson empathisch gespiegelt, so sind sie durch eine auffallende Markiertheit gekennzeichnet, die durch eine Übertreibung erreicht wird (sog. als-ob Ausdrucksstil) und dem Säugling signalisiert, dass es sich nicht um einen realistischen Gefühlsausdruck der Mutter handelt. Die Markierung gespiegelter Affekte hilft dem Säugling also, den betreffenden Gefühlszustand von der Mutter zu entkoppeln und als eigenen wahrnehmen zu lernen. Verstärkt wird dieser Eindruck durch die sog. Nichtsequentialität markierter Affekte, indem die zu erwartenden Folgen eines realistischen mütterlichen Gefühls ausbleiben. Zwar bringt die Mutter z.b. einen ärgerlichen Affekt in übertriebener Weise zum Ausdruck, gleichwohl treten keine negativen Folgen ihres Affektausdruckes ein, d.h. die Mutter sieht ärgerlich aus, verhält sich aber nicht ärgerlich. Beide Merkmale tragen dazu bei, dass der Säugling den Gefühlsausdruck wahrnimmt, ihn aber von der Mutter abkoppelt. Während die Markiertheit und die Nichtsequentialität Voraussetzungen dafür sind, dass der entsprechende Affekt vom Säugling als eigener wahrgenommen werden kann, ist der Mechanismus der Kontingenzentdeckung nun ausschlaggebend für die beruhigende Wirkung spiegelnder Interaktionen (Gergely 2002). Watson (1994) hat

8 6 in verschiedenen Untersuchungen nachgewiesen, dass die kausale Kontrolle, die der Säugling mit seinen Reaktionen auf die Umwelt ausübt in hohem Maße positive Erregung erzeugt. Indem es dem Säugling gelingt, bei der Mutter durch seinen Affektausdruck ein bestimmtes Verhalten zu bewirken, wird der Säugling ein Gefühl von Effektanz erleben. Da spiegelnde Interaktionen immer einen hohen Grad an Kontingenzbezogenheit besitzen, sind sie dazu geeignet, dem Säugling ein Kontrollerleben über seine Umwelt zu ermöglichen und damit seinem Wirksamkeitsbedürfnis zu entsprechen. Da die hierüber einsetzende Befriedigung einem negativen affektiven Zustand des Säuglings entgegen wirkt, trägt sie auf diese Weise zu seiner Beruhigung bei. Der Mechanismus der Kontingenzentdeckung erfüllt in der frühen Entwicklung neben der Herstellung von Effektanzerleben verschiedene andere Funktionen. U.a. scheint er die Basis für die Unterscheidung von äußeren und inneren Reizen zu sein und damit den Aufbau der primären Repräsentation des Körperschemas zu begünstigen. So weisen neuere Untersuchungen (Watson1994) nach, dass Säuglinge in den ersten drei Monaten perfekt kontingenzbezogene Reize bevorzugen, wie sie aus den eigenen Körperbewegungen erfahrbar sind, während danach stärker nicht kontingenzbezogene Reize aufgesucht werden, wie sie sich in sozialen Kontexten ereignen. Mit Hilfe dieser drei Merkmale von Affektspiegelung lernt der Säugling demnach seine eigene affektive innere Welt kennen und erlebt über die Möglichkeit der Einflussnahme auf seine soziale Umwelt positive Gefühlszustände, die den Eindruck von Sicherheit und Kompetenz bewirken. Gleichwohl kann Bewusstsein und bewusste Kontrolle über primäre Gefühlszustände vom Säugling nur über den Zugang zu sekundären Repräsentationen gewonnen werden, deren Entwicklung sich auf der Grundlage wiederholter Spiegelungsprozesse vollzieht. Die sekundären Repräsentationen der gespiegelten Affekte unterscheiden sich von deren primären Repräsentationen, sind zugleich aber durch den Kontingenzmechanismus aufs engste mit diesen assoziiert. Indem durch wiederholtes Affektspiegeln eine externalisierte Version seines inneren emotionalen Zustandes erzeugt wird, erhält der Säugling ein soziales Biofeedback-Training. Dieser Prozess verläuft analog dem bekannten Biofeedback, das der Visualisierung physiologischer, nicht bewusst wahrnehmbarer Parameter (z.b. Blutdruck) durch einen äußeren Reiz (z.b. einen Piepton) dient. Kontingent externalisierte Repräsentationen des physiologischen Zustandes führen in der Folge zu einer Wahrnehmungssensibilisierung diesem inneren Zustand (z.b. Blutdruck) gegenüber. Für den sich seines inneren Gefühlszustandes nicht bewussten Säugling gilt ein analoger Bewusstwerdungsprozess: Durch die Präsentation eines äußeren Reizes, nämlich das markierte Verhalten der Betreuungsperson auf einen inneren Prozess entwickelt sich in ihm allmählich eine Sensibilisierung für verschiedene affektive Zustände, die zugleich als sekundäre Repräsentationen dieser Affekte abgebildet werden. Über die Umorganisation der primären Repräsentationen seiner körperlichen Erfahrungen in die sekundäre Repräsentation seiner mentalen Verfassung führt dieser Prozess allmählich zur Internalisierung der gefühlsregulierenden mütterlichen Funktion und bildet so die Basis für spätere affektive Selbstkontrolle des Kindes. Diese gelingt ihm z.b. dann, wenn es ohne Unterstützung der Mutter im Rahmen eines Alsob Spieles seinen Gefühlszustand auf ein Übergangsobjekt (z.b. einen Teddy) projiziert und in dieser Externalisierung quasi eine Selbstspiegelung vornimmt Mentalisierung als Voraussetzung seelischer Gesundheit Das bisher dargestellte soziale Biofeedback-Modell bietet eine mikroskopische Sicht auf die Abläufe, die die Internalisierung eines spiegelnden Objektes bedingen, indem wesentliche Elemente der Entwicklung affektiver Selbststeuerung beschrieben werden. Insofern erscheint dieses Konzept zunächst als empirische Bestätigung der psychoanalytischen Modelle zur Internalisierung früher haltender Beziehungen mit dem in der Folge einsetzenden Aufbau einer entsprechenden Selbststruktur, die das Kind in die Lage versetzt, Konflikte in sich zu halten und zu regulieren. Nun weisen die Ergebnisse der Bindungsforschung allerdings darauf hin, dass die Beurteilung der beobachtbaren mütterlichen Feinfühligkeit allein keine zuverlässigen Prognosen über die Qualität der Eltern-Kind Beziehung erlaubt. Die Bindungsqualität scheint demnach noch von anderen, weniger gut beobachtbaren Interaktionsmerkmalen abhängig zu sein. Mary Main (1991) betrachtet in diesem Zusammenhang die metakognitiven Fähigkeiten der Mutter, d.h. ihr Verstehen mentaler Befindlichkeiten des Kindes und ihre Bereitschaft, diese in der Interaktion kohärent zu berücksichtigen als zentrales prognostisches Kriterium für die Vorhersage der Bindungsqualität. Was ist damit gemeint? Bion (1962) hat mit seinem Containment-Konzept nicht nur die Fähigkeit der Mutter zur Aufnahme und Modulation affektiver Zustände des Säuglings beschrieben, sondern auch die Wahrnehmung des Kindes in seiner intentionalen Haltung. Die Mutter vermittelt ihm also nicht nur, dass sie die Ursachen seiner Gefühlszustände wahrnimmt, sondern auch seine emotionale Verfassung wür-

9 7 digt und sie mit Hilfe ihrer mütterlichen Kompetenz beantwortet. In ihrer Haltung bringt sie zum Ausdruck, dass sie den Säugling in seiner mentalen Verfassung als wünschendes und wollendes Wesen versteht. Anders als die traditionelle psychoanalytische Perspektive, nach der es im Laufe der frühkindlichen Entwicklung zu einer Internalisierung des Containing-Objektes kommt betont Fonagy (2003 b) die intersubjektive Dimension dieses Austauschprozesses: Nicht Objekte werden internalisiert, sondern es kommt zu einer Internalisierung des denkenden Selbst im Inneren des Containing-Objekts (S.67). Mit dieser Annahme unterstreicht er die Bedeutung der mütterlichen Repräsentanz für die Beschaffenheit des kindlichen Selbst. In der Art und Weise, wie die Mutter ihrem Kind begegnet vermittelt sie neben ihrer Fähigkeit zur empathischen Affektspiegelung dem Säugling ein Bild seiner selbst als wünschendes Subjekt. Dieses Bild nimmt der Säugling im affektiven Austausch mit der Mutter wahr und erhält so die Möglichkeit, sich in Identifikation mit dem mütterlichen Bild als mentalisierendes Wesen zu erleben. Mentalisierung beinhaltet die Fähigkeit, bewusste oder unbewusste seelische Zustände bei einem selbst oder bei anderen wahrzunehmen, d.h. Gedanken und Gefühle im Anderen und in der eigenen Person vorauszusetzen. Der Aufbau des kindlichen Selbst und dessen Unversehrtheit werden demnach in ganz entscheidender Weise bestimmt von der Verfügbarkeit einer reflexiven Bezugsperson, die dem Kind ein spezifisches Bild seiner selbst zur Identifikation anbietet: Indem der Säugling sich mit dem mütterlichen/elterlichen Bild identifiziert kann er sich selbst im anderen entdecken. Die Bedeutung dieser als Mentalisierung bezeichneten Fähigkeit (Fonagy 2003 b) für den Aufbau einer sicheren Bindung ist inzwischen in verschiedenen Untersuchungen empirisch bestätigt worden. Ein hohes Maß an Selbstreflexivität, d.h. das Bewusstsein von eigenen oder fremden (bewussten oder unbewussten) seelischen Zuständen trägt nicht nur zur Bindungssicherheit bei, sondern ist auch in der Lage, die transgenerationelle Reproduktion früher negativer Erfahrungen zu durchbrechen. Auch bei negativen Erfahrungen mit den frühen Bindungspersonen können deren Auswirkungen modifiziert werden, wenn die Mutter die Fähigkeit erwirbt, psychische Erfahrungen zu repräsentieren und nun z.b. in der Lage ist, den Kummer des Kindes wahrzunehmen und zu mentalisieren. Diese Ergebnisse verweisen in optimistischer Weise auf die Möglichkeit therapeutischer Beeinflussung und relativieren die bisher empirisch bestätigte Unausweichlichkeit der Vererbung von Bindungsmustern. (Fonagy 2003 c) 3. Entwicklung gestörter Repräsentanzen 3.1. Störungen der Affektspiegelung durch fehlende Markierung Aus den bisher angestellten Überlegungen wird deutlich, dass es recht komplexer und differenzierter Fähigkeiten der Eltern bedarf, um den notwendigen Spiegelungs- und Mentalisierungsprozess in angemessener Weise in Gang zu setzen. So müssen Eltern z.b. in der Lage sein, sich als psychisch von dem Säugling getrennte Wesen zu erleben, um seinen emotionalen Zustand als etwas außerhalb Befindliches wahrnehmen zu können, zur Wahrnehmung der innerseelischen Verfassung des Kindes fähig sein, zu emotionaler Resonanz in der Lage sein, ein Vertrauen entwickelt haben, eigene, aber auch fremde Affekte halten und regulieren zu können, und schließlich fähig sein, auf den affektiven Ausdruck des Kindes angemessen zu reagieren. Grundlage einer adäquaten Beantwortung des kindlichen Resonanzbedürfnisses ist demnach das komplexe Zusammenspiel von Vorstellungs-, Wahrnehmungs-, Gefühls- und Handlungsaspekten der elterliche Repräsentanzen. In der Regel sind Eltern auch ohne entsprechendes Training im Rahmen einer offenbar frühkindlich erworbenen oder angeborenen intuitiven Elternschaft in der Lage, ihrem Kind ein entsprechendes Beziehungsangebot zu machen. Gleichwohl wird deutlich, dass dieser Prozess sich nur auf dem Hintergrund relativ differenzierter und gesunder innerer Strukturen der Eltern vollzieht, die nicht ohne weiteres voraus gesetzt werden können. Ist die Bezugsperson nicht in der Lage, sich ihrem Kind als Gegenüber und Container zur Verfügung zu stellen, wird sie sich von negativen Affekten des Kindes überwältigt fühlen. Der Kummer des Kindes löst dann vermutlich nicht nur Hilflosigkeit der Mutter bzw. des Vaters aus, sondern rührt unbewusst auch an eigene kummervolle Repräsentanzen, die das für eine gelungene Spiegelung notwendige Erleben von Getrenntheit auflösen. So sind die Mutter/der Vater angesichts der negativen inneren Verfassung ihres Kindes so sehr mit ihren eigenen Gefühlen beschäftigt, dass sie zwar den Affekt des Kindes wahrnehmen und zum Ausdruck bringen können, diesen allerdings nicht markiert, sondern auf realistische Weise spiegeln. Dies entspricht einerseits ihrer eigenen innerpsychischen Verfassung, indem sie in kongruenter und realistischer Weise zum Ausdruck bringen, was sie empfinden. Zugleich kann der Säugling aufgrund der fehlenden Markiertheit des Affektes diesen von der Mut-

10 8 ter/dem Vater nicht entkoppeln, sondern erlebt ihn als tatsächliches Gefühl der Mutter/des Vaters. Aufgrund der fehlenden Markiertheit ist die von der Mutter/dem Vater zum Ausdruck gebrachte Affektspiegelung sequential und konfrontiert den Säugling mit den realistischen Folgen ihres Affektes. D.h. die Mutter/der Vater fühlen sich nicht nur empathisch in den Kummer ihres Kindes ein, sondern erleben selbst Kummer angesichts des Gefühlszustandes ihres Säuglings und bringen diesen über die sog. Vitalitätsaffekte zum Ausdruck. Vitalitätsaffekte bezeichnen die dynamischen Eigenschaften bzw. Erlebnisqualitäten von Affekten und Handlungen, d.h. also die Art und Weise, wie ein Gefühl oder Impuls zum Ausdruck gebracht wird. Im Gegensatz zu bewussten Handlungen sind Vitalitätsaffekte nicht bewusst steuerbar, sondern drücken oft unbewusste Haltungen des Betreffenden aus. (Dornes 1993, Stern, 1985). Nun befinden sich also zwei Personen in einem negativen affektiven Zustand, den sie in ihrem Verhalten ausdrücken: der Säugling, indem er weint, die Mutter/der Vater indem sie möglicherweise besonders vorsichtig und ängstlich agieren. Für den Säugling hat ein derartiger Interaktionsprozess gravierende Folgen: Da das Kind durch die fehlende Markiertheit des elterlichen Affektes diesen nicht als eigene Erfahrung verstehen kann, wird sich keine sekundäre Repräsentation seiner primären emotionalen Verfassung entwickeln. Bei wiederholter Erfahrung führt dies zu einem Defizit in der Selbstwahrnehmung und zu Mängeln in der affektiven Selbstkontrolle. Das Kind, das seinen negativen Affekt als Gefühlzustand der Eltern erlebt und mit den entsprechenden Konsequenzen im elterlichen Verhalten konfrontiert ist, wird keine Beruhigung durch die Eltern erfahren, sondern im Gegenteil eine Eskalation seiner negativen Verfassung. Statt eines Containments der negativen Gefühle durch die Eltern kommt es also zu deren Verstärkung, eventuell sogar zu einer Traumatisierung. Dieser Prozess wird unter klinischem Aspekt als projektive Identifikation bezeichnet. Das Kind wird dank seiner Fähigkeit zur Kontingenzentdeckung feststellen, dass es einen hohen Grad kausaler Kontrolle über den Gefühlsausdruck der Mutter bzw. des Vaters besitzt. Diese Kontingenzkontrolle kann aber keine positive Erregung auslösen, sondern wirkt im Gegenteil stark beunruhigend, da das Kind die Erfahrung macht, dass seine negativen Gefühle ansteckend wirken. In der Folge wird es nicht nur Schwierigkeiten in der Selbstwahrnehmung, sondern auch Mängel in der Errichtung von Selbstgrenzen erleben, eine Konstellation, die für Borderline-Persönlichkeiten charakteristisch ist. (Gergely et al. 2003). Das wiederholte Erleben kongruenter, aber nicht markierter Affektspiegelung führt demnach zu gravierenden Verzerrungen der Selbstwahrnehmung und kann über den Mechanismus der projektiven Identifikation die Genese von Borderlinestörungen beeinflussen Störungen der Affektspiegelung durch inkongruentes Spiegeln Eine andere Situation liegt vor, wenn die Bezugsperson nicht in der Lage ist, sich in die mentalen Erfahrungen des Kindes einzufühlen, sondern vorwiegend die eigenen Gefühls- und Bedürfnislagen in ihm wahrnimmt. Indem die Eltern ihre Affekte in das Kind hinein projizieren, werden sie, ohne es zu bemerken, nicht die affektive Gestimmtheit des Kindes sondern die eigene spiegeln. Sie bieten dem Kind in der Spiegelung Affekte an, die mit seiner primären emotionalen Verfassung nicht in Beziehung stehen und sein eigenes Ausdrucksverhalten entwerten. Das Kind wird in der Folge die Abwehr der Bezugsperson verinnerlichen und verliert damit die Basis für ein tragfähiges Selbstgefühl. Um sich selbst wahrzunehmen bleibt dem Kind nun die Möglichkeit, sich in Opposition zu den elterlichen Projektionen zu verhalten oder aber über eine Anpassung an die elterliche Welt auf eigene Ausdrucks- und Erlebensmöglichkeiten zu verzichten. Löst z.b. der Wunsch des Kindes nach Körperkontakt bei der Mutter Angst und abgewehrten Ärger aus, weil er von den eigenen Eltern nie beantwortet wurde und die Mutter in ihrem Kind eher die versagenden eigenen Eltern sieht, könnte sich folgender Prozess abspielen: Die Mutter/der Vater projizieren ihre eigene Abwehrreaktion auf das Kind und interpretieren in Verzerrung der Wirklichkeit den Wunsch des Kindes nach Zärtlichkeit als Aggression. Den missverstandenen Affekt des Kindes modulieren sie dann, indem sie einen aggressiven Gefühlsausdruck markiert spiegeln. Hier ist mit folgender inneren Situation für den Säugling zu rechnen: Da es sich um einen markierten mütterlichen/väterlichen Affekt handelt, wird das Kind ihn als eigenen verstehen und ihn von den Eltern entkoppeln. Aufgrund der hohen Kontingenz mit seiner eigenen Gefühlslage wird das Kind den falsch gespiegelten Affekt mit seiner eigenen primären Verfassung verknüpfen. Das Kind wird aufgrund dieser Konstellation demnach eine sekundäre Repräsentation bilden, die nicht seine primäre emotionale Verfassung abbildet, sondern die der Mutter/des Vaters. Es kommt also zu einer Verzerrung seiner Selbstwahrnehmung und damit zum Beginn einer Spaltung zwischen der primären Repräsentation seiner

11 9 körperlichen Erfahrung und der sekundären Repräsentation seiner mentalen Verfassung. In der Folge wird das Kind zunehmend in zwei getrennten inneren Welten leben, die bei chronischer Inkongruenzerfahrung keine Verbindung mehr miteinander besitzen (Fonagy et al 2003, S.857). Hier finden wir eine differenzierte konzeptionelle Fortführung dessen, was Winnicott (1963) als das falsche Selbst beschrieben hat. Aufgrund fehlender Anerkennung seines Wesens, bleibt es ein leeres Selbst. D.h. das wiederholte Erleben markierter, aber kategorial verzerrter und inkongruenter Spiegelung von Affekten führt zu pathologisch verzerrten Selbstrepräsentationen. Da sich keine zutreffende Verknüpfung zwischen affektiver Verfassung und Handeln entwickeln kann, werden zwar sekundäre Repräsentationen aktiviert, die aber nicht in Verbindung zur inneren Gefühlslage stehen. Diese innere Konstellation führt in der Folge dazu, dass emotionale Erfahrungen bedeutungslos bleiben und z.b. im therapeutischen Prozess nicht für Veränderungen genutzt werden können Störungen der Mentalisierung im Entwicklungsverlauf Die Bedürfnisse des Kindes beziehen sich nicht ausschließlich auf die frühen basalen Wünsche nach Kontakt und Bindung und entsprechender Tröstung bei Trennung und Verlust, sondern auf alle in der nachfolgenden Entwicklung thematisierten Triebbedürfnisse: Hier ist an orale Gier mit dem Wunsch nach Verschlingen und Einverleiben ebenso zu denken wie an retentive und aggressive Impulse, an Schmutzlust ebenso wie an Bemächtigungs- und Kontrollwünsche, an narzisstische Strebungen mit ihren voyeuristischen und exhibitionistischen Aspekten ebenso wie an ödipale Wünsche mit ihren libidinösen und aggressiven Tendenzen. An dieser, lange nicht vollständigen Aufzählung wird deutlich, dass es keine menschliche Strebung, keinen Triebbereich und keinen Impuls gibt, mit dem die Eltern in der Entwicklung ihres Kindes nicht konfrontiert werden würden. In der Haltung, in der die Eltern ihrem Kind angesichts seiner triebhaften Wünsche begegnen, vermitteln sie ihm ein Bild seiner selbst, das geprägt sein kann von Akzeptanz seinen Affekten und Impulsen gegenüber oder aber dominiert ist von ihrer eigenen Abwehr. In Identifikation mit dem elterlichen Bild wird das Kind sich als Wesen erleben, dem es erlaubt oder verboten ist, entsprechende triebhafte Wünsche und Affekte zu erleben. Nach Fonagy s psychodynamischem Entwicklungsmodell vollzieht sich der kindliche Internalisierungsprozess durch die Wahrnehmung, von der Bezugsperson als intentionales Wesen wahrgenommen zu werden: Sie denkt mich als denkend, und also existiere ich als denkendes Wesen. (Fonagy 2003 b, S. 67). Schematisch lässt sich dieser Prozess folgendermaßen darstellen: Abbildung in Anlehnung an Fonagy (2003 c, S. 179) In dem Maße, in dem die elterliche Repräsentanz der Psyche ihres Kindes mit dem vom Kind erlebten und zum Ausdruck gebrachten primären affektiven Zustand übereinstimmt, entsteht in der sekundären Repräsentation eine adäquate Darstellung der primären Gefühlslage des Kindes. Zugleich handelt es sich um einen Rückkopplungsprozess, in dem nicht nur das Kind durch Internalisierung psychische Strukturen aufbaut, sondern auch die Eltern ihre Repräsentanz durch Internalisierung verändern. Die Mutter/der Vater nehmen das Verhalten des Kindes aus der Perspektive ihrer Repräsentanzen wahr, deuten es entsprechend und internalisieren ihre Deutung des kindlichen Verhaltens. Sind die elterlichen Repräsentanzen flexibel führt dies zu einer kontinuierlichen Abgleichung und Annäherung an das Wesen des Kindes. Hingegen lässt sich leicht nachvollziehen, dass Eltern, die ihr Kind aus der Perspektive einer rigiden, von Übertragungen verzerrten Haltung wahrnehmen, ihm eine Version seiner selbst anbieten, die stark von den eigenen Repräsentanzen geprägt ist und das aktuelle kindliche Triebbedürfnis nur in verzerrter Form berücksichtigt und abbildet. Zugleich werden die elterlichen Deutungen des kindlichen Verhaltens wenig Spielraum für das Wesen des Kindes lassen und auf diese Weise immer wieder zur Bestätigung der ohnehin rigiden Repräsentanz beitragen. Einem Kind, das angesichts seiner gierigen Impulse eine kritisch-ablehnende Reaktion seiner Eltern erlebt, wird über die elterliche Repräsentanz ein Bild seiner selbst angeboten, in dem seine primäre emotionale Verfassung durch die sekundäre Repräsentation entwertet wird. Der Internalisierungsprozess würde dann nicht heißen: Die Eltern nehmen mich gierig wahr, also existiere ich auch als gieriges Wesen sondern eher: Die Eltern lehnen mich als gierig ab, also existiere ich als abgelehntes gieriges Wesen. Ein Kind, das angesichts seiner aggressiven Impulse auf verängstigte Eltern stößt, wird mit Repräsentanzen konfrontiert, in denen z.b. die von den Eltern wahrgenommenen kindlichen Ärgergefühle mit Angst und evtl. abgewehrten Hassgefühlen beantwortet werden. Hier könnte sich folgendes Selbstgefühl entwickeln: Die Eltern haben Angst, mich als zerstörerisch wahrzunehmen, daher existiere ich nicht (auch) als aggressives

12 10 Wesen. Hier würde die Mentalisierung der Eltern eine inkongruente Affektspiegelung nach sich ziehen, d.h. der aggressive Affekt des Kindes würde entsprechend der elterlichen Repräsentanzen ängstliches Verhalten der Bezugspersonen provozieren. Die Internalisierung der ängstlichen Repräsentanz bildet dann den Kern der sekundären Repräsentation des aggressiven kindlichen Affektes. Dies hat zur Folge, dass eine adäquate Repräsentation von Aggressionen im psychischen Selbst des Kindes verhindert wird. Statt dessen wird das Kind beim Auftauchen aggressiver Impulse eine durch Angst gekennzeichnete sekundäre Repräsentation seines Affektes erleben, was ein chronisches Erleben von Inkongruenz und Spannung nach sich zieht. Ein Kind, das angesichts seiner sexuellen Impulse mit einer ablehnenden und verachtenden Haltung konfrontiert wird, erlebt in den Mentalisierungen der Eltern deren entwertete Repräsentanzen angesichts der eigenen Sexualität. Im Kind könnte sich folgendes Selbstgefühl entwickeln: Die Eltern verachten mich, wenn sie mich als sexuelles Wesen wahrnehmen, daher verachte ich mich auch und existiere nicht als begehrendes Wesen. Das Selbst, das sich in seiner Entwicklung zunächst nur an den elterlichen Repräsentanzen orientieren kann, wird diese Repräsentanzen in Hinblick auf alle entwicklungsbedingten Triebbereiche und Affekte internalisieren. Sind diese Repräsentanzen von rigiden Abwehrstrukturen und massiven inneren Konflikten geprägt, werden diese dem Kind zur Internalisierung angeboten, womit sie zu mehr oder weniger zentralen Inhalten seines Selbst werden. Mit diesen Überlegungen wird deutlich, dass das kindliche Selbst nicht ohne das der Eltern zu denken ist. Neben allen konstitutionellen Besonderheiten, die das Kind auszeichnen, bestimmen die Repräsentanzen der Eltern die wesentlichen Selbstinhalte des Kindes. Dass Kinder sich in besonderer Weise zur Externalisierung elterlicher Repräsentanzen eignen, ist spätestens seit den Veröffentlichungen von Richter (1963) bekannt. Er beschrieb verschiedene Rollen, die ein Kind in der Familie zugewiesen bekommen kann. Wird das Kind z.b. als Substitut für eine Elternfigur wahrgenommen, so übertragen Mutter oder Vater auf das Kind die affektive Einstellung, die sie ihrer eigenen Mutter oder dem eigenen Vater gegenüber entwickelt hatten. Damit wird also das Kind mit seinen Großeltern gleichgesetzt. Überwiegt in dieser Konstellation eine positive Gefühlseinstellung, so kann dies dazu führen, dass die Eltern auf ihr Kind die Liebe übertragen, die sie früher auf den bevorzugten Elternteil gerichtet haben. Bei einer negativen affektiven Tönung werden sich in der Eltern-Kind Beziehung dieselben Konflikte wiederfinden lassen, wie sie bereits zu den Großeltern bestanden. Aus einem inneren Konfliktdruck heraus können die Eltern nicht darauf verzichten, für ihre unbewältigten Liebesansprüche und Aggressionen einen geeigneten Ersatzpartner zu finden. Es treibt sie unbewusst dazu, in dem Kind die Züge des alten elterlichen Konfliktpartners wiederzufinden. Eine andere Situation liegt vor, wenn das Kind als Fortsetzung des eigenen Selbst erlebt wird. Diese Eltern suchen im Kind mit Hilfe einer narzisstischen Projektion eine Manifestation von Aspekten des eigenen Selbst in der Hoffnung, eigene innere Konfliktspannungen überwinden und z.b. Wertlosigkeitsgefühle kompensieren zu können. Eltern können ihr Kind als Abbild ihrer selbst sehen, sie können den idealen Aspekt des eigenen Selbst externalisieren oder sie projizieren den negativen Aspekt des eigenen Selbst auf ihr Kind. Hier ist das Kind also nicht Ersatz für einen anderen Partner, sondern vertritt einen Aspekt des Selbst der Eltern. Auch hier dient das Kind der Konfliktentlastung der Eltern, indem es ihnen z.b. durch die Übernahme einer Sündenbockrolle eine negative Seite abnehmen soll, damit sie diese nicht mehr erleben müssen, oder es soll ihnen eine positive Seite verleihen, die sie selbst immer ersehnten, aber nicht realisieren konnten. Hier hätte das Kind die Funktion durch die Übernahme einer idealisierten Rolle den elterlichen Wunsch nach Verwirklichung ihres idealen Selbst zu garantieren. 4. Erziehungsberatung als Arbeit mit und an elterlichen Repräsentanzen Aus der elterlichen Perspektive wird deutlich, dass jedes Elternteil im Kontakt mit den Bedürfnissen ihres Kindes unweigerlich in Berührung kommt mit den persönlichen inneren Konflikten, die sich psychogenetisch mit dem jeweiligen Antriebsbereich verbinden. Sind Eltern aufgrund eigener Unsicherheiten, Schwierigkeiten, Ängste, d.h. aufgrund ihrer eigenen inneren Repräsentanzen nicht in der Lage, das Kind in seinen Bedürfnissen in der notwendigen feinfühligen Art zu beantworten, so nehmen sie unmittelbar, und zwar ohne es bewusst zu wollen und ohne es ohne weiteres ändern zu können, ganz wesentlich Einfluss auf die innere Situation ihres Kindes. Die Innenwelt der Eltern wird damit immer zur relevanten Außenwelt der Kinder, da die Eltern ungewollt nur entsprechend der eigenen inneren Repräsentanzen reagieren können. Damit ergibt sich eine familiäre Situation, die dem Kind die gesamte Last der offenen und geheimen Konflikte der Familienmitglieder aufbürdet. Auf diese Weise erhält das Kind die Funktion, Träger und Bote des elterlichen Unbewußten zu sein und damit häufig auch als Symptomträger zu fungieren.

13 11 Unter diesem Aspekt sind Eltern, die die Bedürfnisse ihrer Kinder nicht so beantworten können, wie es für eine gesunde Entwicklung ihres Kindes wünschenswert wäre, keine schlechten Eltern, sie sind auch nicht schuld an den Problemen ihres Kindes, im Gegenteil, sie tun das ihnen mögliche, um mit ihren eigenen unerfüllten Wünschen und Defiziten fertig zu werden. Es sind Eltern, die selbst keine Beantwortung ihrer kindlichen Bedürfnisse erfahren haben, die in ihrem Bindungswunsch, ihren Bedürfnissen nach Bestätigung und angemessener Affektspiegelung oder anderen zentralen, für die gesunde Entwicklung wesentlichen Wünschen nicht gesehen wurden. Es sind Eltern, die ebenfalls als Träger des Unbewussten ihrer Eltern fungieren mussten und nun in ihren Kindern eine Möglichkeit der Entlastung gefunden haben. Insofern müssen wir uns immer klar machen, dass Eltern auf der einen Seite als Erwachsene agieren, die in der Regel ihr Alltagsleben und auch die Versorgung ihres Kindes gut bewältigen. Auf der anderen Seite wird in der Beziehung zu ihrem Kind immer auch ihre eigene konflikthafte Geschichte mit dem in der jeweiligen Entwicklungsphase angesprochenen Triebaspekt aktualisiert und führt zur Mobilisierung entsprechender, biographisch bedingter Bewältigungs- und Abwehrmanöver. Damit berührt jedes Kind mit seinem Entwicklungsprozess in ganz unmittelbarer Weise die inneren Repräsentanzen seiner Eltern. Da diese sich immer im Verhalten ihrem Kind gegenüber konkretisieren, wird verständlich, dass Erziehungsberatung sich zunächst mit den inneren Repräsentanzen der Eltern beschäftigen muß. Natürlich ist es auch wichtig, im Rahmen von Erziehungsberatung individuelle Besonderheiten des Kindes zu erfassen. Doch auch hier interessiert uns mehr die elterliche Antwort auf diese spezielle Situation als das isolierte Datum einer besonderen, möglicherweise sogar ererbten kindlichen Auffälligkeit. Insofern macht das eben beschriebene Credo, wonach zunächst die elterlichen Repräsentanzen das Ziel erziehungsberaterischer Arbeit ist, natürlich eine sorgfältige Anamnese der kindlichen Schwierigkeiten nicht überflüssig, es betont aber die Notwendigkeit, diese in den Bezugsrahmen der elterlichen Introjekte zu stellen und sie als interaktionellen Prozess zwischen kindlichem Angebot und elterlicher Resonanz zu verstehen. Diese Perspektiven sind uns in der Einzelberatung natürlich vertraut, da wir immer auch eine psychogenetische Perspektive an die Störungen und Probleme des Klienten herantragen. Wir sind also durchaus gewohnt, die soziale Umwelt des Klienten als Faktor zu betrachten, der ursächlich Einfluss nimmt bzw. genommen hat auf die Schwierigkeiten des Klienten, den wir unter diesem Aspekt als Opfer z.b. unempathischer Eltern erleben können. Im Unterschied dazu haben wir es in der Erziehungsberatung insofern mit einer anderen Perspektive zu tun, als wir mit potentiellen Tätern konfrontiert sind, deren innere Verfassung zu den Störungen und Schwierigkeiten des Kindes beiträgt bzw. sie verursacht. Wenn wir sonst die Auswirkungen einer neurotischen Haltung auf die Umwelt des Klienten beobachten, so müssen wir mit den Partnern, Arbeitskollegen oder Freunden des Klienten, die unter seiner Art zu leiden haben, nicht unbedingt Mitleid haben, da wir davon ausgehen, dass es sich hoffentlich- um selbstbewusste erwachsene Personen handelt, die sich gegenüber z.b. schwierigen affektiven Antworten oder Verhaltensweisen des Klienten abzugrenzen und zur Wehr zu setzten wissen. Eine derartige Autonomie können wir bei Kindern ihren Eltern gegenüber nicht erwarten. Im Gegenteil, sie sind von diesen in einer so existentiellen Weise abhängig, dass wir verführt werden, uns unmittelbar mit dem Kind zu identifizieren, dem Schwieriges zugemutet wird. Damit gerät der uns gegenübersitzende Klient, nämlich die Mutter oder der Vater unversehens zum Feind. Dies ist eine zentrale menschliche Erfahrung, die vermutlich mit einer, wie mir scheint, beinah archetypischen Bereitschaft in Verbindung steht, die eigenen Erfahrungen des Ausgeliefertseins in der persönlichen Geschichte zu aktualisieren. Es findet von Seiten des Beraters eine unmittelbare Identifikation mit dem Kind statt, die sich in dem Maße, in dem die Eltern eine eigene Beteiligung an den Problemen ihres Kindes anzweifeln, zu einem schweren Widerstand des Therapeuten in der beraterischen Arbeit mit den Eltern entwickeln kann. Dass es eine kaum zu überwindende Hürde ist, zu einem als Täter wahrgenommenen Klienten einen empathischen Kontakt aufzubauen, ist verständlich. Gleichwohl bedarf es einer besonderen beraterischen Haltung und großen methodischen Geschicks, um ein Beratungsangebot zu machen, das den Eltern ermöglicht, durch eine Auseinandersetzung mit eigenen Strukturen und Defiziten ihre Beteiligung an den kindlichen Störungen wahrnehmen zu können und sich auf diese Weise mit der persönlichen Verantwortung auseinander zu setzen. 5. Übertragung als Widerspiegelung und Inszenierung familiärer Konflikte Die inneren elterlichen Konflikte zeigen sich in der Regel in maskierter Form, die zu entschlüsseln eine Aufgabe der Erziehungsberatung ist. Nur wenn es gelingt, gemeinsam mit den Eltern das kindliche Symptom in einen Verstehenszusammenhang zu bringen, der es erlaubt, in eine gemeinsame Kommunikation über die geklagten

14 12 Probleme einzutreten, kann es gelingen, den Auffälligkeiten ihren Charakter des Bizarren, Unangemessenen oder Bedrohlichen zu nehmen und sie statt dessen als logische psychische oder somatische Antworten auf die reale Konfrontation des Kindes mit den elterlichen Repräsentanzen zu verstehen. Wie läßt sich nun im Rahmen von Erziehungsberatung ein Zugang zu der inneren Welt der Eltern gewinnen? Wenn Winnicott (1974) darauf verweist, dass jeder Mensch die Welt neu erschaffen muss, so betont er die Tatsache, dass jeder unter dem Einfluss seiner inneren Repräsentanzen die Umwelt aufsucht oder zu gestalten versucht, die es ihm erlaubt, seine Wünsche und Bedürfnisse zu entfalten. Vor dem Hintergrund der entwicklungspsychologischen Überlegungen wurde deutlich, dass Eltern sich eine ihren inneren Konflikt- und Abwehrlagen entsprechende soziale Umwelt schaffen, indem sie unter dem Einfluss ihrer Repräsentanzen Aspekte ihres Selbst auf ihr Kind übertragen. Als Bestandteil zwischenmenschlicher Beziehungen sind Übertragungsphänomene in jeder therapeutisch-beraterischen Beziehung zu beobachten. Sie verweisen auf die Spezifik der jeweiligen inneren Konflikte der Eltern. So wie die Eltern im Affektspiegeln die innere Welt ihres Kindes zutreffend oder verzerrt- widerspiegeln, so spiegelt sich in der therapeutisch-beraterischen Beziehung ihre innere Welt in den affektiven Reaktionen des Beraters. Psychische Realität wird demnach in materielle Beziehungsrealität umgesetzt, das Geschehen in der beraterisch-therapeutischen Situation wird zum äußeren Abbild der inneren psychischen Wirklichkeit der Klienten (Müller-Pozzi 1991, S. 22), indem sie die Beziehung zum Berater entsprechend ihrer abwehrbedingten Bedürfnisse konstellieren. Die Übertragungssituation in der EB unterscheidet sich allerdings insofern von der anderer Beratungskonstellationen, als die Klienten in der Regel zunächst nicht für sich selbst Unterstützung und Hilfe suchen, sondern für eine dritte, nicht anwesende Person, von der oft nicht klar ist, inwieweit sie selbst ein Problem erlebt und aus eigenem Bedürfnis heraus um Hilfe nachsucht. Im Rahmen von Elternberatung stellt sich also eine beraterisch-therapeutische Situation her, in der sich ein realer Kontakt zwischen Eltern und Berater über die Person eines virtuellen Kindes herstellt. Die Art und Weise, wie die Eltern ihr Kind vorstellen und beschreiben ist immer auch geprägt durch ihre übertragungsbedingten Haltungen und Einstellungen dem Kind gegenüber. Dadurch ergibt sich eine sehr komplexe Übertragungssituation: zum einen bilden sich in dem realen Kontakt zwischen Berater und Eltern (-teil) Aspekte der psychischen Wirklichkeit der Eltern ab, zum anderen übertragen die Eltern Facetten ihrer inneren Realität auf das Kind. Übertragung findet also zum Kind ebenso wie zum Berater statt. Unter der Prämisse, dass die auf den Berater gerichteten Übertragungsprozesse ähnliche Themen aktualisieren wie die auf das Kind gerichteten bildet das Verstehen der elterlichen Übertragung einen Zugang zum Verständnis der kindlichen Konfliktdynamik. Entsprechend bezieht sich die Gegenübertragung also immer auf eine bzw. zwei real anwesende Personen und eine abwesende mentalisierte Person. Je nachdem, welche Gegenübertragungsgefühle sich den Eltern gegenüber entwickeln und wie diese über ihr Kind sprechen, bzw. welche Seiten sie in welcher Weise betonen, wird sich im Berater dem Kind gegenüber eine mit der Sicht der Eltern konkordante oder eher komplementäre Gegenübertragungsreaktion entwickeln. Mit diesem Verständnis der Beratungsbeziehung schließt sich der Kreis zu den theoretischen Überlegungen: Die Eltern externalisieren ihre inneren Repräsentanzen in der Beziehung zum Kind und mentalisieren das Kind entsprechend ihrer konfliktbedingten Wahrnehmung. Zugleich bringen sie diese Repräsentanzen in der Beratungsbeziehung als Übertragungshaltung zum Ausdruck und stellen auf diese Weise eine Verbindung zu dem nicht anwesenden Kind her. Indem der Berater die elterliche Übertragung versteht, bekommt er einen Zugang zu der Beziehungskonstellation zwischen Eltern und Kind und den kindlichen Störungen und Schwierigkeiten. 6. Zusammenfassung Die mentale Repräsentation von Selbst- und Objektbeziehungen sind entscheidende Determinanten interpersonalen Verhaltens. Die innere Welt der Eltern, d.h. ihre inneren Arbeitsmodelle und Phantasien tragen bei zur Entstehung und Aufrechterhaltung kindlicher Störungen. Elterliche Phantasien sind bereits pränatal wirksam und realisieren sich als Wünsche, Hoffnungen, Zukunftsträume, Ängste, Befürchtungen und negative Erwartungen dem Kind gegenüber. In der Interaktion der Eltern mit ihrem Kind werden elterliche Phantasien in reales Verhalten dem Kind gegenüber umgesetzt, d.h. die Innenwelt der Eltern wird zur relevanten Außenwelt des Kindes. Häufig anzutreffende elterliche Phantasien beziehen sich auf die Projektion von Elternfiguren oder narzisstische Projektionen auf das Kind. Die vom Kind entwickelten inneren Arbeitsmodelle werden bestimmt durch die Grundbedürfnisse des Kindes und die elterliche Fähigkeit, diese Bedürfnisse angemessen zu beantworten. Chronisch ignorierte oder falsch beantwortete Grundbedürfnisse des Kindes führen zu psychischen Störungen und Verhaltensauffälligkeiten.

15 13 Kind deutet Verhalten der Mutter als Ausdruck seines Wesens Kind internalisiert mütterliche Repräsentanz Bestimmt mütterliches Verhalten Internalisierung bestimmt die sekundäre Representation des primären affektiven Zustandes Bestätigt/Verändert die Repräsentanz der Psyche ihres Kindes bestimmt kindliches Verhalten Mutter internalisiert ihre Deutung des Wesens ihres Kindes Mutter deutet Verhalten des Kindes als Ausdruck seines Wesens Literatur Bion, W.R. (1962): Lernen durch Erfahrung. Frankfurt/M. : Suhrkamp. (Dt. 1990) Bowlby, J. (1969): Bindung : eine Analyse der Mutter-Kind-Beziehung. München : Kindler. (Dt. 1975) Bowlby, J. (1973): Trennung : psychische Schäden als Folge der Trennung von Mutter und Kind. München: Kindler. (Dt. 1976) Dornes, M. (2002): Ist die Kleinkindforschung irrelevant für die Psychoanalyse? Anmerkungen zu einer Kontroverse und zur psychoanalytischen Epistemologie. Psyche - Z Psychoanal 56, Dornes, M. (1993): Der kompetente Säugling: die präverbale Entwicklung des Menschen. Frankfurt/M: Fischer Taschenbuchverlag. Fonagy, P. (2001): Bindungstheorie und Psychoanalyse. Stuttgart: Klett-Cotta. (Dt. 2003) Fonagy, P. (2003 a): Die Bedeutung der Dyade und der Triade für das wachsende Verständnis seelischer Zustände: Klinische Evidenz aus der psychoanalytischen Behandlung von Borderline-Persönlichkeitsstörungen. In: P. Fonagy u. M. Target (Hg.): Frühe Bindung und psychische Entwicklung. Gießen: Psychosozial Verlag. S Fonagy, P. (2003 b): Die Bedeutung der Entwicklung metakognitiver Kontrolle der mentalen Repräsentanzen für die Betreuung und das Wachstum des Kindes. In: P. Fonagy u. M. Target (Hg.): Frühe Bindung und psychische Entwicklung. Gießen: Psychosozial Verlag. S Fonagy, P. (2003 c): Bindung, Holocaust und Ergebnisse der Kinderpsychoanalyse: Die Dritte Generation. In: P. Fonagy und M. Target: Frühe Bindung und Psychische Entwicklung. Gießen: Psychosozial Verlag. S Fonagy, P. und Target, M. (2003): Neubewertung der Entwicklung der Affektregulation vor dem Hintergrund von Winnicotts Konzept des falschen Selbst Psyche Z Psychoanal 56, Gergely, G. (2002): Ein neuer Zugang zu Margaret Mahler: normaler Autismus, Symbiose, Spaltung und libidinöse Objektkonstanz aus der Perspektive der kognitiven Entwicklungstheorie. Psyche Z Psychoanal 56, Gergely, G., Fonagy, P. und Target, M. (2003): Bindung, Mentalisierung und die Ätiologie der Borderline-Persönlichkeitsstörung. In: P. Fonagy u. M. Target (Hg.): Frühe Bindung und psychische Entwicklung. Gießen: Psychosozial-Verlag, S Jacobson, E. (1964): Das Selbst und die Welt der Objekte. Frankfurt/M: Suhrkamp. (Dt. 1973) Klein, M. (1932): Das Seelenleben des Kleinkindes und andere Beiträge zur Psychoanalyse. Stuttgart: Klett. (Dt. 1962) Kohut, H. (1971):The Analysis of the Self. New York (International Universities Press). Lichtenberg, J.D. (1995): Can empirical studies of development impact on psychoanalytic theory and technique? In: Shapiro, T., Emde, R.N.: (Hg.): Research in Psychoanalysis : Process, Development, Outcome. New York (International Universities Press), S Main, M. (1991): Metacognitive knowledge, metacognitive monitoring, and singular (coherent) vs. multiple ( incoherent) models of attachment : Findings and directions for the future research. In: C.M. Parkes, J. Stevenson- Hinde, J. Harris (Hg.): Attachment across the Life Cycle. London, New York: Routledge, S Müller-Pozzi, H. (1991): Psychoanalytisches Denken. Bern: Huber. Richter, H.-E. (1963): Eltern, Kind und Neurose : die Rolle des Kindes in der Familie. Stuttgart: Klett. Sandler, J. (1960): The background of safety. From Safety to Superego: Selected Papers of Joseph Sandler. London (Karnac) Sandler, J., Sandler, A-M. (1998): Object Relations Theory and Role Responsiveness. London (Karnac Books). Stern, D. (1985): Die Lebenserfahrung des Säuglings. Stuttgart: Klett-Cotta. (Dt. 1992) Watson, J.S. (1994): Detection of self: the perfect algorithm. In: S. Parker, R. Mitchell u. M.Boccia (Hrsg.): Self-Awareness in Animals and Humans: Developmental Perspectives. New York: Cambridge UP, Winnicot, D.W. (1984): Aggression : Versagen der Umwelt und antisoziale Tendenz. Stuttgart: Klett-Cotta (Dt. 1988). Winnicot, D.W. (1963): Moral und Erziehung. In: Reifungsprozesse und fördernde Umwelt. München: Kindler, Winnicot, D.W. (1965): Reifungsprozesse und fördernde Umwelt. München: Kindler. (Dt. 1974)

16 14 Achim Haid-Loh Methodik des Erstgesprächs in der tiefenpsychologisch orientierten Erziehungsberatung 1. Kindeswohl und Elternwohl zum Paradoxon eines Arbeitsbündnisses: Der Zugang zur inneren Welt der Eltern Die Besonderheiten des Zugangs zur Erziehungsberatung lassen es typischerweise zu Anmeldungen kommen, die nicht alleine vom freien Willen der ratsuchenden Person bestimmt sind. Man kann sogar von einer i.d.r. unfreiwilligen Anmeldung sprechen: die Lehrerin oder Kindergärtnerin hat die betreffende Person als Elternteil angesprochen und auf Schwierigkeiten ihres Kindes aufmerksam gemacht, das Jugendamt hat geschickt oder der Kinderarzt hat empfohlen. Diese Klienten wollen Hilfe, aber keinen Rat. Ihr Leidensdruck ist intensiv verknüpft mit Scham und Schuldgefühlen. Weniger offensichtlich, aber oft ebenso nachhaltig von pädagogischen Scham- und Schuldgeistern (Figdor, 1995) besetzt ist die Anmeldesituation und das Erstgespräch für Eltern, die aus innerfamiliärem Problemdruck, heftigen Konflikten mit ihren Zöglingen oder Spannungen mit dem Ehepartner heraus eine Erziehungs- und Familienberatungsstelle aufsuchen. Fast immer kommen Eltern in die Psychologische Beratung nicht um ihrer selbst willen, sondern ihres Kindes wegen eines problematischen, zunächst abwesenden Dritten. In dem von Ingeborg Volger referierten Beispiel einer ratsuchenden Mutter wurden die Schwierigkeiten und methodischen Implikationen dieser EB - typischen Ausgangslage bereits deutlich: Um sich auf das Angebot eines Erziehungsberatungsprozesses einlassen zu können, muss die Mutter das Gefühl entwickeln können, dass die Beraterin bzw. der Berater sich auch wirklich auf ihre Sichtweisen und Probleme einschwingt, die sich keineswegs mit den Problemen decken müssen, um deren Willen die Beratung aufgesucht wurde. So kann die vor uns sitzende Mutter durch aversive Gefühle dem Vater gegenüber, von dem sie sich in Erziehungsfragen im Stich gelassen und verkannt fühlt, oder durch Ungerechtigkeiten einer autoritären Lehrerin persönlich in viel stärkerem Maße bedrängt werden als durch die benannten Symptome ihres Kindes. Mit einem wachsenden Vertrauen dieser Mutter in die ihr zuteil werdende Anteilnahme und das ersehnte Verständnis seitens der Beratungsfachkraft ist aber nur dann zu rechnen, wenn die Ratsuchende mit diesen ganz persönlichen, affektiv besetzten Problemen Gehör findet und ins Gespräch kommen kann. Um diese Art des Vertrauens eine positive Übertragung zu ermöglichen, müssen wir uns zuerst mit der Perspektive der vor uns sitzenden Person identifizieren können, auch wenn der Rechtsanspruch des KJHG oberflächlich betrachtet nur Beratung um des Kindes willen legitimiert.

17 15 Eltern nicht zu überfordern, ist ein anderer wichtiger Aspekt des Aufbaus und der Sicherung einer tragfähigen Arbeitsbeziehung. Denn sobald sich eine Beratung als wirksam erweist, weil sie beispielsweise auf eine Neuordnung wesentlicher Interaktions- und Kommunikationsmuster, ja Lebensbereiche der ganzen Familie zielt, und sich anschickt, damit die Entwicklungshemmnisse für das Kind zu beseitigen, müssen wir damit rechnen, dass der Prozess des Umbaus des familiären Beziehungsgefüges diejenigen innerpsychischen Konflikte in den Eltern wieder aufbrechen lässt oder gar zuspitzt, von denen sie sich gerade durch Externalisierung entlastet hatten. Deshalb drohen pädagogisch bedeutsame Ratschläge das sensible Gleichgewicht der Familie in Unordnung zu bringen, insbesondere aber das innerpsychische Gleichgewicht der Eltern zu verstören. Solches Vorgehen ruft in der Regel heftigen Widerstand auf Seiten der Klienten hervor (vgl. Figdor; 1999, 57 f). Ein beraterisches Verständnis der existentiellen Notwendigkeit dieser angstbesetzten Vorstellungen oder Verhaltensweisen der Eltern ist eine weitere Voraussetzung erfolgreichen beraterisch-therapeutischen Handelns. Das Ausmaß der Abwehr der Eltern und die Ökonomie ihres Funktionierens ist je nach Persönlichkeitsstruktur des einzelnen Elternteils sehr verschieden. Qualitativ lassen sich in der Erziehungsberatung drei Arten unbewusster Motive elterlichen Agierens in Erziehungsfragen unterscheiden (nach Figdor 1995, 44 ff): die Übertragung von meist infantilen Objektbeziehungsmustern der Eltern oder Erzieher auf ihre Kinder; die Abwehr von verdrängten Triebkonflikten, die durch das Triebleben der Kinder bei ihren Eltern aktiviert werden; die Abwehr ambivalenter (im weitesten Sinne aggressiver) Regungen in der Liebesbeziehung zum Kind. Konfrontatives Aufdecken oder gar Niederreissen der Abwehr der Eltern oder Erzieher (Volger 2002) ist, wie gesagt, wenig Erfolg versprechend. Vielmehr geht es um ein durch Identifizierung und Einfühlung seitens der Beratenden ermöglichtes, sinnstiftendes Verstehen ihrer psychodynamischen Bedeutung. Dazu ist Geduld nötig ohne gereiztes Greifen nach Tatsache und Begründung, bis sich ein Muster zeigt... (Lazar, 1999). So muss Erziehungsberatung sich an den realen und motivationalen Möglichkeiten der Eltern orientieren. Die stets spannungsträchtige und abwehrbereite Innenwelt der Eltern wird zur entwicklungsrelevanten Aussenwelt des Kindes, indem die Eltern mit ihren inneren Arbeitsmodellen und ihrer Phantasietätigkeit zur seelischen Entwicklung ihres Kindes, aber auch zur Entstehung und Aufrechterhaltung kindlicher Verhaltensstörungen beitragen (vgl. Fornagy 2003a, v. Klitzing 1998, Richter 1963). Zugang zu und ein angemessenes Verständnis für diese bedeutsame Um- und Aussenwelt des Kindes aber gewinnen wir nur über einen tragfähigen und empathischen Zugang zur Innenwelt seiner Eltern (Figdor, 1999): Wir müssen uns also im Interesse der Kinder...(zuerst) um das Wohlbefinden der Erzieher kümmern. (Figdor 1995, 38) Im Kern lassen sich die impliziten methodisch Leitfragen zur Entwicklung einer annehmenden, emotional tragfähigen Arbeitsbeziehung mit dem ratsuchenden Elternteil reduzieren auf die Fragen: Wer bist du? - Was brauchst du? - Wovor fürchtest du dich? (nach Bauriedl, 2003) 2. Erstgespräche mit Suchkontrakt Da nach psychoanalytischer Auffassung das Symptom des Kindes nur als Ausdruck des gesamten familiären Problemsystems angemessen zu verstehen ist (vgl. Bauriedl; Bürgin; Cierpka; Richter u. a.), geht es in der ersten Phase der Erziehungsberatung i.d.r. nicht um äußere Veränderungen 1, stets jedoch um ein vertieftes Verständnis des Gesamtzusammenhangs und eine Veränderung der inneren Bilder der Eltern von ihren Kindern. Es gilt gemeinsam mit den Ratsuchenden zu verstehen, in welchen bewussten und unbewussten Prozessen die Schwierigkeiten gründen, die die Inanspruchnahme von Erziehungsberatung veranlassen, wie sich diese inneren Prozesse in je spezifischen Real- und Übertragungsbeziehungen zwischen diesen Eltern und ihren Kinder ausdrücken und wie sich letztere im Erstgespräch der Erziehungsberatung reinszenieren 2? Ein solcher Verstehensprozess wird methodisch ermöglicht und eingeleitet durch die Etablierung eines diagnostischen Arbeitsbündnisses (nach Datler, Figdor und Gstach, 1999). Das Angebot der Beratenden in der Kontraktphase 3 des Erstgesprächs könnte dem Sinne nach folgendermaßen lauten: Ich (als Erziehungsberater) denke schon, dass ich Ihnen (als Elternteil) helfen kann. Um Ihnen aber wirksam helfen zu können, muss ich zunächst verstehen, warum Ihr Kind jetzt diese Schwierigkeiten zeigt oder hat (so ist oder so tut...) Dazu brauche ich jedoch in erster Linie Ihre Mithilfe. Ich 1 Ausnahmen bilden akute Gefährdungen des Kindeswohls, die weitergehende, zeitnahe Interventionen im Sinne des Kinderschutzes notwendig machen 2 vgl. hierzu auch den Beitrag von Ingeborg Volger in diesem Heft 3 Diese Formulierung nimmt Bezug auf die am EZI übliche Vermittlung der METHODIK DES ERSTGESPRÄCHS auf drei Ebenen oder in drei Phasen (nach KOSCHORKE): die Kontaktphase (oder gesellschaftliche Phase ), die Problemerkundungsphase ( von der Klage zum Konflikt... ) und die - Kontraktphase ( zur Sicherung der Rahmenbedingungen und Zielfindung)

18 16 weiß zwar viel über Kinder im allgemeinen, vielleicht auch einiges, woran Sie noch nicht gedacht haben. Sie aber sind die elterliche Experten Ihres Kindes und seiner aktuellen Umwelt. Wenn Sie bereit sind, uns ein bisschen Zeit einzuräumen, wird es uns gemeinsam gelingen, die tieferen Gründe für die aktuellen Probleme besser zu verstehen, und dann werde ich Ihnen auch helfen können, herauszufinden, wie Sie angemessen reagieren können... Ein so als gemeinsamer Suchprozess konzeptualisiertes erstes Arbeitsbündnis offeriert den Eltern einen guten Kompromiss zwischen dem üblicherweise drängenden Wunsch nach schneller Hilfe im Kampf gegen das Kind mit seinen antagonistischen Interessen und Handlungsweisen und den (meist schwächeren) Über-Ich- Ansprüchen, als gute Mutter/Vater für das Kind auch dann noch etwas unternehmen zu wollen, wenn man mit seinem Latein am Ende ist. Denn in dieser Anfangsphase des Beratungsprozesses und meist auch noch bei der Ausformulierung eines solchen Subkontrakts gemeinsamen Verstehenwollens kämpfen in den Eltern erfahrungsgemäß widerstreitende Regungen und Impulse miteinander: 1. drängende, tendenziell aggressiv getönte Erwartungen an die Erziehungsberatung: Hilfe zu erhalten, um das Kind zu reparieren, zu disziplinieren, anzupassen oder zu verändertem Verhalten motivieren zu können; 2. Über-Ich-Ansprüche : ein konsequenter Vater oder eine hinreichend gute Mutter bzw. ein erfolgreicher Erzieher sein zu wollen; 3. libidinöse Ansprüche: das eigene Kind in seiner Einzigartigkeit annehmen und lieben zu wollen; 4. Ansprüche des Ich-Ideals: etwas für das mir anvertraute Kind Hilfreiches oder Linderndes unternehmen zu wollen. 3. Das diagnostische Arbeitsbündnis Diese oft widerstreitenden Motive und Wünsche der Eltern aufgreifend setzt das diagnostische Arbeitsbündnis mit seiner Verabredung zu einem fachkundig begleiteten, gemeinsamen Such- und Verstehensprozess motivierende Impulse auf mehreren Ebenen frei: > Indem das Kind implizit zum Indexpatienten ernannt wird, dessen Problemgenese zunächst verstanden werden muss, wird durch das diagnostische Vorhaben ein Teil der aggressiven Gefühle (des Elternteils und des Beraters) gegen das Kind befriedigt bzw. neutralisiert. > Die Ernennung der ratsuchenden Eltern zu Mitexperten verringert das kränkende Gefühl der Unterlegenheit und mindert die Angst, vom Berater übertrumpft, beschämt, kritisiert oder gedemütigt zu werden. > Die Aussicht auf Verstehen bietet auch die Aussicht auf Wiedergewinnung von elterlicher Handlungskompetenz. > Da der das diagnostische Arbeitsbündnis einlösende erste Teil des Beratungsprozesses einen gewissen Aufwand impliziert bis die gegenwärtige Situation vom Beratenden und Ratsuchenden hinreichend verstanden werden kann, fühlen die Eltern sich einerseits ernstgenommen und andererseits in ihren Anstrengungen um und für das Kind effizient, auch ohne dass es zu sofortigen Veränderungen im Erziehungsalltag oder in der Symptomatik kommt. > Nicht zuletzt kommt ein solches Vorgehen den Zuwendungsbedürfnissen und (vorbewussten) Wüschen und Erwartungen der ratsuchenden Eltern als Person selbst entgegen: Das Gefühl jemanden zu haben, der vorbehaltlos zuhört, bei dem ich mich aufgehoben und aktiv verstanden fühlen kann, der sich ernsthaft und ausdauernd um mich und die Probleme meines Kindes kümmert (statt mich mit einem schnellen Tipp oder Ratschlag abzuspeisen) - dies lässt die Beziehung zum Beratenden vertrauenswürdig und seriös erscheinen und führt darüber hinaus häufig (un)mittelbar zu einer akuten Entlastung und Entspannung in der Familie. Ein weiterführendes beraterisch-therapeutisches Arbeitsbündnis, das auf Veränderung zielt, kann in einem nächsten Schritt und erst dann in Angriff genommen werden, wenn es den Eltern im Schutz der Beratungsbeziehung gelungen ist, sich eine Ahnung davon zu erarbeiten, dass mit den Schwierigkeiten im Erziehungsprozess der Familie auch eine Beeinträchtigung der weiteren Entwicklung ihres Kindes einhergeht und dass sie selbst als Vater bzw. Mutter mit ihrem Fühlen, Denken und Handeln an der Entstehung und/oder Aufrechterhaltung dieser Probleme mitbeteiligt sind und folglich auch etwas zu ihrer Bewältigung beitragen können. 4. Das beraterisch-therapeutische Arbeitsbündnis Für diesen zweiten Schritt nutzen tiefenpsychologisch orientierte Erziehungsberater ihre inzwischen tragfähige Beziehung zu den ratsuchenden Eltern als haltgebenden, affektiv stützenden Rahmen, in dessen Schutz nun explizit Veränderungsbestrebungen ins Auge gefasst werden können. Im Zuge eines allmählichen Umgestaltungsprozess der

19 17 elterlichen Haltungen dem Kind gegenüber mag es schließlich in einem letzten Schritt gelingen, das Familiengefüge so zu verändern, dass die Schwierigkeiten geringer und die seelischen Entwicklungsbedingungen für ihre Kinder verbessert werden können - unterstützt beispielsweise durch Hausaufgaben und Projektbildung zum schrittweisen Transfer in den Erziehungsalltag (vgl. Volger, 1997). Hierzu bedarf es jedoch nicht nur eines eigenständigen Einigungsprozesses und Aushandlungsprozesses zwischen ratsuchenden Eltern, Kindern oder Jugendlichen und der Beratungsfachkraft, sondern vorrangig auch einer Klärung der impliziten und expliziten Vorstellung auf Seiten des Beraters über die wünschenswerten Entwicklungsschritte der Kinder und Jugendlichen im je konkreten Fall. Dazu können ggf. auch gesonderte diagnostische Sitzungen mit den Kindern oder Jugendlichen erforderlich sein. Mit der Analyse der Gegenübertragung und einer Klärung der impliziten und expliziten Leitbilder der Beratenden über gesunde Kinderentwicklung stellt sich die Aufgabe, einer eigenständigen, begleitenden Supervision. Die folgende Übersicht soll die methodischen Grundprinzipien und den Phasenverlauf einer tiefenpsychologischorientierten Erziehungsberatung noch einmal zusammenfassend veranschaulichen, ehe wir uns anhand eines Fallbeispiels der konkreten Praxis im Einzelfall zuwenden. 5. Ein Fallbeispiel aus der integrierten, familienorientierten Beratung Die Grundstruktur der mehrfach determinierten Übertragungs- und Gegenübertragungsprozesse in der Erziehungsberatung sowie einige Schwierigkeiten des methodischen Vorgehens im Erstgespräch sollen anhand des folgenden Fallbeispiels aus der Supervision im Team einer integrierten familienorientierten Beratungsstelle veranschaulicht werden. Die fallführende Fachkraft stellte folgende Familiensituation vor: Frau K., 33 Jahre alt, von Beruf Krankengymnastin, lebt seit 10 Jahren mit ihrem Mann, Herrn K. (36 Jahre), von Beruf Versicherungsmakler, zusammen. Die beiden haben zwei Söhne, den 8-jährigen Alex und den 3-jährigen Jens. Sie sind seit 8 Jahren verheiratet. Die Anmeldung erfolgte telefonisch durch die Mutter. Der Sekretärin wurden Einschlafstörungen von Alex und nächtliches Einnässen als Vorstellungsgrund angegeben. Es wurde das Elternpaar zum Erstgespräch eingeladen. Zum verabredeten Termin erschien ein hagerer, jugendlich wirkender Mann, mit leicht gehetztem Blick und etwas atemlos, dessen förmliche Bekleidung zu seinem Auftreten wenig passte. Er zeigt sich dem Berater gegenüber erleichtert, dass so schnell ein Beratungstermin zustande gekommen sei und entschuldigt sich umständlich für die Nichtanwesenheit seiner Frau: Sie sei kurzfristig und überraschend mit dem Essentials einer tiefenpsychologisch orientierten Methodik Die Förderung einer positiven Übertragung und das Bemühen um eine tragfähige Arbeitsbeziehung mit den Eltern Sinnstiftendes Verstehen der Beratungs- und Erziehungs-Szene: Suchkontrakt und diagnostisches Arbeitsbündnis Analyse der Gegenübertragung der Beratenden Entwicklungsförderung bzw. Verbesserung der Entwicklungsbedingungen der Heranwachsenden in der Familie: Veränderungskontrakt und beraterisch-therapeutisches Arbeitsbündnis. Kontinuierliche Reflexion der impliziten Leitbilder gesunder Kinderentwicklung Schaffung und Schutz eines Sicheren Rahmens für die Erziehungs- und Familienberatung in unterschiedlichen Settings

20 18 3-jährigen Jens, ihrem Quälgeist und Trotzkopf, in eine Mutter-Kind-Kur zur Neurodermitis-Behandlung abgereist. Gleichzeitig gibt er zu erkennen, dass aber auch er als Vater ein dringendes Beratungsbedürfnis habe, weil ihn die Einschlafstörungen seines Sohnes Alex, vor allem aber dessen Schulunwilligkeit mit morgendlichem Trödeln und einem aus seiner Sicht bedrohlichen Leistungsabfall in der 3. Grundschulklasse Sorgen bereiten. Der Vater offenbart weiter (ungefragt), er stehe einem Versicherungsbüro mit fast 100-jähriger Familientradition vor, das jüngst in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten sei, weshalb er beruflich stark eingespannt und gefordert sei. Er habe daher in der letzten Zeit von der familiären und schulischen Entwicklung seiner Söhne wenig mitbekommen. Auf Drängen seiner Frau habe er sich jetzt jedoch wieder stärker in die Kindererziehung, insbesondere seines großen Sohnes, einspannen lassen, da der Kleine durch eine exzessive Trotzphase einen stetig größer werdenden Teil der mütterlichen Aufmerksamkeit und Zuwendung auf sich ziehe, wodurch sich seine Frau überfordert fühle. So sei ihm die Erledigung der Hausaufgaben, die Alex verweigert habe, als erzieherische Aufgabe zugefallen. Auch habe seine Frau gefordert, dass er sich dem ausgiebigen Zubettgeh- und Vorlese-Ritual stelle, das Alex jeden Abend vor dem Einschlafen einfordere. Er wisse nun leider nicht, welche Schwierigkeiten und Probleme seine Frau vorgetragen hätte, wenn sie beim Gespräch hätte anwesend sein können. Allerdings seien sie das sei wohl wichtig an vielen Stellen unterschiedlicher Meinung über die Bewertung der Schwierigkeiten und über angemessene Erziehungsziele. Seine Frau lege eine aus seiner Sicht eher nachsichtige und viel zu verwöhnende Haltung den Kindern gegenüber an den Tag. In diesem Fall entwickelte sich bereits in den ersten Minuten des Erstgespräches eine für die Erziehungsberatung nicht untypische Anfangssituation und Komplikation: Die Anmeldung erfolgte von Seiten der Mutter. Zur Beratung kam jedoch nur der Vater, den die Mutter dazu gedrängt hatte. Dieser präsentierte nun im Erstkontrakt seine Sicht des Problem- und Leistungsdrucks innerhalb der Familie. Das Einnässen des Sohnes blieb zunächst ausgeklammert. Die ursprüngliche Motivation zur Anmeldung seitens der Mutter wird im Erstkontakt in der realen Begegnung mit dem allein anwesenden Vater und dessen gebrochener Eigenmotivation nicht unmittelbar spürbar. Der in der Familie herrschende stark regressive Sog und das Konkurrieren aller Familienmitglieder um die Befriedigung regressiver Bedürfnisse bleibt ebenfalls verborgen. Der Berater explorierte also zunächst gemeinsam mit dem Vater die aktuelle Familiensituation, dessen bisherigen Umgang mit den Einschlafstörungen von Alex und die Leistungsverweigerung seines Sohnes aus Faulheit und Bequemlichkeit. Dabei spürte der Berater in seiner Gegenübertragung deutlich einen starken Wunsch nach Entlastung und Entspannung bei gleichzeitig heftigem Druckgefühl in der Magengegend. Der Berater phantasierte die abwesende Mutter als mächtige und korpulente Person, die die Erziehungsberatung aus der Ferne mit hohen Erwartungen und engmaschiger telefonischer Kontrolle supervidiert. In den Schilderungen ihres Ehemannes imponierte sie durch eine gespannte Gereiztheit, vorwurfsvolle Klagen und die drängende Forderung nach Entlastung und Hilfe. Dem kleinen Alex gegenüber ging derweil des Beraters Herz auf: Er imaginierte ihn als kleinen, schüchternen, aber durchaus charmanten Jungen, dessen Werdegang durch Gymnasialempfehlung, 1 er Abitur, BWL-Studium und Übernahme der väterlichen Firma präformiert schien. Er vermutete Neidgefühle dem kleinen Bruder gegenüber, der beim Einschlafen immer noch eine Nuckelflasche mit warmem Tee von der Mutter gereicht bekam. Er phantasierte weiter eine ängstliche Gespanntheit gegenüber den Leistungsansprüchen des Vaters und den sich wiederholenden narzisstischen Entwertungen durch den Vater, die Alex möglicherweise durch subtile Trotzreaktionen zu unterlaufen sucht. Im Verlauf dieses 1. Gespräches bat der Vater immer drängender um Rat und Handlungsanweisungen ( was sollen wir bloss tun? ) in Bezug auf die Hausaufgaben- und Einschlafsituation. Der Berater antwortete schließlich mit einigen vom entwicklungspsychologischen Standpunkt aus aufklärenden Ausführungen zur vermutlich vorliegenden Problematik der Geschwisterrivalität und dem gut gemeinten Hinweis, den Bedürfnissen des älteren Sohnes zunächst einmal doch möglichst entgegenzukommen, also ein bisschen lockerer zu lassen.... Der Vater nahm diese Hinweise dankend auf mit der Bemerkung, er selbst habe ja keinerlei Erfahrungen in diesem Gebiet, da er als Einzelkind aufgewachsen sei, und ging sichtbar erleichtert von dannen. Zur Überraschung des Beraters kam der Vater zur der nächsten Sitzung in eher gereizter Stimmung wieder, um mit vorwurfsvollem Unterton zu berichten, dass sich die Lage dramatisch zugespitzt habe: Er habe dem Sohn durch eine strukturierte Zeiteinteilung für die Hausaufgabenerledigung, Abendbrot und das Vorlesen im Bett zunächst einmal klare Grenzen gesetzt und sich ihm andererseits täglich von 18:30 Uhr bis 21:00 Uhr fast ununterbrochen gewidmet. Das Ergebnis dieser Herumplage-

21 19 rei sei jedoch gewesen, dass Alex immer nörgeliger geworden sei und den Vater schließlich habe gar nicht mehr weggehen lassen wollen. Der Berater spürte den Widerstand des Vaters, aber auch Ärger darüber, wie der Vater die intendierten Absprachen umgesetzt bzw. uminterpretiert hatte - daneben Unwohlsein, Ungeduld und Anflüge von Neid auf die der Beratung ferne (sich in der Kur erholende ) Kindesmutter. Der Berater sah die Verweigerungshaltung des Vaters als Widerspiegelung des kindlichen Trotzes und identifizierte sich mehr und mehr mit der Rolle und dem Erleben des Kindes in der Familie. Er interpretierte daraufhin auch das vom Vater im ersten Gespräch noch (schamhaft?) verschwiegene Einnässen des 8jährigen Sohnes als Ausdruck stark regressiver Bedürftigkeit und abgewehrter Abhängigkeitswünsche. Diese Gegenübertragungsgefühle brachte der Berater nun in die Supervisionsgruppe ein, mitsamt seinen beraterischen Handlungsimpulsen, den Vater vermehrt damit konfrontieren zu wollen, dass er die Intentionen des letzten Gesprächs sabotiert, den Sohn entmündigt und unter ein noch strengeres Regiment gebracht habe mit der Konsequenz, dessen Trotz vermutlich aber auch die Neidund Rivalitätsgefühle gegenüber dem jüngeren Bruder (der in den Ferien aufbleiben durfte) erst recht entfacht zu haben. In der Gruppensupervision konnte herausgearbeitet werden, welche Gemengelage von Gegenübertragungsgefühlen der Enttäuschung, der Wut, des Neids, der Verlassenheit, Hilflosigkeit, Resignation und Insuffizienz beim Berater hinter diesen Impulsen beraterischen Vorgehens steckten: Triebdynamisch gesehen imponierte zunächst das Rivalisieren um die Möglichkeiten regressiver Bedürfnisbefriedigung (Neid und Groll auf die Mutter und das Zuwendungsmonopol des kleinen Bruders); die sich in Rebellion, Trotz, Angst und Aggression sich verbergenden Autonomie- und Abhängigkeitskonflikte von Vater und Sohn; aber auch der Wunsch nach Begegnung, Kontakt, Beantwortung und Spiegelung wurde spürbar in den stark aggressiv getönten Reaktionen sowohl des Vaters, des Sohnes als auch des Beraters auf das Fehlen des Dritten (der sich in Kur befindenden Mutter). Tendenzen zur Aufspaltung der Elternkoalition (Lidz 1971) in einen anwesenden bösen Vater und eine abwesende gute Mutter konnten bewusst werden und in der Gruppe in die Betrachtung der Beratungs- bzw. Erziehungs-Szene einbezogen werden. Danach konnte eine Erweiterung und Flexibilisierung der Identifikationsmöglichkeiten des Beraters erarbeitet werden und es gelang diesem, einen Perspektivwechsel auf das innere Kind des Vaters, eine Identifikation mit dessen Bedürfnissen und inneren Nöten vorzunehmen. Es kam zutage, dass der Berater offenbar im Erleben und in der unbewussten Wahrnehmung des Vaters zu einem verfolgenden Introjekt geworden war, mit Appellen wie: du musst das anders machen..., du musst locker lassen..., du musst es besser machen!. Gemeinsam konnte in der Supervision die Hypothese entwickelt werden, dass der Vater möglicherweise aus den vom Berater wahrgenommenen latenten Gefühlen des Versagens, der Enttäuschung und des unbewussten Grolls heraus, dass sein Junge es ihm so schwer macht, ein guter und vor allen Dingen erfolgreicher Vater zu sein, unbewusst daran gehindert war, eine liebevoll zugewandte oder gewährende Haltung einzunehmen. Er hatte statt dessen Teile eines ihm wohl vertrauten familiären Interaktionszirkels wiederbelebt: er reinszenierte das innere Arbeitsmodell eines gestrengen väterlichen Regiments, das er vom eigenen Vater her kannte. Der Großvater hatte seinerzeit aus einer kühlen und distanzierten Haltung heraus, seinen Sprössling mit Strenge und materiellen Anreizen zwar zu gesteigerten schulischen Leistungen herausgefordert, sich aber für das innere Erleben (des Vaters), seine Sorgen und Nöte, wie auch für seine Hobbys und Interessen (Fußballspielen) nie wahrhaft interessiert. In der aktuellen Erziehungsszene des abendlichen Rituals hatte nun trotz intensiver Zuwendung zu und Beieinanderseins mit seinem Sohn unbemerkt jene innerlich kühle und distanzierte Haltung die Oberhand gewonnen, die er vom eigenen Vater her kannte. Die Übertragung des (groß)väterlichen Objekts auf den Berater, in deren Folge dieser als verfolgend wahrgenommen wurde, evozierte eine unbewusste Reaktion im Vater, im Zuge derer sich das Kind im Manne mit Sabotageakten verweigerte und trotzig-resignativ zurückzog. Indem der Berater nun in einer komplementären Gegenübertragung mit Gefühlen der Distanz, Kühle und Enttäuschung reagierte und zur Verstärkung seiner Anforderungen neigte, wurde auf diese Weise im Beratungsprozess zwischen erster und zweiter Sitzung ein Gefühl der Familiarität, nämlich des vertrauten Scheiterns, in Kontakt zu kommen und Nähe herzustellen im Beratungsprozess reinszeniert. Das verschlimmerte die Lage zunächst, lieferte aber zugleich den diagnostischen Schlüssel für ein vertieftes Verständnis des Vaters und der (mehrgenerational determinierten) Vater-Sohn-Interaktionsdynamik. Mit dieser veränderten Wahrnehmungseinstellung und inneren Haltung konnte der Berater sich aus dem Sog zur Identifikation mit dem Kind befreien und nun dem Vater selbst mit Mitgefühl, Sympathie und Verständnis begegnen.

22 20 Es ging an dieser Stelle im Beratungsprozess methodisch also darum, die für die Erziehungsberatung wesentliche positive Übertragung des Vaters aktiv wieder herzustellen und in den weiteren Sitzungen aufrecht zu erhalten, um im Unterschied zum psychoanalytisch-psychotherapeutischem Vorgehen eine weitere Regression in der Übertragung zu verhindern. Dies kann methodisch dadurch geschehen, dass negative Gefühle dem Berater gegenüber von diesem nicht nur angesprochen, sondern auch durch geeignete Fragen zurecht gerückt werden, beispielsweise: Wie die letzte Stunde erlebt wurde; welche Gefühle sich beim Vater nach dem Gespräch eingestellt hatten; welche Schwierigkeiten der Vater in der Umsetzung der mitgenommenen Hinweise erlebt habe...? usw. Mitgefühl, Anerkennung und Ermutigung auszusprechen gegenüber den Eltern sind weitere technische Hilfsmittel, um negativen Übertragungsreaktionen und weiterer Regressionsneigung entgegen zu wirken. Der Berater könnte beispielsweise Verständnis zeigen für die Enttäuschung des Vaters und dessen Frustration, mit soviel Mühe so wenig Positives bewirkt zu haben bei seinem Sohn: Mit soviel Zeitaufwand, Kraft und liebevoller Zuwendung, so vielen gutgemeinten Überlegungen... dann doch nicht landen zu können beim eigenen Sohn... muss furchtbar sein, oder wie erleben Sie das? Ich kann mir vorstellen, wie enttäuscht Sie sind... und vielleicht auch ganz schön ärgerlich, oder eher verzweifelt oder...? Und weiter (zunächst immer im Hier und Jetzt der aktuellen Erziehungsszene): Ist dieses Nichtankommen, Nicht-landen-können in ihrer Familie vielleicht auch zwischen anderen Beteiligten ein Thema? In seinen Bemühungen nicht gewürdigt, nicht gehört, nicht gesehen und anerkannt zu werden was glauben Sie,...kennen Sie selbst (oder Ihre Frau und/oder andere Familienmitglieder?) dieses Gefühl auch noch aus anderen Situationen? Mit solchen Fragen öffnet sich im anwesenden Elternteil ebenso wie im Beratenden ein Blick auf die Beziehungen der verschiedenen Familienmitglieder untereinander. Der Vater erhält zum einen die Chance, sich mit der Perspektive seines Sohnes (etwa als Geschwisterkind) zu identifizieren. Zum anderen wird die Möglichkeit eröffnet, auf der Beziehungsebene des Elternpaares die Wünsche, Erwartungen, Bedürftigkeiten und Frustrationen von Vater und Mutter untereinander näher in Betracht zu ziehen. Weitere Fragen könnten zur Exploration der Ressourcen der Familie führen, dabei zugleich ermutigend und ichstärkend wirken, indem z. B. nach Ausnahmen gefragt wird und nach solchen Erziehungssituationen, die aus Sicht des Vaters gut laufen. In den nächsten Stunden war es nun in unserem Fall dem Vater mit Hilfe der veränderten Perspektive und Haltung des Beraters möglich geworden, sich mit seiner eigenen schulischen Karriere, dem Leiden unter den Leistungsansprüchen seines Vaters, seinen enttäuschten Hoffnungen und Wünschen in Bezug auf seinen Sohn sowie mit den - zunächst unbewussten - Gefühlen des Neides auf die liebevoll-kuschelige Zuwendung der Mutter ihren Söhnen gegenüber auseinanderzusetzen. Schließlich konnte der Vater im Schutz dieses dyadischen Beratungssettings sogar Gefühle des Ärgers und des Grolls seinem Ältesten gegenüber zulassen, der es ihm so schwer macht, ein guter und erfolgreich-liebevoller Vater zu sein. Im weiteren Verlauf des Beratungsprozesses (Mittelphase) kam es zu gemeinsamen Sitzungen mit der Mutter, in denen das Elternpaar seine unterschiedlichen Erziehungshaltungen und Erziehungsstile auf dem Hintergrund sehr verschiedener Herkunftsfamilienerfahrungen reflektieren und miteinander in Beziehung setzen konnte. Unterschiede konnten so als historisch gewachsen und zugleich biographisch bedeutsam anerkannt und in der Gegenwart als Verschiedenheit akzeptiert werden. Die Beschäftigung mit der Frage Und wie wollen Sie jetzt mit diesen Unterschieden umgehen? Was könnte es für Ihren Sohn bedeuten, zwei Eltern zu haben mit so unterschiedlichen Lebensgeschichten, Wertmaßstäben und inneren Modellvorstellungen? führte zu einem zunehmend partnerschaftlicheren Aushandlungsprozess zwischen Vater und Mutter. Das Ergebnis war eine Stärkung der Elternkoalition (Lidz, 1971) und eine deutlichere Grenzziehung zwischen den Generationen, die letztendlich auch zu einem Ausschluss der Söhne aus dem Ehebett der Eltern führte. Die so geschaffene Leerstelle ließ nun sogar Raum für eine allmähliche Wiederannäherung des Paares Kommentar Das Fallbeispiel veranschaulicht eine für die Erziehungsberatung typische Dreieckskonstellation (Berater: Vater- Mutter-abwesendes Kind) in der Analyse der Übertragungs- und Gegenübertragungsprozesse. Aus der Szene des Erstgespräches ist zunächst zu erspüren und zu analysieren, welche Dynamik die Übertragungsprozesse zwischen dem ratsuchenden Elternteil und der Beratungsfachkraft entfalten und mit welchen Empfindungen und Impulsen letztere auf die Erwartung und Wünsche hier: des Vaters reagiert (Leistungsdruck, Wunsch nach Entlastung, Hilflosigkeit, Strenge; Kühle, fordernde Haltung). Gleichzeitig entsteht ein inneres Bild, ein inneres Erleben und eine Gegenübertragung auf das abwesende Kind - meist verknüpft mit einem starken regressiven Sog, sich 5 vgl. Martin Koschorkes Unterscheidung der Partnerschaft in Liebespaar, Elternpaar und Lebensgefährten (i. d. Heft)

23 21 mit dessen Nöten, Bedrängnissen, ja Überlebenskampf zu identifizieren. Daneben wächst die Versuchung, sein weiteres beraterisches Handeln, insbesondere jedoch die innere Haltung den Eltern gegenüber, aus dieser in der Regel un- bzw. vorbewussten Identifikation mit dem Kind heraus zu strukturieren (Aufklärungsimpulse, Wünsche nach liebevollerer Zuwendung des Vaters dem Sohn gegenüber; Enttäuschung und Ärger). Je nach der Stärke und Bewusstheit der eigenen biografischen Prägung als Sohn oder Tochter und in Abhängigkeit von der eigenen Rolle in der Herkunftsfamilie sind diese Neigungen der Beratenden zur Identifikation mit dem Kind in der Erziehungsberatung persönlichkeitsspezifisch ausgeprägt. Die Gegenübertragung auf den anderen evtl. zunächst ebenfalls noch abwesenden Elternteil (in unserem Fall die Mutter) wird, da dieser im ersten Gespräch oft noch blass bleibt und wenig reale Züge annimmt, dabei häufig stärker durch eigene Übertragungsneigungen auf frühe Objekte des Beratenden bestimmt (in unserem Beispiel die als mächtig und korpulent phantasierte Mutter, die sich später in der Realität als zierliche, zuwendungs- und bestätigungsbedürftige Person entpuppte) als die Gegenübertragung auf die Inszenierung des anwesenden Elternteils. Um seiner Aufgabe gerecht werden zu können, muss sich der Erziehungsberater in seinem Erleben in doppelter Weise reflektieren können. Neben die komplementäre Gegenübertragung (in Identifikation mit dem abwesenden Kind gegen die Eltern bzw. Erzieher) tritt umgekehrt eine Reflexion der Gegenübertragung in Identifikation mit eben jenen Eltern bzw. Erziehern gegen das Kind. Diese letztere konkordante Gegenübertragung der Beratenden beeinflußt ihrerseits die Möglichkeiten zur Identifizierung mit einer Mutter bzw. einem Vater als Interaktionspartner gegenüber ihrem Kind (ggf. auch gegenüber anderen relevanten Objekten wie Ehepartnern, der Lehrerin o. ä.) Das freie Mitschwingen in den Identifizierungsmöglichkeiten mit dem Kind einerseits und seinen Eltern andererseits und die Identifizierung aller Hindernisse und Hemmnisse in der Gegenübertragung, die dieses freie Oszillieren behindern könnten, stellt eine wesentliche Bedingung wirksamer Prozessgestaltung in der Erziehungsberatung dar: Durch die Art und Weise, wie die Eltern über ihr Kind reden, dessen Probleme vorstellen und gegebenenfalls die Symptomatik beschreiben, beleben die Eltern in der Inszenierung des Erstgesprächs ihre übertragungsbedingten Haltungen und Einstellungen dem Kind gegenüber und provozieren dadurch spezifische Gegenübertragungen des Beraters ihnen und ihrem Kind gegenüber. Die auf diese Weise in der inneren Welt des Erziehungsberaters lebendig werdenden Erziehungs- Szenen sind zwar naturgemäß eingefärbt durch dessen eigene aus dem Erleben der Herkunftsfamilie geprägten Gegenübertragungen. Folgen wir jedoch der Prämisse, dass die im Erstgespräch auf die Beratungsfachkraft gerichteten Übertragungsprozesse seitens der Eltern dieselben Themen aktualisieren wie die in der familiären Erziehungs-Szene auf das Kind gerichteten Übertragungen und die durch unbewusste Haltungen und vorbewusste Einstellungen dem Kind gegenüber gesteuerten realen Interaktionen, dann bildet das Erspüren und Verstehen der elterlichen Übertragungsneigung durch die Beratungsperson auch den zentralen Schlüssel zum diagnostischen Verständnis der kindlichen bzw. familiären Konfliktdynamik. Über die Inszenierung der Eltern in der Beratungssituation entsteht so im inneren Erleben des Beratenden ein mehrfach determiniertes, komplexes Bild von der relevanten Aussenwelt des Kindes und seinen inneren Konflikten, Entwicklungsbedingungen und Entwicklungshemmnissen. Die folgende Übersicht fasst die vier Ebenen der Problemerkundung und des Verstehens in der Erziehungsberatung nochmals zusammen: Vier Ebenen des Verstehens in der Erziehungsberatung Empathisches Verstehen richtet sich auf Szenisches Verstehen richtet sich auf Übertragungs-Verstehen richtet sich auf Biographisches Verstehen richtet sich auf Problematische Elternsituation erweist sich im Erstgespräch als Beratungs-Szene mit verborgener, unbewusster Bedeutung ermöglicht die Übersetzung des szenischen Verstehens als Ausdruck der Erziehungs-Szene in der Familie diese erweist sich häufig als unbewältigte Konfliktszene aus der lebensgeschichtlichen Vergangenheit der Eltern führt zu Modifizierung des problematischen Beziehungsmusters in der Familie (Nach: Bernd Oberhoff (2000): Übertragung/Gegenübertragung in Theorie und Praxis der Supervision)

24 22 Die Bedeutung der nonverbalen, implizit-prozeduralen Ebene (neben der verbal-deklarativen) kann für eine weitere, differenziertere Konzeptualisierung dieser Verstehensprozesse nicht hoch genug eingeschätzt werden. Bzgl. Beratungserfolg und Wirksamkeit der Erziehungsberatung stellt diese eine determinierende Kraft dar, indem sie zentral auf die Herstellung intersubjektiver Gemeinsamkeiten zwischen Ratsuchenden und Beratenden gerichtet ist (Bohleber, 2002, 805). Vergleichbar dem Konzept der Responsivität aus der entwicklungs- und wachstumsorientierten systemischen Therapie, haben Sander, Stern u. a. (2002) für solch dynamisch-zentrale Interaktionssequenzen den Begriff der Begegnung i. S. der moments of meetings aus der Säuglingsforschung eingeführt und dem Konzept von Übertragung und Gegenübertragung hinzugefügt. Das sogenannte Affekt-Mirroring, die Spiegelung des von den Eltern in der Beratung häufig nicht verbalisierten Affektausdruckes durch den Beratenden, und dessen Fähigkeit zu einer Halt gebenden Rahmung während dieser Affektspiegelung trägt vermutlich wesentlich zu einem gelingenden Aufbau modifizierter Repräsentanzen der Kind-Eltern-Beziehung im ratsuchenden Elternteil bei. Dieses neue innere Arbeitsmodell kompetenter Elternschaft evoziert zugleich eine modifizierte Sicht von sich Selbst (als Vater bzw. Mutter) und dem So-Sein ihres Kindes. Das in unserem Fallbeispiel neu gewachsene väterliche Selbst-Bewusstsein in seiner Einzigartigkeit und individuellen Gewordenheit als Vater eben dieses ganz besonderen Kindes, wird so als stabile im Beratungsprozess umgearbeitete Repräsentanz letztlich erst durch eine emotional bedeutsame Interaktion mit den Beratenden in der selbstgewählten, sozialen (Hilfs-)Umwelt Beratungsstelle geschaffen. Zustände zu erklären, die dem Verhalten in der physischen Welt zugrunde liegen... (Fonagy, 1998, 149) 7. Ausblick In der Reformulierung des Attachment-Konzeptes (vgl. Fonagy, Gergeley, Jurist und Target, 2004) wird auf der Basis empirischer Befunde der neueren Bindungsforschung ein theoretisches Konzept menschlichen sozialen Funktionierens (Bohleber, 2002; 806) vorgelegt, das es uns erlauben wird, Einsicht in die modifizierenden Bedingungen der Fähigkeit eines ratsuchenden Elternteils zum Verstehen der mentalen Zustände seines Kindes und seines eigenen Beteiligtseins zu gewinnen. Insofern scheint uns die weitere Rezeption des Begriffs der Mentalisierung ein geeigneter Schlüssel zum vertieften Verständnis und zur Veränderung zwischenmenschlicher Beziehungen in Erziehung und Familie auch im Sinne einer Förderung von Elternkompetenz zu sein. Möglicherweise lässt sich auf diesem Wege für die Konzeptualisierung einer modernen Erziehungsberatung als sozialem Sensibilisierungstraining von Eltern noch einiges aus der Säuglingsbeobachtung lernen. Eine Differenzierung und Konkretisierung der Methodik tiefenpsychologisch orientierter Erziehungsberatung mit den Schritten: aktivierendes Zuhören annehmende Begegnung ( moments of meeting ) Affektspiegelung und Rementalisierung elterlicher Repräsentanzen adaptive Interventionen zur Beeinflussung elterlicher Haltungen und Erziehungsstile könnte auf diesem Weg erfolgversprechend weiter entwickelt werden. Der Erfolg einer beraterisch induzierten Veränderung der mentalen Repräsentanzen der Eltern - als Mischung von inneren Phantasien und Affekten mit äußerer Wahrnehmung - beruht bzw. gründet dann in der reflektierten Modifikation dieser inneren Arbeitsmodelle im Auge eines fremden Dritten - des Beratenden. Dieser beobachtende und reflektierende Dritte wird im Rahmen einer tragenden, sicheren Halt und affektive Rahmung gebenden Beratungsbeziehung zum Agens sinnstiftenden Verstehens und wirksamer Entwicklungsförderung. Er schreibt Motivationen, Glaubensvorstellungen und Begehren beiden am Austausch beteiligten Interaktionspartnern zu, um auf diese Weise die psychischen

25 23 8. Literatur Bauriedl, Thea (1998): Beziehungsanalyse das dialektisch emanzipatorische Prinzip der Psychoanalyse und seine Konsequenzen für die psychoanalytische Familientherapie. Frankfurt / M. : Suhrkamp, S. 239 ff. Bauriedl, Thea (1999): Die Therapie von Kindern, Jugendlichen und ihren Eltern aus beziehungsanalytischer Sicht. In: Bauriedl, T.: Auch ohne Couch. Stuttgart : Klett-Cotta. S Bauriedl, Thea (2003): Mündliche Mitteilungen im Vortrag zur wissenschaftlichen Jahrestagung der bke in Weimar, 2003 Bürgin, Dieter (1998): Psychoanalytische Ansätze zum Verständnis der frühen Eltern-Kind-Triade. In: Kay von Klitzing (Hrsg.) Pyschotherapien der frühen Kindheit. S Göttingen, Vandenhoeck & Ruprecht. Bürgin, Dieter (1998): Vater als Person und Vater als Prinzip. In: Ders. [Hrsg.] Triangulierung. Stuttgart ; New York : Schattauer. S Cierpka, Manfred (2003): [Hrsg.] Handbuch der Familiendiagnostik. Berlin u.a. : Springer. 2. Aufl. 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26 24 Rüdiger Haar, Kassel Was kennzeichnet die Integrierte Psychologische Beratung? Analyse eines Erziehungsberatungsfalles in der Psychologischen Beratungsstelle Die Psychologische Beratungsstelle der Evangelischen Kirche in Kassel gehört zu den integrierten psychologischen Beratungsstellen. Sie bieten Beratung bei Ehe- (Partnerschafts-), Familien- und Lebensfragen, sowie Erziehungsberatung. In Hessen waren sie lange Zeit vom Land bezuschusst, was ihre Arbeit für Jugendhilfe nach dem KJHG betraf. Dies hat die Erziehungsberatung zu einem besonders wichtigen Teil der Arbeit werden lassen. Nachdem die kirchliche Beratungsstelle vom Land als Erziehungsberatungsstelle anerkannt worden war, wurde die Einstellung eines Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten sinnvoll und notwendig. Die Ausrichtung als Familienberatungsstelle bekam dadurch noch einmal eine wichtige Ergänzung, weil nun nicht mehr nur über die Beratung der Eltern interveniert wurde, sondern auch eine direkte Arbeit mit Kindern und Jugendlichen über die Diagnostik hinaus begonnen wurde. So entspricht das Angebot auch den Anforderungen des KJHG, in dem eine Therapie von Kindern und Jugendlichen auch vorgesehen ist. Diese psychotherapeutische Leistung gehört zu den Indikationen im Rahmen der Familienberatung unserer integrierten Psychologischen Beratungsstelle. Das wirft in einigen Fällen die Frage auf, welches Setting der Situation eines Elternpaares oder einer Familie angemessen ist. Besonders wichtig ist es dabei, jeden Settingwechsel gut zu bedenken. Wann ist die Beratung des Elternpaares bzw. der alleinerziehenden Mutter/des Vaters angeraten, wann werden die Kinder einbezogen, wann wird eine Familiensitzung durchgeführt? Ein Fall soll die Wichtigkeit dieser Fragen verdeutlichen und auch die Möglichkeiten integrierter Beratungsstellen aufzeigen. Michael (Name wurde verändert) wurde wegen Einkotens und Schmierens mit Kot vorgestellt, als er acht Jahre alt war. Die Mutter stellte sich vor, dass eine Therapie ihm helfen könnte. Im Gespräch allerdings wurde das Ausmaß ihrer eigenen Traumatisierung deutlich und es wurde die Entscheidung gefällt, ihr eine Beratung anzubieten. Zunächst allerdings wurde das Kind von ihr vorgestellt und vom Berater in einer zeitlich umrissenen psychologischen Diagnostikphase untersucht.

27 25 Michael war eigentlich ein ruhiges Kleinkind. Es gab wenig Auffälligkeiten. Er hatte kein Durchhaltevermögen ( wie der Vater, meint die Mutter). Er sei nicht satt geworden. Seine Erziehung sei von der Gleichgültigkeit des Vaters ihm gegenüber und den heftiger werdenden Auseinandersetzungen zwischen den Eltern bestimmt gewesen. Er war ein lieber Junge, zeigte erst mit vier Jahren (als die Mutter mit einem weiteren Kind schwanger wurde) Trotz. Er wurde mit drei Jahren sauber, nässte aber weiterhin ein. Der Vater erzog mit viel Druck, forderte Anpassung vom Kind, kümmerte sich nur um den Jungen, wenn er selbst Lust dazu hatte. Die Mutter musste zeitweise für den Lebensunterhalt sorgen und fühlte sich überfordert. Die Ehe begann unter den Auseinandersetzungen zu leiden, in deren Verlauf der Mann seine Frau schlug. Der Junge bekam das mit, versuchte aber, sich nicht darum zu kümmern. Er verschwand in seinem Zimmer oder vor dem Fernseher. Der Fernsehkonsum war unkontrolliert. Im Kindergarten fiel er dann wegen seiner Jähzornsausbrüche auf. Als er fünf war, wurde sein Bruder geboren. Er hatte ihn zunächst nicht haben wollen, wurde später aber ein bemühter Vaterersatz für ihn. Er litt darunter, dass der Bruder häufiger schwer krank war und die Mutter dadurch absorbiert war. Die Ehe ging auseinander. Michael wurde daraufhin auffälliger, begann nun auch einzukoten und Kot zu schmieren. Er stößt nun den zweijährigen Bruder um, schlägt ihn ins Gesicht und rechtfertigt sich mit der Behauptung, der Kleine habe gebissen. Er wird eingeschult und auch hier zeigen sich zunehmend Gewälttätigkeiten, wenn er sich gereizt und gekränkt fühlt. Mit der Aufnahme einer Beratung der Mutter unter Einbeziehung ihres Lebenspartners beginnt die Bemühung, Michael durch Strukturierung und Vorgabe von klaren Anweisungen, aber auch mit positiven Äußerungen zu seinen Leistungen Halt und Orientierung zu vermitteln. Die Mutter lässt sich auf diese Aufgabe ein. Dazu verhilft auch der neue Lebenspartner der Mutter, der nach der Scheidung vom Vater und der Aufgabe der Besuchstermine Michaels bei diesem, für die Erziehung des Jungen eintritt. Er stützt die Mutter. Die Familie erlebt durch die Herausnahme des kleinen Bruders einen Schock, der alle mitnimmt. Die Beratung der Mutter erweist sich nun als nicht ausreichend, weil alle Kräfte gebündelt werden müssen. Der Lebenspartner wird regelmäßiger einbezogen. Eine Familiensitzung mit Michael wird durchgeführt. Dadurch konsolidiert sich das Familienleben wieder langsam. Es wird deutlich, dass Michaels gewalttätige Aktivitäten mit für die Herausnahme des Bruders verantwortlich waren und er unter dem Schuldgefühlsdruck es weder schafft, mit der Mutter zu sprechen, noch seine Konflikte ohne massive Symptome zu bewältigen. Dabei spielt auch eine Rolle, dass die Mutter erkennt, dass sie in ihm noch immer den geschiedenen Mann sieht und dass er auch selber noch mit dessen Art Spannungen abzubauen, identifiziert ist. Ohne eine direkte Arbeit mit dem verstockt und verschlossen wirkenden Jungen wirkt die Beratung unzureichend. Nach sorgfältiger Absprache mit der Mutter und ihrem Partner wird deshalb beschlossen, den Jungen mehr einzubeziehen. Der Junge geht deshalb ein Jahr nach Beginn der Beratung der Mutter in eine regelmäßige Therapie (wöchentlich), die über zwei Jahre durchgeführt wird. Er wird ruhiger, schafft es, seine Aggressionen zu steuern. Die Therapie ist analytisch orientiert. Er kann die Stunden gestalten, wie er es möchte. Er wählt zunächst Spiele, die ihn zum Sieger machen, kann kein Verlieren ertragen. Er beginnt mit Handschuhen gegen den Boxball zu boxen, wagt auch Boxkämpfe gegen den Therapeuten. Hier und auch beim Fechten mit Plastikschwertern zeigt er teilweise Durchbrüche von ungehemmter Aggressivität v.a. wenn er sich im Nachteil fühlt. Er zeigt als Reaktion darauf starke Schuldgefühle. Durch Aushandeln klarer Regeln wird er ruhiger. Er beginnt auch Regelspiele zu benutzen. In der Beziehung zum Therapeuten entwickelt er sich von einem verschlossenen, trotzig wirkenden Eigenbrötler zu einem etwas offeneren, zunehmend auch gesprächsbereiten Jungen. Sein Einkoten und seine Aggressionen in der Schule nehmen ab und verschwinden schließlich. Erst spät kann er seine Probleme mit dem kleinen Bruder berichten. Dabei sind nun nicht mehr die Schuldgefühle im Vordergrund, sondern seine Gefühle von Wut und Überforderung durch die Bevorzugung des Kleinen und durch dessen ungeschickte Annäherungsversuche an ihn. Bei Besuchen des Bruders kommt die Vergangenheit wieder hoch. Er berichtet darüber, wie er sich bemüht, seine Wut zu steuern. Notfalls verlässt er auch den Raum, geht auch zu Freunden, wenn es ihm zu viel wird und wird darin von seiner Mutter unterstützt, die inzwischen Verständnis für seine Überforderung in solchen Situationen zeigt. In dieser Kindheitsgeschichte klappte anfangs nichts von dem, was wichtig ist: Es wurde kein Zutrauen in die Kräfte des Kindes gezeigt. Es gab keine zuverlässige und kontinuierliche, aus Zuneigung herrührende Zuwendung und die Kindheit war nicht von der Zuversicht geprägt, dass es positive Lösungen für die Probleme gegeben hätte. Die einzige Lösung, die das männliche Modell Vater bot, war Gewalt. Entsprechend sind die Reaktionen des Jungen: Da wenig Zuversicht in Konflikten da war, war die einzige

28 26 Lösung so zuzuschlagen, wie der Vater es tat oder sich so wortlos und gedemütigt zurückzuziehen, wie die Mutter es tat. Der Beginn einer psychotherapeutischen Begleitung von Michael kennzeichnet die weitreichenden Möglichkeiten einer integrierten psychologischen Beratung. Wenn es wie bei Michael in der Beratung der Eltern und in der Familientherapie keine Fortschritte gibt, ist es auch möglich eine kinderpsychotherapeutische (hier psychoanalytische) Begleitung anzubieten. In diesem Fall war dies dringend angeraten. Dies hing mit den speziellen Vorbelastungen der Familie zusammen. Die Beratung litt zunächst darunter, dass die Mutter idealisierend auf die neue Familienstruktur baute. Eine Erinnerung oder gar Zusammenarbeit mit dem leiblichen Vater erschien ausgeschlossen. Sie war von ihm geschlagen und gequält worden und konnte sich diesem Erleben nicht noch einmal aussetzen. Sie setzte auf die Zukunft. Sie stellte ihren neuen Partner als Garant für diese Zukunft vor und er war tatsächlich ein bemühtes und positiv Beziehung aufbauendes Familienoberhaupt. Für Michael aber war der leibliche Vater nicht erledigt. Er war nicht in der Lage, die inneren Konflikte, die durch den lebhaften und ihn einengenden Bruder zustande kamen und durch zeitweise Überforderung der Mutter verstärkt wurden zu bearbeiten. Er musste auch mit dem Vorbehalt der Mutter ihm gegenüber fertig werden, dass er angeblich viele Eigenschaften des leiblichen Vaters geerbt habe und sie in ihm seine männliche Aktionsbereitschaft und Aggressivität mißtrauisch beobachtete. Sein Konflikt bestand darin, dass er die Gewalttätigkeit des Vaters als ultimative Lösung von Unstimmigkeiten beobachtet hatte und sich mit ihr als Ausdruck von Stärke identifiziert hatte, aber (auf der Höhe der ödipalen Entwicklung) auf der Seite der Mutter gestanden hatte, wie ein potientiell besserer Partner und den unbeherrschten Vater verachten gelernt hatte. Wenn es ihm gut ging, konnte er der brave Junge der Mutter sein. Wenn er sich unwohl fühlte oder gekränkt worden war, brach jähe narzisstische Wut aus ihm heraus, die er versuchte zu steuern und nur hintenherum zeigte. Deshalb kotete er zeitweise ein und schmierte den Kot in die Hose oder an die Wände. Er versteckte Essensreste, bis sie schimmelten. Aber er quälte auch heimlich seinen nervigen Bruder, so dass dieser zeitweise auffällige blaue Flecke trug. Auch in der Schule neigte er zu gewalttätigen Übergriffen, wenn er sich missverstanden und ungeliebt fühlte. Die beim Vater erlebte Macht und Gewalt waren in der Beratung ein Schlüssel für das Verständnis seiner Auffälligkeiten. Die Veränderung der Mutter, die in der Beratung ihre Sicherheit und ihr Selbstbewusstsein ganz allmählich wiederentdeckte, reichte nicht aus, um dem Jungen Stabilität zu geben. Er wirkte auch im Einzelkontakt immer verschlossen und undurchschaubar, konnte seine Gefühle nicht offen zeigen. Die therapeutische Beziehung zeigte prototypisch auf, was Michael brauchte: eine langfristige Zuwendung, die von Geduld und Verlässlichkeit und zunehmend auch von Verständnis geprägt ist. So entsteht bei Michael Zutrauen, so entstehen freundliche Gefühle sich selbst gegenüber. Die Regelspiele und das Boxen sind Versuche eine Ordnung herzustellen bzw. die Grenzen der Aggression und das Aushalten und Halten des Therapeuten zu testen. Durch das sich entwickelnde Zutrauen zu sich selbst, wächst auch die Zuversicht, dass er in der Lage ist, das Chaos der Gefühle, die Kränkungswut und die Kurzschlüssigkeit der Beziehungseinstellung zu verstehen und zu bewältigen. Es ist kennzeichnend für Integrierte Psychologische Beratung, dass die Beratung der Eltern und insbesondere die Stützung der Mutter sehr intensiv weitergeführt wurde. Dies war auch angesichts der folgenden Entwicklung nötig: Während der ersten Zeit der Therapie von Michael wurde die Mutter wegen Misshandlung des jüngeren Kindes angezeigt. Bei allen Zweifeln, die blieben, wurde der Junge im Sinne des vom Gesetz gebotenen Schutzes des Kindeswohls zu einer Pflegefamilie gegeben. Dies war der Zusammenbruch des hoffnungsvollen Bildes einer neuen Familie ohne lästige Brücke in die Geschichte. Die Mutter musste sich nun mit der Vergangenheit und ihren schlimmen Bildern auseinandersetzen. Die Beziehung zur eigenen Mutter, die nicht geklärt war, wurde zur Gefahr, weil diese als Zeugin gegen die Tochter aussagte. Der leibliche Vater der Jungen sah die Chance, sich selbst wieder ins Spiel zu bringen und von seiner Schuld abzulenken. Das gesellschaftliche Umfeld demonstrierte sein Misstrauen gegenüber dem ganz neuen Bild, das sich die Familie gegeben hatte. Im Rahmen der psychologischen Beratung war eine Entscheidung nötig, ob der Berater bereit war, sich einem Jugendhilfegespräch bzw. einer Erziehungskonferenz für die Familie zu stellen oder gar eine Aussage vor dem Familiengericht zu machen. Diese Art der Zusammenarbeit mit den für die Jugendhilfe zuständigen Behörden ist sicher ein Prüfstein für die Beratung, weil er ihr Bild von relativer Abstinenz und Unabhängigkeit in Frage stellt und die Klienten in Versuchung führt, sich die Beratung für andere Zwecke verfügbar zu machen. Daran wurde in der Beratung gearbeitet

29 27 und die Aussagen, die nach außen drangen wurden vorher miteinander abgeklärt. So war es möglich, auch nach gerichtlichen Schritten eine vertrauensvolle Zusammenarbeit zu erhalten. Selbst das Gespräch gemeinsam mit der zeitweilig eingesetzten Pflegemutter war möglich, ohne dass ein Misstrauen gegenüber der Loyalität des Beraters einsetzte. Zentrum der gemeinsamen Arbeit blieb das Arbeitsbündnis mit der Mutter, die ihre Stabilität und Zuversicht trotz massiver Erschütterung behielt. Dies war das tragende und zentrale Ziel der Beratung. Die Beziehung zum Partner trug dazu bei und wurde durch gemeinsame Gespräche gestützt. Die Partnerschaft litt natürlich unter den Schatten der Vergangenheit. Aber die Gefahren von außen hatten, wie in der Beratung deutlich wurde, auch die Funktion, die Familie zu stärken, die sich dann wie in einer Festung fühlte. So bekam auch der neue Mann der Familie eine wichtige Rolle als Retter und Verteidiger der Familie und war in den ödipalen Phantasien von Michael nicht mehr wegzudenken. In der Arbeit mit Michael selbst war das Ziel weiterhin, ihm Vertrauen in eine Beziehung einzuflößen, in der er nicht streng geführt wurde, in der nicht die Schuldfrage im Vordergrund stand, sondern das Ziel, sich selbst verstehen zu lernen und sich anderen verständlich zu machen. Es war hilfreich für ihn, dass er eine sehr gute schulische Leistungsfähigkeit zeigte und sich so bewies, dass in ihm etwas Gutes steckt. Dies und die langfristige Beziehung zum Therapeuten verhalfen dazu, dass er sich immer offener und beziehungsvoller äußern konnte. Er erzählte von den ärgerlichen Attacken anderer auf ihn. Er reflektierte die eigene Wut darüber und seine Rachegedanken (die zur Selbstrechtfertigung von eigener Aggression dienten). Fortschritte, sich gegenüber anderen auszudrücken und für Beziehung zu sorgen, wurden benannt und auch die vielen Schwierigkeiten, mit denen er zu kämpfen hatte. Das festigte seine Stellung im System und auch die irritierten Eltern waren weiter bereit, an ihn zu glauben und ihn zu unterstützen. Die Integrierte familienorientierte Beratungsstelle bot so ein weit gefächertes Angebot verschiedener Interventionsmöglichkeiten, das alle aktuell Beteiligten (mit Ausnahme des leiblichen Vaters) einbezog. Fazit: Die Zusammenarbeit von fachlichen Mitarbeitern in einer Psychologischen Beratungsstelle und die unterschiedlichen Beratungsformen machen die integrierte psychologische Beratung zu einem wirkungsvollen Instrument der Jugendhilfe. Diese komplexe Leistung wird häufig von den involvierten Behörden nicht gesehen, weil die Arbeit selten zu so dramatischen Prozessen führt wie im angeführten Fall. In der Regel ist ja die Arbeit an einem Fall kürzer und unauffälliger und stellt im Vorfeld von Ereignissen, die behördliche Jugendhilfe bearbeitet, Hilfeleistung zur Verfügung, die die Ratsuchenden zu eigenen Lösungen führt. Psychologische Beratung ist so keine Notfallhilfe allein, sondern auch eine präventiv wirkende Klärungsmöglichkeit bei möglichen familiären Krisenentwicklungen. Sie ist aber auch im Notfall wirkungsvoll einsetzbar und erbringt dann sehr viel weitreichendere und langfristigere Lösungen als die in ausweglosen Situationen nötigen Interventionen der behördlichen Jugendhilfe. Die Rückkehr des Bruders brachte allerdings seine Fortschritte ins Wanken, weil nun wieder Zweifel an seiner Wertigkeit vorherrschten. Er griff nicht den Bruder an (wie man hätte erwarten können), sondern begann kleine Diebstähle zu machen und verheimlichte die beginnende Vernachlässigung seiner schulischen Bemühungen, indem er Arbeiten versteckte. Wieder entstand eine Krise in der Familie: alle wirkten nervös, die Mutter begann an sich und an Michael zu zweifeln, der Partner wurde ungeduldig, nachdem er doch immer wie ein Fels in der Brandung gewirkt hatte und der kleine Bruder rivalisierte heftiger mit dem großen. Im Rahmen der integrierten Beratungsstelle war es möglich, dies in drei Familiensitzungen mit Mutter, Stiefvater, Michael und Bruder gemeinsam aufzuarbeiten. Seine großen Leistungen wurden erinnert und gewürdigt, seine

30 28 Martin Koschorke Wer hat die Macht in der Familie von heute? Über Gewaltfreiheit in Partnerschaft und Familie Wer hat die Macht in den Familien? Auf den ersten Blick mag die Frage verwundern. Natürlich die Eltern - so wird die spontane Antwort lauten. Und für solch eine Antwort gibt es verschiedene Gründe. Ich beginne mit einem kleinen Ausflug in die soziologische Theorie. Aufgabe der Eltern ist es, neue Mitglieder der Gesellschaft hervorzubringen. Familien konstituieren sich durch Kinder. In Familien wird Nachwuchs gezeugt, gepflegt, aufgezogen und so erzogen, dass er grundsätzlich bereit ist, Mitglied der sozialen Gemeinschaft zu sein und gegebenenfalls seinerseits Kinder zu zeugen, aufzuziehen und im gleichen Sinne zu sozialisieren. Damit haben Eltern beabsichtigt oder unbeabsichtigt sehr viel Macht über ihre Kinder. Und über deren Zukunft. Sie entscheiden, ob sie leben. Sie beeinflussen, wie sie leben. Sie bestimmen, wie sie heißen. Kleine Kinder sind von ihren Eltern fast total abhängig. Eltern können ihr Kind aufheben und wo anders hin tragen. Sie können ihm Gefühle und Dinge geben oder verweigern. Sie können ihr Kind definieren: ihnen Qualitäten zu- oder absprechen. Eltern haben Macht. Die Familie eine totalitäre Institution? Zur Erfüllung ihrer Aufgaben stellt die Gesellschaft den Eltern einen außergewöhnlichen Rahmen und außerordentliche Mittel zur Verfügung. Der Rahmen: Strukturell gesehen ist die Familie eine totalitäre Institution. Sie beschert denen, die in ihr das Sagen haben, eine ungewöhnliche Machtfülle. Demokratie bedeutet: Wer der Machtausübung eines anderen unterliegt, hat das Recht und die Möglichkeit, diese Macht zu kontrollieren. Darum sind in demokratischen Staaten Legislative, Judikative und Exekutive streng getrennt. Es darf nicht ein und dieselbe Person die Normen setzen, also verbindliche Verhaltenserwartungen definieren, ihre Einhaltung kontrollieren und Abweichungen oder Übertretungen sanktionieren. Die institutionelle Trennung von Norm, Kontrolle und Sanktion ist eines der entscheidenden Kriterien dafür, ob eine Gesellschaft frei ist oder nicht. Die Familie ist keine Demokratie. Denn hier geschieht genau das Gegenteil: Ein und dieselbe Person oder Instanz setzt die Verhaltensnormen fest, kontrolliert ihre Einhaltung und lobt oder straft, wenn sie eingehalten oder übertreten werden. Wie gesagt: Die Familie ist eine prin-

31 29 zipiell totalitäre Einrichtung. In ihr haben die Eltern einen fast totalen Einfluss auf ihre Kinder, zumindest zu Beginn. Das ist auch zum Vorteil der Kinder wenn alles gut läuft. Angst, Scham, Schuldgefühl oder: Die Vernunft auf verlorenem Posten Eltern können ihren Kinder indessen nicht auf Dauer beaufsichtigen, lenken, loben, bestrafen oder ihnen sagen, was zu tun ist. Darum ist dafür gesorgt, dass die externe Anleitung und Kontrolle, die anfänglich die Eltern, später auch Schule und andere Einrichtungen wahrnehmen, internalisiert wird. Die neuen Mitglieder der sozialen Gemeinschaft verinnerlichen natürlich in unterschiedlichem Umfang Norm, Kontrolle und Sanktion. Man nennt das Gewissen, Über-Ich oder einfach gute Erziehung. Die Gesellschaft bedient sich dabei im wesentlichen dreier sehr machtvoller Instrumente der Kontrolle: Angst, Schuldgefühl und Scham. Mit ihrer Hilfe versucht die Gesellschaft, Entwicklung und Verhalten ihrer Mitglieder zu kontrollieren und spontane Impulse in bestimmte Bahnen zu lenken. Angst ist eine quasi-automatische Reaktion des Organismus auf existentielle Bedrohung. Schuldgefühl wie Scham gehören zur seelischen und sozialen Grundausstattung des Menschen: Jeder Mensch hat die Fähigkeit sich zu schämen oder Schuldgefühl zu empfinden. Unterschiedlich ist: wofür. Während Angst in der Regel mit Situationen verknüpft ist, und Schuldgefühl mit Verhalten, wirkt Scham als Kontrolle der gesamten Person, seiner Identität und seines Selbstwerts. Alle drei Kontrollinstrumente wirken weitgehend unbewusst oder wie Scham und Angst sogar lange bevor sprachliche Fähigkeiten entwickelt sind. Deshalb sind sie so wirkungsvoll. Nicht erwähnt habe ich bisher einen vierten Kontrollmechanismus des Verhaltens: die Vernunft. Menschen können auch durch Einsicht dazu gebracht werden, bestimmte Dinge zu tun oder zu lassen. Die Vernunft hat sich allerdings in der Entwicklungsgeschichte der Menschheit und des menschlichen Gehirns erst relativ spät ausgebildet. Auch in der Entwicklung des einzelnen Menschen tritt sie erst nach und nach zu Tage. Einsicht fordert oftmals, individuellen Vorteil gegenüber den Interessen der Gemeinschaft zurückzustellen. So muss sich die Vernunft einerseits gegen die Eigeninteressen der Person, andererseits gegenüber Angst, Scham und Schuldgefühl durchsetzen. Kein Wunder, dass der Beitrag der Vernunft bei dem Unternehmen, gesellschaftsfähige Wesen zu schaffen, recht begrenzt ist. - Wer hat Macht in der Familie? Die Eltern - oder wer immer die Aufgabe der Eltern wahrnimmt haben von der Gesellschaft einen klaren Auftrag erhalten. Sie sind mit Bedingungen ausgestattet, die es ihnen gut ermöglichen könnten, ihren Willen gegenüber der nachfolgenden Generation durchzusetzen, um sie zu gemeinschaftsfähigen Mitgliedern der Gesellschaft heranzuziehen. Ohnmächtige Eltern Werfen wir nun einen zweiten Blick auf die Machtverhältnisse in modernen westlichen Familien und fragen: Wer hat die Macht - faktisch? Max Weber definiert Macht 1920 als die Chance, innerhalb einer sozialen Beziehung den eigenen Willen auch gegen Widerstand durchzusetzen. Diese Definition wirkt zunächst sehr männlich. Sie schließt auch Aspekte der Willkür und Gewalt mit ein. Lässt man einmal die Verkürzung auf Verhalten und aktives Handeln beiseite, so sagt Weber im Kern: Macht bedeutet: Ich kann andere und ihr Verhalten beeinflussen, ich kann bei anderen etwas bewirken. Unter psychodynamischen und systemischen Blickwinkel wird man diese Einflussnahme in einem sozialen Feld von Beziehungen und Bindungen ansiedeln. Dieses lässt sich kennzeichnen als ein Spannungsfeld zwischen Polen wie: Macht ausüben und Machtausübung erfahren; Einfluss nehmen und sich Einfluss entziehen, verweigern oder dagegen wehren; Macht und Gegenmacht; Macht und Ohnmacht. Man wird auch nach den verschiedenen Formen von Macht und der Reaktion darauf fragen: aktiver und passiver, gewollter und ungewollter, Überzeugen und Überreden, den anderen definieren oder ihn auflaufen lassen, Autorität und Gewalt, sich anpassen oder unterwerfen, erpressen oder verführen, nerven und tyrannisieren usw. Haben Eltern Macht? Gehen wir auf einen Spielplatz. Beobachten wir Familien im Urlaub, am Strand oder im Restaurant beim Kampf darum, wer den besten Platz erhält oder das Verhalten der anderen bestimmt. Besuchen wir Familien zu Hause und schauen, wer den Regierungsstab vor dem Fernseher, die Fernbedienung, in der Hand hält, wer mit der Lautstärke seiner Stereo-Anlage die Wohnung beherrscht. Begleiten wir Eltern mit ihren vorpubertären Kindern beim Einkauf von Kleidung oder Schuhen und sehen, wer sich mit seinen Wünschen durchsetzt. Wer hat die Macht in Familien? Oder fragen wir einmal Familienberater: Was ist das Hauptproblem in Familien mit Problemen? Die Antwort wird häufig sein: Die natürliche Hierarchie ist auf den Kopf gestellt. Kleine

32 30 tyrannisieren die Großen, Eltern spielen Sklaven für ihre Kinder, oder wehren sich in ohnmächtiger Wut und werden gewalttätig. Du hast kein Recht mich zu schlagen Dazu möchte ich eine kleine Geschichte erzählen. Meine Frau hat sie selbst erlebt. Eine Frau geht durch eine Berliner Straße. Mädchen im Alter von 12, 13 Jahren folgen ihr. Plötzlich wirft eines der Mädchen der Frau einen Chinaknaller vor die Füße. Der explodiert mit ohrenbetäubendem Lärm. Die Frau ist zu Tode erschreckt, kann sekundenlang nichts hören. Die drei Mädchen verschwinden kichernd in einer Hauseinfahrt. Hier könnte die Geschichte zu Ende sein: eine alltägliche Geschichte gefährlichen jugendlichen Übermuts. Die Geschichte geht aber noch weiter. Die Frau lässt sich die Aggression der Mädchen nicht gefallen. Sie folgt den Mädchen in den Innenhof des Gebäudes, findet sie noch immer freuen sie sich über ihren Erfolg und sagt zu dem Mädchen, dass die Explosion verursacht hat: Stell dir vor, ich hätte einen Herzfehler. Du hättest mich glatt töten können! Das Mädchen lacht sie nur frech an. Daraufhin gibt die Frau dem Mädchen eine Ohrfeige. Ganz empört antwortet die 13Jährige: Sie haben kein Recht, mich zu schlagen! Ich gehe zur Polizei und zeige Sie an! Du hast kein Recht mich zu schlagen! Ich bin unantastbar dieses eigentlich erfreuliche Selbstbewusstsein lernen Kinder schon in der Schule. Ich bin wie ein Erwachsener, habe die gleichen Rechte, die gleiche Position wie ein Erwachsener. Unabhängig von meinem Verhalten. Es gibt keine Hierarchie der Lebensalter mehr. Du hast mir nichts zu sagen. Wie ging die Geschichte aus? Die Frau ergriff die Hand des Mädchens und sagte: Einverstanden! Komm, wir gehen da sofort hin. Damit war die Angelegenheit erledigt. Was lernen wir aus dieser kleinen Szene? Die eigene Selbstdeutung, das Selbstbewusstsein, ist ein wichtiger Faktor im Spiel um die Macht. Macht ist nicht nur mit Max Weber der erfolgreiche Versuch, über die eigenen Grenzen hinaus die Grenzen des anderen zu überschreiten, in den Bereich, das Territorium seines Verhaltens, seiner Vorstellungen, seiner Gefühle und seines Selbstverständnisses hinein zu wirken. Macht kann auch darin bestehen, solche Grenzüberschreitungen, Einflussnahmen erfolgreich abzuweisen. Macht ist ein Spiel um Grenzen. Es geht um den Respekt vor Grenzen, das Überschreiten von Grenzen, das Eindringen in das Verhalten, Fühlen, Denken und möglicherweise auch Körperempfinden des anderen. Und um die Abwehr solchen Eindringens. Drei Gesellschaften und ihre Wertordnungen Familienberatern und Familientherapeuten ist das oben geschilderte Verhalten und Selbstbewusstsein Jugendlicher vertraut. Es ist einer der typischen Konflikte in Familien. Ich habe Rechte und Ansprüche. Grenzüberschreitungen mir gegenüber sind unzulässig. Über Grenzverletzungen, die ich anderen gegenüber begehe, rede ich nicht. Du darfst mich nicht anrühren wenn du es tust, ist das strafbare Gewalt. Auf diese Position des Kindes reagieren Eltern häufig entweder ihrerseits mit Gewalt, womit sie sich ihren Kindern gegenüber ins Unrecht setzen, oder mit Ohnmacht. Wie erklärt sich die elterliche Ohnmacht, die vielfach zu beobachten ist? Ich möchte drei Erklärungsversuche geben. Dazu möchte ich zunächst drei Stadien der sozialen Entwicklung unserer Gesellschaft, d.h. drei Wertordnungen bzw. Zeitmodelle miteinander vergleichen (Roussel 1988; Popitz 1999). In der Familiengesellschaft kann der Einzelne nur überleben, weil er Teil einer Familie ist. Die Familie oder der Clan sorgt für ihn, nährt ihn, kleidet ihn, schützt und verteidigt ihn, pflegt ihn bei Krankheit oder im Alter. Die Existenz des Individuums ist nur gesichert, solange die Familie existiert. Infolgedessen hat der Fortbestand und auch die Fortpflanzung der Familie absolute Priorität. Individuelles Planen und Wollen ist den Interessen des Clans fraglos untergeordnet. Das gilt für alle Lebensbereiche, von der Partner- und Berufswahl bis zum Erziehungsstil der eigenen Kinder. Autorität und Entscheidungsgewalt liegen bei der Familie, d.h. bei den Alten. Alters- und Geschlechtsidentität sind klar definiert und vorgegeben. Diese Gesellschaftsform herrschte in den Ländern der westlichen Zivilisation bis zur Industrialisierung vor. In anderen Kontinenten ist sie noch heute weit verbreitet. Die Aufbaugesellschaft: Alles ändert sich, wenn die Menschen erfahren: Die gesellschaftliche Ordnung und die oft elenden Bedingungen, in denen sie leben, sind nicht unveränderlich. Wenn sie gewisse Einflussmöglichkeiten haben, dann können sie beginnen zu planen: Beruf, Ehe, Familie, Kinderzahl, Zukunft. Wenn Aussicht besteht, dass es mir und wenn nicht mir, dann wenigstens meinen Kindern einmal besser geht, plane ich anders, als wenn ich in einen unveränderlichen Kreislauf eingebun-

33 31 den bin. Die Kinderzahl reduziert sich, die Großfamilie verliert, der Einzelne gewinnt an Bedeutung, Partnerwahl wird individueller, das Binnenklima der kleiner gewordenen Familie wird intimer. Diese Gesellschaftsform herrschte in den Ländern der westlichen Zivilisation von der Industrialisierung an bis etwa 1960/1970. Lebe jetzt zahle später Die Jetzt- oder Entwicklungsgesellschaft: Wiederum tritt eine radikale Änderung ein, wenn das wirtschaftliche Überleben des Einzelnen grundsätzlich auch ohne Familie sei sie groß oder klein gesichert ist. Dann kommt dem Staat die Aufgabe zu, einen allgemeinen Rahmen für die Versorgung und die Verwirklichung des Glücks des Einzelnen zu schaffen. Wie lange und in welchem Ausmaß der Staat das kann, ist indessen höchst ungewiss. So verbindet sich mit der Gewissheit, auch ohne Familie nicht verhungern zu müssen, eine kollektive Ungewissheit, die zugleich eine individuelle Unsicherheit ist: Wie lange werde ich noch so gut versorgt wie bisher? Wie lange werde ich die privilegierte Situation, in der wir im Westen in den vergangenen Jahrzehnten gelebt haben, noch genießen können? Es liegt in der Logik dieser Situation, von der Galgenfrist zu profitieren und mit möglichst wenig Aufwand soviel Befriedigung wie möglich herauszuholen (Roussel 1988). Staat und Individuen handeln nach dem Motto: Lebe jetzt, zahle später. Bedürfnisbefriedigung ist zunächst einmal Individuum-orientiert. Soviel Befriedigung wie möglich herausholen kann ich am besten, wenn mich keine sozialen Verpflichtungen belasten, wenn ich allein und unabhängig bin: der Single als ideale Lebensform. (In Deutschland hat sich dafür sowohl im Beruflichen als auch im Privaten der Ausdruck Ich-AG eingebürgert.) Für seine Autonomie hat der Single allerdings eine hohe Vergnügungssteuer zu entrichten: die Einsamkeit. So wird der Konflikt zwischen Autonomie und Bindung ein kollektives Problem. Um auch in den privaten Beziehungen hohe Befriedigung zu erreichen, wird alles Gegenstand sorgfältiger Abwägung. Auch Beziehungen Partnerwahl, Zusammenziehen, Heiraten oder nicht, Kinder bekommen (wie viele, wann, welches Geschlecht) unterliegen der individuellen Kosten- Nutzen-Rechnung jedes Beteiligten. Kommt man nicht mehr auf seine Kosten, so besteht wenig Motivation, eine Paarbeziehung oder auch eine Familie weiterzuführen. (Leitsätze für diesen Fall sind: Das Glück der Eltern darf nicht auf dem Unglück der Kinder beruhen. Und zugleich: Das Glück der Kinder darf nicht auf dem Unglück der Eltern beruhen.) vgl. Tafel 1. Nichts ist sicher, außer dass nichts sicher ist Das Grundlebensgefühl der Jetzt- oder Entwicklungsgesellschaft lässt sich mit drei Sätzen charakterisieren: Wir haben keine Zeit, darum ist das Leben ein permanenter Stress. Nichts ist sicher, außer dass nichts sicher ist. Höchster Ausdruck von Lebensglück ist die Freiheit im Sinne von Entfaltung der Persönlichkeit, von ständiger Selbstverwirklichung des einzigartigen und unverwechselbaren Individuums (was wiederum enormen Stress macht). Persönliche Sicherheit gewinne ich in einer solchen Situation nur, wenn ich sicher sein kann, stets die für mich und meine Entfaltung beste Wahl zu treffen. Ich muss also die Fähigkeit erwerben, abzuwägen und mich zu entscheiden; sonst kann ich auf dem sich globalisierenden Markt der Beziehungen, Berufschancen, Konsummöglichkeiten und Privilegien nicht mithalten. Ich muss diese Fähigkeit stets neu entwickeln. Die Fähigkeit, sich persönlich zu entwickeln, unterliegt dem Wettbewerbsdruck des Marktes. Auf dem Kongress der Internationalen Kommission für Paar- und Familienbeziehungen in Stockholm wurde 2001 darauf hingewiesen, dass Kinder schon im Kindergarten die Fähigkeit entwickeln, in dem Moment, in dem sie ihren Kindergarten betreten, mit einem Scanner-Blick einzuschätzen, wie die besten persönlichen Entfaltungschancen sind. François de Singly hat auf dem Kongress derselben Kommission 2003 in Leuven eindrucksvoll gezeigt: Zentrale Funktion der Familie von heute ist es, jedem Familienmitglied bei der Entdeckung und permanenten Konstruktion des Ich zu helfen. Aufgabe der Familie ist es, in Permanenz das Ich der Erwachsenen und Kinder zu konsolidieren (de Singly 2003). Dabei stehen Eltern und Kinder vor der gleichen Aufgabe: Die Eltern müssen sich permanent weiter entwickeln, die Kinder auch. Kindern, Jugendlichen und Adoleszenten fällt das möglicherweise sogar leichter. Die Eltern haben nicht mehr unbedingt einen Vorsprung vor ihren Kindern. Im Blick auf eine zentrale Aufgabe der Familie besteht kein hierarchischer Unterschied zwischen den Generationen. Daraus erwächst folgendes Dilemma: Erwachsene, die spüren, dass sie sich als Partner und als Eltern irgendwie entwickeln sollen, aber nicht recht wissen wie, sollen Kinder in Lebensbereichen fördern, in denen den Kindern die Entwicklung möglicherweise viel leichter fällt als den Eltern. Das führt zu Verwirrung, Unsicherheit, Hilflosigkeit. Dies ist meine erste Erklärung für die Ohnmacht und Erstarrung heutiger Eltern.

34 32 In Steinzeit und Moderne zugleich In Familien bewegen sich die Partner auf drei unterschiedlichen Ebenen: Sie sind Eltern, Lebensgefährten und Liebende. Jede dieser drei Ebenen hat ihren spezifischen Zweck, folgt einem eigenen Wertsystem und eigenen Gesetzen und korrespondiert mehr oder weniger mit einer der oben dargestellten drei Gesellschaftsformen oder Zeitmodellen. Als Eltern sorgen die Erwachsenen für ihre Kinder. Leben wird weitergegeben. Im Leben der Kinder leben die Eltern weiter. Die Eltern sind in eine Abfolge von Generationen, in einen Kontext von Verwandtschaft und Familientraditionen hineingestellt. - Die Dynamik, die die Erwachsenen in dieser Phase erleben, ist weitgehend derjenigen der Familiengesellschaft vergleichbar. Als Lebensgefährten bauen sich die Erwachsenen zusammen mit dem Partner ein Leben auf, richten sich eine Wohnung oder ein Haus ein, gestalten Beruf oder Karriere, planen Freizeit und Urlaub, oder sorgen vor für Zukunft und Alter. - Die Dynamik, die die Erwachsenen in dieser Phase erleben, ist weitgehend derjenigen der Aufbaugesellschaft vergleichbar. Als Liebende wenden sich die Partner einander zu, möchten genießen, den anderen und mit dem anderen zusammen, im Jetzt leben. Sie möchten sich verwirklichen und in ihrer Persönlichkeit respektiert werden und sich möglicherweise mit Hilfe des anderen entwickeln, wie es den Zielvorstellungen der Jetzt- und Entwicklungsgesellschaft entspricht. Lebensgefährten Liebende Eltern Moderne Partnerschaft Verwirklichung seiner selbst Drei Grundregeln moderner Partnerschaft lauten: Keiner soll sich selbst aufgeben. Denn beide Partner sind gleichrangig. Sie haben den gleichen Anspruch auf berufliche Entwicklung und persönliche Entfaltung. Jeder muss alles können. Es kann zwar Absprachen über Arbeitsteilung geben. Grundsätzlich jedoch nimmt jeder gleichberechtigt und gleichpflichtig an allen Aufgaben des gemeinsamen Lebens teil. Jeder soll sich entwickeln und zwar ständig. Sinn der Partnerschaft ist es, gemeinsam und jeder für sich Erfüllung und Glück zu finden. Das kann nicht geschehen, wenn einer zurückbleibt oder einer sich in seiner Entwicklung zurückhält, sich dem anderen zu Liebe also aufgibt (siehe Regel 1). Moderne Partnerschaft fordert von den Partnern ein hohes Maß an Persönlichkeitsreife und sozialer Kompetenz, an Fähigkeit zu Kommunikation und Verhandeln. Die Partner müssen sich über ihre eigenen Bedürfnisse und Interessen im Klaren sein, sie dem anderen angemessen mitteilen können. Sie müssen in der Lage sein, die Bedürfnisse und Interessen des anderen anzuhören, zu verstehen, was der andere meint (nicht nur was er sagt) und über Unterschiede zu verhandeln (nach dem Motto: Bitten und bieten statt fordern und klagen). Sie müssen zu Kompromissen fähig sein und auf den anderen zugehen, ohne sich selbst aufzugeben. Sie müssen den anderen, sein Anderssein und seine Bereiche respektieren. Sie müssen sich einigen, wer im gemeinsamen Territorium (Kindererziehung, Freizeit, Küche usw.) jeweils das Sagen hat und wer zuarbeitet. Grundsätzlich gibt es keinen Bereich mehr, der weiblicher oder männlicher Vorherrschaft unterliegt. Darum muss die Zuständigkeit stets neu festgelegt werden. In allen Bereichen des Familienlebens Verantwortung zu übernehmen, setzt allerdings voraus, dass die traditionellen Beherrscher weiblicher oder männlicher Bereiche ihre traditionellen Territorien auch tatsächlich geräumt haben (ein schwieriges Problem!). Für Verzicht und Verantwortungsübernahme ist permanent ein emotionaler Ausgleich durch Anerkennung oder in anderer Form zu leisten. Usw. Moderne Partnerschaft wird zu einer hohen Kunst. Auf der anderen Seite winkt, wenn sie glückt, ein hoher Lohn: ein großes Maß an Befriedigung, ein Grundgefühl, sich auch über die Phase der Verliebtheit hinaus mit dem anderen gut zu fühlen (Vansteenwegen), eine Balance zu finden zwischen gemeinsamen Interessen und gemeinsamer Zeit einerseits und individueller Entfaltung und Freiheit andererseits, kurz: gleichberechtigt zu sein. Auch wenn man hin und wieder verzichtet - keiner ist dem anderen untergeordnet. Beide können sich auch beruflich verwirklichen. Keiner muss sich aufgeben. Familie Verzicht auf sich selbst? Welche Dynamik ergibt sich nun aber, wenn aus einer Partnerschaft eine Familie wird? Auch wenn die Kinder willkommen sind: Kleine Kinder bedeuten Abhängigkeit. Sie bedeuten Verzicht der Eltern auf wichtige Bereiche ihres persönlichen Lebens. Sie bedeuten eine Einschrän-

35 33 kung ihrer Zeit, ihrer Lebensgestaltung und beruflichen Entwicklung, und das für Jahre. Kleine Kinder sind schutzbedürftig. Schutzbedürftig ist auch die Frau, zumindest während der Schwangerschaft und Stillzeit. Schutzbedürftig ist stets der, der die Kinder versorgt. Damit ergeben sich grundlegende Unterschiede hinsichtlich Schutzbedürftigkeit, Abhängigkeit und Belastung, d.h. eine Hierarchie der Macht. In wenig Ländern, Sozialschichten oder Betrieben sind die Bedingungen so familienfreundlich, dass nicht einer der Partner gezwungen ist, auf ein Stück eigener Lebensplanung zu verzichten, d.h. sich selbst zumindest teilweise aufzugeben. Viele jungen Frauen und Männern leben inzwischen ganz selbstverständlich so, wie es die Werte moderner Partnerschaft nahe legen. Die Verwirklichung eigener Interessen und Lebensziele und die Erfordernisse eines Lebens als Familie erscheinen ihnen häufig völlig unvereinbar. (Dies ist eine der Erklärungen für die sinkende Geburtenrate in vielen westlichen Ländern.) Steinzeit und Moderne stoßen aufeinander: auf der einen Seite die Familiengesellschaft mit ihren Anforderungen, Regeln und Verlockungen (im eigenen Kind weiterzuleben), auf der anderen Seite die Chancen, im Jetzt zu leben und sich persönlich zu entfalten und entwickeln. Dies ist nicht nur ein sozialer Konflikt. Die Sehnsucht nach Familie, nach Aufbau eines befriedigenden Lebens und nach Erfüllung in einer glücklichen Partnerschaft ist in jedem Menschen angelegt. Ein sozialer Konflikt wird zum inneren Konflikt. Er wird als unlösbar erlebt. Die Betroffenen fühlen sich hin und her gerissen zwischen gegensätzlichen Lebenszielen, zwischen Sehnsüchten, die ihnen sehr wichtig sind, die aber als unvereinbar erscheinen zwischen Wertvorstellungen und Verhaltensregeln unterschiedlicher Zeitalter. Das schafft Konfusion und Desorientierung bei der Frage: Was will ich? Wer bin ich? Wie soll ich mich verhalten? Es erschwert die Verständigung der Partner, wenn die Partner nicht nur untereinander uneins sind, sondern jeder der Partner auch mit sich selbst. Diese Verwirrung scheint mir ein weiterer Grund für die Ohnmacht vieler Eltern zu sein. Modern erziehen wie geht das? Eltern sollen ihre Kinder zu gemeinschaftsfähigen Menschen heranziehen. Das ist nach wie vor der Auftrag der Gesellschaft an die Familie. Neu ist, was das konkret heißt: Wesen heranzuziehen, die fähig sind, ihre Persönlichkeit, ihre Identität, ihre Selbständigkeit zu ständig entwickeln. Nicht Anpassung ist gefragt. Denn die Welt, an die sich Kinder heute anpassen könnten, wird morgen nicht mehr bestehen (de Singly 2003). Damit fällt auch die Legitimität der Erziehungsmittel weitgehend weg, mit denen Anpassung bisher erreicht wurde: Angst vor Strafe, Beschämung, Schuldgefühle. Welche Mittel haben Eltern, ihren Auftrag zu erfüllen? Welche Fähigkeiten müssten sie entwickeln? Wie lassen sich junge Menschen in einer Markt- und Konsum-orientierten Gesellschaft zu selbständigen Persönlichkeiten heranbilden? Viele Eltern sind ratlos, hilflos und mittellos. Dies scheint mir der dritte Grund für die gegenwärtige Erziehungsohnmacht von Eltern zu sein. Ich möchte das noch etwas ausführen. Zehn Weisen, Macht auszuüben Oftmals hilflosen und ohnmächtigen Eltern stehen Kinder gegenüber, die in der Beziehung zu ihren Eltern häufig nicht ohne Machtmittel sind. Macht hat, wer selten ist. In einer Marktgesellschaft hat am meisten Wert, was knapp ist. Je seltener Kinder werden, desto wertvoller werden sie für die Gesellschaft und für die Eltern. Bei Trennung und Scheidung streiten Eltern oft leidenschaftlich um ihr höchstes Gut: ihre Kinder. Macht hat, wer die Zukunft verkörpert. Niemand verkörpert so sehr die Zukunft wie Kinder, vor allem in einer alten Gesellschaft, der Jugend als Ideal gilt. Macht hat, wer weiß, was er will. Macht hat, wer in Übereinstimmung mit dem sozialen Konsens handelt. Ein Beispiel hierfür sind Auseinandersetzungen über Konsumwünsche, vor allem wenn Kinder mit sozialem Ausgeschlossensein drohen. Macht hat, wer sich der Machtkontrolle anderer entziehen kann. Reduzierte oder fehlende elterliche Präsenz führt oft dazu, dass die Grenzen kindlicher oder jugendlicher Macht ausgeweitet werden. Macht hat, wer unerkannt, unsichtbar oder unbewusst wirkt. Macht hat, wer einen anderen dazu bringt, schon vor dem Konflikt einzulenken, nachzugeben, sich zurückzuziehen. Macht hat, wer schwach ist bzw. wer als Opfer gilt oder sich glaubhaft als Opfer darstellen kann.

36 34 Ohnmacht kann sehr mächtig sein, weil sie beim Gegenüber Angriffshemmung mobilisiert. Speziell die Position des Opfers verleiht Macht. Sie hat erhebliche Vorteile. Macht hat, wer andere für seine Interessen zu mobilisieren vermag. Im Zusammenhang mit der Bekämpfung körperlicher, sexueller oder psychischer Gewalt gegenüber Kindern, haben sich nicht nur Kinderschutz-Einrichtungen entwickelt, sondern eine ganze Lobby z.t. hoch engagierter Vertreter kindlicher Unschuld und elterlicher Schuld. Macht hat, wer sich aus Bindungen löst, an denen andere noch hängen. Eine Familie hat dann ihre Aufgabe erfüllt, wenn sie sich auflöst. Für Jugendliche und Adoleszente bedeutet der Schritt aus der Familie heraus ein Stück notwendiger Entwicklung. Für die Eltern ist es vielfach ein schmerzlicher Prozess. Welche Möglichkeiten der Einflussnahme haben Eltern? Wie können sie auf angemessene Weise Grenzen setzen, ihre Kinder fördern aber auch fordern? Der Partner als Gefahr Wenn sich Tiere und Menschen existenziell bedroht fühlen, reagieren sie instinktiv entweder mit Angriff, Flucht oder Sich-Tot-Stellen (fight, flight, freeze). Sie greifen an, wie ein Tiger oder Stier, sie fliehen, wie ein Reh oder eine Gazelle, sie erstarren, wie eine Schildkröte oder ein Igel. Diese Reaktionsmuster kann man auch im Verhalten von Partnern wunderbar beobachten. Fühlt sich einer der Partner in seinem Territorium, in wichtigen Bedürfnissen oder Interessen bedroht, so wählt er in der Regel fast automatisch eine dieser Strategien: Er attackiert den anderen, mit Worten, im Tonfall oder im Verhalten. Oder er weicht aus, zieht sich zurück, verweigert sich. Oder er lässt alles an sich abtropfen, zieht sich in sich selbst zurück, reagiert nicht. Partner bevorzugen in der Regel eine der drei Strategien, die sie häufig mit einer anderen kombinieren. Abhängig von Kultur und Milieu gibt es typische Präferenzen bei Frauen und bei Männern. Nicht selten auch kommt es zu einem Umschlag, wie ihn der Ethologe N. Tinbergen bei Tieren beobachtet hat: Jemand der normalerweise resigniert oder die Angriffe des Partners überhört, wird plötzlich laut oder aktiv aggressiv. Jemand der normalerweise angreift, kippt ab in Resignation. Usw. Angriffs- und Fluchtreaktionen sind Mechanismen der Verteidigung oder des Selbstschutzes. Als solche sind sie verständlich. Aber sie lösen den Konflikt nicht. Im Gegenteil. Wer angreift, flieht vor einer Lösung des Konflikts. Und wer flieht, kann den Konflikt ebenfalls nicht lösen. Wer angreift, löst beim anderen Ärger, Gegenangriff, Angst, Rückzug usw. aus. Das ist kein Weg, sich zu verständigen und aufeinander zuzugehen. Wer flüchtet oder sich entzieht, löst ebenfalls Ärger und Frust aus. Er weigert sich, ein Gegenüber, ein Partner zu sein. Man kann mit ihm nicht reden, nicht verhandeln. Kampf- und Fluchtverhalten ist eine Reaktion auf Gewalt und ist zugleich selbst Gewalt. Denn es überschreitet Grenzen oder provoziert Grenzüberschreitung. Genau das wird in Partnerbeziehungen als Angriff, als aktive oder passive Gewalt erlebt. Überwindung von Gewaltreaktionen Wie könnte gewaltfreies Partnerverhalten aussehen? Verkürzt gesagt: Durch eine Unterscheidung von Gefühlen und Verhalten (English 2000). Oder anders ausgedrückt: durch Beherrschung der archaischen Kampf-Flucht-Impulse und den bewussten Einsatz von Vernunft und konfliktregelndem Verhalten. Wenn mein Partner, mein Gegenüber mich wütend macht, greife ich nicht an. Ich ziehe mich auch nicht zurück. Ich tue auch nicht so, als ob nichts sei. Ich bleibe präsent als Partner, als Gegenüber zum Gespräch. Ich beherrsche die Impulse der Spontanreaktion, der Angst und Bedrohung. Ich halte innerlich stand: Ich frage zurück, was der andere meint oder sagen will, bevor ich reagiere. Denn ich bin überzeugt: Mein Partner ist keine Gefahr für mich. Ich wende mich ihm zu auch rein körperlich. Ich benenne die unterschiedlichen Positionen und Interessen. Ich bitte um Entgegenkommen und biete Entgegenkommen an. Keiner gibt sich selber auf, keiner bedroht den anderen. Aber man kann Angebote machen, Kompromisse vorschlagen, den anderen für seine Position zu gewinnen suchen kurz: erwachsen verhandeln. Autorität durch Gewaltfreiheit Die gleiche Haltung haben die Partner auch als Eltern gegenüber ihren Kindern. Wenn die Kinder Grenzen überschreiten, Regeln verletzen, reagieren die Eltern nicht mit Gewalt.

37 35 Sie greifen nicht an, auch wenn sie wütend sind. Aber sie bleiben präsent und fordern das Gespräch. Sie respektieren Eigenart und Interessen ihrer Kinder. Sie stellen Fragen, sie stellen aber auch klar. Sie machen vielleicht Vorschläge, aber keine Vorwürfe. Sie ziehen sich auch nicht zurück: aus Resignation, weil sie keine Antwort wissen, oder weil sie ihre Ruhe haben wollen. Sie fliehen nicht, sie scheuen nicht eine klärende Auseinandersetzung: Sie bleiben präsent. Sie tun auch nicht so, als ob nichts sei. Sie schauen nicht weg, wenn ihr Kind z.b. Drogen nimmt oder nachts nicht heimkommt. Sie nehmen sich Zeit, sie gehen dem Kind nach. Sie bleiben präsent. Angemessene elterliche Präsenz (weder Überpräsenz noch Unterpräsenz noch Entwicklung behindernde Präsenz) ist die Lösung für viele Probleme in Familien. Sie zeichnet sich sowohl durch Gewaltfreiheit als auch durch Kraft und Klarheit aus. In Erziehungsberatung und Familientherapie werden deshalb gezielt ausdrücklich gewaltfreie Konfliktlösungen angewandt und gelehrt. Beispiele sind: ein Sit-in der Eltern im Kinderzimmer, gewaltfreie Einschränkung von Kindesverhalten bei Grenzenlosigkeit und Verwahrlosung (Omer / v. Schlippe 2002), Festhalte-Therapie bei Autismus, Wutanfällen (Otte 1994) u.ä. Physische und psychische Präsenz, eine Grundhaltung aktiver und zugleich respektvoller Zuwendung, ist die Antwort auf Konflikte sowohl in der Partnerschaft als auch in der Familie. Allerdings äußert sich diese Haltung in Partnerschaft und Familie in sehr unterschiedlichem Verhalten. lassen sowie die eigenen Kampf- und Flucht-Impulse rechtzeitig zu erkennen und zu beherrschen. Berater und Therapeuten benötigen Jahre der Ausbildung und viel Übung, um Einsicht in die eigenen Reaktionsweisen zu gewinnen und eine Haltung zu erwerben, die auf Gefühle und Verhalten der Klienten nicht aggressiv, blockierend oder mit Desinteresse reagiert. Eltern haben Macht, wenn auch sie aus dieser Haltung innerer Gewaltfreiheit denken und handeln. Wo und wie können Eltern das heute lernen? Literatur English, Fanita: Es ging doch gut was ging denn schief? Beziehungen in Partnerschaft, Familie und Beruf. Gütersloh 2000 Koschorke, Martin: Formen des Zusammenlebens in Deutschland. In: Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie 24/1972, Koschorke, Martin: In Steinzeit und Postmodern zugleich. Wie Familien- Leitbilder Konflikte vorprogrammieren. In: Loccumer Protokolle 56/1994, Koschorke, Martin: Führerschein für Paare? Kleine Texte aus dem Evangelischen Zentralinstitut für Familienberatung Nr. 44, Berlin 2002 Lenoir, Remi: Généalogie de la morale familiale. Paris 2003 Lukes, Steven: Power. A radical View. London 1986 Omer, Haim / von Schlippe, Arist: Autorität ohne Gewalt. Elterliche Präsenz als systemisches Konzept. Göttingen 2002 Otte, Horst Manfred: Ohnmächtige Eltern: was Eltern verzweifelt macht und Kinder verunsichert. Dortmund 1994 Popitz, Heinrich: Phänomene der Macht. Tübingen 1999 Roussel, Louis: Die Zeitwahrnehmung im Familienleben. In: Familiendynamik 13/1988, 2 15 De Singly, François: Individu, couple et famille: Le sens des changements. 50. Kongress der Internationalen Kommission für Paar- und Familienbeziehungen (ICCFR) des Weltfamilienverbandes (WFO), Leuven 2003 Weber, Max: Wirtschaft und Gesellschaft. Tübingen 1972 In der Partnerschaft verhandeln zwei Gleichberechtigte. Treten Unterschiede auf, so kann der eine den anderen nicht zwingen, ihm nicht befehlen. Er kann ihn nur bitten und eventuell ein Entgegenkommen anbieten. In der Familie ist es Aufgabe der Eltern, Zuwendung zu geben und Grenzen zu setzen. Hier müssen Eltern beispielsweise lernen, das Wort bitte nicht zu benutzen, wenn sie notwendige Grenzen ziehen. Das Wort bitte lässt dem Angesprochenen die Wahl, das erbetene Verhalten zu tun oder nicht zu tun. Es setzt Gleichrangigkeit voraus. Eltern und Kinder befinden sich jedoch nicht auf der gleichen hierarchischen Ebene. Aufgabe der Eltern ist es, in bestimmten Konfliktfällen ihren Willen auch gegen den der Kinder durchzusetzen, allerdings in einer Haltung gewaltfreier Zuwendung. Dies setzt große innere Sicherheit voraus und die Fähigkeit, sich nicht provozieren zu

38 36 Tafel 1 Familien-, Aufbau- und Jetztgesellschaft im Vergleich Familien- oder Aufbau- oder Jetzt- oder Entwicklungstraditionale Gesellsch. Industriegesellsch. gesellschaft Identität Ich bin, weil ich zu Ich bin, was ich mir/ Ich bin, was ich (mir) leiste. einer Familie gehöre wir uns aufbauen Ich bin, wenn ich mich selbst verwirkliche Institution Familie = Kette des Familie = Vehikel Familie/Partnerschaft = Familie (Über)lebens zum Weiterkommen Ort der Bedürfnisbefriedigung, Ort des Wohlfühlens Sicherheit, Sippe, (Groß-)Familie Kernfamilie, Ehe Individuum unter dem Stabilität Schirm des Sozialstaats Autorität, Die Alten der Sippe Autorität der Eltern Jeder hat Rechte. Hierarchie an der Spitze der Autorität muss begründet Generationen werden Ideales Alter Alter Erwachsen Jugend, junges Alter (nach Berufstätigkeit) Zeit- Zukunft wird sein Zukunft wird besser Zukunft ungewiss perspektive wie Vergangenheit sein als Gegenwart Es zählt das Jetzt Begründung sakral, institutionell, individuell, sozialer als Natur gegeben Festschreibung durch Kontrakt oder Positionen durch Rollen persönliche Kompetenz Frau Mann Frau = Quelle des Lebens, Arbeitsteilung, Gleichberechtigung. Mann = Beschützer des Hierarchie der Jeder macht / kann alles Lebens Geschlechter Arbeitsteilung durch Verhandeln Kinderzahl viele Kinder lebensnotwen- Kernfamilie reduziert Kinder = dig und selbstverständlich, die Kinderzahl extreme Befriedigung / Kinderlosigkeit = Drama extreme Belastung Funktion Überleben der Familie, Weiterkommen, Verwirklichung, des Kindes Zukunftssicherung Zukunftsinvestition Bestätigung der Eltern Erziehungs- Nachmachen, Wiederholen Anpassen, Entwicklung individueller ziel bzw. -stil Sich Eingliedern Gehorchen Durchsetzungs und Entwicklungsfähigkeit

39 37 Cordula von Ammon, Wasserburg/B. Verantwortbare Schuld Die Methode der psychoanalytisch-pädagogischen Aufklärung Wie Kindern und Eltern in Trennungsund Scheidungskrisen geholfen werden kann. Sara ist dreizehn Jahre alt. Ihre Eltern haben sich vor einem Jahr getrennt. Sara hat entschieden, bei ihrem Vater zu leben. Die zwei jüngeren Geschwister wohnen mit der Mutter zusammen. Sara möchte ihre Mutter nicht sehen. Die Mutter wiederum verwehrt deswegen ihren zwei jüngeren Kindern den Kontakt zum Vater und der älteren Schwester. Eines Morgens, während Sara in der Schule sitzt und versucht, dem Unterricht zu folgen, kommen ihre Eltern schließlich zu einem Gespräch in einer Beratungsstelle zusammen. Die Atmosphäre im Beratungszimmer ist aufgeladen, der Abstand zwischen den Stühlen der Eltern groß. Beide blicken auf den Berater. Sie klagen und schimpfen vorwurfsvoll und wortgewaltig über all das, was nicht gut war und was der jeweils andere falsch gemacht hat. Es gibt keinen Blickkontakt, kein direktes Ansprechen zwischen dem hochgradig emotionalen und zerstrittenen Eltern-Paar. Sara kennt das von zu Hause. Sie weiss, daß es nicht wirklich um sie geht, auch wenn die Eltern vorgeben und auch meinen, dieses Gespräch wegen ihr gesucht zu haben. Als der Berater ihre Eltern fragt, wie es wohl ihrer Tochter Sara gehe, da fühlt sie sich plötzlich irgendwie erleichtert. Einmal spricht die Mutter den Vater an und fragt ihn nach Sara`s Befinden. Da geht es ihr einen kurzen Moment lang richtig gut. Sara wünscht sich, dass ihre Eltern mit dem Berater über das Vergangene reden, dann muss sie nicht ausbaden, was die Eltern eingebrockt haben. Sie hat Sehnsucht nach ihren Geschwistern und findet es ätzend, dass ihre Eltern über sie bestimmen, ohne sich in irgendeiner Weise um Sara`s Bedürfnisse und Wünsche zu kümmern. Als der Berater in Aussicht stellt, dass es in der nächsten Sitzung um Sara`s Belange gehen soll, spürt sie eine große Hoffnung auf (dessen) Unterstützung und Loyalität. In diesen Szenen, die sich aus einem Rollenspiel in einem Fortbildungsseminar heraus entwickelt haben, verbergen sich viele Fragen: Wenn Eltern sich trennen, was brauchen dann die Kinder? Was brauchen die Eltern? Wie sieht es wirklich in den Kindern aus? Wie können Eltern gut mit ihren eigenen Sorgen umgehen? Was brauchen die Kinder von ihren Eltern, was von uns Beratern? Wie können Eltern in ihren erzieherischen Aufgaben unterstützt werden? In welchem Rahmen, welchem Setting, mit welchen Methoden kann professionelle Hilfe angeboten werden und wirksam sein? Diesen Fragen geht Dr. Helmuth Figdor seit über 15 Jahren nach. Er ist als Psychoanalytiker, Kindertherapeut und Erziehungsberater in Wien tätig und erforscht und entwickelt, gemeinsam mit einem wissenschaftlichen Team, Methoden, die Kindern und ihren Eltern in Trennungs- und Scheidungssituationen helfen können. Dabei liegt sein Hauptaugenmerk darauf, die Entwicklung betroffener Kinder zu fördern und die Eltern darin zu unterstützen, ihre Erziehungskompetenzen (wieder)herzustellen und zu stärken. In seinem psychoanalytisch-pädagogischen Ansatz, der von systemischem Verständnis komplexer Familiengebilde durchdrungen ist, wirft er gleichermaßen den Blick auf die Kinder wie auf das notwendige Wohlergehen der Eltern, das sich funktional auf das Wohlergehen der Kinder bezieht. Denn er weiss: Die Innenwelt der Eltern ist die wichtigste Außenwelt für die Kinder.

40 38 Seine langjährigen Erfahrungen und gründlich erprobten Ergebnisse waren Grundlage eines dreitägigen Seminars am Evangelischen Zentralinstitut für Familienberatung in Berlin, in dem in eindrücklicher Weise die unterschiedlichen Perspektiven kindliches Erleben, Elternsicht und Beraterblick erfahrbar und sichtbar wurden. Ausgehend von diesen Erfahrungen und entsprechendem theoretischen Hintergrund geht es im Folgenden darum, Verständnis zu wecken für kindliches und elterliches Verhalten in Trennungs- und Scheidungskrisen und entsprechend hilfreiches beraterisches Vorgehen nach der Methode der pyschoanalytisch-pädagogischen Aufklärung zu erläutern. Im Weiteren gilt es, einen Bogen zu schlagen zu einer allgemeinen Elternschule im Sinne des Verstehens, des Perspektivenwechsels und der Förderung von Erziehungskompetenzen. Denn oft kann eine rechtzeitige Unterstützung der Eltern helfen, eskalierende Entwicklungen aufzuhalten und (Zusammen-)Brüche in Familien zu verhindern. Scheidung bedeutet eine existentielle Krise im Leben von Kindern und Eltern. Die Frage nach dem Schaden und den langfristigen Folgen einer Scheidung wird vielerorts gestellt und hat auch überraschende Ergebnisse in einer lesenswerten Langzeitstudie (Wallersteinstudie) zutage gefördert. An dieser Stelle allerdings soll die Trennungskrise, die zum Alltag einer jeden EFL-Beratungsstelle gehört, in einem anderen Licht betrachtet werden: entscheidend für jede weitere Entwicklung nämlich ist der Umgang mit dem Leiden, das ein solcher Bruch im Leben auslöst. Wird die Krise als solche überhaupt ernst- und angenommen? Darf der Kummer, darf die Wut sein? Muss das Leid (der Kinder) verleugnet oder bagatellisiert werden, weil die Eltern die eigenen Schuldgefühle nicht aushalten können? In welcher Form findet die innere Not ihren Ausdruck? Wird sie als solche auch verstanden und angemessen aufgegriffen? Zunächst einmal bedeutet die Trennung der Eltern für das Kind eine enorme narzisstische Kränkung; sein Selbstwertgefühl ist erschüttert, denn es wird (vom gehenden Elternteil) ebenfalls verlassen. Drückt es innerhalb der folgenden sechs bis zwölf Monate seinen inneren emotionalen Aufruhr aus etwa durch aggressives Verhalten, Aufsässigkeit, Leistungsabfall, Trotz -, so ist das ein gutes Zeichen. Keine auffällige Reaktion oder eine scheinbar schnelle Beruhigung dagegen sind eher fatal. Dann nämlich werden ungelebte, unausgedrückte Gefühle ins Unbewusste verdrängt. Das Kind braucht also seine Symptome als Zeichen seiner robusten seelischen Verfassung und als Motor einer gesunden Weiter-Entwicklung. Es braucht diesen Raum zum Verrückt-Spielen, weil ja auch alles verrückt und verquer ist. Anzuerkennen, dass das Kind in einer schweren Krise steckt, ist eine Forderung, die den Eltern zwar abverlangt wird und auch ganz wichtig für das Kind ist, die für die Eltern jedoch in der Regel überflutet durch die eigene Not eine Überforderung darstellt. Das ist kein Defizit. Es ist eine verständliche und von den Beratern anzuerkennende - Tatsache. Sara erlebt ihre Eltern in dieser Not. Sie können ihr nicht helfen. Darum hilft sie sich zunächst einmal selbst in mutiger und kreativer Weise: sie entscheidet sich. Sie bestimmt selbst. Sie befreit sich auf ihre ganz eigene Art aus dem Loyalitätskonflikt, der jener Dauerstreit zwischen ihren Eltern für sie bedeutet. Auch wenn ihr das als Trotz und Böswilligkeit ausgelegt wird und sie bestraft wird mit dem Entzug des Kontaktes zu ihren Geschwistern. Denn Sara`s Mutter reagiert zutiefst gekränkt auf diesen eigenwilligen Lösungsweg ihrer Tochter. In dieser Haltung zeigt sich die Umkehr der Positionen in der Familie: die Mutter reagiert aus Angst vor dem Liebesverlust ihres Kindes mit infantilem Trotz. Sie verhält sich nicht mehr erwachsen. Andere Eltern reagieren in einer solchen Situation vielleicht mit verstärktem Schimpfen über den bösen Partner, bezichtigen ihn der Hexerei, der böswilligen Beeinflussung oder Manipulation des Kindes; oder sie brechen ihrerseits den Kontakt zum Kind ab, veranlassen Besuchssperren, sabotieren Verabredungen und instrumentalisieren damit das Kind für eigene Zwecke, etwa um dem Partner eins auszuwischen oder als der bessere Elternteil dazustehen. Eltern müssen aber trotz ihrer eigenen Betroffenheit die Erwachsenen in der Beziehung zu ihren Kindern bleiben. Für diese notwendige Aufgabe brauchen sie jedoch Unterstützung und Ermutigung. Sie brauchen Raum für ihre eigenen Enttäuschungen, einen Ort, wo sie ihre Sorgen hintragen können und Verständnis erwarten dürfen für die Gemütsverfassung ihr Schwanken zwischen Wut und Trauer, in der sie sich selbst wiederfinden. Dann nämlich müssen sie ihre Not nicht mit oder vor den Kindern austragen. Mithilfe professioneller Beratung können Eltern erfahren: wenn ich mir Entlastung und Hilfe suche, dann geht es mir besser. Wenn es mir besser geht, dann geht es auch meinem Kind besser.

41 39 Wichtig in der Arbeit mit den Eltern im Setting der Einzelberatung oder des Paargespräches, jeweils ohne Kinder ist die Frage nach der inneren Haltung. Eine Bewusstheit nämlich über Motive und Wirkung des eigenen Verhaltens in dieser Krisenzeit lässt die Eltern wieder (er)wachsen (sein). Gefühle zu zeigen, unterstreicht die Glaubwürdigkeit, mit der die Eltern vor ihren Kindern stehen; doch das Motiv muss ihnen klar sein, und eine entsprechend erwachsene bewusste Haltung muss ihr Handeln bestimmen. Versprechen gegenüber den Kindern etwa müssen eingehalten werden oder dürfen wenn die krisenbedingte labile Verfassung der Eltern eine kontinuierliche Sorge und Zuverlässigkeit erschwert nicht gegeben werden. Wut und Enttäuschung über den anderen Elternteil können wohl zum Ausdruck kommen, sollten aber immer als die eigenen, ganz persönlichen Gefühle kenntlich gemacht werden, von denen sich die Gefühle des Kindes wesentlich unterscheiden können und vor allem auch dürfen. Denn ein für die gesunde Persönlichkeitsentwicklung entscheidender Tatbestand muss erhalten bleiben oder über die Beratung wiederhergestellt werden: die Triangulierung. Ein Kind in einer Trennungssituation kann sich nicht mehr einfach, unkompliziert und sicher im Dreieck Vater-Mutter-Kind bewegen und hin und her pendeln. Das heisst, es kann seine Wut und Aggression auf einen Elternteil nicht angstfrei leben (und wieder verrauchen lassen), wenn der andere Elternteil nicht da ist, die Beziehung zu ihm unsicher ist oder er eigentlich schlecht ist und nicht geliebt werden darf. So ist es also von grösster Wichtigkeit auch und gerade bei einschneidenden äusseren Veränderungen -, dass der innere Dritte als sichere, stabile Kraft, mit der sich das Kind verbinden kann und darf, erhalten bleibt. Das Kind braucht also den Schutz und die innere Erlaubnis, beide Eltern lieben zu dürfen. Wie gerne würde Sara sich frei und unbefangen zwischen Vater und Mutter hin und her bewegen. Eigentlich möchte sie keinem Unrecht tun, keinen ablehnen, keinen beschützen müssen. Sie spürt aber genau, dass so etwas nur möglich wird, wenn ihre Eltern anfangen, für sich selbst zu sorgen kritisch, aufrichtig und achtsam und ihren Streit und ihren Kummer raus aus der Familie, an einen anderen Ort tragen. In der Beratung mit Eltern bedeutet das, ihren Trennungsschmerz zu begleiten, die Frage nach dem Warum und Wie-konnte-es-dazu-kommen durch biographisches Zurückblicken zu erhellen, der Enttäuschung, aber auch den Rachephantasien einen gebührenden Platz einzuräumen und aufbrechende oft existentielle Ängste wahr- und ernstzunehmen, zu achten und schließlich auf ihre aktuelle Lebenswirklichkeit hin zu überprüfen. Wenn Eltern für ihre eigenen Nöte einen behüteten und klärenden Ort finden, dann wird es ihnen auch leichter fallen, ihren Kindern empathisch, schützend und verantwortungsvoll zu begegnen. Dann können sie die Fragen ihrer Kinder auch hören statt sie angstvoll ignorieren zu müssen und offen, klar und ehrlich darauf antworten. Dann wird es auch möglich, die schwierige und traurige Situation als eine gemeinsame zu erleben, in der man sich gegenseitig helfen kann und darf. Dann können Schuldzuweisungen ob offen oder verdeckt -, die zuvor der eigenen Entlastung dienen und vor unerträglichen Selbstanklagen schützen mussten, sukzessive fallengelassen werden. Kinder in einer Scheidungs- oder Trennungskrise sind nicht krank, sie sind keine Patienten und brauchen zunächst also auch keine solche Betreuung oder gar Psychotherapie. Aber was sie brauchen ist Unterstützung von aussen, weil ihre Eltern oft absorbiert sind. Eine professionelle Begleitung der Kinder ist in Gruppen und im Einzelkontakt möglich und sinnvoll. Die Kinder brauchen einen Ort, an dem sie erzählen, abladen und zumuten können. Sie brauchen Menschen, die nicht urteilen, die aushalten und einfach zuhören können. Sie brauchen Verbündete und Gleichbetroffene, um Solidarität und das Gefühl ich-bin-nicht-allein-damit und anderen-geht-esauch-so erleben zu können. Das alles trägt zu ihrer Entlastung bei. Sie brauchen aber auch einen Raum, in dem sie eigene Bedürfnisse und Wünsche entdecken und äussern lernen. Sie brauchen jemanden, der ihnen verschiedene Sichtweisen anbietet und erlaubt, der erklärt und erzählt und auch mal seine eigene Meinung sagt, um belastende Gedanken zu entkräften und damit hilft, den Blick zu erweitern. Für den Berater ob als Gruppenleiter oder im Einzelkontakt - bedeutet das, eine gemeinsame Sprache zu finden mit den Kindern, aufzuklären im Sinne von wie-ist-das- Leben, ihnen dabei zu helfen, eine neue innere Ordnung zu schaffen und immer wieder das Bemühen, zu verstehen, was wirklich ist, was sich hinter diesem und jenem Verhalten des Kindes an Not aber auch Entwicklungsmöglichkeit verbirgt. Manche Kinder verleugnen hartnäckig ihr Leid, wollen oder dürfen etwa unter dem Loyalitätsdruck den Eltern gegenüber ihren Schmerz und ihre Wut nicht wahrhaben. Da ist es hilfreich, Geschichten zu (er)finden, Märchen vorzulesen oder Symbole anzubieten, in denen sich das Kind geschützt und unbeobachtet wiederfinden kann.

42 40 Es ist sinnvoll, zu der Arbeit mit den Kindern parallel Gespräche mit den Eltern zu führen, im Sinne eines Brückenschlagens und mit dem fokussierenden Blick darauf, dass die Eltern auf ein verändertes Verhalten ihres Kindes auch in angemessener Weise reagieren zu können. Das hilft ihnen, ihre Erziehungsaufgaben (wieder) wahrzunehmen, Sorge für die Entwicklung ihrer Kinder zu tragen und auch ihre Kompetenzen als Eltern zu spüren, zu nutzen und zu erweitern. Manchmal kann es hilfreich sein, auch umgekehrt - dem Kind anzubieten, als Vermittlungsperson den Eltern bestimmte, zuvor klar abgesprochene Dinge zu sagen, die auszusprechen im direkten Kontakt zu schwer fallen. Ansonsten allerdings gilt ein unbedingtes Diskretionsgebot. Sara würde ihrer Mutter gern von ihren Beweggründen, beim Vater leben zu wollen, erzählen. Sie vermisst ihre Geschwister und versteht das Verhalten ihrer Eltern überhaupt nicht. Wenn sie nur nicht so viel streiten würden! Eigentlich würde sie doch beide so gern sehen. Alleine mit der Mutter möchte sie aber auf gar keinen Fall reden, und Hoffnung gibt es nur da, wo sie das Interesse des Beraters an ihrem Befinden, sein Nachfragen bei den Eltern, seinen Blick auf sich und die Geschwister spürt. Wenn er nur mal den Eltern die Meinung sagen könnte! Dann würde sie in seinem Beisein auch versuchen, mit der Mutter zu reden. Dann wüsste sie, dass jemand zu ihr steht und ihr den Rücken stärkt. Die Arbeit mit Eltern und Kindern in Scheidungs- und Trennungskrisen birgt viele Chancen, aber auch Hürden in sich, die antizipert werden müssen, damit sie nicht hilflos machen. So ist es wichtig, sich dessen bewusst zu sein, dass getrennte Eltern in der Regel mit Gefühlen des Versagens, Gescheitert-seins, der Scham und Schuld zu uns kommen. Neben dieser regressiven, infantilen Befindlichkeit bestimmt noch ein anderer gesunder Impuls ihr Verhalten, nämlich das Bemühen um psychisches Gleichgewicht, das uns alle lebenslang leitet. Das Ringen um Balance bewirkt oft massive Widerstände, wenn in der Beratung zentrale, zum Teil noch unbewusst gebliebene Themen berührt werden. Die Regression ihrerseits erschwert eine einigermaßen erwachsene Beziehung zwischen dem Berater und den Eltern und bietet dadurch einen fruchtbaren Boden für jede Form von Übertragungsbeziehung. Gelingt diese in positiver Weise, so ist das Fundament für ein gutes Arbeitsbündnis gelegt. Dann kann in Kooperation mit den Eltern nach Lösungen gesucht werden. Dann können auch Schuldgefühle angeschaut und diffe- renziert werden: diffuse Schuldgefühle sind unerträglich, sie verhindern jede echte, konstruktive Auseinandersetzung mit sich, der Umwelt, dem Partner, der Lebenssituation. Schuldhaftes Handeln jedoch ist eingrenzbar, erkennbar und vielleicht auch irgendwann annehmbar. Dann wird der eigene Anteil am Misslingen sichtbar und aushaltbar und kann als verantwortete Schuld getragen werden. Sara s Eltern stecken mitten in ihrer Enttäuschung, die sie mit Wut und Streit ausdrücken. Eigene Schuldgefühle verkehren sie in heftige Schuldzuweisungen, mit denen sie einander und auch die Kinder traktieren. Sie sind in größter Not und Abwehr, ringen um ihr inneres Gleichgewicht und wissen noch nicht um die Chance, die jene Entscheidung in sich birgt, eigenes auch schuldhaftes Verhalten in die eigene Verantwortung zu nehmen. Wenn nämlich die Eltern ihre verantwortete Schuld anerkennen, wenn sie annehmen können, dass sie ihren Kindern großes Leid angetan haben, ihre Entscheidung aber trotzdem nicht falsch, ja: vielleicht sogar notwendig war, dann können sie ihren Kindern deren Aggression, deren Wut und deren Kummer lassen. Dann verhalten sie sich wieder erwachsen. Stolpersteine in der Arbeit mit Kindern können besonders zwei Dinge sein: das Kind mag nicht darüber reden und wird damit seinem ganz gesunden Bedürfnis nach Verleugnung gerecht. Dann braucht es Zeit, Fremdbeispiele mit Brückenfunktion oder Geschichten (wie oben beschrieben). Das andere ist die Hilflosigkeit des Beraters angesichts der äußeren Umstände und der unumstößlichen Tatsachen, die sich nicht ändern lassen, denen Kind und Berater zunächst einfach ausgeliefert sind. Das erfordert Mitgefühl und Abgrenzung und immer wieder die Fähigkeit zu halten. Immer aber ob in der Arbeit mit Kindern oder Eltern braucht es eine gute Beziehung zwischen Berater und Kindern bzw. Eltern; es braucht Geduld und Wertschätzung für alle Nöte, die mitgebracht werden und auftauchen, und es braucht ein diagnostisches Bemühen. Letzteres heisst, dass vor dem Was-kann-man-tun das Wie-kann-man s-verstehen kommt. Von entscheidender Bedeutung ist der Erkenntnisprozess zwischen der Problemstellung und der Lösungsfindung. Auf diesem Weg können festgefahrene Meinungen und Zuschreibungen mithilfe des Beraters aufgeweicht, gelöst und in neue Perspektiven verwandelt werden. Vielleicht hätten Sara s Eltern mit ihren drei Kindern die fatale Entwicklung ins Eskalieren und Auseinander-Bre-

43 41 chen aufhalten können, wenn sie schon viel früher die Möglichkeit gehabt und wahrgenommen hätten, rechtzeitig mit anderen Eltern über aufkeimende Schwierigkeiten, alltägliche Fragen und Sorgen, über ganz normale Nöte im Familien- und Erziehungsalltag sprechen zu können. Solche Gelegenheiten bietet in niederschwelliger Form das Forum einer Elternschule an. Was ist das? Elternschule ist eine offene Gesprächsrunde in Kindergärten, Familienzentren, Grundschulen, in der Eltern zusammenkommen und über alltägliche, aktuelle Fragen sprechen und sich austauschen können. Geleitet werden diese Elternrunden von qualifizierten Fachkräften Psychologen, Pädagogen, Sozialpädagogen, Erziehern, die speziell in dieser Art der Gesprächsführung und Moderation geschult und weitergildet sind. Das Fundament der Elternschule ist eine wertschätzende vertrauensvolle Haltung, die davon ausgeht, dass alle Eltern Erfahrungen mit der Erziehung ihrer Kinder haben, entsprechende Kompetenzen mitbringen und einander anregen und unterstützen können. Es wird besprochen, was gerade aktuell ansteht. Das muss kein Problem und schon gar kein grosses sein Ziel ist es vielmehr, einen Raum zu schaffen für die ganz alltäglichen Dinge, lange bevor sich hartnäckige Fehlentwicklungen anbahnen und verfestigen. Ziel ist auch, im Austausch und Miteinander-Reden die eigene Elternkompetenz und die der anderen sichtbar und erfahrbar werden zu lassen. Dadurch entsteht Vertrauen und Solidarität im Sinne von Wie-gut-zu-hören-dass-es-bei-euch-genauso-ist. Und es entwickelt sich ein gutes Selbstvertrauen in die eigenen Fähigkeiten und Kompetenzen, den turbulenten Alltag mit Kindern in all seinen Höhen und Tiefen, immer wieder zu meistern. In den Gesprächsrunden geht es darum, durch viele Fragen und genaues Hinschauen Erziehungsverhalten bewusst zu machen. An einem konkreten Beispiel aus der Runde, wo es um die genaue Beschreibung einer meist nicht ganz einfachen - Alltagsszene geht, versuchen Teilnehmer, Rundenleiter und die betroffenen Eltern gemeinsam zu verstehen, was da geschieht. Sie versuchen, die Hintergründe und Zusammenhänge des kindlichen Verhaltens zu verstehen. Erfahrungen, mögliche Erklärungen und immer wieder gründliches Nachfragen vonseiten der Teilnehmer und der Gruppenleitung helfen dabei, eine ganz individuelle Situation zu erhellen, zu entschlüsseln und aus verschiedenen Blickwinkeln zu betrachten. Gutgemeinte Tips und verallgemeinernde Ratschläge werden dabei vermieden. Ist das Verhalten des Kindes einmal verstanden, so wohnt diesem Verstehen bereits die Lösung inne: die betroffenen Eltern wissen dann, in der Regel, wie sie ihr eigenes Verhalten und Handeln entsprechend konstruktiv verändern können. Manchmal löst sich allein durch dieses Verstehen und Bewusstwerden der Knoten, und das störende immer auf eine Not hinweisende und deshalb in seinem Ursprung kreative Verhalten des Kindes ist auf einmal verschwunden. In dieser Gesprächskultur lernen die Eltern, gut hinzuhören und nachzufragen, solange bis ein Sachverhalt ganz klar geworden ist. Sie fühlen sich in ihren besonderen, individuellen Zusammenhängen gesehen und angenommen und erleben zugleich Solidarität und Unterstützung von den anderen Eltern. Das bindet sie ein, gibt ihnen Rückenstärkung und zugleich ein inneres Arbeitsmodell für den häuslichen Umgang miteinander und mit den Kindern. Es ermöglicht ihnen, in kleinen realistischen Schritten den fortwährenden, sich stetig wandelnden Anforderungen ihres Erziehungsalltages in kompetenter und deshalb zufriedenstellender Weise gerecht zu werden. Nicht zuletzt enthält diese professionell geleitete Elternrunde die Chance, rasch und frühzeitig zu erkennen, wenn eine Familie weitergehende Hilfe braucht und kann an entsprechende Stellen verweisen. Sara hätte es sicher gut gefallen, wenn sich ihre Eltern schon mal vor Jahren zu einer solchen regelmäßigen Gesprächsrunde auf den Weg gemacht hätten. Literatur Helmuth Figdor Kinder aus geschiedenen Ehen Zwischen Trauma und Hoffnung. Eine psychoanalytische Studie. Reihe: Psychoanalytische Pädagogik. Matthias-Grünewald-Verlag, Mainz, 1991 Helmuth Figdor Scheidungskinder Wege der Hilfe. Reihe: Psychoanalytische Pädagogik. Psychosozial-Verlag, Gießen, 1997 Judy S. Wallerstein und Julia Lewis Langzeitwirkungen der elterlichen Ehescheidungen auf Kinder. Eine Längsschnittuntersuchung über 25 Jahre. In: Zeitschrift für das gesamte Familienrecht, 48.Jhrg., Heft 2, 15.Januar 2001, Seite Notker Klamm Erziehungskompetenz fördern. In: Beratung aktuell, Heft 2/01, S Jungfermann-Verlag Ruth Gerstacker Präventive Familienarbeit, Eltern schule und Beratung. In:Eltern und Profis gemeinsam. Netzwerk Familienzentrum minimaxi. Hrsg.: Rita Haberkorn und Christine Lipp-Peetz. Kallmeyersche Verlagsbuchhandlung, Seelze, 2000, Seite Christoph Kucklick (Text) Die hohe Kunst des Helfens. In: GEO 04/ April 2002 (Was ist die ideale Erziehung), Gruner + Jahr AG&Co Druck-und Verlagshaus, Hamburg, Seite Wilfried Datler, Helmuth Figdor und Johannes Gstach (Hrsg) Die Wiederentdeckung der Freude am Kind. Psychoanalytisch-pädagogische Erziehungsberatung heute. Reihe: Psychoanalytische Pädagogik. Psychosozial-Verlag, Gießen 1999

44 42 Wolfgang Ebert Figurationen im Farbfluß Ich kann und will gar nicht versuchen, die Fragen aller mit einem Mal zu beantworten. Es macht nichts, wenn einiges offen bleibt. Ist doch die Offenheit neben der bewußten, oftmals raschen Entscheidung wichtiger Bestandteil meiner Bilder. Nicht alles sagen. Nicht alles sagen können. Kunst im EZI Abb. 1 Der Jüngste der im Zentralinstitut ausgestellten Maler ist Wolfgang Ebert, 1972 in Berlin geboren und hier auch aufgewachsen und ausgebildet. Er begann sein Studium 1992 an der (damaligen) Hochschule der Künste (heute UdK) und war bis zum Jahr 2000 als Student für Malerei in der Klasse von Prof. Karl-Heinz Herrfurth. In diesen Zeitraum fällt auch ein Aufenthalt in Paris, der ihn durch ein Stipendium der Ecole Nationale Superieure des Beaux-Arts ermöglicht wurde beides, die Ausbildung hier und der Aufenthalt in Frankreich hat ihn in seiner ungewöhnlichen Begabung, in seiner Reflexionsfähigkeit und seiner malerischen Konsequenz geprägt. Ebert hat inzwischen die Staatsprüfungen für das höhere Lehramt in Bildender Kunst und Französisch abgelegt. Anstelle eines einführenden Berichtes über ihn lassen wir ihn selbst mit einem kurzen Redetext zu Wort kommen, mit dem er vor einem Jahr eine Ausstellung in Potsdam eröffnet hat. Was ist eigentlich eine Figuration? Figur steckt darin. Jeder weiß, was es heißt, eine gute oder eine schlechte Figur zu machen. Wir wollen uns nicht nur integrieren, sondern uns auch von unserem Umfeld abgrenzen. Gesehen werden. In der Malerei spricht man von der Figur-Grund- Beziehung. Das Verhältnis zwischen Figur und Umfeld wird im Brockhaus als grundlegendes Prinzip der Warhnehmungsorganisation bezeichnet. Figuration ist ein allgemeiner gefaßter, weniger belegter Begriff als Figur und meint bezogen auf die Bildfläche nichts anderes als einen in sich gegliederten, linearen oder flächigen Formenzusammenhang. Formenzusammenhänge schaffen heißt, mir und Ihnen eine Orientierungshilfe geben. Ich will über das Machen sprechen; nicht über fertige Bilder oder fixe Ideen. Ein Bildthema entwickelt sich erst bei der Arbeit. Kurz: Ich renne nicht täglich ins Atelier, den Kopf brausend voller Ideen, setze mich dann hin und realisiere diese. Viele Bilder entstehen nacheinander oder auch nebeneinander. Seriell zu arbeiten bedeutet für mich, um eine Bildidee zu kreisen, sie zu hinterfragen, sie beweglich zu halten wie mein Handwerkszeug. Aus mehreren dut- Abb. 1 Wolfgang Ebert, Beize auf Papier (1999), Tusche und Collage auf Papier (1998), Beize auf Papier (1999); dahinter Gisela Kettner, Lebenslinie (2001)

45 43 zend Zeichnungen finden zwei oder drei ihren Platz an der Wand. Die übrigen spenden Bauch, Beine oder Po. Fragmente, die in einer Collage eine neue Funktion erhalten. Von der Druckgrafik abgesehen entstehen drei Typen von Arbeiten: Tuschpinselzeichnungen, Collagen sowie Acrylmalereien auf Papier und Nessel. Drei Verfahren. Nicht hart von einander getrennt. Auch hier finden sich fließende Übergänge. Ich möchte eine Bildform exemplarisch erläutern. Die Pinselzeichnung Anders als eine Collage oder eine in Farbschichten gewachsene Malerei entsteht eine Tuschpinselzeichnung im wahrsten Sinne der Wörter aus einem Guß. Technik oder Handwerk und das Reden darüber wird heutzutage bald als unkünstlerisch, traditionell und zu didaktisch abgetan. Mir ist es jedoch wichtig zu erwähnen, dass ich den Umgang mit dem Tuschpinsel in Studien vor dem Aktmodell erlernt habe und dabei von meinem Lehrer Professor Karl-Heinz Herrfurth sowie dessen damaligen Assistenten Karl-Ludwig Lange sehr unterstützt wurde. Wie entsteht eine solche Zeichnung? Zunächst überlege ich, wie Bildfläche und Figuration gegliedert sein sollen, wie es Schwarz und Weiß zu verteilen gilt. Dann geht alles recht schnell. Ein Spiel aus Plan, Zufall und Kontrolle. Zwei angewinkelte Beine und das Gesäß werden kurzerhand zu einem breiten, dunklen Tuschefleck zusammengezogen. Aus der schweren Sitzfläche erwächst durch Verdünnung der Tusche der leichtere Oberkörper. Die Tusche wandert, dehnt sich aus und konzentriert sich schließlich im Schlußpunkt des Körpers, dem Kopf. Die Figur selbst gliedert den offenen Bildraum. Das weiße Blatt Papier ist mal abgegrenzter Außenraum, mal eingeschlossener Innenraum. So wie die Figur Räume in sich einschließt und von sich abgrenzt, thematisiert sie das Verhältnis der Außenwelt zur Innenwelt. Linear umspielt bekommt auch der Bildgrund eine Form. Außenraum, Innenraum, Zwischenraum. Noch eine Figur? Die Kombination unterschiedlicher bildnerischer Verfahren bedeutet Konflikt. Die Linie verläuft entgegengesetzt zur Fläche ein element plus ein element müssen außer ihrer summe mindestens eine interessierende beziehung ergeben, heißt es im werklichen Formunterricht von Joseph Albers. Sehr formal aber sehr wahr. Also nicht zwei Mal das gleiche Sagen. Das Spiel heißt ja auch nicht Ping-Ping, sondern Ping-Pong. Abb. 2 Korrekturen bietet die Tusche kaum. Überschüssiges Wasser wird mit einem trockenen Pinsel abgesaugt, einige Teiche werden als Gliederungsmoment stehen gelassen oder zu einem Ausfluß erweitert. Fließende Farbe schafft einen lebendigen Organismus. Mißlungenes wird verworfen. Korrigieren heißt, mit einem veränderten Ansatz eine neue Zeichnung machen. Nicht alles sagen können. Nach Möglichkeiten suchen, Ihnen eine Orientierungshilfe zu geben. Stell Dir vor heißt auf Französisch: Figure-toi! Abb. 2 Wolfgang Ebert, Tusche auf Papier (1999)

46 44 Berend Wellmann, Berlin Mike Kirchner: Meine Bilder sind meine 1 Denkspur Ich möchte gerne mit einem Zitat beginnen. In einer öffentlichen Diskussion, die ich im letzten Jahr im Pergamonmuseum erlebt habe, hat einer der Beteiligten, ein befreundeter Bildhauer, von sich gesagt, als Künstler sei man immer auf der Suche nach Schönheit nach einer Metapher für das Leben (Rainer Kriester). Und er hat dann hinzugefügt, das sei das Ziel: wir erreichen es nicht, sondern sind auf dem Weg. Alles bleibt fragmentarisch. Sie werden mir sicher zustimmen, wenn ich vorschlage, den Nachsatz für einen Moment zurückzunehmen und ihn nicht auf die Bilder dieser Ausstellung zu beziehen; denn angesichts der Fülle, die aber doch nur einen kleinen Ausschnitt aus der malerischen Produktion Mike Kirchers in den letzten fünf Jahren darstellt, und angesichts der Farbigkeit Abb. 1 der Bilder werden wir kaum auf den Gedanken kommen, von einem fragmentarischen Werk zu sprechen. Ich nehme diesen Begriff statt dessen für mich selbst in Anspruch. Denn ich möchte in dieser (kurzen) Einführung nicht der Versuchung erliegen, die Bilder interpretieren zu wollen, sondern vielmehr versuchen, von mir selbst und von meiner Begegnung mit ihnen zu erzählen. Und darin fühle ich mich durchaus von Kircher unterstützt. Seine Bilder haben für mich eine eigene, höchst eigenständige und geheimnisvolle Sprache, die nicht belehren oder etwas erklären will; es ist vielmehr eine Sprache zum Anschauen. Bei Besuchen im Atelier habe ich mehrfach erlebt, wie überrascht und erstaunt er selbst über die Bilder sein kann und neugierig auf das, was mit ihnen entsteht. Es gibt offenbar so etwas wie die Neugier eines Künstlers auf sein eigenes Werk: die Neugier eines Malers, die bis an den Punkt reicht, an den Farben, Flächen und Linien in einen Ausgleich von Harmonie und Spannung gebracht worden sind. Was für Kircher zählt, ist nicht das Abbild oder die Wiedergabe der Natur, sondern der Ausdruck eines subjektiven Empfindens, der sich ausschließlich auf die Wirkung von Farbtönen und Umrissen beschränkt. Allein durch sie schafft er Bewegung und Tiefe und erobert sich so einen Zugang zur Phantasie der Betrachter. Meine Bilder sind meine Denkspur hat er mir einmal in einem Gespräch gesagt, und ich habe mir diesen Satz auf der Tischdecke der Pizzeria, in der wir damals saßen notiert, um ihn für heute zu behalten. Seine Bilder kommen ohne Worte und Anspielungen aus ähnlich wie die Musik, die eine so große Rolle für ihn spielt, und sie wollen allein nach ihrer malerischen Qualität und nicht nach ihrem Etikett beurteilt werden. Mit anderen Worten: sie richten sich an unsere Sensibilität; darin besteht ihr künstlerischer Rang. Das schließt nicht aus, daß wir in ihnen nicht auf Widersprüche stoßen, auf Sehnsüchte oder Ängste und auf die glimmenden Feuer, von denen Jim Morrison in dem Gedicht gesprochen hat, das als Motto über dieser Ausstellung steht. Malen bedeutet für Mike Kircher eine Auseinandersetzung mit sich selbst. Es ist eine Anstrengung, ein Prozeß, bei dem man Federn läßt und in dem sich nach meiner Beobachtung auch die Mühe und Einsamkeit offenbaren, die ihn bei seiner Arbeit begleiten. Bilder wissen also in der Regel mehr als ihre Interpreten jedenfalls dann, wenn sie gelungen sind. Denn gute abstrakte Kunst besitzt eine Tiefendimension, eine innere Kraft und Ausstrahlung, die auch mit dem Erschrecken über ihre Wortlosigkeit versöhnen kann, die uns manchmal zu schaffen macht. Mir ist es jedenfalls so ergangen, als ich zum ersten Mal zwei großformatige Bilder von Mike Kircher bei mir aufgehängt hatte vor einem Jahr und lange, nachdem ich ganz überraschenderweise ein Bild von ihm in der Eingangshalle einer märkischen Superintendentur entdeckt und dort allerdings vergeblich versucht hatte, etwas über den Maler in Erfahrung zu bringen. Mike Kircher steht damit in einer langen künstlerischen Traditionslinie, die ihn nicht ausgebildet, sondern die er sich selbst erschlossen hat. Er ist im Hinblick auf seine Überzeugungen, im Hinblick auf seine Arbeitsmethoden und auf die meisterhafte Beherrschung der Farben ein Autodidakt. Und das hängt zweifellos mit seiner Biographie zusammen: beide Seiten, sein persönlicher Lebenslauf und seine malerische Entwicklung könnten am angemessensten unter dem Aspekt einer bewußten Reise in die Freiheit beschrieben werden. Er wurde 1955 in Berlin geboren, am Prenzlauer 1 Eröffnungsrede zur 17. Sommerausstellung in der Kirche Am Hohenzollernplatz (Berlin) Bilder von Mike Kircher unterwasserfall, Einführung 5. Mai 2001

47 45 Botschaft, betont er manchmal seine Bilder seien so subjektiv wie Tagebuchaufzeichnungen. Aber er nimmt für sich in Anspruch, seinen eigenen Weg weiter zu verfolgen, mit großem persönlichen Einsatz, und Bilder zu malen, deren Allgemeingültigkeit darin besteht, daß sie Betrachtern ebenso wie den Räumen, in denen sie hängen, gut tun. Berg, und wurde 1988 also noch ein Jahr vor dem Fall der Mauer mit seiner Frau und dem Sohn zusammen in den Westteil der Stadt abgeschoben. In Ostberlin hatte er schon bald nach seiner Ausbildung zum Goldschmiedemeister zu malen begonnen und gleichzeitig mit allen zu erwartenden Schwierigkeiten für sich und für einige befreundete Maler im Umkreis der Gethsemane-Kirche eine kleine Produzentengalerie eingerichtet. Nach seiner Ausbürgerung mußte er sich damit abfinden, eine Zeit lang als Nomade unterwegs Abb. 2 zu sein, wie er berichtet; er arbeitete in verschiedenen Ateliers, u. a. auch als Stipendiat in den Werkräumen der Anthroposophischen Klinik Havelhöhe, die noch wunderbare Bilder von ihm zeigt, und schließlich in Tempelhof unter dem riesigen Dachstuhl eines Altberliner Hauses, wo die Arbeiten, die hier gezeigt werden, entstanden sind. Mit ihnen, d. h. mit den Bildern dieser letzten Jahre wächst auch eine breitere Anerkennung seines malerischen Werkes, mit dem Kircher auch weiterhin nicht in erster Linie den Anspruch auf allgemeingültige Aussagen erheben will; er habe keine message, keine Nicht immer gelingt es mir, das zu fühlen, was ich eigentlich fühlen müßte so beginnt ein Gedicht von Fernando Pessao, dem portugiesischen Dichter, das dieser unter dem Pseudonym Alberto Caeiro veröffentlicht hat. Ich habe schon erwähnt, daß die Musik für Kircher eine große Rolle spielt; es gehört zu seinen Wesenszügen, seine Malerei in einer ständigen Korrespondenz zur Musik und auch zur Lyrik zu sehen und alle drei Kunstgattungen im Hinblick auf ihre Wirkung miteinander für vergleichbar zu halten. Wann immer ich ihn in seinem Atelier besucht habe, war dort Musik zu hören, und jedesmal bin ich dabei auch auf Gedichte gestoßen in aufgeschlagenen Büchern, als fotokopierte Texte über seinem Schreibtisch oder auch als Zitat in den Gesprächen. Im letzten Herbst war es dieser Text von Pessao, in dem es heißt: Ich versuche, was ich gelernt habe, abzulegen, suche die Art des Erinnerns, die man mir beigebracht hat, zu vergessen und den Farbstoff, mit dem man mir meine Sinne bemalte, abzuschaben, meine wahren Gefühle auszupacken, mich auszuwickeln und ganz ich zu sein, nicht Alberto Caeiro, sondern ein Menschentier, das die Natur hervorgebracht hat. Übermaltes abzuschaben und seine wahren Gefühle auszupacken ich denke, mit diesen Vor- Abb. 1 und 2: Mike Kirchner,... von der Ohnmacht, Zeichnungen, 100 x 70, Kohle, Grafit, Tusche auf Papier, um Kirchners Gemälde, die im Institut hängen, sind schwarz-weiss nicht reproduzierbar.

48 46 stellungen hat sich Mike Kircher in seiner bisherigen Arbeit identifiziert und, mehr noch, auch buchstäblich versucht, sie methodisch umzusetzen. Ohne den Entwurf von Vorzeichnungen wickelt sich seine Malerei allein in den Farben ab, den leuchtenden, speziellen und zum Teil mit Blattmetallen unterlegten Farben, die oft in einem Arbeitsprozeß auf die Leinwand aufgetragen und wieder abgewaschen oder abgeschliffen werden, und so entstehen Bilder von der großen poetischen Schönheit und Authentizität, wie sie hier zu sehen sind. Sie gruppieren sich im Ergebnis in bestimmten Themenkreisen, die sich berühren, ergänzen und auseinandertreiben und darin der Denkspur des Malers folgen oder mit einem Wort: erkennbar und unverwechselbar seinesgleichen werden. Es ist ein malerischer Prozeß, der sich seine eigene Sprache herausgebildet hat, und in dem ich auch so etwas wie die Verteidigung einer oft schon totgesagten oder doch mindestens durch die vorherrschenden Installations- und Medientechniken bedrohten Kunst erkennen möchte. Schönheit sei eine Metapher für das Leben hatte ich am Anfang gesagt und damit einen anderen Künstler aus Berlin zitiert. Bei Mike Kircher heißt es in einer eigenen Beschreibung seiner Arbeit, er empfände seine Bilder als eine Liebeserklärung an das Leben. So wird man es formulieren können: diese Bilder leihen dem Leben Farbe. Marc Wellmann und Konstanze Ebel, Berlin Bernhard Heiligers Lithografiezyklus Faust II Im Konferenzzimmer des EZI (Abb. 1) hängen seit Mai letzten Jahres sieben mehrfarbige Lithografien des Bildhauers Bernhard Heiliger ( ). Ihre Entstehung hängt unmittelbar mit einer Inszenierung von Goethes zweitem Faust-Drama im Berliner Schiller-Theater 1966 zusammen. Unter der Regie von Ernst Schröder ( ), mit Wilhelm Borchert als Faust und Erich Schellow als Mephisto, hatte Heiliger die Bühnenbilder für diese Aufführung geschaffen. Im Anschluss an diese viel beachtete Inszenierung, die von der Zeitschrift Theater heute zur Aufführung des Jahres 1966 gewählt wurde 5, regte der Rembrandt-Verlag an, eine Mappe mit Lithografien herauszugeben. Neben den Blättern von Heiliger enthielt sie weitere sieben Lithografien des Malers Alexander Camaro ( ), der die Kostüme der Darsteller entworfen hatte. 6 Bevor im einzelnen über Heiligers Interpretation des Goetheschen Naturkosmos und seine Zusammenarbeit mit Ernst Schröder bei diesem Projekt gesprochen wird, sei sein Leben und Werk kurz umrissen. Bernhard Heiliger wurde 1915 in Stettin geboren. Nach einer Lehre als Steinmetz studierte er von 1933 bis 1936 an der dortigen Werkschule für Gestaltende Arbeiten und von 1938 bis 1941 in Berlin an der Vereinigten Staatsschule für Freie und Angewandte Kunst am Steinplatz, wie die heutige Universität der Künste damals hieß. Nach dem Ende des Nationalsozialistischen Regimes begann Heiligers Karriere 1946 mit zwei Einzelausstellungen in der Galerie Buchholz und der Galerie Rosen. Er erhielt im selben Jahr einen Lehrauftrag an der neu gegründeten Ost- Berliner Kunsthochschule Weißensee, wurde dann aber Ende 1949, im Jahr der Deutschen Teilung, an die West-Berliner Kunsthochschule berufen. Bereits zu Beginn des Jahres war er in den Westen gezogen. Auf Vermittlung von Adolf Jannasch, dem Begründer der Sammlung der heute Neuen Nationalgalerie, hatte er in Dahlem ein Atelier zur Verfügung gestellt bekommen, in dem er bis zu seinem Tod 1995 leben und arbeiten Abb. 1: EZI Konverenzraum 5 Werner Schnell, Mit Goethe im Dialog: Bernhard Heiligers Bühnenskulpturen zu Faust II, in: Detlef Lüders (Hg.), Goethe in der Kunst des 20. Jahrhunderts. Weltliteratur und Bilderwelt. Ausstellungskatalog Bonn u.a., Frankfurt am Main Die Mappe erschien 1967 in einer Auflage von 75 Exemplaren. Abb. 1

49 47 sollte. Dieses Atelier im Käuzchensteig 8 ist jetzt der Sitz der Bernhard- Heiliger-Stiftung, die 1996 auf testamentarischen Wunsch des Künstlers gegründet wurde und seinen Nachlass betreut. Heiligers Frühwerk ist noch ausschließlich an den menschlichen Körper gebunden. Der Körper ist jedoch schon stark abstrahiert und zu einem autonomen plastischen Ereignis verschliffen, das, wie in dem Werk Seraph I von 1950 [Abb. 2], dem Zeitgeist der Epoche verpflichtet ist. Im Verlauf der 50er Jahre befreite sich Heiliger zunehmend von der Figur als Thema und fand zu rein abstrakten, vegetabilen Gebilden, in denen das Wachstum von unsichtbaren Kräften zum Ausdruck kommt. Am Ende dieser Entwicklung steht die Flamme auf dem Ernst-Reuter- Platz [Abb. 3], die 1962/63 zum Gedenken an Ernst Reuter geschaffen wurde und den trotzigen Durchhaltewillen der geteilten Stadt auf dem Höhepunkt des Kalten Krieges symbolisiert. Ein weiterer Schritt in Heiligers permanenter künstlerischer Wandlung und Selbstbefragung waren die teilpolierten Bronzen aus den späten 60er und frühen 70er Jahren. Er entwickelte den Kontrast von goldglänzenden und schrundig aufgerissenen Oberflächen erstmals 1967/68 bei drei Stelen im Skulpturenhof der von Mies van der Rohe entworfenen Neuen Nationalgalerie. Die 70er Jahre werden dann von einem ganz neuen Vokabular beherrscht, das aus einer fast völligen Abkehr von der Bronze als Gestaltungsmaterial resultiert. Heiliger hatte 1970 im Auftrag der Bundesregierung eine große zweiteilige Hängeskulptur für das Foyer des Berliner Reichstags geschaffen, der damals von Paul Baumgarten umgebaut worden war [Abb. 4]. Ausgehend von dieser filigranen Konstruktion aus Aluminumplatten sind seine Skulpturen der folgenden Jahre dominiert von einer technisch-konstruktiven Formensprache, die schließlich in die Eisenzeit mündet, seinem rein geometrischen Spätwerk, das aus dem freien Spiel der euklidischen Grundelemente Kugel, Linie und Fläche besteht [Abb. 5]. Trotz der Vielfältigkeit in Heiligers Schaffen, das noch eine bedeutende Serie von Porträtköpfen aus den 50er und 60er Jahren umfasst,sind einige Konstanten ablesbar, die ihn stets beschäftigten. Seine Arbeiten befassen sich auf die eine oder andere Art immer mit Bewegung und Dynamik, dem Festhalten eines Moments, der über sich selbst hinausweist. Sie wollen nicht statuarisch oder hieratisch sein und waren am Anfang eine gewissermaßen barocke Antwort auf den falsch verstandenen Neo-Klassizismus Nationalsozialistischer Plastik. Das Transitorische und Prozesshafte ist zunächst an den geradezu tänzerischen Bewegungen des figuralen Frühwerks spürbar. Die Plastiken haben meist einen kleinen Aufstand und entwickeln sich nach oben, gleich eines Versuchs, die Schwerkraft zu überwinden, die der bildhauerischen Fantasie stets inhärente Grenzen setzt. Diese Grundtendenz seines Schaffens, die sich auch konkret in Werktiteln wie Panta Rhei (Heraklits Alles fließt, alles ist in Bewegung ), Verwandlung, Vegetative Plastik, Phönix oder Naissance des formes niederschlägt, war sicherlich auch dafür verantwortlich, dass Heiliger sich vom Volumen der Bronze verabschiedete und in der unmittelbaren Bearbeitung von Eisen und Stahl zu den freien, geometrischen Kompositionen seines Spätwerks fand. Ein ständiger Begleiter bei Heiligers stilistischer Entwicklung war auch immer die Zeichnung, aber nie in der klassischen Funktion einer Entwurfszeichnung, sondern als autonomes Werk, das der Plastik häufig ein oder zwei Schritte voraus ist und vieles vorwegnimmt, was sich bildhauerisch erst später konkretisiert. Die Zeichnung ist für Heiliger, wie es Lothar Romain ausdrückte 7, ein Experimentierfeld, in dem der Bildhauer von den Gesetzen der Schwerkraft befreit ist. Unter diesem Aspekt ist auch das Verhältnis der Faust-Lithografien zu den ursprünglichen Bühnenbildentwürfen zu sehen, worauf nun näher eingegangen werden kann. Auf Anregung oder vielmehr durch Überredung seines engen Freundes Ernst Schröder setzte sich Heiliger für die Inszenierung von Faust II zum ersten und einzigen Male mit einem bühnenbildnerischen Projekt ausein- Abb. 2 Abb. 3 Abb. 2: Bernhard Heiliger, Seraph, 1950, Bronze, H. 65 cm, Bernhard-Heiliger-Stiftung, Berlin (Abb. 2-5 Archiv der Bernhard-Heiliger-Stiftung) Abb. 3: Bernhard Heiliger, Die Flamme, 1962/63, Bronze, H. 7 m, Ernst-Reuter-Platz, Berlin 7 Vgl. Siegfried Salzmann und Lothar Romain, Bernhard Heiliger, Berlin 1989, S

50 48 ander. Heiligers als Rundplastiken gestaltete Bühnenaufbauten waren keine Darstellungen bestimmter Handlungsorte sondern sie waren Teil des Bühnengeschehens als einzelne Zeichen in der charakteristischen Formensprache des Bildhauers. Dennoch sollte, wie Schröder und Heiliger einstimmig hervorhoben, keine Heiliger-Kunstausstellung auf die Bühne gebracht werden. Nach Schröders Anweisungen diente Heiligers Bühnenbild vor allem einer Übersetzung der Natursymbolik des Stücks, das entweder im Hochgebirge oder am Meer spielt. Die beweglichen Rundplastiken des Bühnenbilds konnten von verschiedenen Seiten gezeigt werden und unterscheiden sich letztlich deutlich von den eher atmosphärischen Bildern, die Heiliger für den Lithografiezyklus schuf. Heiligers Lithografien zeigen Naturräume ohne Figuren, Räume die sicherlich an einen Bühnenraum erinnern, der ohne Text und Schauspieler die Stimmung der Szene transportiert. Abb. 4 als überwältigend empfindet. Sie wird in Heiligers Lithografie im Augenblick des Überganges festgehalten. Zwar steht die Sonne schon voll und rund über dem Horizont, aber sie ist noch vom Morgendunst verhangen, der den Himmel und auch die anthrazitfarbene Felsenlandschaft in diffuses Licht taucht. Ein goldglänzender Streifen am Rand der rosafarbenen Scheibe kündet das Hervorbrechen des blendenden Lichts an. Es ist der bedeutungsvolle Moment zwischen Nacht und Tag, in welchem Faust erwartungsvoll den Blick zur aufgehenden Sonne wendet, bis diese ihn blendet. Das nächste Blatt trägt den Titel der zweiten Szene Kaiserliche Pfalz. Im Drama wird hier der Naturbegegnung die höfische Welt der Gesellschaft entgegengesetzt. Heiligers Lithografie lässt dem großflächigen pastellfarbenen Dunst des Sonnenaufgangs eine undurchdringliche Raumtiefe aus schwarz flirrender Dunkelheit folgen. In Lichtkegeln blitzen darin Säulen und eine rostrot und gelb gestreifte Standarte als Attribute des kaiserlichen Hofes auf. Die amorphe Struktur der beiden Säulen, vermittelt zwar Raumtiefe, vermeidet jedoch den Eindruck von architektonischer Künstlichkeit. Vielmehr wird der höfische Raum als Teil einer sich stets in ihren Erscheinungsformen wandelnden Natur gekennzeichnet. Helenas Erscheinung ist der Höhepunkt des Gaukelspiels, das Faust und Mephisto für den Kaiser und den Hofstaat veranstalten. Als stumme Bilder lassen sie die schönste Frau der klassischen Welt und auch ihren Entführer Paris auftreten. Auf Heiligers Blatt scheint sich dieses Schauspiel in einem gewaltigen Auge zu spiegeln, in dessen leuchtend blauer Iris undeutliche Schemen gefangen sind. Formales Gegengewicht zu diesem Spukbild ist eine ein- Das Blatt Sonnenaufgang korrespondiert mit der ersten Szene des Stücks ( Anmutige Gegend ). Goethe schildert darin bild- und klanggewaltig die Kräfte der Natur, welche der einsame Faust im Schlaf als erquickend beziehungsweise angesichts der aufgehenden Sonne Abb. 5 Abb. 4: Bernhard Heiliger, Kosmos 70, , Aluminium, 900 x 1800 x 400 cm (zweiteilig), Aufhängung im Westfoyer des Reichstagsgebäudes Abb. 5: Bernhard Heiliger, Constellation, 1991, Eisen, 360 x 460 x 690 cm, Temporäre Aufstellung im Lustgarten vor dem Alten Museum, Berlin 1991

51 49 zelne Säule, die ebenso wie der schwarzfleckige Hintergrund darauf verweist, dass noch immer die mittelalterliche Welt der kaiserlichen Pfalz Ort der Handlung ist. Quadraten besetzte Standarte über die Landschaft hinaus, die nach vorn von einer Reihe tief verschatteter Arkadengänge begrenzt zu sein scheint. Die idyllische Landschaft Am unteren Peneios ist als Bestandteil der klassischen Walpurgisnacht bevölkert von Naturgöttern wie Nymphen, die sich flüsternd in schilfbewachsenen Gewässern tummeln. Heiligers Druck zeigt diese grünlich schimmernde Landschaft im weißen Licht eines verschatteten Mondes, der auf tiefschwarzem Himmel steht. Zerklüftetes Gestein und rasch skizzierte Schilfhalme scheinen sich zu vermengen, so dass der Eindruck entsteht, als wären in dieser geisterhaften Landschaft die sich in ständiger Metamorphose miteinander vermischenden Elemente selbst die Akteure. Von hier aus begibt sich Faust in die Unterwelt, um Helena zu befreien, der er im folgenden dritten Akt begegnet. Eine breite Treppe, eine hohe Säule, auf deren Spitze sich eine vogelartige Figur spreizt und eine weitere, sich flügelartig ins Horizontale ausbreitende Skulptur am Boden kennzeichnen den Ort, an dem im dritten Akt Helena erscheint: Vor dem Palast des Menelas. Von hier aus nähert sie sich Faust, dem sie in der nächsten Szene begegnen wird. Die bizarren skulpturalen Gebilde, die ganz im Schwarz-Weiß-Konstrast gehalten sind, bestimmen wie Akteure einer Handlung das Bild, wirken aber zugleich auch wie Bruchstücke einer naturgewachsenen Architektur. Nach dem Abschied von Helena kehrt Faust zurück in die mittelalterliche Welt des Kaisers, der sich inzwischen im Krieg befindet. Heiligers Blatt mit dem Titel Kaiserzelt ist in ein flirrendes Wechselspiel von Licht und Schatten getaucht. Wie ein filigranes Mobile ragt eine mit blutroten Faust stirbt und Mephisto ist sich seines Sieges gewiss der Höllenrachen tut sich auf. Heiliger gestaltet ein feuerrotes Flammeninferno in schwarz verbrannter Landschaft gleich einem Vulkanausbruch. Mit den fein verästelten Strukturen der Flamme auf dem Ernst-Reuter- Platz [Abb. 3] hat dieser breit hingestrichene Feuerstrom nichts mehr gemein. Als Lichtprojektion hatte Heiliger diesen Höllenrachen auf die Bühne gebracht 8 und ihn in einigen Vorstudien wie einen grellen Sog gestaltet in der Lithografie dominiert das leuchtende Rot die linke Seite des Bildes, während der Rest der Szene fast gänzlich von undurchdringlicher Schwärze bedeckt wird. Einzig von rechts dringt etwas Licht hindurch: wie eine Luke, aus der dünner Rauch aufsteigt, zeichnet sich ein lichtes Viereck ab und lässt an die bei Goethe beschriebenen Himmlischen Heerscharen erinnern, die zur Erlösung der Unterwelt heraneilen. Marc Wellmann, Kurator der Bernhard-Heiliger- Stiftung, und Konstanze Ebel, Wissenschaftliche Mitarbeiterin der Bernhard-Heiliger-Stiftung Berend Wellmann Abb. 1 Das innere Bild Gespräch mit dem Maler Stefan Miteff, geboren 1957 in Neustadt an der Weinstraße Das ist eine Frage nach meinem zweiten Ich, antwortete mir Stefan Miteff, als ich ihn im Januar dieses Jahres traf und ihn bat, mir etwas über seine Bilder und seine Malerei zu erzählen, mein zweites Ich, das ich erst einmal wiederfinden muß. Er sei und bleibe Maler, hat er später hinzugefügt, obgleich er zur Zeit aus wirtschaftlichen Gründen gezwungen sei, andere Arbeiten zu übernehmen. Miteff ist in Westfalen (Bad Oeynhausen) aufgewachsen; sein Vater stammt aus einer bulgarischen Familie und seine Mutter aus Stettin. Die Verbindungen nach Bulgarien existieren bis heute. Nach seiner Schulzeit hat er zunächst eine Fachhochschule für Sozialpädagogik und dann, nach einem überstandenen Konflikt mit den Eltern, in Bochum das Deutsche Institut für Puppenspieler besucht, beide Berufe aber nach dem Abschluß der Ausbildung nicht ausgeübt zog er mit einem Freund zusammen nach Berlin - in das damalige West-Berlin. Hier ließ er sich zum Medizinisch Technischen Assistenten ausbilden und arbeitete im Zusam- 7 Werner Schnell, Mit Goethe im Dialog: Bernhard Heiligers Bühnenskulpturen zu Faust II, in: Detlef Lüders (Hg.), Goethe in der Kunst des 20. Jahrhunderts. 8 Schnell 1982, S. 130.

52 50 menhang mit seinen Praktika in einer Klinik in Charlottenburg. Auf dem Hintergrund der dortigen Erfahrungen mit Kranken und Sterbenden besann er sich jedoch auf das Leben, das ich haben wollte, das heißt auf seine ursprünglichen pädagogischen Interessen, und so beschloß er, den Arbeitsplatz noch einmal zu wechseln und in einem Kinderladen in Kreuzberg als Erzieher zu arbeiten. In diese Zeit, um die Mitte der achtziger Jahre, fällt der Wunsch zu malen. Er habe das zwar immer getan, betont er, aber durch die Arbeit mit den Kindern sei seine kreative Begabung wieder so beherrschend geworden, daß er nach einigen Erfolgen und der Präsentation der ersten ausstellungsreifen Bilder das Wagnis eingegangen sei, freischaffender Maler zu werden: es gab eine so gute Resonanz, daß ich die Malerei Abb. 2 nach geraumer Zeit zu meinem Beruf gemacht habe Er lebt und arbeitete seither in Berlin und Bulgarien. Eine alte Wohnung in einem Abrißhaus in Neukölln diente ihm in den ersten Jahren als Atelier. Hier bin ich ihm auch zum ersten Mal begegnet, nachdem ich zwei großformatige, auffallend farbige und jedenfalls annähernd gegenständliche Kopf-Bilder von ihm im Büro einer Berliner Mitwohnzentrale entdeckt hatte. Alle drei Aspekte, das große Format, die Farbigkeit und der Bezug zum Gegenstand gelten noch immer und grundsätzlich für die Malerei Miteffs. Die großen F o r m a t e sind schon darum für ihn wichtig, weil die Arbeit an den Bildern oft so etwas wie eine körperliche geführte Auseinandersetzung bedeuten kann. Kleinere Arbeiten waren immer eine Konzession an den Geldbeutel und an Käufer und Ausstellungen; ich mußte sie natürlich anbieten, aber bis auf wenige Ausnahmen war ich nie sehr glücklich damit. Miteff erzählt, daß es im Prozeß des Malens immer wieder zu emotionalen Ausbrüchen gekommen sei - er habe die Bilder manchmal geradezu körperlich attackiert. Das habe seinen Grund auch darin gehabt, daß es in den ersten Jahren seine Hauptintention gewesen sei, durch sie etwas freizulegen oder aufzubrechen und zu zeigen, was in mir ist. Seiner Begabung zu folgen und Bilder zu malen oder Künstler zu sein, heiße für ihn, die inneren Bilder aus sich herauszusetzen - meine Bilder sind immer zuerst eine persönliche Aussage über mich selbst. Sie zeigen das, was in mir ist, Aggression, Liebe, Verträumtheit, Sehnsucht - alles, was gleichberechtigt in mir ist. Das habe er in ihnen zum Ausdruck gebracht. Daneben können es allerdings auch Reaktionen auf Entwicklungen sein, die mich umgeben, Entwicklungen, Haltungen und Kulte, die mich wütend machen und die ich aufbrechen und entlarven möchte. Und schließlich habe auch die eigene Sexualität eine Rolle gespielt, jedenfalls in den ersten, malerisch noch unruhigen Jahren, in denen er sich nicht habe verstecken, sondern zeigen wollen. Ähnliches gilt auch für die starke F a r- b i g k e i t seiner Bilder, die geradezu ein Kennzeichen seiner Malerei ist. Es habe anfangs bestimmte Phasen gegeben, eine schwarz-weiße, dann eine blau-weiße Phase - Öl bzw. Acryl auf Leinwand; inzwischen hat sich aber vieles dabei verändert: ich denke, meine Psyche hat sich verändert. Die Bilder vermitteln jetzt oft einen farblichen Haupteindruck, aber das für den Betrachter Faszinierende ist ein Kosmos an Farbbewegungen, der einen langen und intensiven Malprozeß verrät, in dem die ver- Abb. 1: Stefan Miteff, Philobat, Dispersion auf Nessel, 110 x 99cm, 1990 Abb. 2: Stefan Miteff, tiefgründig, Mischtechnik auf Nessel, 117,5 x 107,5cm, 1995

53 51 schiedensten Techniken angewendet und zur Wirkung gebracht worden sind. Miteff hat die Malerei nicht an einer Hochschule studiert; er ist Autodidakt, der sich durch die Arbeit selbst in die verschiedenen Malweisen hineingedacht und hineinversucht hat, wobei immer auch der Faktor Zufall eine Rolle spielte, das Ergebnis des Farbauftrags, des Abwaschens, Abreibens, und Übermalens. Ich habe Lust daran, präsent zu sein, wiederholt er, und die Farbe habe etwas mit der Energie zu tun, sich solche Präsenz zu verschaffen. Immer wieder kreist das Gespräch um das Thema des inneren Bildes und um den Mut, das Herz aufzumachen und den Mund aufzumachen und die Dinge so darzustellen, wie ich sie in mir finde und wie ich sie sehe und bewerte. Der in dieser Weise sich selbst gestellte Auftrag, kreativ zu sein, im Denken und im Malen, um sich zu zeigen und zu äußern und um Stellung zu beziehen - oder vielleicht auch: der starke Wunsch, innere und äußere Dinge und Einflüsse produktiv umzusetzen, wie Miteff sich in diesem Gespräch äußert, ist seinen Bilder abzulesen und gibt den gelungenen Werken eine mit einem hohen menschlichen Anspruch verbundene Ausstrahlung. In der Anfangsphase des beruflichen Malens ist eine große Reihe von teilweise auch reproduzierten Portraitarbeiten entstanden; darauf und dazu sei er durch Anfragen gekommen, erzählt er, durch das klassische Bild, das sich viele Leute von einem, der ihnen als Maler begegnet, gemacht hätten. Er habe solche Aufträge in der Regel als Fingerübung verstanden, als eine technische Umsetzung seiner Kunst, mit der sich aber meistens keine besonderen Emotionen verbanden. Es waren eben keine selbstgewählten Motive, diese Auftragsbilder; aber trotzdem bleiben sie in einer Hinsicht doch ein wichtiger Teil seines Werkes und seiner Entwicklung, weil er, wie er es beschreibt, in seinem Ausdruck nach wie vor ein ge genstä ndlicher Maler sei: eine völlige Abstraktion habe ich noch nicht zugelassen, so weit war ich bisher noch nicht. Ein Bild müsse für ihn immer eine Vorgabe bieten, etwas, das vom Betrachter entdeckt werden kann. Und das sind meistens Gesichter, Köpfe, Körper - das heißt menschliche Figuren oder Teilfiguren, die verklausuliert sein können, aber immer vorhanden und in der stürmischen, farbigen Bewegtheit des Bildes manchmal erst auf den zweiten Blick zu erkennen sind. Dazu kommen Landschaften als wesentlich Motive, natürliche, ruhige und auch innere Landschaften der Melancholie und Schönheit. Erst langsam bahnt sich in dieser Sache etwas Neues an, nämlich ein anfänglicher Versuch, sich in abstrakte Sehweisen einzuarbeiten und mit der eigenen Maltradition und Körperlichkeit zu brechen. Dafür brauche er allerdings, wie er sagt, noch neues Futter. Die Bilder Miteffs belegen meines Erachtens, wenn man sich als Betrachter auf sie einläßt, eine erstaunliche menschliche Leistung. Sie können durch ihre Farbe und ihr Format faszinieren; je länger man sie auf sich wirken läßt, desto klarer wird dann aber auch das, was das begleitende Gespräch verdeutlichen sollte: daß Miteff seine malerische Begabung dafür einsetzt, über eine wachsende Beherrschung im Umgang mit der Farbe das zu zeigen, was in ihm ist - seine inneren Bilder. Diese inneren Bilder, das heißt die eigenen phantasievollen Träume und Zielvorstellungen und natürlich auch die in ihnen sich aufdeckende Bewältigung von Konflikten verdienen es, gesehen zu werden, auch öffentlich. Sie sind der Beitrag eines einzelnen Menschen, eines Künstlers, der etwas zu sagen hat und auf seine Art dazu beitragen möchte, die Welt voranzubringen. Abb. 3 Abb. 3: Stefan Miteff, Philobat und tiefgründig, Flur im Erdgeschoss

54 52 Hans-Joachim Burgert Nach dem Kriege Nach der Befreiung von der Diktatur, in dem Glück, alles Morden wie durch ein Wunder überlebt zu haben, erlebten wir eine neue Welt und eine alte Welt gleichermaßen, jene Welt nämlich, deren uraltes Gesetz wir nunmehr kennen lernen durften; das Gesetz von Kunst. Kunst des Expressionismus die Kirche mit einer Liturgie, die uns vom Himmel kam die Orgelbewegung die große Sprache der Lyrik. Der neue Geist war eigentlich gar nicht so neu: der Expressionismus hatte seine Blüte schon vor dem Kriege erlebt, die Kirche hatte in der Jugendbewegung bereits Neuerungen ausgebildet und selbst die Orgelbewegung hatte sich durch Hanns Henny Jahn schon in den Zwanzigern gebildet, ganz zu schweigen von Trakl, der auch in diese Epoche gehörte. Aber für uns war ja die spirituelle Tradition abgebrochen worden und durch Hitlers Morden war die Folgegeneration auf den Schlachtfeldern verblutet.. Abb. 1 Für uns war alles neu! Wir sogen alles Geschehene an Geist in uns auf. Wir wollten unseren neuen Weg finden. Einige der Expressionisten lebten sogar noch, sie hatten leidend die Diktatur überstanden. Schmidt-Rottluff, Pechstein, Heckel und Huth lehrten sofort nach dem Ende des Krieges an der Hochschule in Berlin. Ludwig Meidner kam aus dem englischen Exil zurück, wo er kärglich in einem Keller überleben konnte, ich hatte einen besonderen Kontakt zu ihm in den fünfziger Jahren. Sie alle vermittelten nichts anderes und zugleich das Größte: das uralte Gesetz der Malerei. Das Gesetz von Kunst in ihrer Sichtweise. Es schien damals so, als würde eine spirituelle Basis erneut erbaut. Wir wurden in aller Strenge unterwiesen. Nur der geringste Ansatz von Show wurde untersagt. Effekthascher schmiß Schmidt-Rottluff einfach raus! Beckmann und Hans Multscher, Cezanne und das ägyptische Fresco waren die Werte Barlach selbstverständlich nicht. Die evangelische Kirche schien sich einem neuen und gestaltenden Auftrag verpflichtet zu fühlen: Die wiederentdecke Liturgie in all ihrer Tiefe faszinierte uns (das Katholische Element war uns mehr als fern!). Es bildeten sich Bruderschaften, die Berneuchener, die Michaelsbruderschaft und Alpirsbacher. Die Kirchbautagungen waren wesentliche Begegnungen, um die nunmehr brennenden Stilfragen in Architektur und Kunst zu erwägen. Es gab sogar einen liturgischen Verlag für die evangelische Kirche, Stauda in Kassel. In dieser wieder entdeckten Liturgie hatten sich schließlich die Kriegs- Feinde etwa die Franzosen und die Deutschen nach dem letzten Schuß zum Abendmahl versammelt... Die Orgelbewegung (aus den zwanziger Jahren entstanden) schien ihre Früchte einzubringen. Überall wurden neue Werke erbaut, die deutlich die Prämissen dieses neuen - alten Orgelbaus beachteten: Schnittger und Scheerer waren die Vorbilder. Mit großer Energie versuchten junge Orgelbauer den quälenden Unverstand der Pfarrer zu überwinden. Die Kirchenmusik erreichte Großes in der neuen/alten Liturgie. Die Pflege der Gregorianik war uns ein Anliegen (ohne katholischen Ballast), sie gelang in vielen Tagungen in überzeugender Gestalt. Indes: für die Prägung einer gültigen Kirchenmusik fehlten die intensiven Begabungen. Pepping, Rehda und Distler waren sicherlich ernsthafte Komponisten, eine weiterreichende Sprache fanden sie nicht. Davids Orgelmusik war ohne Zweifel ernsthaft und ehrlich in der Basis, jedoch die Neigung zur Sentimentalität war insbesondere in der Chormusik unüberhörbar. Es bildete sich kein weiterreichender Stil. Zweifellos hatten die bildenden Künste das stärkste Potential zu bieten: die Architektur, die Skulptur und die Malerei. Als größtes Problem zeigten sich die Gemeinden selbst. Das kleine Kunstgewerbe saß tief in den Abb. 1: Andachtsraum im EZI Abb. 2: Hans-Joachim Burgert, Wandfries, 1964

55 53 Geschmacksnerven und der leidende Jesus war unumgänglich (was wir von der Musik oben schon sagten). Deshalb fragte ich Schmidt-Rottluff, ob er bereit wäre, die kirchlichen Entscheidungsgremien in Fragen der bildenden Kunst zu beraten. Er willigte ein! Aber die Kirchenleitung lehnte ab. Grund: Nur ein Theologe könne über Kunst in der Kirche entscheiden... also ein Laie! Und so schossen denn auch die Kleinkünstler wie Pilze aus dem Boden, denn eines bedienten sie zuverlässig - die Sentimentalität. Den Pfarrern zuliebe. Ich war durchdrungen von der Erwartung, daß die Kirche sich als Gefäß der Liturgie zu formulieren habe: Sacrum und Funktion. Sacrum und die bildende Form. Ich sah die Möglichkeit, daß die bildende Kunst in der sichtbar gewordenen Liturgie eine sinnvolle Funktion erfüllen konnte. (Auch glaubte ich, für dieses Anliegen den angemessenen Stil der Gestaltung bieten zu können.) Die Formformel. Das Zeichen als bildende Form. Fern aller Sentimentalität, fern allen Naturalismus. Die Erfindung der Form im Gefäß der Liturgie. Vielleicht ist von Interesse zu hören, wie dann die Entwicklung weiterging. Amerika war für uns junge Leute der Nachkriegszeit die Freiheit selbst. Unseren Dank und unseren Respekt brachten wir diesem Volk entgegen und unsere Sympathie. Um 1960 aber griff Amerika in ganz anderer Weise ein: Der Amerikanismus durchbrach alles was uns wertvoll war. Wir verstanden es: eine freiheitliche Demokratie hat spirituelle Entwicklungen zu tolerieren. Die unfaßbare Primitivität jener Neuerungen allerdings waren zumindest von Europa nicht zu tolerieren. Aber wir taten es. Warum? Weil es was Neues war. (Vielleicht wollte Amerika unbedingt etwas Neues hervorbringen diesen Verdacht wurde man nicht los.) Nun also schwärmten (schon damals) käufliche Journalisten: ein rosa-rot gemalter Volkswagen in fotographischer Treue das war es! Die neue Kunst. Das war genau das, was unsere Lehrer uns als Kitsch gelehrt hatten, und in der Tat: all unsere Ansätze und Hoffnungen waren mit einem Schlage zerstört. Der totale Kitsch grinste uns an. Uns wurde klar: Wir hatten geirrt. Bisher bauten wir unsere Welt. Von nun an waren wir Weltbürger des Primitiven. Wir waren zu schwach und zu jung, um dem zu widerstehen. Die Gesellschaft stützte uns nicht. Der rollende Dollar rechtfertigte alles, aber auch alles. Und da es nunmehr überhaupt kein Gesetz mehr gab vor lauter Freiheit meldeten sich allerorts die Kleinintellektuellen: hier eine neue These, dort ein unverdauter Gedanke, der sich wie sollte es anders sein in Kunst niederzuschlagen hatte. Die bildende Kunst rutschte ab in die Welt des gefälligen Kommentars... was nun wirklich nicht zum Auftrag einer Formen-Erfindung gehört. Und dann näherte sich der nächste Schritt: die 68er Revolution der Studentenschaft. Sicherlich begründet, aber ebenso (wie stets) total überzogen, gebar sie eine gänzlich neue Theologengeneration: die Kleinintellektuellen. Diese also wußten nicht so recht, ob man Liturgie hinten oder vorn betont und gar mit h schreibt... Jeder nahm sich nun auf seine Weise, was da zu holen war, bei der Kunst: Propagandamittel, Gefühlsduselei, Psychohilfsmittel für durcheinander geratene Erdenbürger, Kommentar zur Lage der Nation. Wess Seel auch wollte in der Kunst fand einjeder ein warmes Plätzchen: angenehm, gefahrlos und tiefsinnig. (Ich hatte Anfang der 60er Jahre eine Kapelle mit Wandmalereien ausstatten dürfen. Nach 68 wurden die Malereien mit Stoffbahnen verhängt und es wurden mehrere Fernseher aufgestellt - genannt Medienraum.) Nun spätestens wußte ich, daß mein Anliegen, in der Liturgie der Kirche einen Gestaltungsraum für die bildenden Künste zu erwarten ein Irrtum war. Abb. 2

56 54 Rezensionen Heiner Keupp, München Perspektiven der Erziehungsberatung Andreas Vossler (2003) Tübingen: dgvt-verlag Bei einem handwerklichen Produkt fällt es uns nicht sehr schwer über die Qualität des Produktes zu urteilen, auch nicht bei einem Fussballspiel oder Boxkampf. Warum tut sich der psychosoziale Bereich mit dem Qualitätsbegriff so schwer? Jedenfalls hat er im Feld psychosozialer Beratung zu einer defensiv-depressiven Stimmungslage geführt. Andreas Vossler spricht in dem vorliegenden Buch anschaulich von den dunklen Qualitätssicherungswolken am Beratungshorizont und er weiss, wovon er spricht, denn er hat jahrelang selbst in Einrichtungen der Erziehungsberatung gearbeitet. Die gewählte Stimmungsmetapher hat sicherlich mit der Sorge der Beratungsprofessionen zu tun, dass ihnen da eine Perspektive aufgezwungen werden könnte, die sie gegenüber ihrer Arbeit als fremd oder gar entfremdend empfinden. Die Frage nach der Qualität von personalen Dienstleistungen hat inzwischen auch alle Bereiche der psychosozialen Arbeit erfasst und die bislang dominante Qualitätsfolie stammt aus einem betriebswirtschaftlichen Diskurs. Die Frage nach dem sinnvollen und effektiven Einsatz von Steuergeldern ist natürlich sinnvoll, aber die darauf bezogenen Kriterien dürfen nicht an die Stelle eigenständig entwickelter psychologisch-sozialwissenschaftlicher Qualitätskriterien treten. Dieser Aussage stimmt Andreas Vossler uneingeschränkt zu, aber er verfällt nicht in den so häufig zu hörenden larmoyanten Ton, sondern er sieht in den Projekten der Qualitätssicherung die Chance zu einem frischen Wind und zu der Möglichkeit, die eigenen professionellen Traditionen auf den Prüfstand zu stellen und zu fragen, ob sie noch die richtigen Antworten in einem gesellschaftlichen Rahmen bieten, der sich dramatisch verändert. Aber woran machen wir die Qualitätskriterien fest? Sind es die professionellen Ausbildungsstandards? Die Regeln beraterischer Kompetenz doch würden sich Psychoanalytiker und Verhaltenstherapeuten auf gemeinsame Standards einigen können? Liefern nicht doch Kosten-Nutzen-Analysen die entscheidenden Kennziffern? All diesen Aspekten wird man die Berechtigung nicht absprechen können, bei Qualitätsurteilen berücksichtigt zu werden. Andreas Vossler rückt ins Zentrum seiner Überlegungen das Kriterium der Passung von professionellen Standards und den Bedürfnissen der nachfragenden Menschen. Und er schließt daran die Frage an: Sollten nicht die nachfragenden Personen in erster Linie die Qualitätsstandards setzen? Zunächst umreißt Andreas Vossler das Profil der institutionellen Erziehungsberatung, die nach einer fast 100jährigen Geschichte im Kinderund Jugendhilfegesetz (KJHG) einen gesicherten Platz im Rahmen der Sozialgesetzgebung gefunden hat. Der historische Abriss macht auch deutlich, dass Erziehungsberatung eine stets zu verändernde gesellschaftliche Antwort auf psychosoziale Probleme von Heranwachsenden und ihren Familien darstellt. Die Konzepte und Arbeitsweisen, die den Handlungsalltag der Erziehungsberatung jeweils bestimmt haben, waren immer wieder Gegenstand kritisch, fachlicher Evaluation. So hat der 8. Kinder- und Jugendbericht Anfang der 90er zu einer kritischen Revision der Beratungsarbeit geführt und sie stärker auf lebensweltliche Realitäten orientiert. Unter Bezug auf aktuelle soziologische Gegenwartsanalysen fragt Andreas Vossler nach Schwerpunktsetzungen, mit denen die institutionelle Erziehungsberatung auf veränderte Bedingungen des Aufwachsens in einer globalisierten kapitalistischen Gesellschaft zu reagieren hätte. In sieben Thesen legt der Autor einen anregenden Katalog von Reflexionsanstößen vor. Er bleibt dabei nicht bei einer soziologischen Analyse stehen, sondern nutzt das Salutogenesekonzept, um der Erziehungsberatung eine produktive Perspektive zu eröffnen. Zur Unterstützung für sein weiteres

57 55 Vorgehen formuliert Andreas Vossler eine starke Hypothese: In Anknüpfung an das Salutogenesemodell nimmt er an, dass Personen mit einem starken und flexiblen Kohärenzgefühl Ambivalenzen in den gegenwärtigen Lebensbedingungen weniger als Bedrohung, sondern eher als Herausforderung sehen. Aus diesem Kohärenzgefühl heraus würde es ihnen gelingen, ihre eigenen Erfahrungen und die jeweiligen Lebensbedingungen mit Sinn zu besetzen und sich als selbstwirksam zu erfahren. Mit dieser Ausgangsprämisse erhält die Erziehungsberatung ein normatives Profil bzw. den Handlungsauftrag, den Kohärenzsinn von Heranwachsenden und ihren Familien zu stärken. Für die vom Autor durchgeführte Evaluation ergibt sich als Hauptfrage: Gelingt es der institutionellen Erziehungsberatung den Kohärenzsinn von Kindern und Jugendlichen zu stärken und welche Maßnahmen tragen dazu bei? Zunächst wird der salutogenetische Ansatz und sein Hauptkonzept des sense of coherence (SOC) noch einmal einer spezifischen begrifflichtheoretischen Überprüfung unterzogen. Es wird ein hervorragender Überblick des Forschungsstandes geliefert. Es dürfte wenige Texte geben, in denen so präzise, systematisch und kritisch das Konzept SOC und die empirische Forschungslage vorgestellt wird. Zurecht distanziert sich der Autor von der Antonovskyschen Annahme einer kaum mehr veränderbaren Stabilität des SOC nach der Adoleszenz. Hier erweist sich Antonovsky als Schüler von Erikson, dessen Identitätskonzept jedoch gerade wegen seiner epigenetischen Schematisierung in die Kritik geraten ist. Besondere Aufmerksamkeit schenkt der Autor dem gerade für Familienberatung so relevanten Konzept des Familien-Kohärenzsinns. Zu diesem Konzept ist die Forschungslage sehr mager und Andreas Vossler macht es sich zur Aufgabe, die Tragfähigkeit dieses Konzeptes zu verbessern und empirisch zu fundieren. Am Ende dieses Kapitels wird deutlich, dass dem kindlichen SOC und dem Familien- SOC nach Auffassung des Verfassers ein wichtiger Stellenwert als Zielkriterium in der Beratungsforschung zukommen sollte, weil das Kohärenzgefühl sowohl auf individueller als auch auf familiärer Ebene durch gute Beratung gefördert werden kann. In der referierten Beratungsbegleitforschung wird für den Autor jedoch ein zentrales Defizit erkennbar, das darin besteht, dass die Perspektive der Kinder und Jugendlichen bislang kaum berücksichtigt wurde, obwohl es doch um sie geht. Dieses Defizit möchte Andreas Vossler in seiner eigenen Studie überwinden. Wie gelingt es nun A. Vossler, die beschriebenen Defizite in der bisherigen Evaluationsforschung zu überwinden? Gewählt wird für die katamnestische Untersuchung ein kombiniertes Programm von quantitativer und qualitativer Forschung. Gefragt wurden 211 Eltern, 18 Jugendliche und 48 Berater im Abstand von zwei bis drei Jahren zur Beratung. Erhoben wurden die Einschätzungen von Zufriedenheit und Veränderungsmöglichkeiten. Und des weiteren wurden Zusammenhänge zwischen unterschiedlichen Beratungsvariablen und dem Kohärenzgefühl untersucht. Der Autor trifft kluge Entscheidungen bei der Auswahl seiner Untersuchungsvariablen und instrumente. Auch in bezug auf den Auswertungsprozess erweist sich Andreas Vossler im Umgang mit dem fachlichen Handwerkszeug im quantitativen und qualitativen Bereich als souverän. Bei der Auswertung orientiert sich Andreas Vossler an der Chronologie des Beratungsverlaufs (Anlass zur Beratung, Beratungsmotivation, Vorerfahrungen mit Beratung oder anderen psychologischen Hilfen, Erwartungen und Befürchtungen in bezug auf Beratung, die institutionellen Rahmenbedingungen, Beratungsbeziehung und -verfahren, Veränderungseffekte und Beratungszufriedenheit). Beim Vergleich der drei befragten Gruppen ergeben sich bei den Heranwachsenden und ihren Eltern durchaus ähnliche Ergebnisse, aber der Vergleich zeigt, dass Jugendliche auch für sie wichtige eigenständige Beurteilungsdimensionen heranziehen: Sie wollen den Berater als authentisch erleben und erwarten von ihm eine neutrale Mittlerrolle zwischen ihnen und den Eltern bzw. Dritten. In einem nächsten Auswertungsschritt werden in bezug auf die Elternsicht Interdependenzanalysen durchgeführt, die aufzeigen können, welche Variablen in positiver Verbindung zueinander stehen. Ein drittes Auswertungskapitel ist ganz dem Kohärenzsinn gewidmet. Die qualitativen Interviews mit den Jugendlichen erwiesen sich als aussagekräftig. Hier wird deutlich, dass in den Beratungssitzungen an Themen und Kompetenzen gearbeitet wurde, die als Kohärenzförderung angesehen werden können und insofern auch den positiven Beitrag der Beratungserfahrungen aufzeigen. In zwei Fallanalysen wird dies nachvollziehbar belegt. Das abschließende Kapitel eröffnet Perspektiven für die Beratungspraxis. Der Autor hat selbst lange als Psychologe im Feld der Erziehungsberatung gearbeitet und legt Wert darauf, über Konsequenzen und Optimierungen der Beratungsprozesse nachzudenken und hierzu praxisrelevante Anregungen zu entwickeln. Ein besonderes Anliegen ist ihm die Partizipation von Kindern und Jugendlichen. Bei allen positiven Argumenten, die ein systemisches Vorgehen

58 56 auf seiner Seite verbuchen kann, wird hier deutlich, dass Heranwachsende nicht nur als Teil eines Familiensystems wahrgenommen werden sollten, sondern auch einen Anspruch auf eine eigene Stimme und das Recht auf ein Setting haben, in dem sie nicht nur über ihre Eltern und deren Erwartungen und Bedürfnisse wahrgenommen werden. Andreas Vossler hat mit seinem Buch für den Bereich der Erziehungs- und Familienberatung Standards gesetzt. Ein Berufspraktiker hat das eigene Handlungsfeld reflexiv bearbeitet und Kriterien für eine gute Praxis benannt, die im künftigen Diskurs über Qualitätsstandards für die psychosoziale Beratung nicht mehr fehlen dürfen. Hans König, Soest Das Kurzgespräch in Seelsorge und Beratung Eine methodische Anleitung Der Vorstellung des Buches von Timm Lohse, erschienen 2003 bei Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen, möchte ich einige persönliche Anmerkungen voran schicken: In eigener Aus- und Fortbildung innerhalb von Seelsorge und Beratung habe ich verschiedene Konzeptionen kennen gelernt und je unterschiedlich in meine eigene Praxis integriert. Auf diese hier vorgestellte Konzeption habe ich je länger, je mehr gewartet; sie hat, als ich sie im EZI/Berlin nach vielen Jahren intensiver Arbeit in diesem Bereich kennen lernte, meine Freude an Seelsorge und Beratung neu belebt. Über viele Jahre habe ich in der westfälischen Landeskirche Vikarinnen und Vikare in den Bereich Seelsorge eingeführt. Ich würde meiner Kirchenleitung heute empfehlen, zukünftige Pastorinnen und Pastoren nach dem Konzept auszubilden, das dem Kurzgespräch von T. Lohse zugrunde liegt. Nicht weil kurz aktuell oder besser wäre, sondern weil kurz (und einmalig) immer häufiger die Bedingung von Seelsorge und Beratung im pfarramtlichen Dienst ist bzw. wird. Und die Kürze eines Gespräches muss nicht unbedingt mit weniger Tiefe einher gehen, so wie auch eine kurze Predigt nicht unbedingt weniger inhaltsvoll sein muss als eine lange. Der Nachteil des Buches: das Lesen der ca. 150 Seiten ersetzt leider überhaupt nicht das Training der vorgestellten Methode, wie es in den entsprechenden Kursen des EZI unter der Leitung von Timm Lohse und Christoph Schneider-Harpprecht ( Seelsorge in 20 Minuten? ) angeboten wird. Und nun zum Buch selbst: Timm Lohse führt auf dem Hintergrund eines systemischen Ansatz in eine Seelsorgekonzeption ein, der man auf jeder Seite des Buches anmerkt, dass sie unmittelbar an der Praxis orientiert ist. Der Anspruch ist hoch: qualifizierte Seelsorge und Beratung ist auch möglich in einem Gespräch, das zwischen Tür und Angel und/oder in 10 oder 20 Minuten stattfindet, sofern man sich der Zufälligkeit und Beiläufigkeit solcher Gespräche wirklich stellt und sie nicht als weniger bedeutsam abtut, weil in ihnen die bisher gelernten Gesprächstechniken und Therapiemethoden nicht zur Anwendung kommen können. Der Autor geht davon aus, dass nicht jeder, der die sich ihm bietende Chance eines helfenden Gesprächs ergreift, unbedingt lange Beratung oder gar Therapie will oder braucht. In einem ersten Teil geht T. Lohse auf die interaktiven Elemente des Kurzgespräches ein, deren Kenntnis und Akzeptanz für das Gelingen eines solchen Gespräches unabdingbar sind. Hier werden sehr anschaulich die Möglichkeiten und Fallen erläutert, die ganz zu Anfang wesentlich Anteil daran haben, ob ein kurzes Gespräch hilfreich wird oder nicht. Tröstlich ist, dass der Ratsuchende fast immer in seinen ersten Sätzen, oft wirklich im ersten Satz, den Schlüssel für das, was er als Hilfe erwartet, mitliefert. Die angeführten Beispiele, die dem Leser oft gar nicht so fremd vorkommen werden, lassen manchmal den Eindruck aufkommen, als sei es so einfach, diesen Schlüssel zu erkennen. Die Schwierigkeit besteht aber gerade darin, schon beim ersten Satz des Ratsuchenden wirklich präsent zu sein (und nicht erst dann wirklich wach zu sein, wenn das Problem präsentiert wird). Diese Präsenz vom ersten Satz an will wirklich trainiert werden. Neu und gewöhnungsbedürftig für alle in der Seelsorge und Beratung Tätigen ist der Ansatz von Timm Lohse, nicht problemorientiert zu arbeiten. Ein Zusammenhang, der sich möglicher Weise in vielen Jahren zu einem Problem entwickelt und verdichtet hat, kann nicht in wenigen Minuten eines Kurzgespräches gelöst werden. Und deshalb sollte es auch nicht versucht werden.

59 57 Wohl aber kann und soll ein erster Schritt in Richtung Lösung gefunden werden, wobei weniger die Länge dieses ersten Schrittes wichtig ist, sondern die Erfahrung des Ratsuchenden, dass überhaupt ein Stück Bewegung für ihn möglich wird. Daraus kann die Hoffnung erwachsen, dass nicht alles so schlimm bleiben muss, wie es ist. Der zweite Teil des Buches ist der Methodik der Gesprächsführung gewidmet: Lohse gibt eine Übersicht über Techniken auch anderer Beratungs- und Therapieformen, die in besonderer Weise für das Kurzgespräch geeignet sind. Und er tut das in präziser Sprache und mit guten Beispielen so, dass diese methodische Anleitung wirklich von Anfang bis Ende spannend zu lesen bleibt. Wichtig ist die Intention: im Kurzgespräch wird nicht problemorientiert gearbeitet, sondern ziel-, ressourcenund lösungsorientiert. In allen methodischen Überlegungen und an allen Fallbeispielen wird immer wieder deutlich: der Ratsuchende wird nie zum Objekt der Methode, sondern bleibt wirkliches Gegenüber auf gleicher Höhe; so wie der Beratende Experte ist für Formen der Kommunikation, so ist und bleibt der Ratsuchende Experte für sein eigenes Leben. Im dritten Teil geht es um das Ende des Kurzgespräches, das deshalb von besonderer Bedeutung ist, da es sich um eine Gesprächsform handelt, die im normalen Falle keine Fortsetzung findet. Es geht hier um die Möglichkeit der Ergebnissicherung, die Notwendigkeit von Entschiedenheit und Bescheidung. Ich habe die hier gegebenen Hinweise zu schätzen gewusst, wenn ich als Gemeindepfarrer mit einem Stand Kirche am Markt auf dem Wochenmarkt stand und in drei Stunden ca. 30 Gespräche geführt habe. Das Buch schließt mit pastoraltheologischen Anmerkungen zur Seelsorge und einem Nachwort von Christoph Schneider-Harpprecht zur Methode des Kurzgespräches im Rahmen der Alltagsseelsorge. Fazit: Ein Buch, das Mut macht, sich auf Seelsorge und Beratung dort einzulassen, wo das wenn auch für den Seelsorger/Berater in ungünstiger Situation und zur ungünstigen Zeit, für den Ratsuchenden aber als günstige Gelegenheit verstanden angefordert wird. Edouard Marry, Berlin Fremdheit in Beratung und Therapie Erziehungsberatung und Migration Hrsg. von Paul Friese und Irene Kluge. Materialien zur Beratung - Band 7; Fürth: bke-eigenverlag Um es vorweg zu nehmen: Diese Broschüre ist nicht nur lesenswert, sie gehört meiner Meinung nach - zur Pflichtlektüre jeder Erziehungsberatungsstelle. Die AutorInnen sind engagierte Praktiker, die ihre Erfahrung methodisch aufarbeiten und vergesellschaften wollen, ohne kommerziellen Nutzen; die Broschüre ist kostenlos erhältlich bei der Bundeskonferenz für Erziehungsberatung (bke), Hermstr. 53, Fürth, Tel,: Viele der AutorInnen stammen aus dem internationalen Familienzentrum in Frankfurt am Main. Die bke hatte in Zusammenarbeit mit der Landesarbeitsgruppe für Erziehungsberatung in Hessen das Thema Fremdheit im Kontext des interkulturellen Zusammenlebens zum Gegenstand einer Tagung gemacht, aus deren Vorträge die meisten Artikel dieser Broschüre stammen. Nun sind viele Bücher zu diesem Thema geschrieben worden, und manch eines hätte auf den Umfang eines Fachartikels reduziert werden können, ohne großen Verlust an Information. In dieser Broschüre kann man das Gegenteil feststellen: manch ein Artikel liefert Stoff für ein ganzes Buch. Dieser Mangel an Redundanz ist bemerkenswert. Beispielsweise ist der inhaltlich höchst dichte Beitrag von Farideh Akashe Böhme zum Thema Fremdheit in der Gesellschaft gerade mal 12 Seiten lang. Hierbei wird das Phänomen der Selbstverständlichkeit und Sicherheit der Handlungsregeln von Gruppen gegenüber Fremden untersucht. Dadurch wird der Begriff des Fremden von der ethnischen Dimension ausgeweitet auf die Fremdheit zwischen den Generationen und den Geschlechtern. Der Geltungsanspruch der Regeln einer Gruppe gegenüber der anderen macht diese erst zu Fremden. Das seelische Grenzgängertum immigrierter Kinder und Jugendlicher ist für Andrea Lanfranchi ein Seiltanz zwischen den Kulturen und die entsprechenden Konsequenzen für die Praxis der Erziehungsberatung werden angerissen. Dadurch wird klar, welch hohe Anforderungen an die interkulturelle Öffnung künftig gestellt sein werden. Die sich daraus ergebenden unterschiedliche Sichtweisen im interkulturellen Beratungsprozess ist Thema

60 58 für Uli Alberstötter u.a., gefolgt von einem Konzept für integrative Gruppentherapie mit marginalisierten Kindern, vorgelegt von Dorothea Rahm und Carola Kirsch. Hier ist endlich der anschauliche Bezug dargestellt, ebenso wie bei Elisabeth Stahls konstruktiver Konfliktbewältigung in multikulturellen Stadtgesellschaften. Zuvor zeigt Jürgen Müller Hohagen die subjektive Phänomenologie von Fremdheit in der Beratung auf. Was ist in der Auseinandersetzung mit Ausländern normal, was ist fremd? Als jemand, der selbst sowohl beruflich, als auch persönlich betroffen ist, kann ich der Thematik recht gut folgen und den Informationsgehalt dieser Beiträge dankbar als Hilfe annehmen. Aber wird es Beraterinnen und Berater, die sich für die Interkulturalität neu öffnen, auch so gehen? Oder brauchen sie zuvor eine andere Einführung, die sie emotional erreicht, bevor sie sich rational und nüchtern mit diesen Materialien zur Beratung befassen? Das ist vielleicht die Schwierigkeit bei der Lektüre dieser Broschüre: sie läßt sich weder am Stück lesen, noch ohne eigene Erfahrung wirklich nutzen. Fast jeder Artikel erfordert eine Lesepause und eine lange innere Reflexion oder, noch besser, Diskussion mit Fachkollegen. Es fehlt eine ausreichende Veranschaulichung der Thesen und Konstrukte. Dies würde wohl den Umfang einer Broschüre sprengen. Dadurch sind die Leser aber auf sich gestellt, auf ihre Vorerfahrung oder Betroffenheit. Leopold Morbitzer, Tübingen Psychologische Beratung Beiträge zu Konzept und Praxis Renate Oetker-Funk, Maria Dietzfelbinger, Elmar Struck & Ingeborg Volger (2003) Freiburg: Lambertus- Verlag In der gegenwärtigen Debatte um Professionalisierung und Standardisierung psychosozialer Beratungstätigkeit und der Entwicklung entsprechender Ausbildungsstandards werden die reichhaltigen und über Jahrzehnte gewonnenen Erfahrungen kirchlicher Beratungsarbeit weitgehend ignoriert, trotz der dort seit langem herrschenden hohen fachlichen Standards. Dies hat nicht zuletzt berufspolitische Gründe. Vor diesem Hintergrund erschien nun 2003 im Lambertus-Verlag ein Buch mit Beiträgen zu Konzept und Praxis Psychologischer Beratung in kirchlicher Trägerschaft. HerausgeberInnen und AutorInnen kommen selbst aus der kirchlichen Beratungspraxis. Insgesamt besitzt dieser Sammelband nicht nur für die Beratungspraxis äußerst wertvolle Beiträge, sondern stellt darüber hinaus eine längst überfällige Zusammenschau dieser Arbeit dar. Die Hälfte der Beiträge sind Originalbeiträge. Darüber hinaus war es auch Absicht dieses Bandes, gute, bereits publizierte Fachbeiträge aus der Nische verbandsinterner Publikationen zu holen und so einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Als Zielgruppe werden Weiterbildungsteilnehmer der verschiedenen Beratungsfachverbände, Studierende, aber auch bereits im Beratungsbereich Tätige genannt. Das Buch ist in drei Bereiche untergliedert: 1) Grundsatzfragen, 2) Beratungsansätze und methoden, 3) Beratungsfelder und themen. Die zusammengestellten Beiträge sind so vielfältig wie die Beratungsarbeit. Das ganze Werk ist ökumenisch ausgerichtet, die Beiträge entstammen unterschiedlichen Therapieschulen, Denkansätzen, Fachrichtungen (psychoanalytisch, systemisch, verhaltenstherapeutisch, theologisch, soziologisch etc.), sie befriedigen sowohl die Bedürfnisse der Praktiker (praktischer als der Beitrag von KOSCHOR- KE zur Trennungsberatung, inklusive Handreichungen für Trennungspaare mit Kindern, kann ein Artikel nicht sein), als auch den an grundsätzlicheren Fragen Interessierten. Betrachtet man das Buch als Ganzes, fällt auf, dass zwei Themen das ganze Werk wie zwei rote Fäden durchziehen: die notorische Abgrenzungsfrage (SCHRÖDTER, S. 37) - vor allem gegenüber der Psychotherapie, aber auch gegenüber der allgemeinen Sozialberatung und der kirchlichen Seelsorge - und die enorm hohe Bedeutung, die dem multiprofessionell zusammengesetzten Team beigemessen wird. Viele AutorInnen lehnen explizit die Platzanweisungen für Therapie und Beratung durch das Psychotherapeutengesetz ab (Therapie für Leiden mit Krankheitswert versus Beratung für Leiden am sozialen Konflikt ). Nach Ansicht der HerausgeberInnen verlaufen die Trennungslinien zwischen Beratung und Therapie eher entlang der subjektiven Selbstdefinition der Ratsuchenden ( sich krank fühlen versus ein Problem haben ), der Flexibilität des Settings, der Schwellenhöhe im Zugang, der Dauer und der Zielsetzung des jeweiligen Prozesses. (S. 18f) In Abgrenzung zur allgemeinen Sozialberatung schreiben sie: Zwar werden Probleme der äußeren, konkret-materiellen Lebenssituation der Ratsuchenden wahrgenommen und angesprochen,

61 59 nicht aber seitens der Berater handelnd bearbeitet. (...) Umgekehrt werden in der Allgemeinen Sozialberatung Beziehungs- und Erziehungsprobleme sowie intrapsychische Schwierigkeiten wahrgenommen und angesprochen, aber nicht bearbeitet. (S. 19) Durch die weltliche Fachlichkeit unterscheide sich Psychologische Beratung ferner von der kirchlichen Seelsorge. Psychologische Beratung wird so als eigenständige Säule der psychosozialen Versorgung konzipiert. WOLFGANG SCHRÖDTER greift in seinem Beitrag ( Zur sozialsystemischen Plazierung institutioneller Beratung ) diesen Faden auf und intensiviert die Auseinandersetzung damit. Er sieht eine Gefahr in den Versuchen, Beratung entlang des Psychotherapiebegriffs zu denken, mit den Implikationen des naturwissenschaftlichen Krankheitsbegriffs und seiner Zentriertheit aufs Individuum und dessen Körper. Der genuin naturwissenschaftliche krank/ gesund-schematismus bedeutet vielmehr eine Möglichkeit im Verstehensprozess, und zwar in diesem Sinne eine ohne Zweifel fallweise unverzichtbare. Es mag sein, dass Manchen diese Platzzuordnung zu restriktiv erscheint. (S. 50) Dieser Schematismus sei nur eine regulative Idee, zusammen mit anderen Kontexten wie Pädagogik, Sozialwissenschaft, Linguistik, Kulturantropologie, Theologie, Philosophie. Daher ist es nur konsequent, wenn SCHRÖDTER Beratung nicht als Leistung einer Einzel(fach)person versteht, sondern als Gemeinschaftsaufgabe eines multiprofessionell zusammengesetzten Teams. Auch die HerausgeberInnen sprechen von Psychologischer Beratung als einer interdisziplinären Teamleistung (S. 19). Das Team stelle einen wichtigen Beitrag zur Struktur- und Prozessqualität (FRITZ, S. 163) dar. Gerade vor diesem Hintergrund, dass das Team zum Teil sogar als das konstituierende Merkmal der Beratungsarbeit beschrieben wird, wäre ein eigenständiger Beitrag, der sich explizit mit der Teamrealität und der Funktionsweise dieser Teams auseinandersetzt, wünschenswert gewesen. Um einen Eindruck von der Bandbreite dieses Sammelbandes zu bekommen, seien im folgenden einige Beiträge beispielhaft herausgegriffen und kurz skizziert. Im Einleitungskapitel der vier HerausgeberInnen wird in groben Zügen die Geschichte der Psychologischen Beratung - vom guten Rat zur Professionellen Beratung - nachgezeichnet. Ebenso werden wichtige Begriffe erläutert, der Standort der Psychologischen Beratung bestimmt, der institutionelle Rahmen abgesteckt, Fragen der Qualitätssicherung, Evaluation, Fort- und Weiterbildung besprochen und Perspektiven aufgezeigt. INGEBORG ROESSLER ( Zwischen Wertorientierung und Dienstleistungsmentalität ) beschäftigt sich mit Fragen der professionellen Identität von BeraterInnen, gerade auch vor dem Hintergrund der Veränderungen im Sozial- und Gesundheitswesen. Sie fürchtet eine Dienstleistungsmentalität, die allein vorhält, was gefordert wird und ausführt, was öffentlich effizient scheint (S. 73). Sie schließt (in Umkehrung von GRAWES Postulat) mit der provokanten Formulierung: Vielleicht ist es heute wichtiger, von der Profession zur Konfession zurückzukehren? (S. 74) ELMAR STRUCK ( Partnerschaft, Ehe und Beratung ) schildert anschaulich die besonderen Schwierigkeiten mit denen heute lebende Paare konfrontiert sind. Wir ahnen, dass ein nicht geringer Teil in der autonomen Gestaltung seines gesellschaftlichen wie privaten Lebens völlig allein gelassen und überfordert ist. (S. 55) Er kommt daher zu dem Schluß, dass heutzutage der Eheund Partnerschaftsberatung deshalb auch in hohem Maße die Funktion zukommt, den Wegfall äußerer Vorgaben, Orientierungen und Hilfen zu kompensieren. (S. 56) Ein vom Stil her völlig anderer Beitrag ist der von JOACHIM ENGL und FRANZ THURMAIER, die ihr Paarkommunikationstraining (KOMKOM) vorstellen, ein Programm, das sich an kognitiv-verhaltenstherapeutischen Ansätzen orientiert. Das Programm wird ausführlich und sehr konkret dargestellt, nebst (sehr ungewöhnlich in diesem Feld) Ergebnissen der Begleitforschung. Empirisch sei belegt, dass Qualität und Stabilität von Partnerschaften am stärksten durch das Kommunikationsverhalten der Partner beeinflusst werden. Die Anforderungen an eine kommunikative Kompetenz seien durch die gesellschaftlichen Veränderungen, die zu Ehen als reinen Gefühlsgemeinschaften zwischen zwei gleichberechtigten Partnern (S. 179) geführt haben, noch deutlich gestiegen. Ihr Trainingsprogramm will hier ein effektives Kommunikationsverhalten vermitteln. Konzepte und Methoden der Paarberatung beim Thema Trennung ( Trennungsberatung ) stellt MARTIN KOSCHORKE vor. Kern des Artikels ist sein Bergmodell, in dem die drei Phasen des Trennungsprozesses dargestellt sind. Erst erlebt das Paar eine Krise, Trennendes steht zwischen ihnen, beide wollen jedoch an der Partnerschaft festhalten (wichtig ist hier KOSCHORKES Unterscheidung zwischen der Trennung von einem unerträglichen Zustand und der Trennung vom Partner). In der zweiten Phase ( auf dem Berg ) ist die Entscheidung über eine Trennung offen das Paar ist hochambivalent. Erst in der dritten Phase ist die Ent-

62 60 scheidung getroffen, das Paar ist zur Trennung entschlossen. Für jede dieser drei Phasen empfiehlt der Autor ein spezifisches beraterisches Vorgehen und gibt hierfür praktische Hinweise. MICHAEL VOGT stellt in seinem Beitrag ( Du bist so jung wie Deine Zuversicht ) zur Einzelberatung älterer Menschen die Frage, ob EFL-Beratung eigentlich ihrem Anspruch, Beratung und Begleitung über die gesamte Lebensspanne anzubieten, gerecht wird, wenn sich Beratungsstellen aus Gründen der Refinanzierung immer stärker auf die Systematik des Kinder- und Jugendhilfegesetzes beziehen. Er führt die speziellen Konfliktlagen und den Beratungsbedarf älterer Menschen aus, wie beispielsweise Ruhestand, Veränderung des Lebensrhythmus, Sexualität in der Altersbeziehung, Erkrankung und Tod des Partners, Sinn- und Glaubensfragen. Beratung für ältere Menschen bedarf für VOGT je eigener struktureller, inhaltlicher und personaler Bedingungen. Um die Besonderheiten interkultureller Psychologischer Beratung geht es NORBERT KUNZE. Interkulturelle Beziehungen bestehen zwischen deutschen Beratenden und ausländischen Ratsuchenden, ausländischen Beratenden und deutschen Ratsuchenden, ausländischen Beratenden und ausländischen Ratsuchenden anderer ethnischer bzw. nationaler Herkunft und nicht selten auch zwischen in- und ausländischen Mitarbeitenden an der Stelle selbst. Da Deutschland de facto ein Einwanderungsland ist, wird die interkulturelle Wirklichkeit zunehmend an Bedeutung gewinnen. Für die interkulturelle Beratungsarbeit sind sowohl KUNZES Darstellung der typischen Klippen und Fallen dieser Arbeit sehr hilfreich, als auch seine Verständnisfolien, die eine ganzheitliche Sicht der innerpsychischen und der sozio-kulturellen Situation ermöglichen sollen. Das Buch liefert insgesamt einen guten Querschnitt durch die Themen, die für alle Felder der Ehe-, Familienund Lebensberatung von Belang sind, unter bewußtem Verzicht auf viele weitere interessante Themen und andere Arbeitsfelder Psychologischer Beratungsstellen (Sexualberatung, Schwangeren- und Schwangerschaftskonfliktberatung, Beratungsarbeit mit Gruppen, Online-Beratung,...). Da kann es selbstredend kaum ausbleiben, dass vieles vermisst werden wird (z.b. im Bereich der Grundsatzfragen ein Beitrag zu den theologischen Grundlagen der Beratungsarbeit im kirchlichen Raum oder auch ein Beitrag zu den Ergebnissen der Evaluationsforschung in diesem Feld oder eben ein Beitrag zur Funktionsweise multiprofessioneller Teams). Eben weil der Leser manches wichtige Thema vermissen wird, ist die breite Bibliographie am Ende jeden Beitrages besonders erfreulich. Sie kann sehr gut als Ausgangspunkt für weiterführende eigene Vertiefungen in das jeweilige Thema genutzt werden. Schließlich aber bleibt zu hoffen, und sei den HerausgeberInnen an dieser Stelle ausdrücklich ans Herz gelegt, dass dem ersten Band möglichst bald ein zweiter folgen möge. Die Stärke dieses Sammelbandes - seine Vielseitigkeit - ist zugleich auch seine größte Schwäche. Die verschiedenen Themen, Zugänge, Orientierungen sind anregend, bereichernd und stellen zweifellos einen guten Querschnitt durch die vielfältige Beratungslandschaft dar. Gleichzeitig fehlt durch dieses Nebeneinanderstellen der einzelnen Beiträge die Bezogenheit aufeinander. Sie bleiben unverbunden nebeneinander stehen, ohne dass sie diskutiert, bewertet und in ein Gesamtkonzept von Psychologischer Beratung integriert würden, so dass es dem Leser überlassen bleibt, wie er die Beiträge werten will. Dieser allgemeine Überblick - den das Buch bieten will und den es zweifelsohne leistet - ohne im einzelnen in die Tiefe zu gehen, entspricht wohl auch dem Selbstverständnis vieler Berater, eher Generalisten und keine Spezialisten zu sein. Ein Umstand, dem beispielsweise durch die neue Weiterbildungsordnung des EZI Rechnung getragen werden soll, indem die Erziehungs-, Schwangeren- und Schwangerschaftskonfliktberatung in den Ausbildungskanon zum Psychologischen Berater mit aufgenommen wurden. Zur Identität der Beratenden gehört es ja nachgerade, mit der Vielfalt und Unüberschaubarkeit von Themen, Hintergründen, Kontexten, Aufträgen, Verwicklungen umgehen zu können und den Ratsuchenden gerade darin auch Modell zu sein. Und so gehört es nun einmal dazu, eher in weiten Horizonten sich zurecht zu suchen, als im Brustton der Überzeugung zu verkündigen, wie es ist. (MÜLLER-HOHA- GEN, S. 301) Nichtsdestotrotz bleibt die Frage, wie hierbei verhindert werden soll, dass aus der Vielfalt Beliebigkeit wird, ein pragmatischer Eklektizismus, den die unreflektierte Auswahl, die zufällige Addition beliebiger Elemente aus verschiedenen Schulen je nach Gegebenheiten des Augenblicks (HEßDÖRFER, S. 105) kennzeichnet. Verschiedene Beiträge dieses Buches beschäftigen sich daher mehr oder weniger ausführlich mit der Frage der Integration dieser verschiedenen Elemente. SUSANNE HEßDÖRFER beschäftigt sich in ihrem Beitrag ( Zur Methodenintegration in der Ehe-, Familienund Lebensberatung ) explizit mit der Frage, wie dieses Nebeneinander zu organisieren ist, ob nach intuitiv ermitteltem Bedarf, oder ob eine gewisse Systematik des Zusammenspiels der Methoden oder des Nach-

63 61 einanders ihrer Anwendung erstrebt wird. Die Integration unterschiedlicher Schulen bedarf einer theoretischen Ableitung, warum welche Elemente wann und wo eingesetzt werden. Es muss also eine übergeordnete Theorie geben, die die Auswahl der Methoden begründen kann. (S. 105) Sie stellt verschiedene Modelle vor, die diese Integration leisten wollen, unter anderem den integrativen Ansatz der Münchner EFL-Stellen. In diesem Modell stellt die Psychoanalyse grob gesagt - als Verstehensmodell die Grundlage dar, wohingegen für ein Handlungsmodell für das beraterische Vorgehen auch Anregungen aus der Verhaltenstherapie, den Humanistischen Therapien und dem Systemischen Ansatz entnommen werden. Für RAINER FRITZ ( Systemisches Metamodell zur Beschreibung einer integrativen Praxis ) eignet sich dagegen die Systemtheorie am besten als Metatheorie zur Integration unterschiedlicher therapeutischer Ansätze. In seinem Modell stellt die Psychoanalyse nun nicht mehr die Grundlage, sondern einen Spezialfall dar; beispielsweise wird aus dem bei HEßDÖRFER ganz grundlegenden Konzept Übertragung/Gegenübertragung eine Ableitung eines viel grundlegenderen Prinzips, nämlich dem der Selbstähnlichkeit (fraktale Strukturen). So entsteht der Eindruck, als würde sich die Heterogenität der Ansätze, die sich im kleinen zeigte auf der Ebene der Methoden, Störungskonzepte etc. - auf der Ebene der Meta-Modelle wiederholen. Ein Konsens scheint nicht in Sicht. Eine gangbare Position ist meines Erachtens die von INGEBORG VOL- GER. Sie umgeht das Problem, indem sie eine Definition von Beratung formuliert, die Konsens finden dürfte, wonach Beratung einen Prozess in Gang setzen soll, der die Ressourcen des Klienten aktiviert mit dem Ziel, ihn in die Lage zu versetzen, seine aktuellen und günstigenfalls auch zukünftigen Probleme selbst zu lösen (S. 125). Anschließend benennt sie die Punkte, bei denen Dissens besteht, nämlich darüber, was die Selbstheilungskräfte des Klienten ausmacht, was sie blockiert und wie sie reaktiviert werden können. (S. 125) Diese Fragen jedoch können dann nur therapieschulenspezifisch beantwortet werden. Sie korrespondieren mit dem hinter der therapeutischen Orientierung stehenden Menschenbild und Störungskonzept. VOLGER beantwortet in ihrem Beitrag diese Fragen durch den tiefenpsychologischen Beratungsansatz des EZI. Dieser Artikel ( Tiefenpsychologisch orientierte Beratung ) ist für mich in seiner Klarheit und Prägnanz das Herzstück dieses Buches. Wenn man nur einen Artikel lesen wollte, dann unbedingt diesen. Dass selbst ein von mehreren Beratenden geteiltes Konzept, wie beispielsweise das des EZI, zwischen diesen Beratenden noch Unterschiede zu Genüge zuläßt, wird an den beiden Artikeln über Paarberatung von VOLGER und KOSCHORKE deutlich, die beide dem EZI angehören. Beide Beiträge sind sehr gut, praxisnah, klar und anschaulich, aber in Sprache und Gusto doch grundverschieden. Insofern ist dieser ganze Sammelband durchaus symptomatisch für die Beratungsarbeit überhaupt. Ist nicht auch der Alltag multiprofessioneller Teamarbeit oft dadurch gekennzeichnet, dass die Psychoanalytikerin, der Familientherapeut, die Theologin und der Sozialarbeiter jeweils wichtige Aspekte beisteuern, sich gegenseitig anregen und bereichern, und dennoch am Ende jeder seine Methode praktiziert. Wahrscheinlich wird man als Beratender auch zukünftig auf die wohlige Geborgenheit einer in sich geschlossenen Konzeption verzichten müssen. Der Forderung nach einer festen Theorie und konsequent Regel geleiteter Praxis steht in der Beratung eine Bindung ans Provisorische (SCHRÖDTER, S. 40) in den Konzepten, Ideen und Theorien entgegen. Der beraterische Leitgedanke an das Ziel des Beratungsgesprächs, nämlich ein Stück Emanzipation von undurchschauten Abhängigkeiten und Zwängen zu erarbeiten, seien sie biographischer und/oder aktuell gesellschaftlicher Natur, verbündet sich mit der Idee möglichst voraussetzungslosen und unbefangenen Umgangs mit Theorie und Schulendenken. So sollte sich Beratung unterscheiden, einen eigenen Freiraum und ein unverwechselbares Profil gewinnen können. (S. 40) Aus diesem Grunde wurzelt für SCHRÖD- TER der Kern professionellen Handelns in der Beratung auch nicht in der Beziehung zu einer bestimmten therapeutischen Methode und Theorie, sondern in der Interdisziplinarität. Gerade dies macht meines Erachtens, sowohl in der Beratungspraxis als auch in diesem wirklich sehr empfehlenswerten Buch, die Problematik und den besonderen Reiz aus. Deutlich wird durch dieses Buch allemal, das Psychologische Beratung in kirchlicher Trägerschaft eine eigenständige, mit hohen fachlichen Standards ausgestattete und mit eigener Tradition behaftete Säule der psychosozialen Versorgung ist.

64 62 Nachrichten aus dem EZI Sabine Hufendiek Zu meinem beruflichen Werdegang 1954 in Siegen in Westfalen geboren, bin ich im Westerwald an unterschiedlichen Orten, zuletzt in einem kleinen Dorf, in der Nähe von Altenkirchen aufgewachsen. Die kleinen Dörfer, in denen mein Vater Pfarrer war, hatten kleine, einklassige Dorfschulen mit nur einer Lehrerin oder einem Lehrer. Die Fahrt in die Kreisstadt Altenkirchen zum Gymnasium, nach der vierten Klasse war damals ungewöhnlich, vor allem für Mädchen. So waren meine ältere Schwester und ich auch die einzigen Mädchen aus dem Dorf, die das Gymnasium besuchten. Das Gymnasium in Altenkirchen wurde damals das Vorzeigekind des Rheinland Pfälzischen Kultusministers Bernhard Vogel und seiner Staatssekretärin Hanna Renate Laurien, denn es bekam eine reformierte Oberstufe, die sogenannte Mainzer Studienstufe, in der wir Schüler die Möglichkeit hatten, in der Oberstufe Schwerpunkte zu wählen, was damals, 1970, revolutionär war. Nicht mehr Mathematik als Hauptfach, sondern Philosophie und Biologie, das bedeutete für mich, dass mir die letzten drei Schuljahre viel Freude bereiteten und viel Anregungen boten. Das Gymnasium hatte schon damals einen Schulpsychologen, der Arbeitskreise zu gesellschaftspolitischen und psychologischen Themen anbot und uns Schülern eine wichtige Anlaufstelle war. Durch ihn angeregt nahm ich teil am Funkkolleg Pädagogische Psychologie. Die Themen interessierten mich. Einmal damit in Berührung gekommen, entwickelte sich daraus mein Berufswunsch nämlich: Diplom Pädagogik zu studieren. Ich bekam durch das Funkkolleg eine Vorstellung von Richtungen in der Pädagogik und von deren Vertretern; hörte erstmals den Namen Hartmut von Hentig und seine Ideen von einer Reformschule, in Anlehnung an Ivan Illich. Von Hentig lehrte damals in Bielefeld. So ging ich nach dem Abitur nach Bielefeld und arbeitete für zwei Monate in Bethel, in einem Krankenhaus für anfallskranke Kinder, um mich erst einmal mit der Stadt vertraut zu machen und beschloß danach dort zu bleiben und dort zu studieren. Die Universität war in der Aufbauphase, was das Studium spannend machte und uns Studenten die Möglichkeit von viel Mitbestimmung bot. Die einzelnen Fakultäten waren jeweils in schönen alten Häusern und Villen untergebracht und die Studierendenzahl begrenzt. Die Fakultät der Pädagogen war zusammengeschlossen mit den Psychologen und Philosophen in einer Fakultät und arbeitete eng mit den Soziologen zusammen. Von Anfang an verfolgte ich den Aufbau der von Hentigschen Reformschulen Laborschule und Oberstufenkolleg, deren Konzepte von praxisnahem Lernen in fächerübergreifenden Projekten ich überzeugend fand.( Es war mir eine große Freude, dass später zwei von unseren drei Kindern die Laborschule besuchten und noch heute von dem Lernen dort schwärmen). Neben dem Ideengut einer veränderten Schule und einer anderen Art von Lern- und Lebensraum für Kinder spielte eine zweite Richtung im Studium für mich eine große Rolle. Im Wintersemester 73/74 bekam der Psychoanalytiker und Professor für Pädagogik Günther Bittner einen Ruf an die Universität Bielefeld. Von Tübingen kommend, lehrte er dort drei Jahre, bis er nach Würzburg wechselte. Nachdem ich in der Schulzeit, sicher auch dem Zeitgeist entsprechend und aufgerüttelt von der 68er Bewegung, mit Engagement bei den Jusos mitgearbeitet hatte und auf dem so stillen Westerwald die Gründung eines Lehrlingszentrums mitbewirkte, galt mein Interesse schon lange den Prozessen, die sich in der Psyche eines jeden Menschen abspielen. Durch die Seelsorgetätigkeit meines Vaters, hatte ich früh viel gehört und mitbekommen von menschlichen Abgründen. Ich war einfach neugierig darauf, was Menschen bewegt und treibt. In der ersten Vorlesung von Günther Bittner über die Grundlagen der Psychoanalyse, tat sich mir eine neue Welt auf, die mich faszinierte und noch heute fasziniert. Es folgten viele Seminare und Vorlesungen bei Günther Bittner, mit einer Fülle von unschätzbaren Anregungen. Durch die Beschäftigung mit psychoanalytischer Literatur und durch zwei Praktika während des Studiums wurde mir deutlicher, in welchem Berufsfeld ich arbeiten wollte und ich wählte im Hauptstudium den Schwerpunkt Diagnose und Beratung. Das erste Praktikum war in einer Schulpsychologischen Beratungsstelle, das zweite bei Pro Familia in Bielefeld war das Schwangerschaftskonfliktgesetz um den

65 mit viel Wirbel in der Öffentlichkeit verändert worden war ich bei Pro Familia im Praktikum und beschloß, dort ein halbes Jahr zu bleiben und für meine Diplomarbeit dort Interviews mit Frauen zu machen. Das Thema der Diplomarbeit hieß: Kinderwunschproblematik und Beratungskonzepte zu 218. Ein gerade neu erschienenes Buch war mir dabei sehr hilfreich: Schwangerschafts-Konflikt-Beratung ein Handbuch, herausgegeben von Martin Koschorke und Jörg F. Sandberger. Meine erste Stelle hatte allerdings mit dieser Thematik nichts zu tun. Diese Stelle fand ich über das Diakonische Werk in Münster. Es war eine Stelle in einem Kinderheim in Münster. Ich sollte dort die Elternarbeit aufbauen. Beratung und Unterstützung für Eltern, deren Kinder im Heim untergebracht werden mußten, damit die Eltern in Kontakt bleiben konnten mit ihren Kindern und gleichzeitig neue Formen des Umgangs erlernen konnten für die Zeit, wenn die Kinder wieder zurück nach Hause kamen. In dieser Zeit kamen aus Vietnam und Kambodscha die sogenannten Boatpeople nach Deutschland und der Träger des Kinderheims beschloß, einen freien Flügel des Hauses zur Unterbringung der Flüchtlinge zu nutzen. Er beschloß weiterhin, dass meine kaum begonnene Tätigkeit verändert werden sollte. Ich sollte die Flüchtlinge betreuen. Das habe ich eine ganze Zeitlang gemacht, als aber immer deutlicher wurde, dass die Elternarbeit dabei auf der Strecke bleiben würde, habe ich mich von dieser Stelle verabschiedet. Inzwischen wieder zurück in Bielefeld und mit dem zweiten Kind schwanger, folgte darauf eine Familienphase von sechs Jahren. In dieser Zeit arbeitete ich ehrenamtlich bei der Telefonseelsorge mit. Seit dem Studium war ich auf der Suche nach einer Zusatzausbildung. Es sollte eine tiefenpsychologisch orientierte Weiterbildung sein, aber sie mußte auch bezahlbar sein. Während meiner Zeit bei der Telefonseelsorge, empfahl mir eine Mitarbeiterin die Weiterbildung am EZI und ich besorgte mir Materialien über die Weiterbildung in Psychologischer Beratung im September begann ich mit der Weiterbildung, damals in der Matterhornstraße, in der Nähe des Schlachtensees. Im Rahmen des Praktikums begann damals meine Mitarbeit in der Evangelischen Familienberatungsstelle in Bielefeld. Nach Ende der Weiterbildung wurde daraus eine Stelle als Honorarkraft für acht Stunden in der Woche. Durch Kontakte in einer kollegialen Supervisionsgruppe, erfuhr ich von einer freien Stelle im Rahmen der Krebsberatungsstelle der Arbeiterwohlfahrt und bewarb mich dort. Da es eine halbe Stelle war und eine Schwangerschaftsvertretung von unklarer Dauer, behielt ich meine Honorarstelle in der Evangelischen Beratungsstelle bei. Was mich damals sehr gereizt hat, war die Arbeit im medizinischen Grenzbereich, mit Kontakten zu den unterschiedlichen Krankenhäusern und Ärzten und die enge Zusammenarbeit mit einer Ärztin, die regelmäßig ins Team kam, um uns BeraterInnen medizinische Dinge zu erläutern und unsere Fragen zu beantworten. Trotz meines Interesses an dieser Arbeit entschloß ich mich nach einem Jahr, die Arbeit nicht fortzusetzen, obwohl die Kollegin nicht aus dem Mutterschutz zurückkehrte und die Stelle deshalb zur Verfügung stand. Mir war klar, dass ich lieber intensiver in die Arbeit der Ev. Familienberatungsstelle einsteigen wollte, weil ich die Arbeit mit den Krebspatientinnen und Patienten sehr belastend fand und spürte, dass ich Abends meine Fälle mit nach Hause nahm. Ab 1992 bekam ich tatsächlich eine halbe Stelle in der Ev. Beratungsstelle. Ich arbeitete dort überwiegend mit Einzelnen und Paaren, aber auch mit Familien und Jugendlichen nahm ich teil an einem Seminar, das an der Kirchlichen Hochschule in Bethel angeboten wurde über Rekonstruktion der eigenen religiösen Biographie. Es wurde angeboten von einem Professor der Systematischen Theologie, Alfred Jäger und Verena Kast. Da beide aus der Schweiz kommen und sich von Kindheit an kannten, war Verena Kast bereit, an diesem Projekt mitzuarbeiten. Durch das Seminar lernte ich erstmals imaginative Techniken kennen und sehr schätzen. Nach längerer Einübung in diese Technik bei Verena Kast, übernahm ich in Form eines Lehrauftrags an der Kirchlichen Hochschule dieses Seminar und führte es über etliche Jahre durch; zuletzt in einer erweiterten Fassung über eine Woche am Seelsorgeinstitut, zusammen mit Michael Klessmann. Da ich die imaginativen Techniken so hilfreich und entlastend fand, nutzte ich sie viele Jahre in der Arbeit mit Klientinnen und Klienten. In der Beratungarbeit nahmen Fälle zu, in denen Frauen von sexuellen Gewalterfahrungen berichteten. Ich kam zu der Überzeugung, dass für diese Frauen eine Gruppe hilfreich sein könnte. Zusammen mit einer Kollegin, rief ich eine Gruppe ins Leben für Frauen mit Mißbrauchs- und Gewalterfahrungen. In dieser

66 64 Gruppe, in Zusammenarbeit mit den Frauen, lernte ich viel über Traumatisierungen und deren Auswirkungen auf das ganze weitere Leben. Ich begriff, wie tief körperliche Übergriffe in das Körperselbst eingespeist werden und wie schwer es danach ist, neue Muster zu erlernen, die einen heilsameren und achtsameren Umgang mit sich selbst ermöglichen. In unmittelbarer Nachbarschaft unserer Wohnung in Bielefeld liegt die Klinik für Psychosomatische und Psychotherapeutische Medizin des Ev. Johanneskrankenhauses, geleitet von Frau Dr. Luise Reddemann. Die Klinik stellte in diesen Jahren ihr Konzept um und arbeitete sehr viel mit Körperübungen und mit imaginativen Techniken. Bekannt wurde das Konzept durch die Buchveröffentlichung von Luise Reddemann: Imagination als heilsame Kraft bei Klett Cotta Für uns in der Beratungsstelle war es ein sicheres Gefühl, die Klinik im Hintergrund zu haben und bei Bedarf eine Klientin in der Akutgruppe der Klinik gut aufgehoben zu wissen. Da unsere Kinder größer wurden und ich mehr Freiräume gewann, andererseits aber keine Stellenerweiterung in Sicht war, entschloß ich mich 1995 in den ersten Durchgang der Supervisionsweiterbildung am EZI einzusteigen. Die Supervisionsweiterbildung ermöglichte es mir, noch einmal mit bis dahin unvertrauten Feldern in Berührung zu kommen und meine eigene Kompetenz weiterzuentwickeln. Mit dem zweiten Standbein freiberuflich tätig zu sein war eine gute Möglichkeit, intensiver zu arbeiten und im kirchlichen Umfeld zu überlegen, wie eine Supervisionstätigkeit im Rahmen der EkfUL in Westfalen zu installieren sei. Im Laufe der Jahre lernte ich in diesem Zusammenhang interessante Arbeitsfelder kennen. Zum EZI hatte ich eine enge Verbindung seit der Zeit meiner eigenen Weiterbildung in psychologischer Beratung; ich hatte dort eine Reihe von Fortbildungen gemacht und war schon etliche Jahre Mentorin. Angezogen hat mich immer die enge Verzahnung von Theorievermittlung, praktischem Üben und Selbsterfahrung. Bei mir selbst habe ich gespürt, dass dadurch Lernen leicht wird und Gehörtes besser behalten, weil eingeübt wird. Das Angebot, am EZI eine halbe Stelle zu übernehmen, kam zum rechten Zeitpunkt. Gesellschaftpolitischer und aus psychologischer Sicht. Ein neues Curriculum Psychosoziale Beratung im Kontext pränataler Diagnostik aufzubauen, ist reizvoll. Erfahrungen aus der Arbeit mit traumatisierten Menschen kommen mir in diesem Bereich zugute. Wenn z.b. eine Frau bzw. ein Paar die Nachricht bekommt, dass bei einer erwünschten und ersehnten Schwangerschaft das Baby schwer geschädigt ist, bedeutet das einen Schock, der nicht ohne weiteres verarbeitet werden kann. Es bedarf dringend psychosozialer Beratung, damit anstehende Entscheidungen selbstverantwortlich getroffen werden können. Der Bereich psychosoziale Beratung im Kontext pränataler Diagnostik kann nur etabliert werden in Zusammenarbeit mit allen, in diesem Bereich tätigen Berufsgruppen. Das bedeutet Kooperation mit ÄrztInnen und FachärztInnen, Hebammen, Elternselbsthilfegruppen und Behindertenverbänden. Es ist mir ein Anliegen, Zusammenarbeit in gegenseitigem Respekt und in Achtung vor den anderen Berufsgruppen zu praktizieren. In Berlin bin ich in ein gut ausgebautes Netzwerk gekommen, an dem meine Kollegin Renate Brünig, Ärztin und Leiterin des Sozialmedizinischen Dienstes in Charlottenburg-Wilmersdorf seit vielen Jahren arbeitet. Ich finde es für mich besonders gut, dass Spezialpraxen und niedergelassene GynäkologInnen mir bald Patientinnen und Paare zur Beratung schickten, so dass ich selbst Praxiserfahrungen im Bereich Pränatale Diagnostik sammeln konnte und kann. Schon nach kurzer Zeit am EZI war mir klar, dass es sich um einen Bereich handelt, der mir sehr am Herzen liegt. Die Zusammenarbeit mit den Kolleginnen und Kollegen, die ich ja seit Jahren kenne, macht mir viel Freude und finde ich bereichernd. Es war für meine ganze Familie ein großer Schritt, nach 30 Jahren des Lebens in Bielefeld nach Berlin umzuziehen. Aber manchmal müssen große Schritte getan werden. Den Bereich Schwangerschaftskonfliktberatung weiterzuführen und nach Ruhestandsbeginn von Martin Koschorke zu übernehmen, knüpft an einen alten Schwerpunkt aus meiner Berufsbiographie an, und an ein großes Interesse meinerseits an diesem Bereich aus Frauen- und

67 68 Herausgeber Evangelisches Zentralinstitut für Familienberatung gem. GmbH Auguststraße Berlin - Mitte Tel.: 030 / Fax: 030 / ISSN Redaktion Dr. Friedrich-Wilhelm Lindemann (verantw.) unter Mitarbeit von Achim Haid-Loh Annelene Meyer Dr. Ingeborg Volger-Tschacksch Christine Korth Fotos carofoto, Berlin Bernhard-Heiliger-Stiftung, Berlin Privat Gestaltung Tanja Lemke Kommunikationsdesign Druck Lentz-Druck Prinzessinnenstr Berlin Tel: 030 / Die EZI-Korrespondenz wird Freunden und Förderern des Instituts zugesandt. Sie ist im Handel nicht erhältlich. Konto-Nummern des Fördervereins des Evangelischen Zentralinstituts für Familienberatung: Postgiroamt Berlin (BLZ ) Kto.-Nr.: Die Arbeit des Evangelischen Zentralinstituts für Familienberatung gem. GmbH wird aus Mitteln des BMFSFJ gefördert.

68 Evangelisches Zentralinstitut für Familienberatung Veranstaltungskalender Erziehungsberatung / Protektivfaktoren, Bewältigungshilfen, Gruppenangebote Schwangerschaftskonfliktberatung / Aufbaukurs 13/1A Paarberatung /EPL Familienberatung / Aufbaukurs 6/ Erziehungsberatung / Tiefenpsychologische Beratung mit Jugendlichen Psychodynamisch imaginative Traumatherapie Grundkurs Familienmediation / Aufbaukurs C Familienmediation / 4. Gruppensupervisionstag Schwangerschaftskonfliktberatung / Kurs 3 PD Konflikte bearbeiten / Leitung als Gestaltung von Zukunft IFB / Zulassungstagung für den Kurs Projektive Testverfahren in der Psychologischen Beratung Seelsorge und Beratung / Aufbaukurs 8/ Weiterbildung in Supervision / Intensivkurs 7/ Integrierte, familienorientierte Beratung / Aufbaukurs 45/ Paarberatung / Aufbaukurs 19/ Weiterbildung in Supervision / Intensivkurs 8/ Familienmediation / 5. Gruppensupervisionstag Familienmediation / Mediation D 1 Abschlussseminar Paarberatung / Kommunikationskompetenz Training (KEK) Erziehungsberatung / Aufbaukurs 9/ Schwangerschaftskonfliktberatung / Aufbaukurs 11/ Supervision / Leiten und Führen Instrumente für Leitungskräfte Schwangerschaftskonfliktberatung / Aufbaukurs 12/ Weiterbildung in Supervision / Workshop 7/ Psychologische Beratung / Aufbaukurs 44/ Lehrsupervisionstag Weiterbildung in Supervision / Workshop 8/ Paarberatung / Sexualberatung mit Einzelnen und Paaren / Grundkurs IFB / Zulassungstagung für den Kurs Psychoanalytisch-pädagogische Entwicklungsförderung Familienberatung / Familienrekonstruktion Erziehungsberatung / Interkulturelle Öffnung Der Symbiosekomplex in der Beratung mit Migrantenfamilien Griechische Mythologie und psychologische Beratung Erziehungsberatung / Strukturierte Angebote für hochkonflikthafte Familien Weiterbildung in Supervision / Workshop 8/ Paarberatung / Aufbaukurs 18/ Weiterbildung in Supervision / Workshop 7/ Paarberatung / Territorialität Außenbeziehungen Psychodynamisch imaginative Traumatherapie /Aufbaukurs Paarberatung / Liebe als Thema in der Paarberatung älterer Menschen Familienmediation / Aufbaukurs C Familienmediation / 1. Gruppensupervisionstag Paarberatung / Aufbaukurs 20/ Weiterbildung in Supervision / Intensivkurs 8/ Integrierte, familienorientierte Beratung / Aufbaukurs 46/ Weiterbildung in Supervision / Intensivkurs 7/ Schwangerschaftskonfliktberatung / Aufbaukurs 13/1 B Seelsorge und Beratung / Aufbaukurs 8/ Supervision / Was man in Institutionen nicht wissen darf Rituale in der Beratung bei Abschied, Trauer und Trennung Erziehungsberatung / Aufbaukurs 9/ Weiterbildung in Supervision / Workshop 8/ Integrierte, familienorientierte Beratung / Aufbaukurs 45/ Mentorenfachtagung II Konferenz für Mentorinnen und Mentoren Familienberatung / Aufbaukurs 7/ Schwangerschaftskonfliktberatung / Aufbaukurs 13/ Psychologische Beratung / Aufbaukurs 44/ IFB / Zulassungstagung für den Kurs Weiterbildung in Supervision / Workshop 7/ Paarberatung / Aufbaukurs 19/ Sexualberatung mit Einzelnen und Paaren / Vertiefungskurs Seelsorge und Beratung / Symposium Beratung und Theologie III Familienmediation / Aufbaukurs C Familienmediation / 2. Gruppensupervisionstag Weiterbildung in Supervision / Workshop 8/ Schwangerschaftskonfliktberatung / Aufbaukurs 12/3 Auguststraße Berlin - Mitte Tel.: 030 /

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