«Geht die Jugendarbeit künftig in der Schule auf?»
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- Damian Kästner
- vor 8 Jahren
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1 Fachtagung der OKAJ vom «Geht die Jugendarbeit künftig in der Schule auf?» Inputreferat von Hanspeter Hongler
2 Risiken und Chancen der Zusammenarbeit Schule-Jugendarbeit: ein Blitzlicht aus der OJA Zürich CHANCEN RISIKEN Kooperations möglichkeiten Kontaktmöglichkeiten und Erreichbarkeit Info- Austausch Unterstützung der Schule bei Projekten, Events, etc. Einbindung der Schule in Quartierthemen und Sozialraum Vorurteilsmanagement: Wertschätzung der JA; Ressource JA Noch mehr soziale Kontrolle Ev. «falsche» Jugendliche adressiert Gratisarbeit der JA; Zeitaufwand dadurch Aushöhlung des Kerngeschäfts JA als Feuerwehr und Lückenbüsser Instrumentalisierung Rollenkonflikte Personen- /Sympathieabhängigkeit
3 Idealtypische Gegenüberstellung von Jugendarbeit und Schule I Schule Jugendarbeit Funktionen Allokation/Stratifikation/ Qualifikation/Integration Eher: abschluss- und leistungsbezogen Begleitung/Unterstützung/ Anregung von Entwicklung, Bildung, Integration Eher: freizeit-und bedürfnisbezogen Prinzipien Verpflichtung Standardisierung Freiwilligkeit Pluralität Werte Bindungen Chancengleichheit Herstellung von Bestimmtheit Stabilität u. Konstanz Ausgleich von Ungerechtigkeiten Ermöglichung von Unbestimmtheit Flexibilität, Spontaneität Coelen, Th., 2002 und Sturzenhecker 2007
4 Idealtypische Gegenüberstellung von Jugendarbeit und Schule I Schule Jugendarbeit Sozialformen Kollektive Ansprache Gerechte Einzelbewertung Individueller Bezug Gemeinschaftliche Erlebnisse Interaktionen Zweckrationalität Disziplin Wertrationalität Konsens Raum Universalistischer Blick Ortsgebundener Unterricht Lokaler Bezug Mobile Aktivitäten Zeit Zukunftsperspektive Ergebnisorientierung Gegenwartsbezug Prozessorientierung Coelen, Th., 2002 und Sturzenhecker 2007
5 Strukturmerkmale der Offenen Jugendarbeit Freiwilligkeit Offenheit Machtlosigkeit (Dis-)Kontinuität -«werben» um Jugendliche -«Abstimmung mit den Füssen» bez.: -Präferenzen -Ziele -Inhalte -Teilnehmende -Methoden -Fehlende for-male Macht-mittel (insbe-sondere keine biografischen Machtmittelt) -«aushandeln entscheiden revidieren -Beziehungsabhängigkeit Nähe zur Lebenswelt entscheidend bezogen auf diffuse Probleme der wachsenden Riskanz in der Jugendphase
6 Positionierung der JA im Spannungsfeld von Vorgaben und Lernsettings Quelle: OJA Zürich / 2011
7 Klärungen in Bezug auf den Bildungsbegriff Bildung i.s. von «etwas haben bzw. etwas wissen» Schwerpunkt in der Schule Bildung i.s. von «etwas können bzw. tun» Schwerpunkt in der Schule und in der kommunalen JA Bildung i.s. von «etwas sein bzw. sich einer Sache bewusst sein» Schwerpunkt in der kommunalen Jugendarbeit Lernen «für s»leben < > Lernen «im» Leben Systemintegration Lebensweltintegration nach von Hentig, H., 1991, S.447
8 Klärungen in Bezug auf den Bildungsbegriff Veränderter Stellenwert von formaler und informeller Bildung auf dem Hintergrund der klassischen Moderne und in der Postmoderne Klassischen Moderne Erklärungswissen als Leitbild Kumulatives Wissenskonzept Subjekt- und situationsunabhängiges Wissen «abgeschlossene Theorien Sicherheitsorientierung «Absolute» Rationalität des Wissens Postmoderne Aufwertung des Orientierungs-/ Quellen-/ und Nichtwissens Kontextualistisches Wissenskonzept Subjekt-und situationsbezogenes Wissen Reflexives Wissen («Lernen des Lernens») Unsicherheitsorientierung «Soziale» Rationalität des Wissens Vgl. Bonss 2003
9 Klärungen in Bezug auf den Bildungsbegriff Bildung heute vermehrt verstanden als subjektbezogenes Wissensmanagement Prozess-orientiert Metawissen Selbstverant-wortlich Vernetzt-reflexiv Ganzheitlich Ambivalenz-betont Exemplarisch unabschliessbar («lebenslanges Lernen» ) Bildungsorientiert-ganzheitlich
10 Handlungsanforderungen an die JugendarbeitInnen als PädagogInnen Umgang mit der Entwicklungstatsache und Kompromissgesinnung in der Pädagogik Wozu brauchen Jugendliche Erwachsene? JugendarbeiterInnen als Siedler oder Trapper? Siegfried Bernfeld Burkhard Müller
11 Handlungsanforderungen an die JugendarbeiterInnen als ManagerInnen Walk the Talk oder doch eher Talk the Walk? Sinnerzeugung findet immer erst im Rückblick statt Jugendarbeit als Fähig- keit zum Umgang mit «organisierter Anarchie», «produktivem Chaos», «revisionärer Planung» Karl Weick Benedikt Sturzenhecker
12 Handlungsanforderungen an die JugendarbeiterInnen als DemokratInnen und KulturvermittlerInnen Demokratie muss im konkreten Zusammenleben verankert werden Lernen muss auf Erfahrung aufgebaut sein Wir leben längst im Übergang von einer postfigurativen zur einer präfigurativen Kultur John Dewey Margret Mead
13 Handlungsanforderungen an die Jugendarbeit Voraussetzungen zur Lebensweltintegration: Partizipation und Demokratie als notwendige Erfahrungsräume unter Beachtung folgender Qualitätsstandards: -Anerkennung auf Basis gegenseitigen Vertrauens und demokratischer Rechte und (kulturellen) Respekts -Freiwilligkeit mit Recht zur Negation und Verweigerung -Gleiche Rechte und Recht auf Differenz: Aushandlungskultur -Haltung der Offenheit und Konfliktfreundlichkeit (auch gegenüber ungewohnten und schwierigen Wünschen mit der Bereitschaft zur Auseinandersetzung) -Artikulation in der Öffentlichkeit -Argumentation und wechselseitige Prüfung der Begründungen -Perspektivenverschränkung -Kommunikation auf gleicher Augenhöhe -Kompromissgesinnung entwickeln -Revidierbarkeit und Fehlerkultur -Advokatorische Sicherung und Grenzsetzung -Reale Verantwortungsübernahme ermöglichen
14 Kommunale Bildungslandschaften als neue Formel der Zusammenrückens von Schule und Jugendarbeit Wolfgang Zacharias 1984 nach Deinet 2011
15 Kommunale Bildungslandschaften als neue Formel der Zusammenrückens von Schule und Jugendarbeit Anlass: -Entgrenzung von Kindheit und Jugend sowie der «zuständigen» Institutionen -Gesamtsicht auf Bildung, Erziehung und Betreuung -Aufwertung von non-formalem und informellem Lernen sowie deren Verzahnung und Vernetzung mit dem formalen Lernen -Öffnung der Schulen -Aufwertung des Kommunalen und Räumlichen
16 Kommunale Bildungslandschaften als neue Formel der Zusammenrückens von Schule und Jugendarbeit Daraus Idee der kommunale Bildungslandschaften: «Gesamtheit aller auf kommunaler Ebene vertretenen Institutionen und Organisationen der Bildung, Erziehung und Betreuung» (Deutscher Verein 2007 nach Reutlinger 2009) Bildungslandschaften beruhen auf Kooperationen von Institutionen und Projekten aus den Bereichen Bildung, Jugend, Soziales, Wirtschaft, Kultur, Gesundheit, Sport, Kirchen, Vereinen, usw. Sie erfordern vielschichtige Steuerungsprozesse durch kommunale Politik und Verwaltung (vgl. Mack 2008)
17 Kritische Überlegungen Bildungslandschaften aus raumtheoretischer Sicht -Gefahr der Reduktion des Räumlichen auf Territoriales, einen geografischen Ort -«Naive» Wahrnehmung des Raumes als Fläche bzw. Behälter und nicht als Topologie («mit Höhen und Tiefen, relationalen Punkten und bestimmbaren Positionen») und soziale Konstruktion -Wegen privilegierter Position der Schule Gefahr der Zulieferfunktion der Jugendarbeit zur Schule (Bildungslandschaften als hierarchische Gebilde) -Gefahr der totalen Kontrolle aller Lebensbereiche durch totalen Informations-fluss -Gefahr der Verdrängung von «wildem Lernen», eigenständigen Bewältigungsformen und selbständigem Aneignungshandeln Vgl. Deinet 2011 und Reutlinger 2009
18 Bildungslandschaften aus raumtheoretischer Sicht Potential aus der Perspektive der JA -Handlungsspielräume für alle Beteiligten erweitern -Einbringen eigener Sichtweisen zum bildungspolitischen Diskurs durch JA -Umgang mit Planungsparadoxon: planerisches Bedenken/Konzipieren von nicht planbaren informellen Bildungssettings -Gemeinsames Entwickeln von Ermöglichungsräumen und Handlungssettings -Schaffen von Bildungsorten im öffentlichen Raum durch aneignungsorientiertes Verändern von Situationen und Räumen -Aneignung von sozialen, kulturellen und politischen Kompetenzen
19 Bildungslandschaften zwischen formeller und informeller Bildung BMFSFJ 12, 2005, S. 130
20 Stadt als Bildungsraum für Kinder und Jugendliche Gestaltung der Stadt als Bildungsraum für Kinder und Jugendliche erfordert ein gemeinsames und koordiniertes Vorgehen von -Stadtentwicklung -Jugendhilfe/Jugendarbeit -Schule Jugendarbeit und Schule müssen sich zur Stadt/zum Quartier hin öffnen und im öffentlichen Raum präsent sein
21 Stadt als Bildungsraum für Kinder und Jugendliche Zum Abschluss ein Zitat von Jürgen Oelkers: «Schulen lösen nur schulische Probleme; wenn sie mehr tun sollen, müssen sie Kooperationen eingehen und sich sinnvoll vernetzen können» Oelkers 2011
22 Quellen - Bonss, W. (2003). «Bildung» in der (Arbeits-) und «Wissensgesellschaft». In: W. Lindner, W. Thole, J. Weber (Hrsg.). Kinder- und Jugendarbeit als Bildungsprojekt. Opladen:Leske + Budrich. S Coelen, Th. (2008). Kommunale Jugendbildung. In: Th. Coelen, H.U. Otto (Hrsg.). Grundbegriffe Ganztagsbildung. Wiesbaden: VS Verlag. S ) - Deinet U. (2011). Von der schulzentrierten zur sozialräumlichen Landschaft. URL: Datum des Zugriffs: Hentig, H (1991). Die Schule neu denken. Anmerkungen zum Schicksal der Bildungsreform. In: Neue Sammlung. H.3: Hornstein, W. (2004). Bildungsaufgaben der Kinder- und Jugendarbeit auf der Grundlage jugendlicher Entwicklungsaufgaben. In: B. Sturzenhecker, W. Lindner (Hrsg.). Bildung in der Kinder- und Jugendarbeit. Weinheim und München: Juventa. S Mack, W. (2008). Bildungslandschaften. In: Th. Coelen, H.U. Otto (Hrsg.) Grundbegriffe Ganztagsbildung. Wiesbaden: VS Verlag, S Oelkers, J. (2011). Schule, Bildung und offene Jugendarbeit. URL: =utf-8&oe=utf-8&aq=t&rls=org.mozilla:de:official&client=firefox-a&source=hp&channel=np. Datum des Zugriffs: Ohidy A. (2008). Kooperation zwischen Jugendarbeit und Schule. In: Deutsche Jugend. Jg. 56, H2, S Reutlinger, Ch. (2009). Bildungslandschaften eine raumtheoretische Betrachtung. In: J. Böhme (Hrsg.). Schularchitektur im interdisziplinären Diskurs. Territorialisierungskrise und Gestaltungsperspektiven des schulischen Bildungsraums. Wiesbaden: VS Verlag, S Sturzenhecker, B. (2007). Konzeptentwicklung in Kooperationen von Jugendarbeit und Schule. In: B. Sturzenhecker, U. Deinet (Hrsg.). Konzeptentwicklung in der Kinder- und Jugendarbeit. Weinheim: Juventa, S Sturzenhecker, B. (2007). Revisionäre Planung Bedeutung und Grenzen von Konzeptentwicklung in der «organisierten Anarchie» von Jugendarbeit. In: B. Sturzenhecker, U. Deinet (Hrsg.). Konzeptentwicklung in der Kinder- und Jugendarbeit. Weinheim: Juventa, S Sturzenhecker, B. (2006). «Wir machen ihnen ein Angebot, das sie ablehnen können». In: W. Lindner (Hrsg.) : Vierzig Jahre Kinder- und Jugendarbeit in Deutschland. Wiesbaden S
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