Meinungswechsel bei treuhänderisch gehaltenem Vermögen
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- Horst Siegel
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1 4 1 Meinungswechsel bei treuhänderisch gehaltenem Vermögen Wie im bisherigen 13a Abs. 4 Nr. 1 ErbStG a.f. nimmt die gesetzliche Regelung des 13b Abs. 1 ErbStG zur Begünstigung von Betriebsvermögen vom Wortlaut her unmittelbar auf die einkommensteuerrechtliche Systematik Bezug. Damit müssten auch Mitunternehmeranteile aufgrund einer atypischen stillen Beteiligung und atypischen Unterbeteiligung, aber auch Treuhandverhältnisse begünstigt sein. Ursprünglich sollten nach Auffassung der Finanzverwaltung derartige mittelbare Unternehmensbeteiligungen nicht als begünstigtes Vermögen anzusehen sein 1 ; dies überzeugt allerdings wegen der Anbindung an die ertragsteuerliche Mitunternehmerschaft nicht. Atypisch stille Beteiligungen unterfallen daher nach geänderter Auffassung der Finanzverwaltung der Verschonung 2, während bei Treuhandverhältnissen die Begünstigungen bisher mit der Begründung der fehlenden Betriebsvermögenseigenschaft weiterhin versagt wurden. 3 Fall Ein Mandant will sich an einem Fonds beteiligen; nach den Zeichnungsunterlagen soll er Treugeber für eine als Treuhänder-Kommanditist im Handelsregister einzutragende Verwaltungsgesellschaft sein. Er ruft aufgeregt seinen Steuerberater an und fragt, was das soll. Schließlich habe dieser ihn bei seiner letzten Fondsbeteiligung zum Notar geschickt, um aus erbschaftsteuerlichen Gründen seine Treugeber-Stellung in eine direkte Beteiligung mit seiner Eintragung im Handelsregister als Kommanditist umzuwandeln. 1.1 Inhaltliche Ausgestaltung eines Treuhand-Vertrages Nach 39 Abs. 1 AO werden Wirtschaftsgüter dem Eigentümer zugerechnet. Abweichend hiervon erfolgt gem. 39 Abs. 2 Nr. 1 S. 2 AO eine Zurechnung beim Treugeber, sofern insoweit ein steuerlich anzuerkennendes Treuhandverhältnis besteht. Damit eine solche von der rechtlichen Eigentümer- bzw. Inhaberstellung und der hiermit verbundenen Verfügungsmacht abweichende Zurechnung beim Treugeber erfolgen kann, muss dieser das Treuhandverhältnis beherrschen und zwar sowohl nach den getroffenen Vereinbarungen wie auch dessen tatsächlichem Vollzug. Zudem muss der Treuhänder ausschließlich für Rechnung des Treugebers tätig werden. Im Einzelnen ist hierzu erforderlich: FinMin Bayern, Erl. v S /07, ZEV 2008, 254 m. Anm. Hübner, DStR 2008, 508 FinMin Baden-Württemberg, Erl. v S 3806/51, DB 2009, 878 Kritisch Richter/Fürwentsches, DStR 2010, 2070
2 5 Weisungsbefugnis des Treugebers und Weisungsgebundenheit des Treuhänders; die erforderliche Weisungsgebundenheit kann nicht durch eine kurzfristige Kündigungsmöglichkeit für den Treugeber ersetzt werden. Recht des Treugebers, jederzeit die Rückgabe des Treuguts zu verlangen. Die Vereinbarung eines Entgelts für die Treuhandtätigkeit ist nicht notwendig, kann jedoch als Indiz zu werten sein. Zudem ist weiteres Indiz für die tatsächliche Durchführung einer Treuhandvereinbarung die bilanzielle Behandlung des Treuguts, also insbesondere ein Ausweis des Treuguts beim Treuhänder als Treuhandvermögen. Um ein eindeutiges und zweifelsfreies Handeln für Rechnung des Treugebers zu dokumentieren, sind zudem insbesondere bei Beteiligungen Gewinnansprüche gleichfalls als Treuhandvermögen oder aber als durchlaufende Posten auszuweisen Herausgabeanspruch oder Treugut als Besteuerungsobjekt Nach bisheriger Auffassung hat die Finanzverwaltung für den Treugeber lediglich einen Herausgabeanspruch gem. 667 BGB gegenüber dem Treuhänder bejaht und diesen als Sachleistungsanspruch mit dem gemeinen Wert angesetzt. 39 Abs. 2 Nr. 1 S. 2 AO sollte nicht einschlägig sein, weil es im Erbschaftsteuerrecht anders als im Ertragsteuerrecht nicht auf eine wirtschaftliche Betrachtungsweise ankomme, sondern ausschließlich auf die zivilrechtliche Zuordnung der Eigentümer- bzw. Inhaberstellung. 5 Demgegenüber hat das Nds. FG 6 darauf abgestellt, dass der Begriff des Betriebsvermögens in 13 b Abs. 1 Nr. 2 ErbStG (sowohl mittelbar über 97 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 BewG als auch unmittelbar) auf 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG verweist. Daher sind die Verschonungen aufgrund des eindeutigen Wortlauts dieser Vorschrift zu gewähren, sofern der Treugeber bei treuhänderisch gehaltener Kommanditbeteiligung als Mitunternehmer i.s.d. 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG zu qualifizieren ist; dies ist bei Vorliegen eines auch steuerlich anzuerkennenden Treuhandverhältnisses zu bejahen. Das insoweit erforderliche Mitunternehmerrisiko ergibt sich daraus, dass wie regelmäßig i.r.e. Treuhandabrede vereinbart der Treuhänder bei Beendigung des Treuhandverhältnisses verpflichtet ist, alles, was er aufgrund des Treuhandverhältnisses erlangt hat, an den Treugeber herauszugeben; dieser ist BFH v I R 12/09, BStBl II 2010, 590 Koordinierter Länder-Erl. v S /05, DStR 2005, 1231, ZEV 2005, 341 m. Anm. v. Oertzen Urt. v K 215/09
3 6 umgekehrt verpflichtet, den Treuhänder von sämtlichen Verbindlichkeiten und Verpflichtungen im Zusammenhang mit der treuhänderisch gehaltenen Beteiligung freizustellen. Dem Treugeber kommt auch Mitunternehmerinitiative zu, da der Treuhänder die von ihm im Außenverhältnis ausgeübten Stimm-, Kontroll- und Widerspruchsrechte im Innenverhältnis pflichtgemäß für den Treugeber auszuüben hat; insbesondere gilt dies auf der Grundlage der Weisungsrechte des Treugebers gegenüber dem Treuhänder bezüglich Teilnahme-, Rede-, Antrags- und Stimmrechten in Gesellschafterversammlungen. Darüber hinaus steht dem Treugeber das Recht zu, jederzeit seine Gesellschafterrechte unmittelbar auszuüben und somit auch persönlich an Gesellschafterversammlungen teilzunehmen, in denen er die Gesellschafterrechte unmittelbar ausüben kann. Das FG hatte die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen, jedoch hat das betroffene Finanzamt keine Revision eingelegt. Nunmehr ist die Finanzverwaltung dieser Sichtweise gefolgt, dass Treuhandverhältnisse bei Betriebsvermögen der erbschaftsteuerlichen Begünstigung unterliegen. Der Herausgabeanspruch des Treugebers nach 667 BGB führt zwar nach wie vor zu einem einseitigen Sachleistungsanspruch. Für die weitere steuerliche Beurteilung (insbesondere bezüglich der Bewertung) ist jedoch maßgebend, was Gegenstand des Herausgabeanspruchs ist, es kommt damit letztlich auf die Vermögensart des Treuguts an. Sofern es sich hierbei um nach 13b ErbStG begünstigtes Vermögen handelt, ist dem Treugeber bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen die Begünstigung zu gewähren. 7 7 Bayer. Staatsministerium der Finanzen, Erl. v S /10, DB 2010, 2420 unter Aufhebung der Erlasse v S /05, ZEV 2005, 341, sowie v S /07, ZEV 2008, 254
4 7 Präzisierung zu Poolvereinbarungen zwecks Verschonung 2 Präzisierung zu Poolvereinbarungen zwecks Verschonung Nach 13b Abs. 1 ErbStG sind auch nach neuem Recht neben Betriebsvermögen (Gewerbebetrieb, Teilbetrieb, Mitunternehmeranteil oder Anteil daran) bestimmte Anteile an Kapitalgesellschaften begünstigt. 8 Jede der begünstigten Einheiten ist jedoch auch bei gleichzeitiger Übertragung gesondert daraufhin zu untersuchen, in welchem Umfang Verwaltungsvermögen 9 vorliegt. Im Zusammenhang mit Beteiligungen an Kapitalgesellschaften hängt die Verschonung vom Umfang des Verwaltungsvermögens im Betriebsvermögen der Gesellschaft und von der Beteiligungsquote an der Gesellschaft ab. 2.1 Kapitalgesellschaft mit Verwaltungsvermögen Unabhängig davon, ob bei Kapitalgesellschaften die Mindestbeteiligungsquote erreicht wird, gelten Beteiligungen als Verwaltungsvermögen und scheiden damit aus der Begünstigung aus, sofern bei diesen (ebenso bei Personengesellschaften) das Verwaltungsvermögen mehr als 50 v.h. beträgt, 13b Abs. 2 S. 2 Nr. 3 ErbStG 10 Infektionsklausel. Daher kann Verwaltungsvermögen in schädlichem Umfang auf einer unteren Beteiligungsebene zu einer Infizierung der Obergesellschaft führen Kaskadeneffekt. Umgekehrt kann dieser Effekt aber auch durch Herstellen einer Holdingstruktur genutzt werden. 11 Beispiel 1 (Bündelung von Beteiligungen) A ist mit 30 % an einer GmbH, mit 50 % als Kommanditist an einer KG und mit 60 % als Aktionär an einer AG beteiligt. Die Verwaltungsvermögensquote ist bei der GmbH überschritten, in den anderen Gesellschaften unterschritten: Wert Beteiligung GmbH Wert Beteiligung KG Wert Beteiligung AG = EUR, Verwaltungsvermögensquote 60 % = EUR, Verwaltungsvermögensquote 20 % = EUR, Verwaltungsvermögensquote 40 % Hierzu Hannes/Onderka, ZEV 2009, 421 Siehe hierzu Schwind/Schmidt, NWB 2009, 609 Auch bei einer Option zur vollen Steuerbefreiung gilt trotz der grds. Begrenzung des Verwaltungsvermögens auf 10 v.h. für Beteiligungsgesellschaften die 50 v.h.-grenze, näher Hannes/Onderka, ZEV 2009, 10, 13 Siehe zum Problem der Abhängigkeit von der Unternehmensbewertung Birnbaum, BB 2010, 3119
5 8 Präzisierung zu Poolvereinbarungen zwecks Verschonung Bei einer Übertragung der einzelnen Beteiligungen wäre die Beteiligung an der GmbH nicht begünstigt. Dies ändert sich bei Zwischenschaltung einer Holding, wenn also A sämtliche Beteiligungen auf eine Holding (regelmäßig GmbH & Co.KG) überträgt im Wege der Einlage oder falls keine stillen Reserven vorhanden sind entgeltlich/gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten. Der saldierte Unternehmenswert der Holding beträgt EUR, darin ist die Beteiligung an der GmbH, bei der die Verwaltungsvermögensquote überschritten ist, mit EUR enthalten. Da dies 20 % des Gesamtwertes ausmacht, ist die Übertragung von Anteilen auf der Ebene der Holding somit im vollen Umfang begünstigt. Beispiel 2 (Ausgliederung) Im Vermögen einer GmbH & Co.KG befinden sich fremdvermietete Immobilien im Wert von 7,5 Mio. EUR und Bargeld i.h.v. 2,5 Mio. EUR. Vor einer Übertragung soll die Gründung von zwei Tochtergesellschaften in der Rechtsform einer GmbH erfolgen. Die GmbH I wird mit Immobilien im Wert von 5 Mio. EUR ausgestattet, die GmbH II mit Immobilien im Wert von 2,5 Mio. EUR und dem Bargeld i.h.v. 2,5 Mio. EUR. (1) Die Beteiligung an der GmbH & Co.KG ist nach 13b Abs. 1 Nr. 2 ErbStG dem Grunde nach begünstigt, und zwar unabhängig von jeder Beteiligungsquote und der Art der konkreten Tätigkeit der GmbH & Co.KG; denn 13b Abs. 1 Nr. 2 ErbStG verweist ausdrücklich auf 15 Abs. 3 EStG, so dass auf dieser Stufe auch eine gewerblich geprägte Gesellschaft des 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG begünstigt ist. (2) Für das Vermögen der GmbH & Co.KG ergibt sich Folgendes: Bei der Beteiligung an der GmbH I handelt es sich um Verwaltungsvermögen, da deren Vermögen zu mehr als 50 % aus Verwaltungsvermögen besteht. Bei der GmbH II liegt hinsichtlich des Bargeldes von 2,5 Mio. EUR kein schädliches Verwaltungsvermögen nach 13 b Abs. 2 S. 2 Nr. 4 ErbStG ( Wertpapiere und vergleichbare Forderungen ) vor, da es sich nach Auffassung der Finanzverwaltung 12 bei Geld, Sichteinlagen, Spareinlagen und Festgeldkonten nicht um vergleichbare Forderungen handelt. Die Beteiligung an der GmbH II ist daher kein schädliches Verwaltungsvermögen. Da beide Beteiligungen den gleichen Wert haben, liegt auf der Ebene der GmbH & Co.KG (sog. Spitzenrechtsträger) nur 50 % Verwaltungsvermögen vor, so dass die Verschonung eingreift. 12 Gleichlautender Ländererlass v , BStBl I 2009, 713 (AEErbSt)
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