Mikrosimulation zur Erbschaftsteuerreform

Transkript

1 Mikrosimulation zur Erbschaftsteuerreform Henriette Houben Nutzung und Perspektiven der Steuerstatistiken für Politikberatung und Wissenschaft Berlin, den Henriette Houben 1

2 ErbSiHM ErbSiHM - Erbschaftsteuersimulationsmodell erste Version 2007 eingesetzt zur Politikberatung und Forschung genutzt Analyse von Aufkommens- und Verteilungswirkungen alternativer Erbschaftsteuersysteme Unternehmensgefährdung durch erbschaftsteuerbedingten Liquiditätsentzug Henriette Houben 2

3 Ausgangspunkt Rechtsprechung Bundesverfassungsgericht v : Ausgestaltung der Erbschaftsteuer verfassungswidrig und ab 2009 nicht mehr anwendbar Bewertung nicht verfassungsgemäß, da Grundvermögen und Betriebsvermögen a im Durchschnitt unterbewertet ist und b der Grad der Unterbewertung zufällig streut Bewertung muss am Marktwert (Verkehrswert, gemeinen Wert) orientiert sein Lenkungszwecke dürfen verfolgt werden, Gesetzgeber hat weiten Gestaltungsspielraum Neubewertung führt zu höherer Bemessungsgrundlage Spielraum Neugestaltung der anderen Systemparameter Henriette Houben 3

4 Erbschaftsteuersystem Wertansatz des erworbenen Vermögens - sachliche Steuerbefreiungen in Abhängigkeit von der Vermögensart (Betriebsvermögen, Grundvermögen) und der Erwerbshöhe - persönliche Freibeträge in Abhängigkeit vom Verwandtschaftsverhältnis + Vorerwerbe der letzten 10 Jahre = steuerpflichtiger Erwerb Steuersatz lt. Tabelle in Abhängigkeit von der Erwerbshöhe und dem Verwandtschaftsverhältnis - Ermäßigungen für Stufenübergang - Ermäßigung bei Betriebsvermögenserwerb in Stkl. II & III - Steuer auf Vorerwerbe und anzurechn. ausländische Steuer = festzusetzende Steuer Henriette Houben 4

5 Erbschaftsteuersystem Wertansatz des erworbenen Vermögens - sachliche Steuerbefreiungen in Abhängigkeit von der Vermögensart (Betriebsvermögen, Grundvermögen) und der Erwerbshöhe - persönliche Freibeträge in Abhängigkeit vom Verwandtschaftsverhältnis + Vorerwerbe der letzten 10 Jahre = steuerpflichtiger Erwerb Steuersatz lt. Tabelle in Abhängigkeit von der Erwerbshöhe und dem Verwandtschaftsverhältnis - Ermäßigungen für Stufenübergang - Ermäßigung bei Betriebsvermögenserwerb in Stkl. II & III - Steuer auf Vorerwerbe und anzurechn. ausländische Steuer = festzusetzende Steuer Henriette Houben 5

6 Zentrale Fragen Was bringt die Neubewertung zu Verkehrswerten an Mehraufkommen? Wie hoch werden land- und forstwirtschaftliches Vermögen, Betriebsvermögen, qualifizierte Beteiligungen und Grundvermögen belastet? Wie wirken Abschmelz-, Abzins- und Freistellungsmodell für Betriebsvermögen? Welche Entlastungen für Grundvermögen sind möglich? Welche persönlichen Freibeträge und Steuersatzkombinationen sind aufkommensneutral? Henriette Houben 6

7 Vortragsstruktur Motivation Datengrundlage für das Erbschafts- und Schenkungsgeschehen Die ErbStSt als zentrale Datengrundlagen Ergänzende Datenquellen Das Erbschaftsteuermodell ErbSiHM Ausblick Henriette Houben 7

8 Erbschaft- und Schenkungsteuerstatistik Erhebungsjahre 2002 ( ) seit jährlich 2007 ( ) 2010 ( ) 2011 ( ) bis 2007 alle Erstfestsetzungen, seit 2008 alle Veranlagungen des jeweiligen Jahres etwa 15% Erstfestsetzungen des aktuellen Jahres, 50% des Vorjahres, 15% in T-2, 7% aus T-3, Schenkungen bzw. Betriebsvermögen tendentiell später veranlagt Henriette Houben 8

9 Erbschaft- und Schenkungsteuerstatistik Stärken + Vollerhebung + aktuell + detailliert + kein Abbildungsfehler, da Daten aus realem Besteuerungsverfahren Schwächen - bei personellen Fällen verringerter Datenumfang (Schenkungen aus NRW) - Steuerwerte statt Verkehrswerte bis Veranlagung nur, wenn Steuerfestsetzung wahrscheinlich Kleinerwerbe fehlen Henriette Houben 9

10 Sozio-ökonomisches Panel Stärken + enthält auch Kleinerwerbe + Verkehrswerte Schwächen - kleine Stichprobe - Befragung - nur empfangene Erbschaft/Schenkung pro Haushalt Henriette Houben 10

11 Kaufpreissammlungen der Gutachterausschüsse für Grundstückswesen Stärken + (regionale) Vollerhebung + Kaufpreise und zur Ermittlung von Steuerwerten notwendige Merkmale Schwächen - regional Henriette Houben 11

12 ErbSiHM Schätzung von Verkehrswerten Vervollständigung personeller Fälle durch hot-deck-imputation Verkehrswertmultiplikatoren auf Basis der Verkehrswert/ Steuerwert- Relation aus eigenen Untersuchungen auf Basis der Kaufpreissammlungen (Grundvermögen), aus Untersuchungen von Müller/ Sureth (Betriebsvermögen) und auf Basis einer Verprobung in ausgewählten Finanzämtern (Grundvermögen und Betriebsvermögen) Simulation von sachlichen Freibeträgen bis ErbSiHM 3.2: Annahmen über Inanspruchnahme in Abstimmung mit BMF ab ErbSiHM 4.1: Betreffensquoten (Anzahl) und Volumenanteile aus Daten für Veranlagungszeiträume 2009 f. für Schätzung verwendet Henriette Houben 12

13 ErbSiHM Simulation von persönlichen Freibeträgen und Tarif unproblematisch auf Basis des Verwandschaftsverhältnisses Simulation der Steuer auf Vorerwerbe und der abzugsfähigen ausländischen Steuer unter vereinfachten Annahmen möglich trifft im Mittel sehr gut SOEP-basiertes Ergänzungsmodell als Gruppen- (ErbSiHM 0.1) oder Mikrosimulationsmodell (Erb- SiHM 1.1 und 4.1) erheblich größere Schätzunsicherheiten, da persönliche Verhältnisse und Vermögenszusammensetzung geschätzt werden muss unproblematisch bei gleichmäßiger Besteuerung mit einheitlichem persönlichen Freibetrag und Steuersatz Henriette Houben 13

14 Versionen ErbSiHM 0.1: Datenbasis: ErbStSt 2002 SOEP-basiertes Ergänzungsmodell als Gruppenmodell Zweck: Modell der CDU/CSU-Mittelstandsvereinigung im Auftrag der Bertelsmann Stiftung ErbSiHM 0.2: detaillierter kein Ergänzungsmodell Zweck: BMF - Erbschaftsteuerreform 2009 ErbSiHM 1.1: Datenbasis: ErbStSt 2007 SOEP-basiertes Ergänzungsmodell als Mikrosimulationsmodell Zweck: Forschung (BuR 2011): Steuerschuldund Steuerlastquoten von Betriebsvermögen bei gleichmäßiger Besteuerung Henriette Houben 14

15 Versionen ErbSiHM 2.1: Datenbasis: ErbStSt 2007 kein Ergänzungsmodell Zweck: BMF - Erbschaftsteuerreform 2010 ErbSiHM 2.2: Benutzeroberfläche ErbSiHM 3.1: Datenbasis: ErbStSt 2008 kein Ergänzungsmodell Zweck: BMF - Erbschaftsteuerreform 2010 ErbSiHM 3.2: Benutzeroberfläche Henriette Houben 15

16 Versionen ErbSiHM 4.1: Datenbasis: ErbStSt 2010 SOEP-basiertes Ergänzungsmodell als Mikrosimulationsmodell Nachlasssteuermodell Befolgungskostenschätzung Zweck: Erbschaftsteuerreformvorhaben der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen Henriette Houben 16

17 Ausblick Determinanten der Festsetzungshäufigkeit Weiterverfolgung von Erstfestsetzungen Ausbau des Befolgungskostenmodells Liquiditätsentzug bei Betriebs- und Grundvermögen Evaluation alternativer Erbschaftsteuersysteme Politikberatung und Wissenschaft symbiotisch Henriette Houben 17

18 Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! Ich freue mich auf eine anregende Diskussion. Henriette Houben 18