Investitionsaktivitäten und Investitionshemmnisse in sächsischen Industriebetrieben
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- Nele Thomas
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1 Investitionsaktivitäten und Investitionshemmnisse in sächsischen Industriebetrieben Umfrage der Sächsischen Industrie- und Handelskammern Frühjahr 2016 Foto: Shutterstock.com - Sergey Nivens
2 Investitionsaktivitäten und Investitionshemmnisse in sächsischen Industriebetrieben Investitionen haben eine hohe Bedeutung für Unternehmen und sind eine wesentliche Determinante für die wirtschaftliche Entwicklung einer Region. Sie verbessern die Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen und schaffen bzw. erhalten damit Arbeitsplätze. Immer deutlicher tritt jedoch die Investitionszurückhaltung der Unternehmen in Erscheinung. Dies führt dazu, dass nicht so viel investiert wird, wie mittel- und langfristig zur Zukunftssicherung des Wirtschaftsstandorts eigentlich erforderlich wäre. Vielfach gehen mit Investitionen Kapazitätseffekte infolge der Erhöhung des gesamtwirtschaftlichen Produktionspotenzials einher. Sie werden daher auch in der Regel durch industrie- und strukturpolitische Förderprogramme unterstützt. Unabhängig von den Fördermöglichkeiten werden Unternehmen aber nur dann Investitionen vornehmen, wenn sie Vertrauen in die wirtschaftliche Entwicklung eines Landes haben. Nur mit investitionsfreundlichen und verlässlichen Rahmenbedingungen werden die Risiken einer Investitionsmaßnahme eingegangen. In einer aktuellen Befragung wurden sächsische Unternehmen um Einschätzung gebeten, welche Hemmnisse konkret bestehen bzw. welche Faktoren die Investitionstätigkeit fördern. Die nachfolgende Auswertung bezieht sich auf die Angaben von 542 Industrieunternehmen, die auf die Befragung geantwortet haben. Nur jedes fünfte Unternehmen erhöht Investitionsausgaben Laut aktueller Konjunkturumfrage der sächsischen Industrie- und Handelskammern im Frühjahr 2016 bleiben die Investitionspläne aller befragten Unternehmen in der Gesamtwirtschaft gegenüber dem Jahresbeginn 2016 nahezu unverändert. Trotz niedriger Zinsen am Kapitalmarkt kommen die Investitionsabsichten nicht wieder in Fahrt. Vielmehr bleibt das investive Engagement angesichts zahlreicher Risiken und Unsicherheiten moderat. So beabsichtigt derzeit lediglich jedes fünfte Unternehmen die Erhöhung seiner Investitionsausgaben. Auch die Investitionspläne der sächsischen Industrie bleiben nahezu unverändert. Dabei planen 22 Prozent der befragten Industriebetriebe zunehmende und 43 Prozent gleich bleibende Investitionen. Demgegenüber beabsichtigen 18 Prozent geringere und 17 Prozent gar keine Investitionsausgaben, was unter anderem mit kürzlich abgeschlossenen Investitionen, der anstehenden Anteil der Unternehmen in Prozent JB2010 JB2011 JB2012 JB2013 JB2014 JB2015 JB2016 zunehmen gleich bleiben abnehmen keine Investitionen Betriebsübergabe und der unsicheren Geschäftsentwicklung begründet wird. Abb.: Investitionserwartungen der Industrie für die kommenden 12 Monate zum Befragungszeitpunkt Hauptmotive der insgesamt geringen Investitionen: Rationalisierung und Ersatz Über alle Branchen hinweg stellen erneut Ersatzbeschaffungen das wichtigste Investitionsmotiv 1 dar, gefolgt von Rationalisierungsmaßnahmen und Produkt- bzw. Verfahrensinnovationen. So blieben zur Frühjahrsumfrage für 70 Prozent der Betriebe Ausgaben für Ersatzbeschaffungen das Hauptmotiv der Investitionen. Für Rationalisierungsmaßnahmen planten 32 Prozent investive Mittel ein. Investitionen in Produkt- bzw. Verfahrensinnovationen sowie Kapazitätserweiterungen beabsichtigen mit fast gleichen Anteilen 27 Prozent und 28 Prozent der Firmen. In jedem zehnten Unternehmen stehen Investitionen in Umweltschutz bzw. Energieeffizienz auf der Tagesordnung. In der sächsischen Industrie stehen bei 64 Prozent der Betriebe Ersatzbeschaffungen an der Spitze, gefolgt von Rationalisierungsmaßnahmen bei 42 Prozent und Ausgaben für Produkt- und Verfahrensinnovationen bei 39 Prozent der Befragten. Kapazitätserweiterungen wollen 28 Prozent und Investitionen in den Umweltschutz 14 Prozent der Betriebe vornehmen. 1 auf der Basis von Mehrfachantworten ermittelt Landesarbeitsgemeinschaft der Industrie- und Handelskammern im Freistaat Sachsen
3 Investitionsbereitschaft der sächsischen Industrie lässt nach Abb.: Entwicklung der Investitionen der Betriebe des Verarbeitenden Gewerbes sowie des Bergbaus und der Gewinnung von Steinen und Erden Bruttozugänge an Sachanlagen 2008 bis 2014 Quelle: Statistisches Landesamt Sachsen In sächsischen Industriebetrieben wurden im Jahr 2014 Investitionen im Umfang von rund 2,7 Milliarden Euro getätigt. Das Investitionsvolumen der Industrie fiel um 21,7 Prozent geringer aus als im Jahr Es wurden rund 747 Millionen Euro weniger für die Anschaffung von Sachanlagen ausgegeben als im vorangegangenen Geschäftsjahr. Die Investitionsquote (Verhältnis der Investitionen zum Gesamtumsatz) weist laut Statistischem Landesamt im Vergleich zum Vorjahr einen Rückgang um 1,4 Prozentpunkte auf. Sie lag 2014 bei 4,5 Prozent. Betrachtet man die Entwicklung der Investitionen rückblickend im Verlauf der Jahre, so zeigen sich die Auswirkungen der globalen Wirtschaftskrise, die im Herbst 2008 begann. Als deren Ursache wird die Banken- und Finanzkrise angesehen, in deren Folge sich die Unternehmensfinanzierung kurzzeitig verschlechterten Gerade für Unternehmen sind Kredite aber notwendig, damit Investitionen getätigt werden können. Die Umsatzrückgänge in der Automobilindustrie wirkten sich seinerzeit direkt auf andere Branchen, so auch die sächsische Zuliefererindustrie aus. Um die deutsche Wirtschaft zu stützen, hatte die Bundesregierung Konjunkturprogramme beschlossen. Deren langfristige Effekte auf das Investitionsgeschehen stehen jedoch in Frage. Auch Sachsen setzte mit der Änderung der GRW- Richtlinie in 2009 Anreize für Investitionen und zur Beförderung der Konjunktur. So wurden entgegen der bisherigen Regelungen auch Investitionen unterstützt, die mit einer Sicherung der Arbeitsplätze einherging. Die förderfähigen Investitionsvorhaben laufen über einen Zeitraum von maximal drei Jahren, so dass der Investitionsanstieg in den auf 2009 folgenden drei Jahren durchaus auf Änderungen dieser Rahmenbedingungen zurückgeführt werden kann. Dies zeigt sich auch bei der Anzahl der bewilligten GRW-Vorhaben 2. Demnach wurden im Jahre Vorhaben mit 343 Mio. Euro, in Vorhaben mit 368 Mio. Euro und in Vorhaben mit 259 Mio. Euro bewilligt. Die Veränderung des Antragseingangs in 2011 im Vergleich zu den Vorjahren ist auf die zum 1. Mai 2011 neu in Kraft getretene Richtlinie nunmehr wieder Schaffung von Arbeitsplätzen als Voraussetzung zurückzuführen. Höchster Anteil und stärkster Einbruch bei Vorleistungsgüterproduzenten Verbrauchsgüter 14% Gebrauchsgüter 1% Vorleistungsgüter und Energie 46% Die Industrieunternehmen werden je nach Produktionsschwerpunkt der Hauptgruppe Vorleistungsgüter, Investitionsgüter oder Konsumgüter (Gebrauchs- und Verbrauchsgüter) zugeordnet. Auf diese einzelnen Hauptproduktionsrichtungen aufgeschlüsselt, wurden im Jahr 2014 mit Millionen Euro 46,3 Prozent der Investitionen in den Betrieben der Vorleistungsgüterproduzenten und Energieproduzente getätigt. Investitionsgüter 39% Abb.: Bruttozugänge an Sachanlagen in Betrieben des Verarbeitenden Gewerbes sowie des Bergbaus und der Gewinnung von Steinen und Erden 2014 nach Hauptgruppen in Prozent Über ein Drittel (39,2 Prozent) der Gesamtinvestitionen entfiel auf die Betriebe der Investitionsgüterproduzenten (1.058 Millionen Euro). In den Betrieben der Verbrauchsgüterproduktion wurden rund 366 Millionen Euro (13,6 Prozent) und in den Betrieben der Gebrauchsgüterhersteller annähernd 26 Millionen Euro (1,0 Prozent) investiert. 2 Quelle: SAB-Förderberichte Wirtschaft, Technologie, Arbeit 2 Landesarbeitsgemeinschaft der Industrie- und Handelskammern im Freistaat Sachsen 2016
4 Der Investitionsrückgang der vergangenenen Jahre ist insbesondere auf die verhaltenen Investitionen im Bereich der Vorleistungsgüterproduzenten zurückzuführen. Hierzu zählen u.a. die Herstellung von Papier, Pappe, chemischen Grundstoffen, Kunststoffen, Gummi- und Kunststoffwaren, Glas, Keramik, sonstigen elektrischen Ausrüstungen, die Metallerzeugung und -bearbeitung, Oberflächenveredlung und Wärmebehandlung. Bei den Herstellern von Investitionsgütern hingegen war zumindest zwischen 2010 und 2013 ein Investitionsanstieg zu verzeichnen. Die Investitionsentwicklung bei den Verbrauchs- und Gebrauchtsgüterproduzent ist über die Jahre relativ stabil Vorleistungsgüter und Energie Investitionsgüter Verbrauchsgüter Gebrauchsgüter Abb.: Bruttozugänge an Sachanlagen in Betrieben des Verarbeitenden Gewerbes sowie des Bergbaus und der Gewinnung von Steinen und Erden 2008 bis 2014 nach Hauptgruppen Quelle: Statistisches Landesamt Sachsen Steuern und Abgaben hemmen deutlich stärker als Fachkräftemangel Die Investitionsabsichten der Unternehmen sind derzeit eher zurückhaltend, was eine Reihe von Ursachen haben kann. Vor diesem Hintergrund wurde im Rahmen der aktuellen Konjunkturumfrage der sächsischen Industrieund Handelskammern eine Zusatzfrage zu den fördernden und hemmenden Faktoren der Investitionstätigkeit im Inland gestellt. Danach stehen bei den fördernden Faktoren betriebswirtschaftliche Größen im Vordergrund. Neben der Tatsache, dass eine angespannte Ertragslage Investitionen nicht zuträglich ist, hemmen vor allem eine Reihe wirtschaftspolitischer Rahmenbedingungen das Investitionsengagement. Die von den Unternehmen benannten Investitionshemmnisse zeigen auf, wo konkrete politische Ansatzpunkte zur Verbesserung der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen bestehen. Fördernde Faktoren Inlandsnachfrage Eigenkapital Ertragslage Geklärte UN-Nachfolge Investförderung (GRW-Zusch) Zugang Fremdfinanzierung Rechtssicherheit Auslandsnachfrage Verfügbarkeit von geeigneten Fachkräften Verfügbarkeit von Gewerbe- und Industrieflächen Hemmende Faktoren Höhe v. Steuern u. Abgaben Arbeitskosten Steuerrecht Energiekosten Umweltschutzauflagen Flexibilität des Arbeits- und Tarifrechts Effizienz der Behörden Dauer u. Komplexität von Planungs- u. Genehmigungsverfahren Ertragslage Verfügbarkeit von geeigneten Fachkräften Zahl der Nennungen Abb.: Die Top 10 der fördernden und hemmenden Faktoren für die Investitionstätigkeit sächsischer Industrieunternehmen im Inland Quelle: Konjunkturumfrage der Sächsischen Industrie- und Handelskammern, Frühjahr 2016 Landesarbeitsgemeinschaft der Industrie- und Handelskammern im Freistaat Sachsen
5 Bei der Frage nach konkreten Investitionsbremsen stechen steuerliche Aspekte hervor. Die Höhe der Abgabe- und Steuerlast (58 Prozent) macht vielen Unternehmen zu schaffen und stellt für die sächsische Industrie demnach das größte Investitionshemmnis dar. Auch die Komplexität des Steuerrechts und die Arbeitskosten hindern über 50 Prozent der Firmen daran zu investieren. Das Thema Energiekosten ist für unternehmerische Investitionsentscheidungen zunehmend wichtiger geworden. Dies hat zur Folge, dass steigende Strompreise und große Unsicherheit über die Strompreisentwicklung als Investitionsbremsen wirken. Viele Unternehmen haben zwar mit einem Fachkräftemangel zu kämpfen, doch im Hinblick auf Investitionsentscheidungen scheint dieses Problem noch nicht so groß zu sein. Erst an 10. Stelle folgt der Fachkräftemangel, der für 28 Prozent ein Investitionshindernis darstellt. Positive Investitionsimpulse kommen vor allem von der Inlandsnachfrage, der Ertragslage und der vorhanden Kapitalsituation. Letztere hat sich in der sächsische Industrie deutlich verbessert. 50 % % 30 % 20 % 10 % 0 % 37,7 50,5 11,8 gestiegen gleich gesunken Abb.: Eigenkaptalausstattung sächsischer Industrieunternehmen Quelle: Konjunkturumfrage der Sächsischen Industrie- und Handelskammern, Frühjahr 2016 Auf die Frage wie sich in den letzten drei Jahren die Eigenkapitalausstattung des Unternehmens entwickelt hat, gaben 38 Prozent der Industrieunternehmen an sie sei gestiegen, bei immerhin 50 Prozent ist diese gleich geblieben, nur 12 Prozent verzeichneten eine Verschlechterung. Laut Creditreform 3 legten die Eigenkapitalquoten in Ostdeutschland seit 2008 spürbar zu. Sachsen lag 2013 mit einer durchschnittlichen Eigenkapitalquoten von 33,7 Prozent oberhalb des Bundesdurchschnitts von 27,0 Prozent. Diese insgesamt gute Eigenkapitalsituation wirkt sich fördernd auf Investitionsentscheidungen aus. Auch der Zugang zu Fremdkapital wird von der Industrie überwiegend positiv bewertet und sollte das Investitionsgeschehen eigentlich befördern. 45 % 30 % 15 % 0 % gut befriedigend schlecht keine Finanzierung erhalten keine externe F. benötigt Abb.: Finanzierungszugang sächsischer Industrieunternehmen Quelle: Konjunkturumfrage der Sächsischen Industrie- und Handelskammern, Frühjahr 2016 In diesem Zusammenhang setzt auch die Möglichkeit der einzelbetrieblichen Investitionsförderung nach wie vor Anreize zur Umsetzung von Investitionen. Die sächsische Industrie hat in den zurückliegenden Jahren in einem hohen Umfang von der einzelbetrieblichen Förderung profitiert. Im Jahr 2015 förderte das Land 317 Investitionsvorhaben mit 126,5 Millionen Euro aus Mitteln der Gemeinschaftsaufgabe zur Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur (GRW). 4 Die Sicherung der Unternehmensnachfolge stellt für Unternehmen eine herausragende Aufgabe dar. Viele Alteigentümer reduzieren während der Suche nach einem Nachfolger ihre Investitionstätigkeiten oder stellen sie komplett ein. Eine geringere Investition führt jedoch auch zu einer geringeren Ertragskraft der Unternehmen, was wiederum die Suche nach einem Nachfolger erschwert. Nach dem Rückzug des Altunternehmers bzw. bei geklärter Unternehmensnachfolge ziehen die Investition erfahrungsgemäß wieder an. Die Umfrage bestätigt, dass eine geklärte Unternehmensnachfolge Investitionsentscheidungen befördert. Fazit Viele Unternehmen haben ihre gute Wettbewerbssituation genutzt, um ihre Eigenkapitaldecke aufzubessern. Unternehmensgewinne könnten so direkt in Investitionen fließen. Damit Unternehmen investieren, müssen jedoch auch die Rahmenbedingungen stimmen. Dazu gehören im weitesten Sinnen rechtliche Sicherheit und Planungssicherheit. Die Höhe der Steuern und Abgaben ist derzeit größtes Investitionshemmnis. Eine Reduktion von Komplexität bzw. Erhöhung von Praxistauglichkeit im Steuerrecht würde voraussichtlich zu mehr Investitionen führen. Die Energiekosten haben sich zu einem Standortnachteil entwickelt und schlagen voll auf die Investitionsbereitschaft durch. Die Entwicklung der Löhne, als Teil der Arbeitskosten, und die Inlandsnachfrage stehen durchaus im Zusammenhang, denn nur was verdient wird, kann ausgegeben werden. Wenn Löhne durch gesetzliche Reglungen nicht geringer ausfallen können, muss die Effizienzsteigerung an anderer Stelle erfolgen, was wiederum durch den hohen Anteil an Rationalisierungsinvestitionen deutlich wird. 3 Eigenkapitalpolster im deutschen Unternehmenssektor, Creditreform Rating AG, Marktanalysen November Sächsische Aufbaubank Hauseigene Datenauswertung 4 Landesarbeitsgemeinschaft der Industrie- und Handelskammern im Freistaat Sachsen 2016
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