Gestörter Schlaf im Alter: was tun?
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- Johann Bernhard Rothbauer
- vor 7 Jahren
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1 Gestörter Schlaf im Alter: was tun? Hans-Peter Landolt Institut für Pharmakologie und Toxikologie Universität Zürich
2 Heutiges Programm Nicht-erholsamer Schlaf «Schlafhygiene» Klassifikation von Schlaf-Wachstörungen Wirkungen von Schlafmitteln Chronobiologische Überlegungen Seite 2
3 Nächte mit schlechter Schlafqualität 1000 Personen Seite 3
4 Schlafhygiene Gewohnheiten und Verhaltensmassnahmen können helfen, Schlafstörungen zu vermeiden und die Schlafqualität zu verbessern regelmässige Bettzeit individuelle Schlafdauer geeignete Schlafumgebung (Lärm, Raumtemperatur, Licht) nicht schlaflos im Bett liegen; keine Uhr keine intensiven Aktivität am Abend auf übermässigen Koffein-, Alkohol-, und Nikotinkonsum verzichten Regelmässiges Körpertraining
5 Schlafstörung durch Koffein Adenosin schlaffördernder «Botenstoff» im Zentralen Nervensystem Koffein Bindet am Adenosin-Rezeptor und blockiert Wirkung von Adenosin Neuronale Synapse
6 Alkohol ist kein gutes Schlafmittel! 4.8 % 3 dl 11.5 g Schlummertrunk Einschlafzeit Schlaftiefe 11 % 0.1 l 8.8 g... aber kein Schlafmittel! Toilette Häufiges Wachliegen Schwitzen, Kopfweh, Alpträume, Mundtrockenheit Schnarchen, Apnoe Seite 6
7 Schlaftiefe (Hirnströme) Rauchen (Nikotin) stört den Schlaf wenig erholsamer Schlaf verkürzte Schlafzeit oberflächlicher Schlaf 20 Nichtraucher in tiefen Dosen stimulierend kurzzeitige Verbesserung von Konzentration und Gedächtnis Abhängigkeit und Sucht 20 Raucher Stunden Zhang et al. (2007) Seite 7
8 Häufiger Grund für Arztbesuche Körperliche Krankheiten Schmerzen Schlafprobleme Depression, etc. Angstprobleme andere psychische Probleme Häufigkeit (%) Personen Wittchen et al. (2001) Seite 8
9 Fragen, die abzuklären sind Schlafstörung / Tagesschläfrigkeit + erhebliche Beeinträchtigung am Tag Besteht adäquater Umgang mit Schlaf ( Schlafhygiene )? Ist der nicht erholsame Schlaf das Symptom einer anderen Erkrankung? Werden schlafstörende Substanzen eingenommen? Besteht eine Störung der circadianen Rhythmik? Seite 9
10 Krankheiten stören den Schlaf Organische Krankheiten nehmen im Alter zu (bei über 60-jährigen beträgt der Anteil bis 80 %) Schmerzsyndrome Internistische Erkrankungen (endokrinologisch, rheumatologisch, kardiovaskulär, pulmonal) Urologische Erkrankungen Neurologische Erkrankungen Psychische Krankheiten (sehr häufig mit Schlafstörungen verbunden) Seite 10
11 Beispiele schlaf/wach-störender Medikamente Krankheitsbild Schläfrigkeit Schlafstörung Psychiatrie Depression z.b. Tri-, Tetrazyklika z.b. SSRI Schizophrenie z.b. Haloperidol, Clozapin Angststörungen z.b. Benzodiazepine Stimulantien z.b. Methylphenidat Innere Medizin Bluthochdruck z.b. Methyldopa z.b. β-blocker z.b. Thiazide Schmerzen z.b. Opioide z.b. NSAID Entzündung, Rheuma z.b. Glucocorticoide Magen-Darmerkrankungen z.b. Anticholinergika Neurologie Epilepsie z.b. Benzodiazepine Parkinson Krankheit z.b. Dopamin, -agonisten Drogen und Genussmittel z.b. GHB z.b. Alkohol, Koffein
12 Einteilung der Schlaf-Wachstörungen Kategorie Schlaf-Wachstörung I. Insomnien II. III. IV. V. Parasomnien VI. VII. VIII. Schlafbezogene Atmungsstörungen Hypersomnien zentralnervösen Ursprungs; nicht bedingt durch Störungen der circadianen Rhythmik, schlafbezogene Atmungsstörungen oder andere Gründe für einen gestörten Nachtschlaf Störungen der circadianen Rhythmik Schlafbezogene Bewegungsstörungen Isolierte Symptome, offensichtliche Normvarianten und ungelöste Probleme Andere Schlafstörungen American Academy of Sleep Medicine, ICSD-2 (2005) Seite 12
13 Insomnie Eigenschaften Schwierigkeiten beim Einschlafen Störungen des Durchschlafens vorzeitiges Erwachen kein erholsamer Schlaf Tagesmüdigkeit, Schlappheit, Konzentrationsschwierigkeiten (meistens ohne erhöhte Einschlafneigung) bei erwachsener Bevölkerung die häufigste Schlafstörung
14 Was tun bei Insomnie? a) Schlafberatung Aufklärung über Schlaf und Schlafstörungen Regeln der Schlafhygiene b) Verhaltensinterventionen Entspannungsmethoden (autogenes Training, Muskelrelaxation, Joga) Stimuluskontrolle (nur ins Bett wenn schläfrig; aus Bett wenn kein Schlaf; Bett nur für Schlaf, Beziehung; Aufwachzeit konstant) Schlafrestriktion, keine Tagesschläfchen Kognitiv-verhaltenstherapeutische Techniken (Veränderung von Einstellungsmustern) Seite 14
15 Hausmittel Schlafmittel Heute: Baldrian (Valeriana officinalis) Barbiturate v.a. Benzodiazepine und Analoga
16 Pflanzliche Präparate als Hypnotika (z.b. Baldrian, Hopfen, Johanniskraut, Melisse) lange Tradition, hohe Akzeptanz geringe unerwünschte Wirkungen schwache, wenig zuverlässige Wirkung Wirkstoffe weitgehend unbekannt unerwünschte Wirkungen ungenau abgeklärt Laboruntersuchungen häufig fehlend
17 «Antihistaminika» H 1 Rezeptor Antagonisten (1. Generation) rezeptfrei erhältlich Diphenhydramin (BENOCTEN) Abenddosis: mg; Eliminations-HWZ. 5 Std. Doxylamin (SANALEPSI-N) Abenddosis: mg; Eliminations-HWZ. 10 Std. beschränkte schlaffördernde Wirkung unerwünschte Wirkungen Mundtrockenheit, Verstopfung, Verwirrung (ältere Patienten) enge therapeutische Breite! Seite 17
18 Benzodiazepine und Analoga (Z-Hypnotika)
19 Wirkungsmechanismus höhere Öffnungswahrscheinlichkeit Möhler (2006) Seite 19
20 Erwünschte Wirkungen Nachts zuverlässige hypnotische Wirkung Tagsüber minimale Beeinträchtigung von Befinden und Leistung (bei richtiger Anwendung) Toxizität und Interaktionen grosse therapeutische Breite Wirkung antagonisiert durch Flumazenil praktisch keine Enzyminduktion kein übermässiges Abhängigkeitspotential Seite 20
21 Unerwünschte Wirkungen (1) Nachts Schlaf-EEG und Schlafstruktur verändert ( Delta-Aktivität, Tiefschlaf, REM Schlaf) Atemstörung (cave: Schlafapnoe-Syndrom) bei Erwachen in der Nacht: Stürze, Verwirrung, Amnesie paradoxe Reaktionen im Alter Tagsüber übermässige Sedation und Leistungsbeeinträchtigung (cave: ältere Patienten!) Seite 21
22 Unerwünschte Wirkungen (2) Toxizität und Interaktionen Gewohnheitsbildung (evtl. Abhängigkeit) Toleranzentwicklung Absetzinsomnie additive Wirkung mit Alkohol und anderen ZNS wirksamen, sedierenden Pharmaka Seite 22
23 Schlaf-Apnoe Syndrom (1) Atempausen im Schlaf - mehr als 5 pro Stunde Schlaf - länger als 10 Sekunden Müdigkeit am Tag und/oder Schlafstörungen Weitere Beschwerden am Tag - erhöhte Einschlafneigung - morgendliche Kopfschmerzen und Konzentrationsschwierigkeiten - Beeinträchtigung des Wohlbefindens - Auswirkungen auf soziale und berufliche Funktionen - erhöhtes Unfallrisiko Seite 23
24 Schlaf-Apnoe Syndrom (2) Formen: - Obstruktive Apnoe - Zentrale Apnoe Mögliche Therapien: - Reduktion eines allfälligen Übergewichts - Vermeiden von abendlichem Alkoholgenuss - Schlafen in Seitenlage (z.b. Einnähen eines Tennisballs ins Pyjama am Rücken) - Überdruckbeatmung [Continuous Positive Airway Pressure (CPAP)] Seite 24
25 Pneumatische Schienung der oberen Luftwege Sullivan et al., Lancet (1981)
26 Narkolepsie («Schlafsucht») Seite 26
27 Licht ist der wichtigste Zeitgeber Fisher et al. (2013) Seite 27
28 Störungen des Schlaf-Wachrhythmus Verschiebung des endogenen Schlaf-Wachrhythmus gegenüber äusseren Zeitgebern (z.b. Hell-Dunkel- Rhythmus) Altersabhängige Veränderungen im circadianen System Abnahme der Funktion der inneren Uhr Abnahme der Melatonin-Sekretion Abnahme der Zeitgeber (z.b. soziale Kontakte, Licht, körperliche Aktivität, Ernährung) Probleme mit den Augen (z.b. Netzhautfunktion, Trübung der Augenlinse, Blindheit) Einschlaf- und Durchschlafstörungen, Schläfrigkeit, Verstimmung Seite 28
29 Chronobiologische Therapien Synchronisation - Licht - Melatonin (Vorsicht: Dosierung, Toxizität, Zeitpunkt) Warme Füsse - Bettsocken - Bettflasche - Pflanzliche Heilmittel Kein Alkohol am Abend Seite 29
30 («Blaues») Licht zum falschen Zeitpunkt TV, Computer, iphone, etc. Mondschein Abendtoilette im hellen Badezimmer Seite 30
31 Parasomnien ausschliesslich im Schlaf auftretende Phänomene sind häufig von banaler Natur - Sprechen im Schlaf - Zuckungen beim Einschlafen - Gelegentliches Auftreten von Albträumen, Nachtangstattacken beim Kleinkind (Pavor nocturnus) - Schlafwandeln beim Schulkind - REM Schlaf-Verhaltensstörung Seite 31
32 Restless-Legs Syndrom (RLS) Eine häufige neurologische Erkrankung. Charakteristisch sind schwer zu beschreibende, unangenehme Sensationen oder unwillkürliche Bewegungen in den Beinen (seltener Arme) Beschwerden vorwiegend gegen Abend Auftreten bei ruhigem Sitzen oder im Bett liegend Besserung bei Bewegung Seite 32
33 Das ideale Schlafmittel fördert und erhält physiologischen Schlaf bewirkt kurze Einschlafzeit ( 15 Minuten) zeigt keine ungünstigen/unerwünschte Effekte führt nicht zu Toleranz, Abhängigkeit und Missbrauch interagiert nicht mit anderen Substanzen (z.b. Alkohol, ) gibt es nicht! Seite 33
34 Pharmakotherapeutische Aspekte Kausale Therapie; Schlafmittel sind nicht kausal Nicht-pharmakologische Massnahmen Schlafhygiene evtl. Entspannungstraining Verhaltenstherapie etc. Hypnotika evtl. als unterstützende, befristete Therapie Erstverschreibung von Hypnotika kleinste Packungsgrösse Therapiedauer auf 10 Tage limitieren falls keine Besserung: Re-Evaluation Seite 34
35
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