Marco Eicher Rechtsanwalt Fachanwalt für Medizinrecht Fachanwalt für Strafrecht Rechtsanwälte Dr. Heberer & Kollegen, München. Ist weniger mehr?
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- Eduard Bachmeier
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1 Marco Eicher Rechtsanwalt Fachanwalt für Medizinrecht Fachanwalt für Strafrecht Rechtsanwälte Dr. Heberer & Kollegen, München Ist weniger mehr? Gefahren einer Polymedikation aus juristischer Sicht Hannover, den
2 Grundlagen Jeder ärztliche Eingriff ist rechtlich eine Körperverletzung. Strafrechtliche und zivilrechtliche Konsequenzen entfallen nur, wenn die wirksame Einwilligung des Patienten in einen Eingriff gegeben ist. Rechtswirksame Aufklärung des Patienten! 2
3 Aufklärung Die Frage nach der richtigen Aufklärung richtet sich danach, wer (Aufklärungsadressat) von wem (Aufklärungspflichtiger) worüber (Aufklärungsumfang) wie (Art und Weise der Aufklärung) und wann (Aufklärungszeitpunkt) aufzuklären ist. 3
4 Aufklärungsadressat Wer muss aufgeklärt werden: Grundsätzlich der Patient Sonderfall: Einwilligungsunfähige Erwachsene * Betreuer? * Vormundschaftsgericht? 4
5 Aufklärungspflichtiger Grundsätzlich muss der eingriffsausführende Arzt aufklären. Aber: 1. Delegation nach ständiger Rechtsprechung zulässig (Haftung!!!) 2. Jede Fachrichtung muss für sich aufklären 5
6 Aufklärungsumfang BGH: alle typischen Risiken der intendierten Behandlung Somit über Art und Schwere der Behandlung und die möglichen Folgen 6
7 Aufklärungsumfang Grundsätze der Aufklärungspflicht: 1. Je weniger dringlich die Behandlung, desto höher die Anforderungen an die Aufklärungspflicht 2. Je schwerwiegender die mögliche Folge, desto eher ist auch über Risiken geringerer Wahrscheinlichkeit aufzuklären. 7
8 Aufklärungsumfang Bei möglichen schwerwiegenden Nebenwirkungen eines Medikaments ist neben dem Hinweis in der Gebrauchsinformation des Herstellers auch eine Aufklärung durch den das Medikament verordnenden Arzt erforderlich BGH, Urteil vom , VI ZR 289/03 8
9 Aufklärungsumfang Der Arzt muss über alle Umstände informieren, die - zur Sicherung des Heilerfolgs - zu therapiegerechtem Verhalten und - zur Vermeidung möglicher Selbstschädigung erforderlich sind BGH, Urteil vom , VI ZR 186/03 9
10 Unerwünschte Arzneimittelwirkung - Verordnung durch behandelnden Arzt * Medikationsfehler/ Interaktionspotential * Verschreibungskaskade - Fremdmedikation - Selbstmedikation 10
11 Praxistipp - Medikationsfragebogen - konkrete Ausschlusshinweise 11
12 Art und Weise der Aufklärung Grundsätzlich gilt: 1. Die Aufklärung muss individuell patientenbezogen sein. 2. Die Aufklärung muss nicht schriftlich erfolgen. 3. Die Aufklärung muss aber in einem ausführlichen Gespräch erfolgen. 12
13 Aufklärung Es genügt nicht Recht zu haben, man muss es auch beweisen können!! Dokumentation muss akribisch geführt werden mit dem Inhalt: wann, wie, worüber und durch wen aufgeklärt wurde. 13
14 Verhalten im Haftungsfall Dokumentation Alle Aufzeichnungen, Röntgenbilder, Sonografiebilder usw. sichern und möglichst kopieren = bei mangelhafter Dokumentation Beweisprobleme bis hin zur Beweislastumkehr = CAVE: Nachträgliche Eintragungen 14
15 Unerwünschte Arzneimittelwirkung Beispiel: Fremdmedikation stationäre Aufnahme einer 79-jährigen Patientin in der Gefäßchirurgie (Ulcus cruris) fortzuführende Medikation laut Liste: - Novodigal - Presomen 0,3 - Anafranil 25 - Ranitic Lantarel - Mobec 7,5 - Calcium sand. Br. - Enahexal 2,5 - Vigantoletten K Cl. ret. - L-Thyroxin 75 - (3 weitere AM) 15
16 Unerwünschte Arzneimittelwirkung Folge: Panzotypenie infolge Überdosierung von Metothrexat, Patientin verstirbt Anklage wegen fahrlässiger Tötung! 16
17 Unerwünschte Arzneimittelwirkung Beispiel: heimliche Selbstmedikation stationäre Aufnahme einer 76-jährigen Patientin zur Struma-Operation postoperative Blutungskomplikation mit Gesundheitsschaden Ursache: eigenmächtige Einnahme von ASS
18 Praxistipp - eindeutige, schriftliche Organisationsanweisung - Ausschluss unkontrollierter Selbstmedikation 18
19 Unerwünschte Arzneimittelwirkung Beispiel:Unterlassene Vorbeugung von Nebenwirkungen stationäre Aufnahme einer 81-jährigen Patientin mit 4-fach Beckenbruch bestehende Medikation: Diclofenac, Lasix, Aquaphor, Xanef, L-Thyroxin, Tramal, Clexane zusätzlich im KH: Tilidin und Targin 19
20 Unerwünschte Arzneimittelwirkung Patientin verstirbt an schwerer Lungenentzündung und akutem Nierenversagen Anwendungsbeschränkung Tilidin und Targin: - ältere/ geschwächte Patienten - Beeinträchtigung von Lungen-, Leber-, Nierenfunktion - Herz-/ Kreislauferkrankungen 20
21 Unerwünschte Arzneimittelwirkung Vorwurf des Gutachters: - unzureichende Lungenpflege/ Mobilisation - Überdosierung von Schmerzmitteln - Nebenwirkungen der Opiattherapie verantwortlich für Lungenentzündung (?) 21
22 Verhalten im Haftungsfall Offenbarungspflicht des Behandlungsfehlers Muss der Patient über einen Behandlungsfehler informiert werden? -> Grundsätzlich nein -> Ausnahme: Wenn für die weitergehende Therapie bedeutsam, um Folgeschäden zu vermeiden Bei Ermittlungsverfahren hat der beschuldigte Arzt ein Aussageverweigerungsrecht 22
23 Verhalten im Haftungsfall Gespräch mit Geschädigtem/ Angehörigen Umstritten wegen Gefahr des Anerkenntnisses und der Beeinflussung -> Einzelfallentscheidung 23
24 Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit 24
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